Anamnese

Spontangeburt eines weiblichen Frühgeborenen nach 23 + 5 Gestationswochen, Geburtsgewicht 490 g (15. Perzentile), Apgar 2–5–8. Präpartale antibiotische Therapie der Schwangeren mit Ampicillin und Cefotaxim bei Verdacht auf Amnioninfektionssyndrom mit vaginaler Blutung. Nachweis eines Ampicillin-resistenten Escherichia coli im Vaginalabstrich. Postnatal mildes Atemnotsyndrom mit invasiver Beatmung bis zum 25. Lebenstag, danach Atemhilfe mit „continuous positive airway pressure“ (CPAP), Ligatur eines Ductus Botalli apertus am 18. Lebenstag nach erfolgloser Indometacin-Therapie.

Klinischer Befund

Im Alter von 33 Lebenstagen erstmaliges Auftreten einer randständig hyperpigmentierten, kutanen Papel von 4 mm Durchmesser über der linken Hüfte mit kleinerer Satelliteneffloreszenz (Abb. 1). Derbe Konsistenz. Zu diesem Zeitpunkt klinisch unbeeinträchtigtes, spontan atmendes und vollständig oral ernährtes Frühgeborenes ohne zusätzlichen Sauerstoffbedarf. Leukozytenkonzentration im Blut 8800/μl mit unauffälliger Differenzierung, CRP-Konzentration 0,05 mg/dl. Nach Eröffnung der größeren Papel Entleerung von weißlichem Material mit bröckeliger Konsistenz. Anfertigung eines Abklatschpräparates sowie einer mikrobiologischen Kultur und anschließende Exzision der Läsionen.

Abb. 1
figure 1

Klinisches Bild. Kutane Papel (4 mm) mit kleinerer Satellitenläsion über der linken Hüfte

Diagnose

Primäre kutane Aspergillose.

Therapie und Verlauf

Histologischer Nachweis einer bis in die Subkutis reichenden, plasmazellulären Entzündungsreaktion (Abb. 2). Am übrigen Integument keine weiteren Herde. Rachenspülwasser, Blutkultur, Urin, Hautabstriche und Aspergillus-Antigen-ELISA im Serum unauffällig. In der PAS-Färbung und Versilberung nach Gomori kein Nachweis von Pilzmyzelien, kein Nachweis von Aspergillus-DNA in der Nukleinsäureamplifikation. Aus Abstrichen und Exzidatmaterial mehrfache Anzüchtung von Aspergillus fumigatus. Intravenöse antimykotische Therapie mit liposomalem Amphotericin B (3 mg/kg/Tag) über 8 Tage. In der Folge keine weiteren kutanen Läsionen oder systemische Hinweise auf eine Aspergillenerkrankung. In der immunologischen Diagnostik (Granulozyten-Burst-Test, durchflusszytometrische Verteilung der T-, B- und NK-Zellen) ergaben sich bei unserer Patientin bisher keine Hinweise auf einen primären Immundefekt. Im Nachbeobachtungszeitraum von 36 Monaten zeigten sich keine gehäuften Infektionen.

Abb. 2
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Histologie. Immunhistochemischer Nachweis einer plasmazellulären Entzündungsreaktion mit zahlreichen schaumzelligen, CD68-positiven Makrophagen

Diskussion

Die primäre kutane neonatale Aspergillose ist eine seltene Erkrankung des Frühgeborenen, weist aber eine zunehmende Inzidenz auf [1]. Die Unreife des Immunsystems und eine unzureichende Keratinisierung der Epidermis werden neben Traumen der Haut als Risikofaktoren für Mykosen des Frühgeborenen angesehen. Außer lokalen Infektionen der Haut werden auch systemische Verlaufsformen beobachtet, die unter dem Bild einer fulminanten Sepsis zu einem Multiorganversagen mit hoher Mortalität führen können [4]. Daher sind eine rasche Diagnosestellung und ein umgehender Therapiebeginn notwendig. Die Erfahrungen mit neueren Antimykotika und deren pharmakokinetischen Daten bei Extrem-Frühgeborenen sind beschränkt, eine systemische Therapie ist dennoch indiziert. Sollte eine Therapie mit Amphotericin B nicht ansprechen, so ist rasch der Einsatz alternativer Antimykotika wie Voriconazol, Itraconazol oder Micafungin zu erwägen [2, 3, 5]. Trotz der erwähnten prädisponierenden Faktoren wird die frühestmögliche immunologische Diagnostik zum Ausschluss einer primären Immundefizienz empfohlen.