Lernziele

Nach der Lektüre dieses Beitrags …

  • können Sie ein malignes Melanom klinisch erkennen,

  • sind Ihnen die weiterführenden diagnostischen Schritte geläufig,

  • kennen Sie die leitliniengerechte Therapie des malignen Melanoms,

  • sind Ihnen die Prognose und Nachsorge beim malignen Melanom bekannt.

Epidemiologie

Weltweit versterben jährlich 55.000 Menschen am malignen Melanom[1]. Von allen im Jahr 2018 weltweit neu diagnostizierten malignen Tumorerkrankungen entfielen etwa 287.000 Fälle auf das Melanom [2]. Mit einer Inzidenz von 33,6 pro 100.000 Personen/Jahr war die Anzahl an Neuerkrankungen im Jahr 2018 in Australien am höchsten, gefolgt von Neuseeland (33,3 pro 100.000) und Norwegen (29,6 pro 100.000). Alterskohortenanalysen zeigten in Australien und Neuseeland einen jährlichen Anstieg der Melanominzidenz um ungefähr 3 % im Zeitraum von 1982–2011 [1]. Die jährliche Melanominzidenz in Deutschland lag 2018 bei 21,6 pro 100.000 Personen (altersstandardisierte Rate), und damit weltweit an 7. Position [3]. Seit 1970 nahm die Anzahl an Neuerkrankungen in Deutschland um mehr als das 5Fache zu; ein besonders starker Anstieg zeigte sich nach Einführung des Hautkrebsscreenings im Jahr 2008. Das Robert Koch-Institut schätzt die Anzahl an Neuerkrankungen des Melanoms für das Jahr 2020 auf 22.600 [4]. In Deutschland erkranken etwas mehr Männer als Frauen am malignen Melanom; das mittlere Erkrankungsalter liegt mit 64,2 Jahren bei Männern etwa 5 Jahre höher als bei Frauen [4].

Risikofaktoren

Entscheidende Risikofaktoren für die Entwicklung eines malignen Melanoms sind die Sonnenexposition der Haut, der Besuch von Solarien, ein heller Hauttyp (Fitzpatrick-Typ 1–2), eine erhöhte Anzahl melanozytärer und/oder dysplastischer Nävi, Epheliden (Sommersprossen) sowie eine positive Familien- und Eigenanamnese für Melanome [5]. Als wichtigster exogener Risikofaktor ist hierbei die UV-Exposition (UV: ultraviolettes Licht) anzusehen. Ätiologisch sind die intermittierende und die chronisch-kumulative UV-Exposition zu unterscheiden. Als intermittierende UV-Exposition gelten kurzfristige starke Sonnenexpositionen wie beispielsweise während eines Urlaubs in Ländern nahe dem Äquator oder während des Wochenendes bei Freizeitaktivitäten im Freien. Regelmäßige tägliche Sonnenexpositionen wie z. B. bei beruflichen Aktivitäten im Freien führen hingegen zu erhöhten chronisch-kumulativen UV-Dosen. Epidemiologische und molekulargenetische Daten lassen auf unterschiedliche Mechanismen der Melanomgenese durch die intermittierende und die chronisch-kumulative Sonnenexposition schließen [6]: Durch intermittierende UV-Exposition bereits im jungen Lebensalter wird über das Protoonkogen BRAF (Gen für die Serin-Threonin-Kinase B‑Raf) ein molekularer Signalweg mit Assoziation zur Nävusbildung aktiviert. So entstehen insbesondere superfiziell spreitende maligne Melanome und Melanome am Stamm bei jungen Betroffenen ohne Zeichen einer chronischen Lichtalterung der Haut [6]. Die chronisch-kumulative UV-Exposition hingegen führt über das Protoonkogen NRAS („neuroblastoma RAS viral oncogene homolog“, [RAS: „rat sarcoma virus“]) zur Aktivierung eines molekularen Signalwegs ohne Assoziation zur Anzahl von Nävi am Integument [1, 6].

Neben der natürlichen UV-Exposition zählen Solarien zu den wichtigsten Verursachern von UV-Strahlung; deren Besuch stellt somit einen weiteren exogenen Risikofaktor dar. Das Risiko, an einem Melanom zu erkranken, steigt signifikant bei jedem einzelnen Solariumbesuch; des Weiteren ist es bei Personen mit einem initialen Besuch eines Solariums im Alter von weniger als 35 Jahren signifikant erhöht [1].

Merke.

  • Es gibt exogene und endogene Risikofaktoren für die Entstehung des Melanoms.

  • Wichtigste exogene und somit beeinflussbare Faktoren sind die intermittierende und kumulative natürliche UV-Exposition sowie der Besuch von Solarien mit artifizieller UV-Exposition.

Pathogenese

Melanozyten haben eine geringe Zellteilungsrate. Durch UV-bedingte Punktmutationen und strukturelle Veränderungen des Erbguts („copy number variation“ [CNV]) steigt die melanozytäre Zellteilungsrate bis zur malignen Transformation. Maligne Melanome haben mit mehr als 10 Mutationen pro Referenzeinheit (Megabase) eine vergleichsweise hohe Mutationslast [1]. So erzeugt die kurzwelligere UV-B-Strahlung (315–280 nm) in der DNA (Desoxyribonukleinsäure) des Zellkerns häufig eine Punktmutation C→T, während die langwelligere UV-A-Strahlung (380–315 nm) häufiger zu einer Punktmutation G→T führt. Neben dieser direkt mutagenen Wirkung der UV-Strahlung kann es durch Bildung freier Radikale nach Interaktion von UV-A-Strahlung und Melanin zu weiteren genetischen Veränderungen kommen. Die maligne Transformation des Melanoms geht somit mit einer dauerhaften Aktivierung von Protoonkogenen einher.

Weitere Mutationen wie beispielsweise im Promotor von TERT (Gen der Telomerase-Reverse-Transkriptase) führen zur Bildung von Melanoma in situ [1]. Bei invasiven Melanomen finden sich Mutationen in Zellzykluskontrollgenen wie beispielsweise CDKN2A („cyclin-dependent kinase inhibitor 2a“) und bei bereits metastasierten Melanomen im für den Zellzyklusarrest wichtigen Onkogen P53 [7]. Durch all diese genetischen Veränderungen kommt es zu einer Überstimulation zellulärer Signalwege, insbesondere der Signalwege der mitogenaktivierten Phosphokinasen (MAPK), der Phosphoinositol-3-Kinasen (PI3K) und von mTOR („mechanistic target of rapamycin“, [1]).

Klinik

Das Melanom ist eine invasiv wachsende, frühzeitig zur Metastasierung neigende maligne Neoplasie. Klinisch unterscheidet man bei den Primärtumoren verschiedene Subtypen. Bei Kaukasiern sind die häufigsten

  • das superfiziell spreitende Melanom (SSM; 60–70 %; Abb. 1),

  • das noduläre Melanom (NMM; 15–30 %; Abb. 2),

  • das Lentigo-maligna-Melanom (LMM; 5–15 %; Abb. 3) sowie

  • das akrolentiginöse Melanom (ALM; 5–10 %; Abb. 4; [8]).

Weitere Subtypen sind das amelanotische Melanom, das Schleimhautmelanom, das okulare Melanom und das Melanom mit unklarem Primarius (MUP). Das SSM ist häufig am Stamm lokalisiert und entwickelt sich anamnestisch oft aus bereits vorhandenen Pigmentzellnävi unter Veränderung derselben in Form, Farbe und Größe [8].

Abb. 1
figure 1

Superfiziell spreitende maligne Melanome (SSM)

Abb. 2
figure 2

Noduläres malignes Melanom (NMM)

Abb. 3
figure 3

Lentigo-maligna-Melanome (LMM)

Abb. 4
figure 4

Akrolentiginöses Melanom (ALM)

Das SSM imponiert häufig als relativ scharf, aber unregelmäßig begrenzte, rundlich-oval bis bizarr konfigurierte Makula. Es können sich Regressionszeichen (graue bis weißliche Farbveränderungen) zeigen [8]. Aufgrund des primär horizontalen Wachstums sind SSM meist flach, beim Übergang in sekundär noduläre Melanome finden sich auf dem flächigen Tumoranteil aufsitzende umschriebene Papeln.

Beim NMM steht das vertikale Wachstum im Vordergrund. Daher ist anamnestisch von kürzeren Zeiträumen der Entstehung auszugehen. Hierbei imponiert meist ein dunkelbraun bis schwarz, manchmal auch bläulich pigmentierter Nodus. Typischerweise berichten Patientinnen und Patienten von intermittierenden Blutungen, diese stellen einen Hinweis auf das Vorliegen einer Ulzeration dar.

Das LMM entwickelt sich aus einer Lentigo maligna, welche typischerweise seit Jahren an sonnenexponierten Lokalisationen wie zumeist dem Gesicht besteht. Das klinische Bild einer Lentigo maligna stellt sich als unregelmäßig und unscharf begrenzte Makula dar. Bei Veränderung des Pigmentmusters hin zu unregelmäßigen schwärzlichen Infiltraten und kleinen Knötchen muss an die Diagnose eines Lentigo-maligna-Melanoms gedacht werden.

Das ALM tritt palmar und plantar sowie an den Phalangen und dort insbesondere peri- und subungual auf. Es entwickelt sich häufig aus akral lokalisierten, lentigoartigen Veränderungen. Bei peri- und subungualen Pigmentveränderungen ist die Differenzialdiagnose zu Hämorrhagien oftmals schwierig. Beim ALM ist auflichtmikroskopisch typischerweise eine dunkle Mitpigmentierung der Nagelfalz oder der periungualen Haut erkennbar (Hutchinson-Zeichen). Ebenfalls klinisch hinweisend auf ein ALM ist eine streifige Pigmentierung des Nagels mit einer Breite von mehr als 3 mm [8].

Das amelanotische Melanom ist klinisch schwierig zu diagnostizieren. Die entdifferenzierten Melanomzellen können kein Pigment mehr bilden, daher ähneln die Tumoren aktinischen Keratosen, Basalzellkarzinomen oder gutartigen Hautveränderungen wie beispielsweise Virusakanthomen [8].

Da Melanome in frühen Erkrankungsstadien mit einer noch geringen Tumordicke eine deutlich bessere Prognose haben als fortgeschrittene Tumoren, gilt der Früherkennung verdächtiger Hautläsionen ein Hauptaugenmerk. Die ABCDE-Regel [9, 10, 11] wurde erstellt, um Hilfestellung bei der Diagnosefindung, v. a. bei der Abgrenzung gegen benigne Pigmentnävi zu geben:

  • A: Asymmetrie,

  • B: Begrenzung,

  • C: „colour variation“ (inhomogene Farbe)

  • D: Durchmesser,

  • E: Entwicklung.

Diese Regel unterstützt nicht die Diagnosestellung beim amelanotischen Melanom.

Diagnostik

Bei Patientinnen und Patienten mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung eines Melanoms sollten regelmäßige Untersuchungen der gesamten Haut durchgeführt werden. Ärzte, die ein Hautkrebsscreening anbieten, sollten in der Auflichtdermatoskopie ausgebildet sein [12]. Weitere bildgebende Maßnahmen können unterstützend angewendet werden [1, 12]. In Deutschland werden regelmäßige Screeninguntersuchungen der gesamten Haut ab dem 35. Lebensjahr empfohlen [1, 12]. Hierbei ist zu beachten, dass eine Reduktion der Mortalität des Melanoms durch diese regelmäßigen Hautkrebsscreenings bislang nicht nachgewiesen werden konnte [1].

Die Mehrzahl der Hochrisikomelanome wird bei der dermatologischen Inspektion klinisch diagnostiziert, ohne apparative oder sonstige Hilfsmittel. Mit Hilfe der Dermatoskopie kann die diagnostische Sicherheit deutlich gesteigert werden, auf bis zu 90 % korrekt gestellter Melanomdiagnosen [1]. Weitere bildgebende Verfahren wie die konfokale Lasermikroskopie, die Impedanzspektroskopie (EIS) oder die optische Kohärenztomographie (OCT) können die Differenzialdiagnostik zwischen Melanomen, dysplastischen Vorläuferläsionen und gutartigen Pigmenttumoren verbessern [12], jedoch sind bis zu 10 % der Melanome mit diesen Methoden nicht zuverlässig diagnostizierbar [1].

Bei klinischem Verdacht auf ein Melanom sollte die suspekte Läsion primär in toto exzidiert werden, unter Einhaltung eines zunächst knappen Sicherheitsabstandes [1, 1, 12]. Nach histologischer Sicherung sollten eine dermatologische Inspektion des gesamten Integuments einschließlich der einsehbaren Schleimhäute sowie eine Palpation der Primariusregion, des regionären Lymphabflussgebiets und der Lymphknotenstationen erfolgen. Zusätzlich wird für Hochrisikotumoren (ab pT1b [pathologisch erhobenes Primärtumorstadium 1b]) eine Sonographie der regionären Lymphknotenstationen empfohlen. Bei klinischem oder sonographischem Verdacht auf eine Metastasierung und/oder bei Patientinnen und Patienten mit Hochrisikoprimärtumor (ab Stadium IIC, Tumordicke nach Breslow mindestens 4 mm und ulzeriert) sollte im Rahmen der Primärdiagnostik eine Schnittbildgebung mittels CT (Computertomographie) oder MRT (Magnetresonanztomographie) erfolgen [1, 12].

Klassifikation

Die Diagnose eines malignen Melanoms wird histologisch gesichert. Die Stadieneinteilung erfolgt mittels der TNM-Klassifikation (T: Primärtumor; N: Lymphknotenbeteiligung; M: Fernmetastasierung; Tab. 1). Prognostisch relevant sind die histologische Angabe der vertikalen Eindringtiefe des Primärtumors nach Breslow (in mm), der histologische Nachweis einer Ulzeration des Primärtumors sowie ein makroskopisch oder mikroskopisch festgestellter Lymphknotenbefall [13]. Zur prognostischen Eingruppierung der Erkrankung sollte die aktuellste Auflage der AJCC-Klassifikation (AJCC: American Joint Committee on Cancer) verwendet werden; dies ist zurzeit die 8. Auflage aus dem Jahr 2017 ([14]; Tab. 2). Aufgrund des verbesserten molekularbiologischen Verständnisses der Melanomerkrankung sowie im Hinblick auf eine potenziell notwendige spätere Systemtherapie sollte bei Hochrisikomelanomen zusätzlich zur histomorphologischen und immunhistochemischen Aufarbeitung auch eine molekulargenetische Diagnostik erfolgen. Auf molekulargenetischer Ebene können aktuell 4 unterschiedliche Subtypen des Melanoms unterschieden werden [15]:

  • Melanome mit BRAF-Mutation (50 %),

  • Melanome mit NRAS-, KRAS- (Kirsten-RAS) oder HRAS-Mutation (HRAS: Harvey-RAS; 25 %),

  • Melanome mit NF1-Mutation (NF1: Neurofibromin 1; 15 %) sowie

  • Melanome mit keiner der genannten Genmutationen (Triple-Wildtyp; 10 %; [1, 15]).

Ein Anteil der Triple-Wildtyp-Melanome besitzen eine KIT-Mutation (KIT: Gen für die Tyrosinproteinkinase Kit; [15]). Diese seltene Mutation bietet Therapieansätze mit gegen KIT gerichteten Kinasen [16]. Bei Melanomen auf chronisch lichtgeschädigter Haut sind BRAF-Mutationen seltener anzutreffen [5]. Bei primär nicht durch UV-Exposition bedingten akralen und mukosalen Melanome sind insgesamt weniger Mutationen nachweisbar [5]. Eine Übersicht bietet Tab. 3.

Tab. 1 TNM-Klassifikation des malignen Melanoms nach American Joint Committee on Cancer (AJCC) 2017. (Nach [12])
Tab. 2 Prognostische Stadieneinteilung des malignen Melanoms nach AJCC 2017. (Nach [12])
Tab. 3 Häufigkeit von Genmutationen bei unterschiedlicher Subtypen des malignen Melanoms. (Nach [5])

Therapie

Chirurgische Therapie des Primärtumors und der regionären Lymphknoten

Klinisch melanomverdächtige Hautveränderungen sollten zunächst in toto mit einem knappen Sicherheitsabstand exzidiert werden. Nach histologischer Diagnosesicherung sollten, wenn noch nicht vorliegend, eine vollständige Exzision (R0-Situation) sowie, wenn möglich, eine Ausweitung des Sicherheitsabstandes abhängig von der vertikalen Tumordicke nach Breslow erfolgen. Hierbei sollte der resultierende Sicherheitsabstand bei einer Tumordicke bis 2 mm (T1–T2) 1 cm betragen, ab einer Tumordicke von 2 mm und mehr (T3–T4) wird ein Sicherheitsabstand von 2 cm empfohlen. In-situ-Melanome sollen histopathologisch kontrolliert komplett exzidiert werden, ohne Notwendigkeit eines zusätzlichen Sicherheitsabstandes [12]. Bei Einhaltung dieser Abstände zeigte sich in klinischen Studien eine Reduktion der Lokalrezidivrate, allerdings kein Einfluss auf das Gesamtüberleben [17]. Bei speziellen anatomischen Gegebenheiten (beispielsweise Primärtumorlokalisation im Gesicht, an den Akren oder über Gelenken) können reduzierte Sicherheitsabstände verwendet werden [1, 12].

Eine elektive Lymphknotendissektion nach Primärtumordiagnose zeigte in klinischen Studien keinen Überlebensvorteil und sollte nicht durchgeführt werden [1]. Stattdessen sollte bei Hochrisikotumoren (Tumordicke ab 1 mm sowie bei geringerer Tumordicke mit vorliegenden Risikofaktoren wie junges Alter der Erkrankten oder Ulzeration) eine Wächterlymphknotenexstirpation (SLNE) durchgeführt werden. Die SLNE komplettiert das pathologische Tumorstaging und unterstützt somit die Prognoseeinschätzung mit möglicherweise resultierender risikoadaptierter adjuvanter Therapie und stadiengerechter Nachsorge [1, 12]. Eine nachfolgende komplettierende Lymphknotendissektion bei positivem Wächterlymphknoten (mikroskopischer Lymphknotenbefall <1 mm) zeigte in Studien keinen Überlebensvorteil und wird daher nicht mehr empfohlen [1, 18]. Bei klinisch oder apparativ detektierter regionärer Lymphknotenmetastasierung (makroskopischer Lymphknotenbefall) dagegen ist die komplette Lymphknotendissektion der betroffenen Region die Primärtherapie der Wahl [1].

Adjuvante Systemtherapie

Nach definitiver operativer Therapie und resultierender klinischer sowie apparativer Tumorfreiheit sollte Patientinnen und Patienten ab Stadium III unter Risikoabwägung möglicher unerwünschter Nebenwirkungen eine adjuvante Therapie angeboten werden [1].

Ipilimumab, ein monoklonaler gegen CTLA4 („cytotoxic T‑lymphocyte associated protein 4“) gerichteter Antikörper, zeigte in einer klinischen Phase-3-Studie (EORTC-18071) eine signifikante Verbesserung sowohl des rezidivfreien als auch des Gesamtüberlebens (10 mg/kg KG [KG: Körpergewicht] über 3 Jahre) im Vergleich zu Plazebo bei Patientinnen und Patienten mit Stadium-III-Melanom in der adjuvanten Situation [19]. Eine weitere Studie (ECOG 1609) ergab für Ipilimumab in einer niedrigeren Dosis von 3 mg/kg KG keinen Unterschied im rezidivfreien Überleben im Vergleich zu 10 mg/kg KG bei deutlicher Reduktion der therapieassoziierten unerwünschten Wirkungen [20]. Auf Basis dieser Studien wurde Ipilimumab für die adjuvante Therapie des metastasierten Melanoms in den USA („United States of America“) zugelassen; in der EU (Europäische Union) liegt für diese Substanz in der adjuvanten Situation jedoch keine Zulassung vor.

Zur adjuvanten Therapie des Lymphknoten- (LK) und fernmetastasierten Melanoms zugelassen ist der monoklonale PD-1-Antikörper (PD-1: „programmed cell death protein 1“) Nivolumab in einer Dosierung von 3 mg/kg KG alle 2 Wochen für die Dauer von 12 Monaten. In CheckMate 238 wurde festgestellt, dass Nivolumab in einer Dosis von 3 mg/kg KG im Vergleich zu Ipilimumab in einer Dosierung von 10 mg/kg KG zu einem signifikant verbesserten rezidivfreien Überleben führt (HR [„hazard ratio“]: 0,65), bei gleichzeitig deutlich geringerer therapieassoziierter Toxizität [21]. Der Wirkstoff wurde im August 2018 EU-weit zur adjuvanten Therapie des metastasierten Melanoms in Stadium III oder IV zugelassen. Auch der PD-1-Antikörper Pembrolizumab zeigte in einer Phase-3-Studie im Vergleich zu Plazebo einen signifikanten Vorteil im rezidivfreien Überleben im adjuvanten Setting lymphknotenmetastasierter Patientinnen und Patienten (EORTC 1325/KEYNOTE-054; [22]), und erhielt nachfolgend, im Januar 2019, eine EU-weite Zulassung für diese Indikation.

Bei Patientinnen und Patienten mit Stadium-III-Melanom und nachgewiesener BRAF-V600E/K-Mutation zeigte eine adjuvante zielgerichtete Therapie mit Dabrafenib und Trametinib im Vergleich zu Plazebo eine signifikante Verbesserung des rezidivfreien Überlebens (HR: 0,47; Phase-3-Studie COMBI-AD). Das Gesamtüberleben verbesserte sich ebenfalls signifikant (HR: 0,57; [23]). Die Medikamentenkombination Dabrafenib und Trametinib erhielt im August 2018 die EU-weite Zulassung für lymphknotenmetastasierte Patientinnen und Patienten mit malignem Melanom im adjuvanten Setting.

Zur adjuvanten Therapie des BRAF-V600-mutierten Melanoms im Stadium III stehen somit sowohl die Immuncheckpointinhibitoren Nivolumab und Pembrolizumab als auch die zielgerichtete Therapie mit der Kombination aus Dabrafenib und Trametinib zur Verfügung. Vergleichende Daten aus klinischen Studien bezüglich der Überlegenheit einer dieser beiden Optionen liegen aktuell nicht vor. Die Entscheidung für die Auswahl der einen oder anderen Therapiemöglichkeit muss somit von Behandelndem und Erkranktem nach sorgfältiger Aufklärung und Abwägung des Risiko-Nutzen-Profils getroffen werden.

Systemtherapie bei Inoperabilität

Immuncheckpointinhibition

Die Ergebnisse der Systemtherapie des metastasierten Melanoms wurden durch die Einführung von Immuncheckpointinhibitoren deutlich verbessert [24]. Initiale Studien zeigten, dass das Langzeitüberleben metastasierter Patientinnen und Patienten bereits allein durch die Gabe des CTLA4-Inhibitors Ipilimumab gesteigert werden kann [25]. Die Phase-3-Studie CheckMate 067 [23] sowie weitere Phase-3-Studien ergaben, dass PD-1-Inhibitoren ( Nivolumab, Pembrolizumab) im Vergleich zu Ipilimumab eine deutlich höhere Effizienz bezüglich des Therapieansprechens, des progressionsfreien und des Gesamtüberlebens bei gleichzeitig geringerer Toxizität aufweisen. Unter Nivolumab, 3 mg/kg KG alle 2 Wochen, wurden 8 % der Therapien abgebrochen, im Vergleich zu 16 % bei Ipilimumab, 3 mg/kg KG alle 3 Wochen in 4 Gaben [23].

Des Weiteren wurde berichtet, dass eine Kombination aus CTLA4- und PD-1-Inhibition (Ipilimumab plus Nivolumab) eine höhere Effizienz hinsichtlich Therapieansprechen und Überlebenszeiten aufweist als eine Monotherapie mit einem PD-1-Inhibitor, bei allerdings deutlich erhöhter therapieassoziierter Toxizität [23]. Das 4‑Jahres-Gesamtüberleben liegt unter der Kombination aus Ipilimumab und Nivolumab bei 53 %, bei vergleichsweise nur 47 % unter Monotherapie mit Nivolumab [26]. Bei 56 % der Patientinnen und Patienten traten unter der Kombinationstherapie Nebenwirkungen Grad 3–4 auf, und 30 % mussten die Behandlung aufgrund von unerwünschten Wirkungen beenden. Nach aktueller Studienlage profitieren von einer Kombinationstherapie mit CTLA4- und PD-1-Inhibitoren insbesondere Erkrankte mit Risikofaktoren wie erhöhter LDH-Serumkonzentration (LDH: Laktatdehydrogenase), mukosalen Melanomen, geringer PD-L1-Expression (PD-L1: Ligand 1 von PD-1), sowie asymptomatischen Hirnmetastasen [1, 27].

Sowohl die Monotherapie mit einem PD-1-Hemmer als auch die Kombinationstherapie mit Inhibitoren von CTLA4 und PD‑1 entwickelten sich zum aktuellen Behandlungsstandard des inoperablen metastasierten Melanoms. Diese Checkpointinhibitoren gehen mit einem spezifischen Nebenwirkungsprofil einher, den sog. immunvermittelten unerwünschten Wirkungen („immune-related adverse events“ [irAE]), welche für jede einzelne Substanzgruppe (Anti-CTLA4, Anti-PD-1) ähnliche unerwünschte Effekt, in jedoch unterschiedlicher Häufigkeit und Ausprägung, beinhalten. So kommt es beispielsweise unter Ipilimumab dosisabhängig gehäuft zu autoimmunbedingten gastrointestinalen und endokrinologischen Nebenwirkungen [28]. Unter Therapie mit PD-1-Inhibitoren sind hingegen häufiger autoimmunvermittelte Pneumonitiden zu beobachten [29]. Aufgrund der Bedeutung der frühzeitigen Erkennung dieser Nebenwirkungen und der Einleitung adäquater Gegenmaßnahmen wurden detaillierte Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie der irAE unter Checkpointinhibition entwickelt [30]. Entsprechend sollten vor Einleitung einer solchen Therapie die individuellen Risiken und der Nutzen für den jeweiligen Erkrankten abgewogen und mit den aufgeklärten Patientinnen und Patienten besprochen werden.

Zielgerichtete Therapie

Für Patientinnen und Patienten mit inoperabel lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Melanom mit Nachweis einer BRAF-V600-Mutation waren Therapien mit BRAF-/MEK-Kinase-Inhibitoren (MEK: „mitogen activated protein kinase kinase 1“) hochwirksam. Monotherapien mit BRAF-Inhibitoren resultieren in einer objektiven Ansprechrate von etwa 50 %, die durch Kombination mit MEK-Inhibitoren auf 70 % gesteigert werden kann [31, 32]. Das mediane progressionsfreie Überleben steigt unter Kombinationstherapie mit BRAF-/MEK-Kinase-Inhibitoren auf 11–14,9 Monate (unter Monotherapie mit BRAF-Inhibitoren nur 7–9 Monate). Die Krankheitskontrollrate („disease control rate“; Summe aus CR [„complete response“], PR [„partiell response“], SD [„stable disease“]) liegt bei über 90 %; das 5‑Jahres-Gesamtüberleben erreicht 34 % (Dabrafenib und Trametinib; [33]). Außerdem geht die Kombinationstherapie im Vergleich zur Monotherapie mit BRAF- oder MEK-Inhibitoren allein mit einer geringeren Toxizität einher, da die paradoxe Aktivierung des MAP-Kinase-Signalwegs (MAP: mitogen aktiviertes Protein), wie unter der Monotherapie mit BRAF-Inhibitoren beobachtet, durch MEK-Inhibitoren gehemmt wird.

Zurzeit stehen für die BRAF-/MEK-Inhibition 3 unterschiedliche Medikamentenkombinationen zur Verfügung:

  • Dabrafenib und Trametinib,

  • Vemurafenib und Cobimetinib sowie

  • Encorafenib und Binimetinib.

Die Kombinationen unterscheiden sich hauptsächlich im Nebenwirkungsprofil und der Pharmakokinetik. So führt die Einnahme von Dabrafenib und Trametinib häufiger zu Pyrexien, welche den häufigsten Grund für Dosismodifikationen und Unterbrechungen der Behandlung darstellen, während unter der Kombination mit Vemurafenib und Cobimetinib gehäuft Fotosensitivitäten und öfter Exantheme beobachtet werden. Allen Therapien auf Basis der BRAF-Inhibition ist gemein, dass ein schnelles klinisches Ansprechen innerhalb weniger Wochen zu beobachten ist, sodass insbesondere symptomatische Patientinnen und Patienten von dieser Behandlung stark profitieren können. Auch bei Hirnmetastasierung ist die Kombinationstherapie effektiv und zeigt für die Dabrafenib-Trametinib-Kombination eine intrakraniale Ansprechrate von 55 % [34].

Eines der Hauptprobleme der zielgerichteten Therapie mit BRAF-/MEK-Inhibitoren ist die Entwicklung von Resistenzen mit Aktivierung unterschiedlicher alternativer Signalwege. So kommt es zu einer Reaktivierung des MAP-Kinase- oder einer Aktivierung des PI3K-AKT-Signalwegs (AKT: Serin-Threonin-Proteinkinase) durch BRAF-Gen-Amplifikation und MEK1- oder MEK2-Mutationen [35].

Die zielgerichtete Therapie mit BRAF-/MEK-Inhibitoren weist generell ein gutes Nebenwirkungsprofil auf. Gastrointestinale Symptome wie Übelkeit und Fatigue sind häufige unerwünschte Wirkungen (36–40 %). Linksventrikuläre kardiale Dysfunktion (8 %) und Prolongation des QT-Intervalls (4 %) treten selten auf, müssen aber durch kardiologische Untersuchungen engmaschig kontrolliert werden [31]. Häufig ist es ausreichend, bei Auftreten unerwünschter Wirkungen die Dosis eines oder beider Medikamente zu reduzieren oder ggf. die Kombination zu ändern.

Aktuell gibt es keine zufriedenstellende zielgerichtete Therapie für Patientinnen und Patienten mit BRAF-Wildtyp-Melanomen [1]. Dies stellt insbesondere dann ein Problem dar, wenn diese Klientel nicht oder nicht mehr auf eine Immuncheckpointinhibitortherapie anspricht.

Weitere Therapieoptionen

Für das Melanom stehen zahlreiche weitere Therapieoptionen zur Verfügung. So können beim nicht resezierbaren, lokal oder entfernt metastasierten Melanom (Stadium IIIB, IIIC und IVM1a) ohne Knochen‑, Hirn‑, Lungen- oder andere viszerale Beteiligung intraläsionale Injektionen in kutane, subkutane und nodale Läsionen mit Talimogen Iaherparepvec, einem abgeschwächten replikationsfähigen Virus, erfolgen. Das Virus wird in Tumorzellen repliziert und bildet ein immunstimulierendes Protein (humanes GM-CSF [„granulocyte macrophage colony-stimulating factor“]). Es wird vermutet, dass durch die Injektion und die Bildung von GM-CSF eine systemische antitumorale Antwort gefördert und das Tumormikromilieu beeinflusst werden.

In der palliativen Situation können interdisziplinäre Optionen wie eine palliative Radiatio oder eine palliative Metastasenchirurgie in Frage kommen.

Nachsorge

Die Nachsorge von Patientinnen und Patienten mit malignem Melanom erstreckt sich über einen Zeitraum von 10 Jahren nach der Erstdiagnose und wird in einer stadienabhängigen Intensität durchgeführt. Nach Empfehlung der ADO (Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie)/DDG (Deutsche Dermatologische Gesellschaft) sollen den Betroffenen ab Stadium IB in den ersten 3 Jahren nach der Erstdiagnose neben einer Untersuchung der gesamten Haut eine Sonographie der lokoregionären Lymphknoten sowie eine laborchemische Kontrolle der prognostisch bedeutsamen S100B- und/oder LDH-Serumwerte angeboten werden. Ab Stadium IIC sollen zusätzlich schnittbildgebende Untersuchungen (CT, MRT) in 6‑monatlichen Abständen erfolgen. Das aktuell empfohlene Nachsorgeschema ist in Tab. 4 dargestellt.

Tab. 4 Aktuelles Nachsorgeschema des malignen Melanoms nach Empfehlung der ADO/DDG. (Nach [12])

Fazit für die Praxis

  • Das maligne Melanom zeigt eine weiterhin steigende Inzidenz.

  • Prognostisch relevant sind Invasionstiefe und Ulzeration des Primärtumors sowie der Wächterlymphknotenstatus.

  • Eine Wächterlymphknotenexstirpation ist ab einer Tumordicke von 1 mm oder bei Vorliegen von Risikofaktoren indiziert.

  • Nach erfolgter chirurgischer Therapie sollte den aufgeklärten tumorfreien Patientinnen und Patienten ab Stadium III eine adjuvante medikamentöse Therapie angeboten werden.

  • Bei Inoperabilität soll den aufgeklärten Patientinnen und Patienten eine Systemtherapie angeboten werden. Hierfür stehen Immuntherapien mit CTLA4- („cytotoxic T‑lymphocyte associated protein 4“) und/oder PD-1-Inhibitoren (PD-1: „programmed cell death protein 1“) sowie bei Vorliegen einer BRAF-V600-Mutation (BRAF: Gen für die Serin-Threonin-Kinase B‑Raf) eine zielgerichtete Therapie mit BRAF-/MEK-Inhibitoren (MEK: „mitogen activated protein kinase kinase 1“) zur Verfügung. Ein möglicher Studieneinschluss sollte überprüft werden.