Anamnese

Im September 2017 stellte sich ein 51-jähriger Patient aufgrund juckender Hautveränderungen zur Mitbeurteilung in unserer Hochschulambulanz vor. Die Hautveränderungen bestanden anamnestisch seit 2–3 Jahren.

Vortherapien mit topischen Steroiden, Calcineurininhibitoren und Creme-PUVA (Psoralen und UVA) waren unter der Verdachtsdiagnose einer Parapsoriasis en plaques bereits durchgeführt worden, worunter sich der Befund nur kurzzeitig stabilisiert hatte. Auch zum damaligen Zeitpunkt waren bereits prominente periorbitale Xanthelasmen beobachtet worden.

Eine B‑Symptomatik bestand nicht, und es wurden keine relevanten Vorerkrankungen angegeben.

Befund

Es zeigten sich insbesondere am Rumpf, aber auch an den Extremitäten multiple rötlich bräunliche Plaques (Abb. 1a, b). Daneben bzw. überlagernd fanden sich flächige orange-gelbe Plaques (Abb. 1a–d), zudem periorbital prominente Xanthelasmen (Abb. 1e). Histopathologisch war ein dichtes oberflächliches Infiltrat teils atypischer T‑Zellen mit fokalem Epidermotropismus und einzelnen Pautrier-Mikroabszessen sichtbar (Abb. 2a). Ein Großteil der Lymphozyten wies einen CD3+/CD4+/CD5+-Immunphänotyp auf (Abb. 2b). Die PCR (Polymerasekettenreaktion) bestätigte ein monoklonales Rearrangement des T‑Zell-Rezeptor-Gens. Die Histologie aus einer gelblichen Plaque zeigte dermal lokalisierte lipidreiche schaumige Histiozyten mit reichlich Zytoplasma, zusammengesetzt aus multiplen kleinen Vesikeln (Abb. 2c, d). Die schaumig degenerierten Histiozyten exprimierten CD68 (Abb. 2e).

Abb. 1
figure 1

Am Rumpf multiple teils rötliche, teils gelbliche Plaques fokal entlang der Hautspaltlinien (ab). In der Nahaufnahme zeigten sich deutlich die Überlagerung bzw. das Nebeneinander gelblicher und rötlicher Plaques (cd). Prominente Xanthelasmen periorbital (e)

Abb. 2
figure 2

Histopathologie: dermales Infiltrat vom Lymphozyten mit Epidermotropismus (a, HE [Hämatoxylin-Eosin], Originalvergr. 200:1). Der immunhistochemische Nachweis von CD3 war positiv (b, Originalvergr. 200:1). In den Schnitten zeigten sich multipel dermale schaumige Histiozyten (c, HE, 400:1; d, HE, Öl, 640:1). Die lipidbeladenen Zellen wurden als CD68-positive Histiozyten identifiziert (e, 400:1)

Eine durchgeführte Proteinelektrophorese, Immunfixation und periphere FACS(„fluorescence-activated cell sorting“)-Analyse waren unauffällig. Die Serumlipide lagen innerhalb der Norm. In einer Durchuntersuchung fanden sich keine pathologischen Lymphknoten.

Diagnose, Therapie und Verlauf

Die klinisch-pathologische Korrelation führte zur Diagnose einer Mycosis fungoides (MF) im Stadium Ib nach ISCL/EORTC (International Society for Cutaneous Lymphomas/European Organization of Research and Treatment of Cancer), assoziiert mit multiplen planen Xanthomen. Die Einleitung einer Therapie mit Interferon-α-2b wurde empfohlen.

Diskussion

Dystrophe Xanthome können zusammen mit entzündlichen Erkrankungen, wie beispielsweise Insektenstichen, einem Herpes zoster oder einer Lymphangitis auftreten, aber auch bei verschiedenen malignen, insbesondere hämatologischen Erkrankungen, wie monoklonalen Gammopathien oder systemischen und kutanen Lymphomen [2]. Die MF ist das häufigste kutane T‑Zell-Lymphom mit 3 charakteristischen klinischen Stadien: Patch‑, Plaque- und Tumorstadium. Eine extrakutane Beteiligung (Lymphknoten, Lunge, Milz. Leber), aber auch eine hämatogene Aussaat atypischer T‑Zellen sind möglich.

Eine frühzeitige Diagnosestellung macht daher die Berücksichtigung klinischer, histopathologischer und molekularer Charakteristika erforderlich. Eine Reihe von Fallberichten zu kutanen Xanthomen bei MF wurde publiziert. Eine Übersicht von auf Englisch veröffentlichten Kasuistiken zeigt Tab. 1.

Die Pathogenese der Xanthome bei MF wird kontrovers diskutiert. Angenommen wird, dass ein Austritt von Lipoproteinen in MF-Plaques zur Entwicklung von Xanthomen beiträgt. Besonders in regredienten MF-Läsionen werden intrazelluläre Lipide von zu Grunde gehenden Tumorzellen freigesetzt und nachfolgend von Makrophagen phagozytiert [1]. Die Entwicklung von Xanthomen ist nicht nur nach erfolgreicher Therapie, sondern auch im Zusammenhang mit einem Erkrankungsprogress beschrieben. Daher könnte man annehmen, dass die Degradation von Tumorzellen und die Lipidfreisetzung in regredienten und progredienten MF-Läsionen analog stattfinden. In einzelnen Berichten ist ein Lipideinschluss nicht nur in Makrophagen, sondern auch in neoplastischen T‑Zellen beschrieben [2, 3]. Es wurde gezeigt, dass manche der lipidbeladenen Zellen in MF-Plaques T‑Zellen entsprechen und daher postuliert, dass diese Zellen direkt in die Lipoproteinprozessierung involviert sind [2]. Ob die intrazellulären Lipide in den neoplastischen T‑Zellen phagozytiert wurden, die Zellen durch passive Diffusion erreichten oder de novo synthetisiert wurden, ist noch ungeklärt [2]. Ferner wurde spekuliert, dass maligne Th2-Zellen Makrophagen durch Sekretion von Zytokinen (Interleukin 4, Interferon y) aktivieren und dadurch die Aufnahme von Lipoproteinen regulieren [4]. Eine erhöhte Expression von membrangebundenen LDL(„low density lipoproteins“)-Rezeptoren bei aktivierten T‑Zellen wurde nachgewiesen [3]. Diese könnten zur Lipidaufnahme in T‑Zellen beitragen. Bei Arteriosklerose beispielsweise spielen Interaktionen zwischen T‑Zellen und Makrophagen eine bedeutende Rolle bei der Formation lipidreicher Plaques [2].

Tab. 1 Übersicht über auf Englisch publizierte Fallberichte zu Mycosis fungoides und xanthomatösen Hautveränderungen

Insgesamt sind Studien zur Rolle der T‑Zellen und der Makrophagen notwendig, um die Pathophysiologie der Xanthombildung im Rahmen einer MF besser zu verstehen.

Der hier vorgestellte Patient entwickelte die kutanen Xanthome frühzeitig im Patch-Stadium der MF. Berichte zu Patienten mit xanthomatisierten Läsionen im Rahmen einer frühen MF sind selten, bei den jeweiligen Patienten waren die Serumlipide erhöht [3, 5], nicht jedoch bei unserem Patienten. Die tabellarische Übersicht zeigt, dass die Assoziation von Xanthomen mit Lipidabnormitäten bei Patienten mit MF inkonsistent ist. Lipidabnormitäten scheinen bei diesen Patienten eine untergeordnete Rolle zu spielen.

Zusammenfassend sollten Dermatologen mit der möglichen Assoziation kutaner Xanthome mit zugrundeliegenden lymphoproliferativen Erkrankungen bei normolipämischen Patienten vertraut sein, um eine entsprechende Diagnostik, eine klinisch-pathologische Korrelation und ein klinisches Follow-up einleiten zu können.

Fazit für die Praxis

  • Bei disseminierten kutanen Xanthomen bzw. xanthomatisierten Hautveränderungen sollten Abklärungen im Hinblick auf Lipidstoffwechselstörungen und möglicherweise assoziierte myeloproliferative Erkrankungen erfolgen.

  • Dystrophe Xanthome sind bei Patienten mit Mycosis fungoides (MF) beschrieben und können die MF-typischen Hautläsionen überlagern.