Anfang der 1990er-Jahre gelang es, aus Allergenquellen einzelne IgE-bindende Proteine zu identifizieren [8, 19, 21]. Mittels molekularbiologischer Methoden konnte eine zunehmende Zahl sog. rekombinanter Proteine hergestellt werden. Dadurch wurde es möglich, statt wie bisher eine gesamte Allergenquelle lediglich die IgE-bindenden Proteine und damit Allergene einer solchen Quelle zu verwenden. Diese sog. komponentenbasierte Allergiediagnose – kurz CRD nach „component-resolved diagnosis“ – erlaubte, differenzierte Sensibilisierungsmuster und Kreuzreaktivitätsphänomene auf molekularer Stufe zu untersuchen. Solche molekulare Allergene stehen nun auch in zunehmendem Maße zur klinischen Anwendung zur Verfügung. In diesem Beitrag werden der aktuelle Nutzen dieser komponentenbasierten Allergiediagnose [8] in der Praxis und mögliche zukünftige Anwendungen beleuchtet.

Komponentenbasierte Diagnose bei Inhalationsallergien

Pollinose – Majorallergene sind entscheidend

Heutzutage ist eine Vielzahl an rekombinanten oder natürlich hergestellten molekularen Allergenen aus Pollen bekannt und größtenteils auch kommerziell erhältlich. Hier können für den klinischen Alltag v. a. durch die Abgrenzung von sog. Haupt- oder Majorallergenen zu Nebenallergenen wertvolle Zusatzinformationen gewonnen werden.

Majorallergene sind für die entsprechenden Pollengruppen charakteristisch und in der überwiegenden Anzahl der Fälle auch für die Auslösung der klinischen Beschwerden verantwortlich. Bekannte Majorallergene sind für Birke das Protein Bet v 1 und für Gräserpollen Phl p 1 und Phl p 5. Für Eschenpollen wird als Markerallergen oft das der in hohem Maße kreuzreagierenden Olivenpollen – Ole e 1 – angesehen. Für Beifußpollen gilt Ar v 1 als das wichtigste Allergen [19, 22], das auch in hohem Maße mit einem Hauptallergen von Traubenkraut (Artemisia, Ragweed) Amb a 4 kreuzreagiert [11].

Nebenallergene sind Panallergene, die in einer Vielzahl von Pollen in hohem Maße vorkommen und daher Kreuzreaktionen unter Pollen auslösen. Meist verursachen diese aber deutlich weniger klinische Beschwerden. Sie können daher Hauttest und v. a. auch die In-vitro-Diagnostik stark beeinflussen, sind aber für die Symptome des Patienten nur selten relevant. Solche Neben- oder Panallergene bei Pollen sind insbesondere Profiline und Kalzium-bindende Proteine, kurz Polcalcine genannt. In Abb. 1 sind die wichtigsten Haupt- und Nebenallergene von Pollen aufgezeigt.

Abb. 1
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Wichtigste Haupt- und Nebenallergene von Pollen

Komponentenbasierte Diagnose als Hilfestellung bei der Indikation zur SIT

In den zur SIT verwendeten Extrakten sind v. a. die Hauptallergene in gleichbleibender ausreichend hoher Menge vorhanden sind.

Die SIT ist v. a. bei Vorliegen einer Sensibilisierung auf die Hauptallergene sinnvoll.

Dies umso mehr als der Gehalt an Nebenallergenen von Hersteller zu Hersteller stark schwanken kann [6, 7]. Entscheidend ist daher, ob eine Sensibilisierung auf die Hauptallergene vorliegt. Lässt sich erhöhtes sIgE gegen die Gräserpollen-Markerallergene Phl p 1 und Phl p 5 nachweisen, ist dies ein Hinweis auf eine spezifische Sensibilisierung, bei der eine SIT sinnvoll ist. Liegt hingegen ausschließlich erhöhtes sIgE gegen Kreuzallergene wie das Polcalcin Phl p 12 und das Profilin Phl p 7 vor, ist eine SIT wenig Erfolg versprechend und daher nicht indiziert. Ähnlich ist eine SIT bei Birkenpollen-assoziierter Rhinokonjunktivitis sinnvoll, wenn IgE gegen das Markerallergen Bet v 1 vorliegt, bei einer alleinigen Sensibilisierung gegen die Kreuzallergene Bet v 4 und Bet v 2 dagegen nicht. Ausschließliche Sensibilisierung auf die Panallergene Profilin/Polcalcine sind eher selten, umfassen aber je nach Kollektiv doch 10–25% der Pollinosepatienten [8].

In eigenen Untersuchungen berichteten 746 Patienten bei 73% aller mittels SIT-behandelten mit Sensibilisierung auf das Majorallergen über einen guten bis sehr guten Erfolg, aber nur bei 16%, wenn lediglich eine Sensibilisierung auf Nebenallergene vorlag (Tab. 1). Die CRD-basierte Diagnostik scheint also tatsächlich Sinn zu machen, um insbesondere für die Pollen-SIT ungeeignete Patienten selektionieren zu können und dadurch neben dem großen Zeitaufwand allfällige Nebenwirkungen und letztendlich auch unnötige Kosten zu vermeiden. Dabei können Sensibilisierungen auf Profilin und Polcalcin durchaus summarisch erfasst werden, da im klinischen Alltag eine Abgrenzung auf eine der beiden Gruppen nicht notwendig ist. So ist die kombinierte Bestimmung etwa von Phl p 7/Phl p 12 als eine einzelne Bestimmung oft ausreichend. Aufgrund der hohen Kreuzreaktivität werden dadurch auch Sensibilisierungen auf die entsprechenden Panallergene anderer Pollengruppen wie Baum- oder Kräuterpollen miterfasst und müssen daher nicht gesondert bestimmt werden (Abb. 2).

Tab. 1 Retrospektive Beurteilung des Erfolgs der SIT und Sensibilisierungsspektrum auf Major- und Minorallergene (anhand von 746 Patienten)
Abb. 2
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Komponentenbasierte Diagnostik als Entscheidungshilfe bei der Immuntherapie der Pollinose

Zu wissenschaftlichen Zwecken lassen sich durch komponentenbasierte Diagnose auch Rückschlüsse auf unterschiedliche Sensibilisierungsmuster in verschiedenen Bevölkerungsgruppen nachweisen. Grund dafür mögen verschiedene primäre Sensibilisierungswege sein [1]. Zudem können pollenassoziierte Nahrungsmittelallergien etwa zwischen Birkenpollen und rohem Stein- und Kernobst und anderen Nahrungsmittel in überwiegendem Maße auf Kreuzreaktion zwischen verschiedenen Bet-v-1-Homologen, dem sog. PR („pathogenesis-related protein family“)-10-Protein, zurückgeführt werden.

Andere Inhalationsallergien

Auch bei Milbenallergien lassen unterschiedliche Sensibilisierungsmuster etwa auf Der p 1, Der p 2 oder Der p 10 (Tropomyosin) gewisse Rückschlüsse etwa auf den Sensibilisierungsweg und Kreuzreaktivitäten zu. Bei Tierhaarallergien spricht eine Sensibilisierung gegen Lipocaline oder Serumalbumin für eine breite Reaktionsbereitschaft gegenüber sämtlichen behaarten Tieren, während eine reine Sensibilisierungen etwa gegen Katzen-Uteroglobin Fel d 1eine ausschließliche Katzenallergie erwarten lässt. Sowohl bei Milben- als auch Tierhaarallergien ist heutzutage der Einsatz von rekombinanten Allergenen aber noch vorwiegend zu wissenschaftlichen Zwecken und weniger in der alltäglichen Praxis einzuordnen.

Bei der Diagnose von Allergien gegenüber dem Schimmelpilz Aspergillus fumigatus wurde schon 1999 durch Crameri et al. [4] gezeigt, dass krankheitsspezifische Sensibilisierungsmuster bei der allergisch bronchopulmonalen Aspergillose ABPA vorliegen [13]. Bei einer einfachen Aspergillus-Allergie wie bei einer ABPA können zwar IgE gegen Asp f 1 und Asp f 3 nachgewiesen werden; nur bei ABPA finden sich aber Sensibilisierungen gegenüber den Allergenen Asp f 4 und Asp f 6.

Nahrungsmittelallergien – CRD als Hilfsmittel zur Risikoabschätzung

Zum einen hilft die Bestimmung von IgE gegen Panallergene wie Profiline, aber auch PR-10 Kreuzreaktivitäten besser zu verstehen und genauer zuzuordnen. Auch „Cross-reaktive Carbohydrat-Determinaten“ – kurz CCD – finden sich in den allermeisten pflanzlichen Quellen. Eine entsprechende Sensibilisierung auf Bromelin (Ana c 2) oder MUXF3-CCD kann herkömmliche IgE-Bestimmungen verfälschen und ist selten mit klinischen Symptomen assoziiert. Bei einem kleinen Teil der Patienten kann eine CCD-Allergie allerdings schwere Symptome auslösen.

Speicherproteine und Lipidtransferproteine: verantwortlich für schwere anaphylaktische Reaktionen

Im Gegensatz zu den erwähnten PR-10-Proteinen und Profilinen gehen Sensibilisierungen auf die meist hitze- und magensäurefesten Speicherproteine oft mit schweren allergischen Symptomen einher. So lassen Sensibilisierungen gegen die Speicherproteine von Erdnüssen (Ara h 1, Ara h 2 und Ara h 3/4), Haselnuss (Cor a 9 und 11) oder gewisse Sojaglycinine ein deutlich erhöhtes Risiko für systemische Reaktionen erwarten als etwa auf die entsprechenden PR-10-Proteine (Ara h 8, Cor a 1 oder Gly m 4), die in vielen Fällen nur orale Symptome wie Juckreiz oder Brennen auslösen. Auch Allergien auf Lipidtransferproteine, kurz LTP wie Cor a 8, Ara h 9 oder das Pfirsich-LTP Pru p 3, gehen oft mit einem erhöhten Risiko für systemische Reaktionen einher.

Letztlich entscheidend ist allerdings auch hier in jedem Fall die Klinik. Auch bei einer „harmlosen“ Sensibilisierung können die Beschwerden den Patienten stark beeinträchtigen – auch wenn diese selten lebensbedrohlich sein dürften. Und andererseits müssen auch Sensibilisierungen auf Speicherproteine oder LPS nicht in jedem Fall zwingend schwere Folgen haben.

Bei Nahrungsmittelintoleranzen, die definitionsgemäß nicht IgE-vermittelt sind, kann naturgemäß keine Diagnose mittels komponentenbasierter Diagnose gestellt werden [18].

Anstrengungsabhängige Beschwerden

In den letzten Jahren wurde bekannt, dass anstrengungsinduzierte anaphylaktische Beschwerden oft mit einer Sensibilisierung auf das Weizenallergen Ω-5-Gliadin assoziiert sind (Tri a 19, f416; [3, 12]). Bei einem Teil dieser Patienten ist lediglich IgE gegen dieses Weizenallergen Tri a 19, nicht aber gegen Weizen (f 4) nachweisbar. Bei typischer „exercice-induced“ Symptomatik kann es daher sinnvoll sein, beide Werte zu bestimmen (engl. „wheat-dependant exercice-induced anaphylaxis“, WDEIA). Durch simples Meiden der Kombination von weizenhaltigen Speisen und körperlicher Anstrengung in den nächsten 4–6 h können diese WDEIA-Beschwerden oft vermieden werden.

Kuhmilch, Hühnerei und Meeresfrüchte: tierische Allergene

Bei der Abklärung einer Kuhmilchallergie kann schon seit vielen Jahren eine komponentenbasierte Diagnostik erfolgen. Gerade bei Caseinsensibilisierung (Bos d 8) sind allergische Reaktionen nicht nur auf Milch verschiedenster Quellen wie Kuh, Schaf oder Ziege zu erwarten, sondern u. U. auch beim Genuss des entsprechenden Tierfleisches.

Im pädiatrischen Bereich sind v. a. bei der Hühnereiallergie durch komponentenbasierte Diagnose weitere Informationen möglich. So zeigen Kinder mit Hühnereiweißallergie mit Sensibilisierung auf Ovomucoid (Gal d 1) oft eine Persistenz dieser Allergie auch über das Kleinkinderalter hinaus. Zudem kann es hier oft auch zu heiklen Reaktionen mit gekochtem Ei kommen. Bei fehlenden oder niedrigen Titern von IgE gegen Ovomucoid sind hingegen oft nur Symptome bei Genuss von rohem Ei zu erwarten [2].

Schließlich sind Tropomyosine für Kreuzreaktionen zwischen Milben (Der p 10) und Meeresfrüchten verantwortlich. Solche Tropomyosine, etwa in Krevetten (Pen a 1, Pen i 1), aber auch in rohem Fisch vorkommenden Parasiten Anisakis (Ani s 3) oder der roten Mückenlarve, können starke Beschwerden bei entsprechendem Genuss oder inhalativer Exposition auslösen.

Latexallergie: Aufschlüsselung auf genuine Allergene

Eine Latexallergie kann eine Proteinkontakturtikaria bis hin zu schweren, ja lebensgefährlichen allergischen Reaktionen auslösen. Gerade deshalb ist ein positiver IgE-Nachweis auf Latex oft etwas beunruhigend: Soll man dem Patienten für die Zukunft von jeglichem Latexkontakt abraten und einen entsprechenden Allergiepass ausstellen – oder darf er bei entsprechend stummer Anamnese weiterhin mit Latex etwa bei operativen Eingriffen in Kontakt kommen? Hier können durch Bestimmung von einzelnen Latexallergenen sehr hilfreiche weitere Information gewonnen werden kann. Liegt eine ausschließliche Sensibilisierung auf das in Latex enthaltene Profilin (Hev b 8) vor, sind klinisch relevante allergische Symptome auch hier kaum zu erwarten. Solche Sensibilisierungen auf Latex machen bis zu 75% aller positiven Latex-CAPs aus [5, 17]. Hingegen sind IgE gegen andere genuine Latexallergene (rHev b 1, rHev b 3, rHev b 5 und v. a. auch Hev b 6) in hohem Maße mit eigentlichen allergischen Symptomen assoziiert. Kreuzreaktionen mit dem Allergen Hevein Hev b 6 sind auch für das gelegentlich beobachtete Latex-Frucht-Syndrom verantwortlich.

Insektengiftallergie: CRD nützlich bei Doppelsensibilisierungen

An anderer Stelle in diesem Heft wird gesondert auf diese Aspekte eingegangen (Beitrag Pryzibilla). Daher soll hier lediglich vermerkt werden, dass durch die Bestimmung von bienenspezifischen (Api m 1) und wespenspezifischen (Ves v 5) Allergenen eigentliche Doppelsensibilisierungen von lediglich kreuzreagierenden Proteinen oder CCD-Sensibilisierungen abgegrenzt werden können [14]. Das ist besonders bei schweren allergischen Reaktionen von Bedeutung, wenn der Patient das stechende Insekt nicht bemerkt oder identifizieren konnte und der Entscheid zur SIT mit nur einem oder beiden Giften gefällt werden sollte. Weitere allergene Proteine zur Differenzierung der Hymenopterengiftallergie sind bereits in der Entwicklung und werden in naher Zukunft wohl auch kommerziell zur Verfügung stehen.

Hypersensitivität auf Medikamente

Unverträglichkeiten auf Medikamente sind häufig, sind aber nach wie vor eine diagnostische Herausforderung bei der allergologischen Abklärung. IgE-vermittelte Mechanismen spielen wohl nur bei einer Minderheit eine Rolle. Die entsprechende Bestimmung von spezifischem IgE ist daher selten ausreichend und bedarf weiterer Verfahren wie ergänzenden Hauttests, zellulären Untersuchungen und allenfalls auch Provokationstests. Entsprechend finden sich aktuell noch kaum Untersuchungen mit Allergeneinzelkomponenten.

„Multi-Screening“ mit Einzelallergenen: Diagnose mit Allergenchip

Wie funktioniert ein Microarray-basierter Allergenchip?

Mittels kommerziellen Tests lassen sich heute spezifische IgE gegen eine rasch wachsende Zahl rekombinanter oder auch hochgereinigter nativer Allergene bestimmen (z. B. im Phadia CAP oder im Immulite-Verfahren). Mit diesen gängigen Methoden ist es jedoch schwierig, jeden Patienten auf eine große Anzahl unterschiedliche Allergene mit zahlreichen einzelnen ImmunoCAPs zu testen. Dazu ist v. a. der finanzielle Aufwand zu groß. Mittels moderner Biochiptechnologie – sog. Chipanalysen auf Microarray-Basis – können Patienten jedoch auf eine große Zahl von Allergenen simultan getestet werden. Solche Allergenchipmethoden werden die Allergiediagnostik in den nächsten Jahren verändern und neue Wege eröffnen [9].

Mittels Biochiptechnologie können Patienten auf eine große Zahl von Allergenen simultan getestet werden

Allergen-Microarrays (z. B. der Immuno Solid Phase Allergen Chip, kurz ISAC) bestehen aus einer mit aminreaktiven Polymeren beschichteten Glasoberfläche, die in hoher Dichte Triplikate von bis zu 150 Allergenkomponenten tragen kann. Mittels Nanotechnologie werden dazu geringste Mengen von Einzelallergenen (<1 ng) an einen speziell beschichteten Biochip kovalent gebunden. Während einer 2-stündigen Inkubationszeit mit nur 20 μl Patientenserum binden spezifische IgE-Antikörper an die korrespondierende Allergenkomponente auf dem Allergenchip und werden mithilfe eines fluoreszenzmarkierten Zweitantikörpers detektiert. Das so entstehende Reaktionsmuster wird mittels eines Laserscanners erfasst und computergestützt ausgewertet, wobei die Fluoreszenzintensität mit der Konzentration allergenspezifischer IgE-Antikörper korreliert. Solche semiquantitative Technologie ist bereits an einzelnen allergologischen Zentren im klinischen (Routine-)Einsatz. Die Resultate werden mittels Computersoftware summarisch zusammengefasst und mit entsprechenden Interpretationshilfen aufbereitet.

Möglichkeiten und Grenzen der Chipdiagnose

Der Vorteil dieses Systems besteht darin, dass es mittels eines standardisierten Allergenpanels bei jedem Patienten Auskunft hinsichtlich aller relevanten Markerallergene, kreuzreaktiven Allergene sowie seltenen, aber wegen ihres Anaphylaxiepotenzials wichtigen Allergene (z. B. LTPs, Speicherproteine oder Tropomyosin) gibt. Zumindest teilweise kann auch die CCD-Problematik eliminiert respektive besser determiniert werden. Ein weiterer Vorteil besteht in der sehr kleinen notwendigen Menge von nur 20 µl Serum, die etwa im pädiatrischen Bereich wertvoll sein kann respektive Bestimmungen mittels Kapillarblutentnahme erlaubt [15].

Auch bei der Erfassung von bestimmten Sensibilisierungsmustern bei der atopischen Dermatitis können solche Chips bestimmte spezifische Muster aufzeigen, die beispielsweise erwartungsgemäß zwischen Kollektiven in Europa und Afrika südlich der Sahara deutlich variieren [[16], Ferrara (Hanifin-Rajka-Meeting 2010)].

Allerdings ist aktuell mittels Chip die ausgezeichnete Sensitivität und Reproduzierbarkeit des CAP-Verfahrens zumindest noch nicht für alle enthaltenen Einzelallergene erreicht. Hier sind sicher noch weitere, auch an großen Kollektiven durchgeführte Untersuchungen zur exakteren Beurteilbarkeit sinnvoll. Auch ist das Allergenspektrum zurzeit noch nicht in allen Bereichen – etwa bei Schimmelpilzallergien – ausreichend und wird daher noch in regelmäßigen Abständen optimiert.

Selbstverständlich ist auch bei dieser Methode eine profunde Anamnese zwingend und ggf. eine orale Provokation für eine zuverlässige Diagnose in vielen Fällen weiterhin sinnvoll und notwendig.

Für eine sachkundige Interpretation ist zudem aufgrund der Komplexität erhebliche Sachkenntnis notwendig ist. Der breite Einsatz des Allergenchips als primäres Screeninginstrument durch nicht allergologisch ausgebildete Fachärzte ist daher wenig sinnvoll. [9] Ansonsten besteht die Gefahr der Generierung einer Vielzahl an positiven Testbefunden bei gänzlich fehlender Anamnese, was zu Verwirrung und möglicherweise unnötigen Zusatzuntersuchungen führen kann.

Die komponentenbasierte Diagnostik ergänzt einen Hauttest in bester Weise

In unserer Allergiestation untersuchen wir den Einsatz dieses Chipverfahrens seit 2007 an bisher etwas über 300 Patienten. Dabei zeigen sich die Vorteile eines solchen breiten Approaches etwa bei unklaren Anaphylaxiefällen, bei Latexsensibilisierung und bei sehr breiter Sensibilisierung, die klinisch und serologisch möglicherweise auf Panallergene zurückzuführen sind. So lassen sich Sensibilisierungen etwa auf Gruppen von Profilinen, Tropomyosinen oder LTP oft sehr klar identifizieren. Bei Patienten mit Beschwerden bei Nahrungsmitteln mit sehr breiten oder unklaren Auslösern kann eine Chipuntersuchung helfen, solche relevanten Allergengruppen zu identifizieren oder eine IgE-vermittelte Sensibilisierung mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Auch zeigt sich in präliminären Studien, dass sich möglicherweise die Chipdiagnostik für die Verlaufsbeobachtung während der allergenspezifischen SIT einsetzen lässt, weil die IgE/IgG4-Ratio in deutlich höherem Maße als bei der einfachen IgE-Bestimmung mittels CAP erfasst wird (Gay-Croiser). Unserer Meinung ersetzt diese oder jegliche komponentenbasierte Diagnostik weder eine sorgfältige Anamnese noch den Hauttest, sondern ergänzt diesen in bester Weise. Auch muss festgehalten werden, dass aktuell mittels Chipuntersuchungen trotz der großen Fortschritten in den letzten Jahren für viele Allergene noch nicht die Sensitivität und hohe Reproduzierbarkeit einer herkömmlichen IgE-Bestimmung mittels Immuno-CAP gegenüber einem einzelnen Allergen erreicht wird.

Die Kosten für eine Chipanalyse liegen aktuell im Bereich von mehreren Einzel-IgE-Bestimmungen, die wiederum von Land zu Land variieren. In Deutschland sind verschiedene Modelle mit Abrechnung nach IGel-Liste respektive für Privatpatienten möglich. Dabei kann das sog. Baukastenprinzip angewendet werden, da es sich um eine innovative, kostenintensive und mit einer komplexen Befundleistung des Arztes einhergehende Leistung handelt. Die Kosten können somit für den einzelnen Fall aktuell noch recht hoch werden und sollten mit dem Patienten sinnvollerweise vorher besprochen werden. Allerdings relativieren sich diese Kosten deutlich, wenn in Betracht gezogen wird, dass dadurch Aussagen für über 100 Allergene erhalten werden.

Fazit für die Praxis

Rekombinanten einzelner Allergene finden zunehmend Eingang in die Routinediagnostik. Sie setzt neue Kenntnisse des allergologisch tätigen Arztes voraus, erlaubt aber oft ein besseres Krankheitsverständnis und den molekular nachvollziehbaren Nachweis von Kreuzreaktivitäten. Bei Pollenallergien kann durch Bestimmung der entsprechenden Majorallergene eine bloße Sensibilisierung auf kreuzreagierende, klinisch weniger relevante Panallergene wie Profiline oder Polcalcine abgegrenzt werden. Diese erlaubt oft eine präzisere Indikationsstellung zur SIT mit Pollen. Bei Nahrungsmittel- und Latexallergien können Sensibilisierungen auf Proteine mit hohem Anaphylaxierisiko wie Speicher- oder Lipidtransferproteine identifiziert werden. Bei Hymenopterengiftallergien lassen sich Doppelsensibilisierungen auf Bienen- und Wespengift besser von Kreuzreaktivitäten abgrenzen (Übersicht in Tab. 2).

Tab. 2 Möglicher sinnvoller Einsatz von komponentenbasierter Diagnostik anhand von 12 Fragestellungen

Der Einsatz von gewissen rekombinanten Allergenen auch in der Routinediagnostik ist durchaus sinnvoll. Eine sorgfältige wissenschaftliche Untersuchung von deren Potenzial und Limitationen ist aber gerade deswegen umso notwendiger.