Die Skabies ist eine ansteckende Epizoonose, die durch die Milbe Sarcoptes scabiei var. hominis hervorgerufen wird. Nach Durcharbeitung dieses Beitrags sind Epidemiologie, Biologie, Immunologie, Klinik und Diagnostik der Skabies bekannt, sodass eine geeignete Therapie eingeleitet werden kann.

Definition

Die Skabies ist eine juckende Hauterkrankung des Menschen, die durch eine Infektion bzw. Infestation mit dem obligat humanpathogenen Parasit Sarcoptes scabiei var. hominis , der Krätzmilbe, hervorgerufen wird. Dabei leitet sich der Begriff Skabies von lat. „scabere“ (kratzen) ab.

Historisches

Die Skabies (Krätze) ist eine Erkrankung, die den Menschen schon sehr lange begleitet und bereits in der Antike beschrieben worden ist. So existiert eine assyrische Tontafel aus dem 7. vorchristlichen Jahrhundert, auf der eine schwefelhaltige Rezeptur zur Behandlung von juckendem Ausschlag (vermutlich Skabies) erwähnt wird. Die Skabies wird daher mit Recht zu den Geißeln der Menschheit gezählt. Insbesondere in Kriegs- und Notzeiten war die Erkrankung auch in Mitteleuropa sehr weit verbreitet. Der berühmteste Skabiespatient der Geschichte dürfte zweifellos Napoleon gewesen sein, der schrieb: „Wirklich, eine schöne Sache, die Medizin! In Wien hatte ich am Hals eine juckende Flechte, die mir viele Beschwerden machte. Ich ließ Johann Peter Franck kommen. Er versicherte mir, es sei gefährlich, die Flechte zu vertreiben, weil sie nach innen schlagen könnte; der Kurfürst von Trier sei infolge einer solchen Krankheit wahnsinnig geworden. Ich wartete, bis Corvisart, mein Leibarzt, kam. Er sagte mir, ein bißchen Schwefel und die Flechte ist verschwunden. Und tatsächlich war ich in einigen Tagen vollkommen geheilt.“ Es wird kolportiert, dass einige seiner Angewohnheiten, wie z. B. der kurze Schlaf, seine Vorliebe für häufiges Baden und sein ungeniertes Kratzen auch inmitten einer Gesellschaft, auf seine Skabieserkrankung zurückzuführen wären.

Obwohl der arabische Arzt At-Tabari bereits im 10. Jahrhundert nach Christus erstmals eine Milbe als Erreger der Skabies beschrieb und als Therapie die Abtötung dieser Milbe mit schwefel- und quecksilberhaltigen Salben empfahl, wurde die wahre Natur der Erkrankung von den abendländischen Ärzten über lange Zeit nicht erkannt. Dies erscheint umso erstaunlicher, da die Milbe mit bloßem Auge gerade noch zu erkennen ist und ihre Existenz in der einfachen Bevölkerung offensichtlich durchaus bekannt war. So zeigte eine Waschfrau dem Florentiner Arzt Bonomo im Jahr 1686, wie man die Milben mit einer spitzen Nadel aus der Haut entfernt, sodass er die Milben anschließend mikroskopieren und zeichnen konnte (Abb. 1). Dennoch setzten sich diese neuen Erkenntnisse gegenüber der verbreiteten humoralpathologischen Lehre Galens nicht durch, die die Skabies auf eine „acrimonia sanguinis“, also eine Schärfe des Bluts, zurückführte. So kommt denn auch der Seuchenhygieniker Stefan Winkle zu dem Schluss, dass sich der durch die Scheuklappen des Galenismus beschränkte Mediziner im Laufe der Jahrhunderte mit keiner Erkrankung mehr blamiert hat als mit der Skabies. Erst im 19. Jahrhundert wurde dann die kontagiöse Natur der Erkrankung mit der Milbe als auslösendem Agens erkannt und weitgehend akzeptiert. Der korsische Student Renucci demonstrierte 1834 in Paris, wie man eine Milbe aus der Haut entfernt, und Hebra führte 1840 ein spektakuläres Selbstexperiment durch, bei dem er sich absichtlich mit Milben infizierte und die entstehende Krätze im Anschluss mit Schwefelsalbe heilte.

Abb. 1
figure 1

Der Florentiner Arzt Bonomo fertigte im Jahr 1687 erste Zeichnungen der Skabiesmilbe nach seinen mikroskopischen Untersuchungen an

Epidemiologie

Die Ausbreitung wird begünstigt durch schlechte hygienische und sozioökonomische Verhältnisse. Die Bevölkerungsdichte, die Häufigkeit von Körperkontakten, der individuelle Hygiene- und Immunstatus sowie die medizinische Versorgung stellen dabei wesentliche Determinanten dar. Weltweit dürften mehrere 100 Mio. Menschen betroffen sein, regional beträgt die Prävalenz teilweise bis zu 50%. Eine besonders hohe endemische Prävalenz zeigen beispielsweise die Aborigines in Nordaustralien. Da kutane Superinfektionen mit Streptokokken als Komplikation der Skabies nicht selten sind, zeigen die Aborigines auch die weltweit höchste Rate an Poststreptokokkenglomerulonephritis. Die Skabies stellt daher heutzutage insbesondere in Entwicklungsländern ein bedeutendes epidemiologisches Problem dar, aber auch in Deutschland tritt die Erkrankung regelmäßig auf und kann insbesondere in Gemeinschaftseinrichtungen, wie z. B. Alten- und Pflegeheimen, kleinere Endemien verursachen. Insgesamt dürfte die Prävalenz in Deutschland jedoch deutlich unter 1% liegen. In unseren Breiten war die Skabies v. a. während Kriegs- und Notzeiten sehr häufig, während der beiden Weltkriege litten bis zu 25% der dermatologischen Patienten an Skabies [10]. Eine Studie in England erbrachte, dass die Skabies dort signifikant häufiger in urbanen Regionen, im Norden des Landes, bei Kindern und bei Frauen vorkommt [8], während andere Autoren eine Bevorzugung des männlichen Geschlechts fanden [10]. Die englische Studie zeigte zudem eine Häufung der Erkrankung in den Wintermonaten und einen zyklischen Anstieg der Prävalenz etwa alle 20 Jahre. Diese zyklische Schwankung der Skabieshäufigkeit wurde auch in anderen Kollektiven beobachtet, als mögliche Gründe hierfür werden generationsabhängige immunologische Phänomene diskutiert.

Biologie der Krätzmilbe

Die Krätzmilbe Sarcoptes scabiei var. hominis (Abb. 2) gehört zur Ordnung der Acari (Milben) und zur Klasse der Arachnida (Spinnentiere). Sie weist im Adultstadium 4 Beinpaare auf. Die Größe beträgt bei den Männchen 0,2–0,3 mm, bei den Weibchen 0,3–0,5 mm. Letztere sind damit unter Umständen gerade noch mit bloßem Auge als kleiner dunkler Punkt zu erkennen. Die Milbe ist ausschließlich auf den Menschen als Wirt spezialisiert, andere Skabiesmilbenarten befallen dagegen verschiedene Säugetiere und rufen z. B. bei Hunden die Räude hervor. Für diese auf Tiere spezialisierten Räudemilben stellt der Mensch einen Fehlwirt dar. Es kommt daher höchstens zu einem kurzfristigen Befall (animale Skabies ) mit selbstlimitierendem Verlauf.

Abb. 2
figure 2

Die weibliche Skabiesmilbe erreicht eine Größe von 0,3–0,5 mm

Nach der Paarung der Milben an der Hautoberfläche sterben die männlichen Milben ab, während sich die Weibchen in das Stratum corneum eingraben (Abb. 3). Tiefere epidermale Schichten werden nicht penetriert, da die Sauerstoffversorgung der Krätzmilbe durch Diffusion über die Körperoberfläche erfolgt und in tieferen Schichten nicht mehr ausreichend möglich wäre. Das Weibchen kann einen bereits gegrabenen Gang auch wieder verlassen und an anderer Stelle einen neuen Gang graben, sodass die Zahl der Gänge nicht zwangsläufig die Zahl der weiblichen Milben reflektiert. In den kornealen Gängen lebt die weibliche Milbe noch bis zu 60 Tage und legt pro Tag 2–4 Eier, aus denen nach kurzer Zeit (ca. 2–7 Tage) die Larven schlüpfen. Diese bohren sich zurück an die Hautoberfläche und wandeln sich nach Durchlaufen mehrerer Nymphenstadien in Hautfalten oder Haarfollikeln zu adulten Milben um, wobei sie sich von Keratinmaterial ernähren. Die Entwicklungsdauer des Männchens beträgt ca. 9–10 Tage, die des Weibchens ca. 12–15 Tage. Auf der warmen Hautoberfläche kann sich die Milbe mit einer Geschwindigkeit von bis zu 2,5 cm/min fortbewegen [5].

Abb. 3
figure 3

Schematischer Entwicklungszyklus der Skabiesmilbe (Skizze ist nicht maßstabsgetreu)

Übertragung

Krätzmilben sind außerhalb des menschlichen Organismus nur sehr begrenzt überlebensfähig. Unter optimalen Bedingungen wie niedriger Temperatur und hoher Luftfeuchtigkeit können die Milben wenige Tage in der Umwelt ohne Wirt überleben, bei durchschnittlichen Bedingungen etwa 24–36 h. Eine Übertragung erfolgt aufgrund dieser Gegebenheiten fast ausschließlich direkt von Mensch zu Mensch, wobei hier ein enger Hautkontakt stattfinden muss. So wird die Milbe bei Erwachsenen häufig durch sexuelle Kontakte übertragen. Die Skabies kann daher im weiteren Sinn zu den sexuell übertragbaren Erkrankungen gerechnet werden. Aber auch anderweitige enge körperliche Kontakte, wie z. B. zwischen Pflegekräften und pflegebedürftigen Heimbewohnern oder zwischen Eltern und Kindern, können zu einer Transmission von Milben führen. Für die Übertragung der Skabies genügt dabei bereits eine einzige begattete weibliche Milbe oder ein Larven- oder Nymphenpaar. Die Übertragungswahrscheinlichkeit steigt mit der Dauer und Intensität des Körperkontakts, ein bloßer Händedruck reicht normalerweise nicht aus. Weitere begünstigende Faktoren sind hohe Milbenzahl, mangelhafte Körperhygiene und Immundefizienz des Wirts. Eine Übertragung durch Gegenstände wie Kleidung oder Bettzeug ist eher selten. So schätzt man das Risiko für eine Skabiesinfestation auf <1:200, wenn man in einem Bett schläft, in dem unmittelbar zuvor ein an klassischer Skabies Erkrankter lag. Im letzten Jahrhundert wurden hierzu kurios anmutende Experimente mit Freiwilligen durchgeführt, die in Betten schliefen, in denen zuvor Patienten mit klassischer Skabies (Milbenzahl <20) gelegen hatten. Bei 300 Versuchen erfolgte nur in 4 Fällen eine Ansteckung. Dagegen ist die Skabies norvegica aufgrund der hohen Erregerzahlen hochkontagiös, hier kann sogar eine aerogene Übertragung durch milbenhaltige Schuppenpartikel erfolgen. Eine Übertragung von Krankheitserregern, wie z. B. HIV, durch Skabiesmilben ist bisher nicht bekannt.

Klinik

Da die Skabiesmilbe eher wärmere Körperareale mit dünnem Stratum corneum bevorzugt, findet man als Prädilektionsstellen (Abb. 4) Finger- und Zehenzwischenräume, Volarseite des Handgelenks, Genitalbereich, Knöchelregion, mediale Fußränder, Axillen, Mammae (Mamillenregion) und Nabelgegend, bei Säuglingen auch Gesicht, Capillitium sowie Hand- und Fußflächen. Bei alten Patienten kann ebenfalls der Kopf mit befallen sein. Als Primäreffloreszenz findet man einen durch das Weibchen gegrabenen, wenige Millimeter bis zu 1 cm langen, palpablen, oft kommaförmigen Gang (Abb. 5), an dessen Ende sich die Milbe im sog. Milbenhügel befindet, teils erkennbar als dunkles Pünktchen. Eine Ekzematisierung sowie der charakteristische Juckreiz entstehen erst sekundär durch die immunologische (Typ-IV-)Antwort des Wirts auf Milbenantigene. Hierdurch kommt es dann häufig zu einem variablen klinischen Bild, bestehend aus entzündlichen pruritischen Papeln, Papulovesikeln und Krusten sowie Kratzexkoriationen, wodurch die Diagnose erschwert sein kann. Die sekundären Effloreszenzen enthalten in aller Regel keine Erreger. Die Gesamtheit dieser sekundären Veränderungen wird auch als Skabiesexanthem bezeichnet. Das Exanthem bleibt dabei nicht unbedingt auf das Gebiet der Milbeninfestation beschränkt, sondern kann auch darüber hinaus streuen. Als charakteristisch gilt starker Pruritus besonders nachts in der Bettwärme, was offenbar durch die wärmebedingte Absenkung der nervalen Juckreizschwelle bedingt ist. Das Kratzen erfüllt aus biologischer Sicht eine Abwehrfunktion, da ein Teil der Milben damit tatsächlich aus der Haut herausgekratzt werden kann.

Abb. 4
figure 4

Typische Prädilektionsstellen der Skabiesinfestation

Abb. 5
figure 5

Als typische Primäreffloreszenz findet man kommaförmige bis zu 1 cm lange Gangstrukturen im Bereich von Prädilektionsarealen (links Fingerzwischenraum, rechts Penisschaft), an deren Ende man die Milbe finden kann

Bei immunkompetenten Personen finden sich in der Regel nach Einstellung eines Gleichgewichts zwischen Milbe und Immunantwort des Wirts nur wenige (im Durchschnitt ca. 10) Milben auf der Haut, was die Diagnose erschweren kann. Neben der klassischen Skabies unterscheidet man eine Reihe von Sonderformen (Tab. 1). Bei guter Immunkompetenz des Wirts und intensiver Körperhygiene kann eine sog. „gepflegte Skabies“ vorliegen, bei der häufig noch weniger Milbenweibchen als bei der klassischen Form zu finden sind. Von einer Skabies incognita spricht man, wenn durch die Anwendung topischer Steroide das typische klinische Bild maskiert wird. Durch bakterielle Superinfektion mit Staphylokokken oder Streptokokken kann es zu einer impetiginisierten Skabies kommen. Sehr selten findet man eine bullöse Skabies mit Ausbildung praller Blasen, wobei hier teilweise als prädisponierender Faktor präexistente bullöse Dermatosen (Epidermolysis bullosa, bullöses Pemphigoid, M. Duhring) vorliegen. Bei der Skabies im Säuglings- und Kleinkindalter ist zusätzlich auf einen Befall von Palmoplantarflächen sowie der Kopfregion zu achten, zudem können durch den starken Pruritus Agitiertheit, Appetitverlust und Gewichtsabnahme auftreten, während bei alten Patienten neben dem zusätzlichen Befall der Kopfregion auch eine atypische papulöse Form der Skabies beschrieben ist [5].

Tab. 1 Klinische Formen der Skabies

Die Skabies norvegica sive crustosa (Borkenkrätze) stellt die erregerreiche Form bei immunsupprimierten Patienten (z. B. HIV-Infektion, Tumorerkrankungen, Diabetes mellitus, Kachexie, langfristige Glukokortikoid- oder Zytostatikatherapie, Organtransplantierte) dar. Hier kommt es zu einer ausgedehnten psoriasiformen Schuppung, Krustenbildung und vorzugsweise palmoplantaren sowie subungualen Hyperkeratosen (Abb. 6). Die Hautveränderungen sind häufig symmetrisch, auch Gesicht und Capillitium können mit befallen sein. Im Extremfall kann das Vollbild einer Erythrodermie entstehen. Der Juckreiz ist im Verhältnis zum klinischen Befund oft erstaunlich gering ausgeprägt.

Abb. 6
figure 6

Skabies norvegica (Borkenkrätze) mit psoriasiformer Schuppung (1, 2), Befall des Capillitiums (3) und subungualen Hyperkeratosen (4). (Abbildung aus [14]).

Durch kontinuierliches Kratzen kann es bei der Skabies sekundär auch zum Bild einer reaktiv perforierenden Kollagenose kommen (Abb. 7). Auch nach erfolgreicher Behandlung der Skabies können noch monatelang postskabiöse Papeln (v. a. inguinal, axillär, genital) persistieren. Diese Papeln sowie irritative Ekzeme, hervorgerufen durch die Anwendung der Antiskabiosa, können weiterhin starken Juckreiz (postskabiöser Pruritus) verursachen, ohne dass hier noch vitale Milben nachzuweisen sind. Auch ein Kontaktekzem auf topische Antiskabiosa (z. B. Benzoylbenzoat) ist differenzialdiagnostisch abzugrenzen. Gelegentlich ist beim postskabiösen Pruritus zusätzlich eine psychosomatische Komponente mit beteiligt aufgrund der Angst des Patienten vor einer Insuffizienz der Therapie oder einer möglichen Reinfestation, die sich bis hin zur Phobie oder zum Dermatozoenwahn steigern kann, sodass unter Umständen auch eine psychiatrische Mitbehandlung notwendig werden kann.

Abb. 7
figure 7

Reaktiv perforierende Kollagenose im Rahmen einer Skabiesinfestation bei einem Ehepaar

Immunologische Aspekte

Auch wenn die Skabiesmilbe lediglich das Stratum corneum besiedelt und nicht in tiefere epidermale Schichten vordringt, kommt es doch zur Ausbildung einer Immunantwort des Wirts. Die genauen Mechanismen dieser Immunantwort sind noch nicht verstanden. Man weiß jedoch, dass die Infestation zu einer Induktion von humanen Antikörpern gegen Milbenantigene führt. Am bedeutsamsten dürfte aber die T-Zell-vermittelte Typ-IV-Immunantwort sein. So kommt es nach der Erstinfestation etwa nach 2–5 Wochen zum Auftreten von Juckreiz als Zeichen der Immunantwort gegen Milbenantigene (Abb. 8). Durch das dadurch hervorgerufene Kratzen wird ein Teil der Milben mechanisch entfernt, sodass der Juckreiz auch einen Abwehrmechanismus darstellt. In den ersten Wochen steigt die Milbenzahl in der Regel erst einmal deutlich an auf ca. 50–300 Milben, bis dann die einsetzende Immunantwort die Zahl der Milben wieder auf eine kleine Zahl von oft nur 5–10 Milben reduziert. Allerdings gelingt es dem Wirtsorganismus in den meisten Fällen nicht, die Milben komplett zu eliminieren, auch wenn nach jahrelangem Verlauf spontane Ausheilungen vorkommen.

Abb. 8
figure 8

Immunologische Phänomene bei der Skabies (Erläuterungen s. Text)

Bei einer Reinfestation kommt es aufgrund der bereits bestehenden Sensibilisierung sehr rasch zum Auftreten von Juckreiz, und die Milbenzahl bleibt hier in der Regel von Anfang an gering. Eine Untersuchung an bereits sensibilisierten Freiwilligen erbrachte, dass eine absichtliche Reinfektion mit Milben nur in ca. 40% der Fälle gelang. Möglicherweise wurden die Milbenweibchen in den anderen Fällen durch den rasch einsetzenden Juckreiz sofort wieder herausgekratzt. Auch wenn Reinfestationen bei bestehender Sensibilisierung erschwert werden und die Milbenzahl in diesen Fällen niedrig bleibt, so besitzen die Betroffenen offensichtlich doch keine komplette immunologische Resistenz, die sie sicher vor einer erneuten Skabies schützen würde. Bei Immunsuppression kommt es dagegen zu einer explosionsartigen Vermehrung der Skabiesmilben. Zahlen von bis zu 1 Mio. Milben pro Patient können dann erreicht werden. Bei dieser Form, der Skabies norvegica, kann der quälende Juckreiz häufig gering ausgeprägt sein oder fehlen. Auch die noch längere Zeit nach erfolgreicher Behandlung persistierenden postskabiösen Papeln sollen durch eine hypererge Typ-IV-Immunantwort auf möglicherweise noch in der Haut verbliebene Milbenantigene hervorgerufen werden. Im Laufe der Evolution hat die Skabiesmilbe aber auch diverse Abwehrmechanismen gegen die Immunantwort des Menschen entwickelt, die zum Teil in den letzten Jahren identifiziert werden konnten. So sezerniert die Milbe in ihrem Darm z. B. 24 homologe Serinproteasen, von denen aber bis auf eine Ausnahme alle durch eine Mutation katalytisch inaktiv und damit für die Verdauungsfunktion wertlos sind [9]. Man nimmt jedoch an, dass diese inaktiven Proteasen dazu dienen, humane Anti-Serinprotease-Antikörper, welche die Milbe über die Nahrung in den Darm aufnimmt, abzufangen und zu neutralisieren, um somit die einzige funktionstüchtige Serinprotease zu schützen. Weiterhin scheint die Milbe auch in der Lage zu sein, über eine Beeinflussung von regulatorischen T-Zellen und eine gesteigerte Interleukin-10-Produktion im Wirt dessen Immunantwort zu verzögern und abzuschwächen [3]. Auch die Expression von Adhäsionsmolekülen und Zytokinen im Endothel dermaler Gefäße sowie die mRNS-Expression diverser Zytokine, Chemokine und deren Rezeptoren in der menschlichen Milz können offensichtlich durch von der Milbe sezernierte Moleküle im Sinne einer Hemmung der Immunabwehr moduliert werden [1].

Diagnostik

Hinweisend sollte bereits die Anamnese sein. Insbesondere stark juckende Hauterkrankungen, gleichzeitiger Befall weiterer Familienmitglieder oder enger Kontaktpersonen sowie nächtlicher Juckreiz in der Bettwärme sollten differenzialdiagnostisch an eine Skabies denken lassen. Beweisend für die Diagnose einer Skabies ist jedoch der Nachweis von Milben, deren Eiern oder Skybala (Kotballen). Im Verdachtsfall sollte insbesondere im Bereich der typischen Prädilektionsstellen nach gangartigen Effloreszenzen gesucht werden. Hat man solche gefunden, so muss versucht werden, die Milbe, die sich in der Regel am Ende des Gangs in einer kleinen Aufwerfung, dem Milbenhügel, befindet, mit einer Kanüle oder einem Skalpell vorsichtig tangential herauszuschaben, ohne dabei eine Blutung zu verursachen. Häufig sind die Milben dabei gerade noch mit bloßem Auge als dunkler Punkt im Milbenhügel sichtbar. Allerdings sind die typischen Primäreffloreszenzen durch sekundäre Ekzematisierung und Exkoriation häufig nicht mehr gut erkennbar. Das entnommene Material kann dann mit geringer Vergrößerung lichtmikroskopisch betrachtet werden. Zur besseren Darstellung der Gangstrukturen wird auch empfohlen, mit Filzstift und Alkohol zu arbeiten, da es durch die Kapillarkräfte zu einer selektiven Anfärbung des Gangs kommt. Insbesondere bei gepflegter Skabies ist der Nachweis aufgrund der geringen Erregerzahl teilweise sehr schwierig. Es sollten deshalb möglichst viele verdächtige Stellen mittels der oben beschriebenen Technik untersucht werden, um die Trefferquote zu erhöhen. Diese hängt stark von der Geschicklichkeit und Erfahrung des Untersuchers ab. Ein negativer Milbennachweis schließt bei der klassischen oder gepflegten Skabies deshalb die Erkrankung keineswegs aus. Der Nutzen einer prophylaktischen 1-maligen „Ex-iuvantibus-Therapie“ mit Permethrin bei juckenden Dermatosen, die differenzialdiagnostisch an Skabies denken lassen, ohne dass Milben nachgewiesen werden können, wird allerdings kontrovers diskutiert.

Bei der Skabies norvegica reicht es in der Regel aufgrund des Milbenreichtums aus, Hautschuppen direkt zu untersuchen, um die Milbe und deren Produkte darzustellen (Abb. 9). Analog der mykologischen Nativdiagnostik kann zusätzlich 15%ige Kalilauge als Hilfsmittel zur besseren Darstellung verwendet werden, allerdings können dadurch die Kotballen der Milbe aufgelöst werden und damit dem Nachweis entgehen. Eine wertvolle Unterstützung kann auch die Dermatoskopie leisten (Abb. 10). Hier kann man die luftgefüllten Gangstrukturen sowie die Milbe selbst gut erkennen. Letztere stellt sich dabei als dunkle dreieckige Struktur dar, die dem Kopf bzw. Brustschild der Milbe entspricht, während der Hinterleib transparent und damit nicht sichtbar ist. Prinzipiell kann man die Skabiesmilbe und deren Produkte natürlich auch in der konventionellen histologischen Untersuchung (HE-Färbung) nachweisen (Abb. 11), eine Biopsie ist in der Regel aber aufgrund der Verfügbarkeit weniger invasiver Diagnostikmethoden nicht indiziert.

Abb. 9
figure 9

Nativpräparat einer Hautschuppe eines Patienten mit Skabies norvegica mit weiblicher Milbe und Eiern. (Abbildung aus: [14])

Abb. 10
figure 10

In der Dermatoskopie sieht man bei der Skabies luftgefüllte intrakorneale Gangstrukturen sowie dunkle Dreiecksstrukturen (Pfeil), die dem Kopf bzw. Halsschild der Milbe entsprechen

Abb. 11
figure 11

Dieses histologische Präparat zeigt einen Milbengang sowie die quergeschnittene weibliche Skabiesmilbe am Ende des Ganges (HE-Färbung). Wie man gut erkennen kann, gräbt die Milbe ihren Gang sehr oberflächlich zwischen dem Stratum corneum und den übrigen epidermalen Schichten. Eier oder Skybala kommen in diesem initialen Gang noch nicht zur Darstellung

Eine PCR auf Milben-DNS ist theoretisch möglich, spielt aber für die Praxis keine bedeutsame Rolle. Die Serologie spielt zur Diagnostik ebenso keine Rolle, auch wenn durch die Infestation mit der Skabiesmilbe eine Produktion von Antikörpern induziert wird. Laborchemisch kann man bei der Skabies häufig ein erhöhtes Gesamt-IgE sowie eine Bluteosinophilie finden, insbesondere bei Patienten mit Skabies norvegica lassen sich auch spezifische IgE-Antikörper gegen Skabiesmilben nachweisen [2].

Differenzialdiagnose

Da die typischen Primäreffloreszenzen häufig durch Exkoriation, sekundäre Ekzematisierung sowie Vortherapie mit topischen Steroiden maskiert sein können, kommen prinzipiell sehr viele Dermatosen, die mit Juckreiz einhergehen, als Differenzialdiagnosen für die unterschiedlichen Formen der Skabies infrage. Im Einzelfall sind beispielsweise Ekzeme (atopisch, kontaktallergisch), Strophulus, Impetigo contagiosa, bullöses Pemphigoid, M. Duhring, kutane T-Zell-Lymphome, Langerhans-Zell-Histiozytosen, Ichthyosen, Tinea sowie andere Epizoonosen abzugrenzen. Postskabiöse Papeln und Infiltrate sind z. B. von Pseudolymphomen, persistierenden Insektenstichreaktionen und Prurigo simplex subacuta zu unterscheiden.

Therapie

Historische Therapien

Therapieformen der Skabies sind bereits aus dem Altertum überliefert. In Ägypten setzten sich Betroffene so lange der Sonne aus, bis sie einen Sonnenbrand bekamen. Da sich die Haut nach der Verbrennung abschälte, wurden gleichzeitig auch die meisten Milben mit abgestoßen, und die Betroffenen hatten dann wieder einige Zeit Ruhe vor dem quälenden Juckreiz, bis sich die Milbenpopulation wieder vermehrt hatte. Von Galeerensklaven wird berichtet, dass sie sich gegenseitig mit den Fingernägeln von den Milben befreiten. Aus Mesopotamien sind Schälkuren mit geschrotetem Getreide überliefert, und bis in die Neuzeit standen schwefel- und quecksilberhaltige Externa hoch im Kurs. Schwefelpräparate sind wirksam und auch heute noch theoretisch für die Therapie einsetzbar. Zur Anwendung kommt Präzipitatschwefel 10% in Vaseline (Kinder 2,5%), der jeweils nach einem Seifenbad 2-mal pro Tag über 3–7 Tage aufgetragen wird. Eine Anwendung bei Kleinkindern und Schwangeren ist prinzipiell möglich, allerdings gilt der Einsatz von Schwefel aufgrund der Geruchsbelästigung und der irritativen sowie komedogenen Nebenwirkungen heutzutage als weitgehend obsolet.

Moderne Therapie der Skabies

Mittlerweile stehen moderne Antiskabiosa zur Verfügung, die leitliniengerecht eingesetzt werden sollten (Tab. 2; [11]). Zu beachten ist, das Lindan-Präparate seit dem 01.01.2008 in der Europäischen Union nicht mehr verordnet werden können. Mittel der 1. Wahl ist bei praktisch allen Skabiesformen Permethrin, ein synthetisches Pyrethroid (Abb. 12), das den Natriumeinstrom in die Nervenzellen verlängert und dadurch neurotoxisch wirkt. Permethrin kann im Stratum corneum noch nach 2 Tagen nachgewiesen werden. Die perkutane Resorption ist dagegen gering, sodass wenig systemische Nebenwirkungen im menschlichen Organismus zu erwarten sind. Die Resorption kann allerdings bei stark ekzematisierter oder erosiver Haut gesteigert sein. Permethrin 5% in einer Cremegrundlage ist derzeit Mittel der 1. Wahl zur Behandlung der Skabies bei Säuglingen, (Klein-)Kindern und Erwachsenen, ebenso in der Schwangerschaft und Stillzeit. Es stehen hierfür handelsfertige Formulierungen (z.B. Infectoscab® 5% Creme) zur Verfügung.

Abb. 12
figure 12

Strukturformeln von Permethrin (A) und Ivermectin (B)

Tab. 2 Therapie der 1. Wahl bei den verschiedenen Skabiesformen

Permethrin sollte bei Erwachsenen und Kindern über 3 Jahren 1-malig lückenlos auf den gesamten Körper vom Unterkiefer abwärts einschließlich der Retroaurikularfalten (über Nacht) aufgetragen und nach 8–12 h abgewaschen werden. Bei Verdacht auf Befall des Kopfes (insbesondere bei älteren Patienten) sollte dieser unter Aussparung der Region um Mund und Augen mitbehandelt werden. Gegebenenfalls kann die Behandlung nach 14 Tagen bei Verdacht auf eine fortbestehende Skabiesinfestation wiederholt werden. Beim Befall von Palmae und Plantae wird ebenfalls eine Behandlungswiederholung nach 1 Woche empfohlen. Als Alternativen der 2. Wahl stehen Benzoylbenzoat (Auftragung an 3 aufeinanderfolgenden Tagen, bei Erwachsenen 25%ige Formulierung, bei Kindern ab 3 Jahren 10%ige Formulierung; Abduschen erst am 4. Tag), Crotamiton (Auftragung an 3–5 aufeinanderfolgenden Tagen) und als 3. Wahl Allethrin in der Kombination mit Piperonylbutoxid (als Spray) zur Verfügung. Letzteres sollte nur bei Erwachsenen zur Anwendung kommen und ist bei stark gereizter Haut sowie bei bronchopulmonalen Erkrankungen kontraindiziert.

Auch bei Säuglingen und Kleinkinder bis zum Alter von 3 Jahren ist Permethrin 5% Creme Mittel der 1. Wahl. Die Auftragung erfolgt auf den ganzen Körper inklusive Kopf unter Aussparung von Mund- und Augenregion, da in dieser Patientengruppe häufiger auch ein Befall des Kopfes vorkommt. Nach 8–12 h wird dann das Präparat von der Haut abgewaschen. Gegebenenfalls kann die Behandlung nach 2 Wochen wiederholt werden. Crotamiton an 3–5 Tagen hintereinander ist in dieser Altersgruppe 2. Wahl, ab dem Alter von 1 Jahr kann auch Benzoylbenzoat 10% an 3 Tagen in Folge eingesetzt werden (Abduschen erst am 4. Tag). Bei Säuglingen und kleinen Kindern ist aufgrund der relativ großen Körperoberfläche und der Gefahr einer unbeabsichtigten Aufnahme der topisch applizierten Mittel die Gefahr von systemischen Nebenwirkungen größer. Daher sollte die Behandlung insbesondere von Säuglingen stationär erfolgen.

Obwohl eigentlich erst ab dem 3. Lebensmonat zugelassen, ist Permethrin 5% Creme auch bei Neugeborenen das Mittel der 1. Wahl. Die Auftragung erfolgt auf den ganzen Körper inklusive Kopf unter Aussparung von Mund- und Augenregion. Nach 8–12 h wird dann die Substanz von der Haut abgewaschen. Bei Verdacht auf weiterhin bestehende Skabiesinfestation kann die Behandlung nach 2 Wochen wiederholt werden. Crotamiton an 3–5 Tagen hintereinander (ohne das Präparat danach abzuwaschen) ist in dieser Altersgruppe 2. Wahl. Da in den USA nach Anwendung von Benzoylalkohol zum Spülen von zentralen Kathetern und Infusionssystemen bei Neugeborenen Todesfälle aufgetreten sind („Gasping-Syndrom“), sollte Benzoylbenzoat in dieser Altersgruppe nicht eingesetzt werden. Auch bei Neugeborenen ist die Durchführung der Skabiestherapie unter stationären Bedingungen prinzipiell ratsam.

In der Schwangerschaft gestaltet sich die Situation schwierig, da für kein Präparat eine Zulassung existiert. Als Mittel der 1. Wahl wird aber dennoch Permethrin 5% Creme empfohlen, die Anwendung erfolgt ansonsten wie bei den Erwachsenen empfohlen. Die Patientinnen sollten vor der Therapie über die fehlende Zulassung aufgeklärt werden und ihr schriftliches Einverständnis dokumentieren. Als 2. Wahl stehen Benzoylbenzoat 25% und Crotamiton zur Verfügung. Die Anwendung dieser Substanzen erfolgt ebenfalls in der gleichen Weise wie sonst bei Erwachsenen üblich.

Auch in der Stillzeit ist die Situation schwierig. Hier wird ebenfalls Permethrin 5% Creme als Mittel der 1. Wahl aufgeführt. Die Anwendung erfolgt wie bei Erwachsenen beschrieben, allerdings sollte der Brustbereich ausgespart werden, wenn hier kein Befall vorliegt. Im Anschluss an die Behandlung wird eine 3-tägige Stillpause empfohlen, während der die Milch abgepumpt werden kann. Auch hier sollte die Patientin der Behandlung wegen der fehlenden Zulassung für diese Indikation schriftlich zustimmen. Neben Permethrin 5% Creme gilt auch Benzoylbenzoat 25% als Mittel der 1. Wahl (Anwendung wie bei Erwachsenen beschrieben, der Brustbereich sollte – wenn möglich – ausgespart werden). Im Gegensatz zu Permethrin ist diese Substanz „unter strenger Indikationsstellung und ärztlicher Aufsicht während der Anwendung“ für die Stillzeit zugelassen. Crotamiton gilt in der Stillzeit lediglich als Mittel der 2. Wahl. Mit Ivermectin steht auch ein systemisch applizierbares Antiskabiosum zur Verfügung. In Deutschland besteht keine Zulassung, das Präparat ist aber als Stromectol® oder Mectizan® über die internationale Apotheke erhältlich. Bei Ivermectin handelt es sich um ein makrozyklisches Lakton (Makrolidantibiotikum; Abb. 12), das glutamatabhängige Chloridkanäle öffnet und damit die Erregungsleitung hemmt, was bei wirbellosen Tieren zu einer Paralyse v. a. der pharyngealen Muskulatur führt. In höheren Konzentrationen soll es auch agonistisch am GABA-Rezeptor wirken. Ebenso wird als Wirkmechanismus die gesteigerte Bildung und Freisetzung von γ-Aminobutyrylsäure postuliert. Ivermectin passiert beim Menschen nicht die intakte Blut-Hirn-Schranke. Als Kontraindikationen für den Einsatz gelten Schwangerschaft, Kinder unter 15 kg Körpergewicht sowie Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Ivermectin erreicht ca. 4–8 h nach oraler Gabe die maximale Wirkstoffkonzentration in der Haut. Da Ivermectin ein Reservoir im Stratum corneum ausbildet (nach 48 h ist die Substanz noch zu 4,5% in der Hornschicht nachweisbar), sollte man einige Tage nach der Therapie die Haut möglichst wenig waschen, um dieses Reservoir zu erhalten. Die Dosierung für Ivermectin beträgt 0,2 mg/kg Körpergewicht/Tag p.o. (bei Kindern unter 5 Jahren ggf. 0,15 mg/kg Körpergewicht/Tag p.o.), in Einzelfällen kann bei Verdacht auf Therapieresistenz jedoch auch eine Dosissteigerung auf 0,25–0,4 mg/kg Körpergewicht/Tag p.o. erwogen werden. Es wird empfohlen, 2 h vor und nach der Einnahme von Ivermectin keine Nahrung aufzunehmen. Die Verträglichkeit der Substanz ist im Allgemeinen sehr gut, selten sind als Nebenwirkungen Schwindel, Gesichtsödeme und Pruritus beschrieben. Eine fraglich erhöhte Mortalität bei alten Patienten nach Anwendung von Ivermectin wurde berichtet [4], konnte aber in nachfolgenden Studien nicht bestätigt werden [7]. Ivermectin ist nicht ovozid, deshalb sollte in der Regel nach 10–14 Tagen eine Wiederholung der Behandlung erfolgen. Eine Studie hat gezeigt, dass nach 1-maliger Anwendung von Ivermectin 70% der Skabiespatienten geheilt waren, nach einer 2. Gabe 2 Wochen später 95% [12]. Die Applikation der Substanz sollte bevorzugt am Abend erfolgen. Resistenzen sind bereits beschrieben worden. Ivermectin ist insbesondere indiziert bei Skabies norvegica bzw. bei immunsupprimierten Patienten, bei großflächigen ekzematösen oder erosiven Hautarealen zur Vermeidung einer zu starken Resorption von topischen Antiskabiosa, bei therapieresistenten Fällen sowie bei körperlich und geistig behinderten oder sehr alten Patienten, bei denen eine adäquate topische Therapie aus verschiedenen Gründen nicht sicher durchführbar ist. In diesen Fällen kann Ivermectin sowohl als alleinige Therapie als auch (wie bei der Skabies norvegica) in Kombination mit topischen Antiskabiosa verwendet werden. Da die Gabe von Ivermectin „off-label“ erfolgt, sollte vor der Therapie eine ausführliche Information des Patienten oder des Betreuers erfolgen, die in Form einer schriftlichen Zustimmung dokumentiert werden sollte. Bei der Skabies norvegica sollte vor Therapiebeginn eine keratolytische Therapie z. B. mit einem Ölbad oder der Gabe von Salizylvaseline (insbesondere palmoplantar) erfolgen. Allgemein wird eine topische Therapie mit Permethrin 5% empfohlen, die 1- bis 2-mal im Abstand von 1 Woche wiederholt werden sollte. Im Gegensatz zur normalen Skabies sollte bei der Skabies norvegica das gesamte Integument einschließlich des Kopfes (ohne Periorbital- und Perioralregion) mitbehandelt werden, die Substanz kann dann nach 8–12 h abgeduscht werden. Zusätzlich wird bei der Skabies norvegica auch der Einsatz von Ivermectin empfohlen (0,2 mg/kg Körpergewicht/Tag p.o. 2- bis 3-mal im Abstand von 10–14 Tagen). Aufgrund der hohen Kontagiosität dieser Erkrankung sind entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz vor einer Ansteckung zu ergreifen. Hierzu gehört die stationäre Aufnahme und Isolierung des Patienten, Ärzte, Pflegekräfte und Reinigungspersonal müssen Schutzkittel und Handschuhe tragen. Kleidung, Bettwäsche und Gebrauchsgegenstände sollten täglich gewechselt bzw. gereinigt werden. Es wird empfohlen, alle Kontaktpersonen der betroffenen Patienten simultan mitzubehandeln.

Allgemein ist für die Therapie der Skabies zu empfehlen, dass die behandelnden Personen Handschuhe und bei hoher Kontagiosität (Skabies norvegica) auch Schutzkittel tragen. Liegt eine starke Ekzematisierung der Haut vor, so ist eine antientzündliche Vortherapie mit topischen Kortikosteroiden zu erwägen. Impetiginisierte Areale sollten zusätzlich antiseptisch bzw. antibiotisch behandelt werden. Die Finger- und Zehennägel sollten vor der Therapie gekürzt werden. Falls vor dem Beginn der topischen Therapie noch ein Bad erfolgt, sollte das Antiskabiosum erst nach vollständiger Abtrocknung der Haut und Erlangung der normalen Körpertemperatur appliziert werden. Eine Indikation für eine stationäre Aufnahme stellt die Behandlung von Säuglingen oder Patienten mit Skabies norvegica dar. In der Regel ist bei stationären Patienten mit klassischer Skabies nach sofortiger 1-maliger fachgerechter Applikation von Permethrin keine Infektiosität mehr gegeben und damit keine weitere Isolation erforderlich, eine Ausnahme stellt jedoch die hochkontagiöse Skabies norvegica dar. Der Patient sollte während der Einwirkzeit des Antiskabiosums Baumwollhandschuhe tragen und regelmäßig nach dem Abwaschen der Substanz Kleidung und Bettwäsche wechseln. Beim Waschen der Hände muss das Mittel hier im Anschluss erneut appliziert werden, um die Wirksamkeit der Therapie sicherzustellen. Bei einer Temperatur von 50ºC sterben die Milben bereits innerhalb von 10 min ab. Die Wäsche sowie Kontaktgegenstände sollten deshalb bei 60ºC gewaschen werden oder, falls dies nicht möglich ist, bei über 20ºC mindestens 4 Tage trocken in Plastiksäcken gelagert werden. Polstermöbel sind mit dem Staubsauger zu reinigen und mindestens 4 Tage lang nicht zu benutzen. Mögliche Kontaktpersonen des Patienten sollten ausfindig gemacht und auf Anzeichen einer möglichen Skabiesinfestation untersucht werden. Bei endemieartigem Auftreten der Skabies in Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern oder sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen sind der Betriebsarzt und das Gesundheitsamt zu benachrichtigen. Alle potenziellen Kontaktpersonen sollten mitbehandelt werden, um asymptomatische Frühinfestationen mit zu erfassen. Die Behandlung sollte dabei für alle Personen der Einrichtung gleichzeitig erfolgen, um Reinfestationen zu verhindern. Während bei Kontaktpersonen ohne Anzeichen einer Infestation eine 1-malige Behandlung ausreicht, sollte bei Personen mit manifester Skabies die Behandlung am darauffolgenden Tag zur Sicherheit wiederholt werden, um Anwendungsfehler zu minimieren. Postskabiöse Ekzeme und persistierende Papeln können mit topischen Steroiden behandelt werden, zusätzlich können auch systemische antipruriginöse Medikamente wie Antihistaminika kurzfristig zum Einsatz kommen. Postskabiöse persistierende Papeln können bei Therapieresistenz auch mit Glukokortikoiden unterspritzt werden.

Da Resistenzen gegenüber Permethrin (in vitro) und Ivermectin (in vitro und in vivo) bereits beschrieben sind [6] und aufgrund des weltweit verbreiteten Einsatzes dieser Substanzen möglicherweise mit einer Zunahme der Resistenzproblematik zu rechnen ist, sind neue Therapieoptionen für die Skabies wünschenswert. In ersten kleineren Studien hat sich gezeigt, dass Teebaumöl (5%) bei der Behandlung von Skabiesinfestationen wirksam sein kann [13]. Die aktiven Substanzen im Teebaumöl sind dabei offenbar oxygenierte Terpenoide, wie z. B. Terpenin-4-ol. Weitere Studien bleiben hier abzuwarten, möglicherweise könnte Teebaumöl jedoch für die Zukunft eine Alternative bei Permethrin-resistenten Skabiesstämmen darstellen.

Therapiekontrolle

Nachkontrollen sollten bis zu 4 Wochen nach Therapie erfolgen. Bei Patienten mit unkomplizierter Skabies ohne Immunsuppression ist jedoch ein Besuch von Schule oder Arbeit bereits nach 1-maliger Applikation von Permethrin 5% über 8–12 h wieder möglich. Häufig besteht nach erfolgter Therapie einer Skabies bei Patient und Arzt eine gewisse Unsicherheit bezüglich des Therapieerfolgs, wenn trotz adäquater Behandlung der Juckreiz weiter persistiert. Hierfür sind verschiedene Gründe denkbar, wobei nicht in allen Fällen eine Erregerpersistenz vorliegen muss:

  • Die Behandlung war wegen mangelnder Compliance des Patienten oder fehlerhaft durchgeführter Anwendung des Antiskabiosums nicht effektiv, die Skabies besteht weiterhin.

  • Die Behandlung war wegen Resistenzbildung der Skabiesmilbe ineffektiv (Problem in Deutschland bisher nicht relevant).

  • Die Behandlung war suffizient, es kam jedoch in der Folgezeit zu einer Reinfestation.

  • Die Behandlung war erfolgreich, allerdings können postskabiöse Papeln und postskabiöser Pruritus noch wochenlang persistieren, ohne dass hier Erreger vorhanden sind. Im Zweifelsfall sollte aber spätestens nach 4 Wochen anhaltender Beschwerden erneut nach Milben gesucht werden, um eine persistierende Infestation oder eine Reinfestation auszuschließen. Bei begründetem Verdacht kann die Gabe des Antiskabiosums wiederholt werden.

  • Der persistierende Juckreiz ohne Vorliegen eines entsprechenden morphologischen Korrelats kann nach erfolgreicher Elimination der Milben auch psychosomatisch bedingt sein (z. B. gesteigerte Angst vor Skabies/Parasitenbefall bis hin zum Dermatozoenwahn).

  • Schließlich müssen natürlich auch zufällig koinzidierende andere juckende Dermatosen mit als Ursache in Betracht gezogen werden.

Fazit für die Praxis

Auch in entwickelten Ländern stellt die Skabies bei juckenden Dermatosen noch immer eine wichtige Differenzialdiagnose für den Dermatologen dar. Wegweisend kann bereits die Anamnese sein (Verstärkung des Juckreizes in der nächtlichen Bettwärme, Befall weiterer enger Kontaktpersonen), beweisend ist jedoch der Nachweis von Milben oder Milbenprodukten. Dieser ist insbesondere bei erregerarmen Formen der Skabies nicht immer einfach zu führen. Die Dermatoskopie (luftgefüllte Gänge, dunkle Dreiecksstrukturen) kann zur Unterstützung der Diagnostik herangezogen werden. Für die leitliniengerechte Therapie der verschiedenen Varianten der Skabies stehen mit Permethrin (topisch) und Ivermectin (oral) effektive und gut verträgliche Antiskabiosa zur Verfügung.

CME-Fragebogen

Welche Aussage zur Epidemiologie der Skabies trifft nicht zu?

Die Prävalenz wird u. a. beeinflusst durch die sozioökonomischen und hygienischen Verhältnisse.

In Entwicklungsländern stellt die Skabies ein bedeutendes epidemiologisches Problem dar.

Auch in Deutschland kann es zu kleineren Endemien in Gemeinschaftseinrichtungen kommen.

Durch Verwendung von Kondomen kann eine Übertragung der Skabies beim Geschlechtsverkehr sicher verhindert werden.

In Entwicklungsländern spielt die Skabies indirekt auch für das Auftreten der Poststreptokokkenglomerulonephritis eine bedeutende Rolle.

Welche Aussage zur Biologie der Skabiesmilbe ist richtig?

Im Adultstadium besitzt die Milbe 6 Beine.

Die weibliche Milbe erreicht eine Größe von bis zu 0,5 mm und ist damit manchmal gerade noch mit bloßem Auge als dunkler Punkt sichtbar.

Die Gänge werden bevorzugt durch männliche Milben gegraben.

Hunde und Katzen stellen für die Krätzmilbe Sarcoptes scabiei var. hominis ein bedeutendes Reservoir dar.

Die Gänge der Milben reichen in der Regel bis ins Stratum papillare der Dermis.

Welche Aussage zur Übertragung der Skabies trifft nicht zu?

Die Skabies wird durch engen Körperkontakt übertragen.

Für die Übertragung genügt bereits ein einziges begattetes Weibchen.

Eine Übertragung durch Gegenstände ist prinzipiell möglich, aber in der Praxis eher selten.

Die Skabies norvegica ist eine hochkontagiöse Form der Skabies.

Die Skabiesmilben sind äußerst unempfindlich gegenüber verschiedenen Umweltbedingungen (Temperatur, Luftfeuchtigkeit) und können durch Ausbildung eines speziellen Ruhestadiums über viele Wochen in der Umwelt persistieren.

Welche Körperregion zählt nicht zu den typischen Prädilektionsstellen der gewöhnlichen Skabies?

Fingerzwischenräume.

Zehenzwischenräume.

Genitalbereich.

Axillen.

Oberer Rücken.

Bei welcher klinischen Form sind in der Regel keine vitalen Milben mehr in den Läsionen nachweisbar?

Skabies incognita.

Postskabiöse Papeln.

Skabies bullosa.

Gepflegte Skabies.

Skabies norvegica.

Welche Aussage zur Immunologie der Skabiesinfestation ist korrekt?

Bei der Erstinfestation tritt der Juckreiz in der Regel nach wenigen Stunden auf.

Die Erregerzahl bei der gewöhnlichen Skabies eines immunkompetenten Patienten beträgt nach mehreren Monaten im Durchschnitt ca. 50.000–100.000 Milben.

Bei der Skabies norvegica können bis zu 1 Mio. Milben und mehr pro Patient gefunden werden.

Die menschliche Immunantwort auf die Skabiesmilbe kann die Erregerzahl nicht beeinflussen und ist daher ohne klinische Relevanz, da die Milbe lediglich im Stratum corneum lebt und dort vom Immunsystem nicht erreicht wird.

Eine Therapie der Skabiesinfestation ist nicht obligat, da die Infestation auch durch die Immunantwort des Menschen innerhalb kurzer Zeit zuverlässig eliminiert wird.

Welche Aussage zur Diagnostik der Skabies ist nicht korrekt?

Für die sichere Diagnose ist der Nachweis spezifischer IgE-Antikörper im Serum zu fordern.

Die Diagnose einer Skabiesinfestation kann auch histologisch am HE-gefärbten Schnitt erfolgen.

Beweisend für eine Skabiesinfestation ist der Nachweis von Milben bzw. deren Produkten (Eier, Skybala).

Die Dermatoskopie kann wertvolle Dienste bei der Diagnostik der Skabies leisten.

Typische dermatoskopische Kriterien für eine Skabiesinfestation sind luftgefüllte intrakorneale Gangstrukturen sowie dunkle Dreiecksstrukturen.

Welche Substanz ist in der EU mittlerweile nicht mehr zur Behandlung der Skabies zugelassen?

Permethrin.

Crotamiton.

Benzoylbenzoat.

Lindan.

Präzipitatschwefel.

Welche Substanz stellt nicht die 1. Wahl für die zugeordnete Indikation dar?

Permethrin – klassische Skabies bei Erwachsenen.

Permethrin – Neugeborenenskabies.

Allethrin mit Piperonylbutoxid – Skabies bei Schwangeren.

Permethrin – Skabies bei Kleinkindern.

Benzoylbenzoat – Skabies bei Stillenden.

Welche Aussage zur Therapie der Skabies trifft zu?

Jeder Skabiespatient ist umgehend stationär aufzunehmen und zu isolieren, um die Verbreitung der Erkrankung zu unterbinden.

Zur Behandlung der Skabies norvegica sollte man stets mindestens 2 verschiedene topische Antiskabiosa miteinander kombinieren.

Ivermectin kann bei Skabiespatienten mit großflächigen Erosionen wegen der erhöhten Resorptionsgefahr topischer Antiskabiosa indiziert sein.

Aufgrund der zu erwartenden schweren Nebenwirkungen sollte die orale Gabe von Ivermectin nur unter intensivmedizinischer Überwachung erfolgen.

Aufgrund des speziellen Wirkmechanismus von Permethrin sind Resistenzen bei den Milben gegenüber dieser Substanz generell nicht möglich.