Prävalenz, Morbidität und gesundheitsökonomische Bedeutung des atopischen Ekzems (AE) im Erwachsenenalter werden auch heute noch weitgehend unterschätzt. Nach Lektüre dieses Beitrags sind dem Leser die Entstehungsmechanismen des AE im Erwachsenenalter bekannt, ebenso die häufigsten Manifestationsformen sowie evtl. Schubfaktoren und mögliche, insbesondere bei Erwachsenen verbreitete Komplikationen. Die Kenntnis der heute zur Verfügung stehenden Therapieoptionen führt zu einer adäquaten Behandlung der AE im Erwachsenenalter.

Prävalenz des atopischen Ekzems bei Erwachsenen

Prävalenz, Morbidität und gesundheitsökonomische Bedeutung des atopischen Ekzems (AE) im Erwachsenenalter werden auch heute noch weitgehend unterschätzt. So wurden bisher nur wenige Untersuchungen über die Prävalenz des adulten AE durchgeführt, wobei auffällt, dass für den deutschsprachigen Raum keine validen Zahlen vorliegen. Die Tab. 1 zeigt die Ergebnisse einiger epidemiologischer Studien zu diesem Thema von 1996–2004, die in Bezug auf Größe der untersuchten Kollektive und Validität der Diagnosestellung von aussagekräftiger Qualität sind: Die 1- bzw. 2-Jahres-Prävalenz des AE bei Erwachsenen zeigt eine erhebliche Streubreite von 0,2% in einer schottischen [1] bis 14,7% in einer finnischen Population [2]. In der japanischen Fragebogenstudie an über 10.000 Erwachsenen mit nach den Kriterien der UK Working Party diagnostiziertem AE betrug die 1-Jahres-Prävalenz des AE 3%, wobei die Erkrankungshäufigkeit mit steigendem Lebensalter leicht abnahm [3]. Einen geringen Rückgang der Ekzemprävalenz mit steigendem Lebensalter zeigt auch die Untersuchung von Herd [1]. Generell kann man heute von einer Prävalenz des AE im Erwachsenenalter von 1–3% ausgehen (Tab. 1).

Tab. 1 Prävalenz des atopischen Ekzems bei Erwachsenen in ausgewählten Studien

Eine Erstmanifestation des AE ist auch im Erwachsenenalter möglich. Anhand einer retrospektiven Analyse von 502 Erwachsenen mit AE schätzten Ingordo et al. [4] den Anteil an Patienten mit Erstmanifestation des AE im Erwachsenenalter auf 8,8%. Andere Untersuchungen ergaben einen Anteil der Erwachsenen mit AE, die erst nach der Pubertät erkranken, von 10–17% [5, 6]. Unklar ist jedoch, bei wie vielen dieser Patienten mit einem spätmanifesten AE in der frühen Kindheit gering ausgeprägte Ekzeme bestanden, die den Betroffenen im Erwachsenenalter nicht mehr erinnerlich sind.

Persistenz des kindlichen AE bis in das Erwachsenenalter

Nach der German Multicenter Atopy Study (MAS) beträgt die kumulative Prävalenz des AE in den ersten beiden Lebensjahren 21,5%, wobei 43,2% der Kinder mit frühkindlichem AE bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres vollständig abheilen. Danach zeigt das AE bis zum 7. Lebensjahr 3 unterschiedliche Verlaufsmuster:

  • vollständige Remission,

  • intermittierender Verlauf oder

  • persistierendes AE [11].

Die frühkindlichen Remissionsraten liegen in der Studie von Kissling und Wüthrich [12] zum Verlauf des AE, die schwerer erkrankte Fälle einschließt, dagegen nur bei 11,3%; 15,1% heilen erst in der Pubertät und 7,5% nach der Pubertät ab. Von den ursprünglich 106 Patienten zeigen auch nach der Pubertät noch 31% klinische Manifestationen ihres AE mit intermittierendem Verlauf und 32% mit kontinuierlicher Ausprägung ihres AE. Somit beträgt die Persistenzquote des AE bis in das Erwachsenenalter etwa 63%.

Rystedt [13] bestätigt bei 955 Patienten, die in der Kindheit aufgrund ihres AE in stationärer bzw. ambulanter Behandlung waren, eine Persistenzquote in das Erwachsenenalter von ebenfalls 62% bei mittelschwerem bis schwerem und eine von 40% bei gering ausgeprägtem frühkindlichem Ekzem.

Generell sind positive Familienanamnese, früher Erkrankungsbeginn, schwerer Krankheitsverlauf im Kindesalter und Komorbidität mit anderen Erkrankungen des atopischen Formenkreises Prädiktoren für die Persistenz des AE bis ins Erwachsenenalter [5].

Individuelle Schubfaktoren für das AE im Erwachsenenalter

In einer eigenen Untersuchung wurden alle erwachsenen Patienten mit AE, die zwischen Januar 2004 und März 2006 in der Neurodermitissprechstunde der Klinik und Poliklinik für Dermatologie der TU Dresden vorstellig waren (n=267), mittels eines standardisierten Fragebogens bezüglich ihrer individuellen Schubfaktoren befragt [14]. Die Rücklaufquote betrug 84,6% (n=226). Die Tab. 2 fasst die Angaben der Patienten zu ihren individuellen Schubfaktoren zusammen. Stress/psychische Belastung wurden unabhängig vom Geschlecht durch Patienten mit AE als wichtigster Schubfaktor eingestuft. Hitze und Schwitzen wurde v. a. von Männern signifikant häufiger als Schubfaktor vermutet, während Frauen deutlich häufiger Nahrungsmittel als Schubfaktor vermuten. Obwohl anhand von Studien gut belegt, wurden mikrobielle Faktoren von keinem der Befragten genannt (Tab. 2).

Tab. 2 Schubfaktoren für das AE im Erwachsenenalter aus Patientensicht

Neue genetische Befunde bei Erwachsenen mit AE

Die Entdeckung der Arbeitsgruppe von McLean, Palmer et al., dass mehrere in der europäischen Bevölkerung gehäuft auftretende Polymorphismen im Filaggrin-Gen (FLG) mit dem Risiko, ein atopisches Ekzem bzw. ein Asthma im Kindesalter zu entwickeln, eng assoziiert sind, hat unsere Vorstellungen von der Pathogenese und dem natürlichen Verlauf des AE entscheidend erweitert. Das Filaggrin-Gen kodiert für das >400 kDa große Profilaggrin, die Hauptproteinkomponente der Keratohyalingranula in der obersten noch vitalen epidermalen Zellschicht [15]. Im Verlauf der terminalen Differenzierung dieser Zellschicht wird Profilaggrin enzymatisch in 10–12 Kopien des 37 kDa großen Filaggrins gespalten [16]. Filaggrin ist ein Schlüsselprotein für die terminale Differenzierung der Epidermis und ist von entscheidender Bedeutung für die Aufrechterhaltung der epidermalen Barriere, da es zu hygroskopischen Aminosäuren abgebaut wird, die den Wassergehalt im Stratum corneum aufrechterhalten können [17].

Das Filaggrin-Gen liegt in dem epidermalen Differenzierungskomplex (EDC) auf Chromosom 1q21. Diese Region enthält ein Cluster von Genen und Genfamilien für Proteine, die an der terminalen Differenzierung der Epidermis beteiligt sind und sowohl das AE wie auch die Psoriasis genetisch prägen [69]. Die beiden von Palmer et al. 2006 [15] beschriebenen FLG-Polymorphismen R501X und 2282del14, führen – wenn vorhanden – zu einem völligen Verlust der Filaggrinexpression und -funktion und stellen daher sog. „Loss-of-function-Nullallele“ dar [15]. Umfangreiche Fall-Kontroll- und Familienstudien haben die Assoziation zwischen diesen beiden FLG-Nullallelen und dem AE auch ohne Asthma bestätigt: In der europäischen Bevölkerung beträgt die Carrier-Frequenz des R501x-Allels bei AE 9% (Kontrollen 3,5%), diejenige für das 2282del14-Allel bei AE 14,7% (Kontrollen 3,8%) und die Carrier-Frequenz beider Allele bei AE 22,9% (Kontrolle 8%), wobei die entsprechenden Allelefrequenzen in Großbritannien und Irland deutlich höher liegen als bei Patienten bzw. Kontrollpersonen aus Kontinentaleuropa [18].

Barker et al. [19] haben die Häufigkeit der beider FLG-Nullallele in einer Kohorte von 163 erwachsenen Patienten mit einem Durchschnittsalter von 36,4 Jahren untersucht, bei denen das AE in 86% seit dem Kleinkindalter persistierte und die deshalb kontinuierlich in dermatologischen Versorgungseinrichtungen betreut wurden: 94% der Patienten wiesen erhöhte IgE-Werte auf und zeigten daher ein extrinsisches AE. In der entsprechenden Kontrollgruppe waren die beiden FLG-Nullallele in 8,8% nachweisbar, bei den erwachsenen AE-Patienten dagegen in 42%. Die FLG-Nullallelefrequenz dieser Gruppe war mit 0,270 deutlich höher als in allen bisher publizierten Untersuchungen an Kindern mit AE. Die FLG-Nullallele stellen somit einen entscheidenden genetischen Risikofaktor für die Persistenz des kindlichen AE bis in das Erwachsenenalter dar [19].

Klinische Ausprägung des AE im Erwachsenenalter

Die 3 klassischen altersbezogenen Stadien des AE im Säuglingsalter, in der Kindheit bzw. im Erwachsenenalter zeigen jeweils akute, subakute und chronische Hautmanifestationen.

Zu den im Erwachsenenalter charakteristischen Manifestationen des AE gehören:

  • lokalisierte Formen,

  • das chronische atopische Handekzem,

  • die Prurigoform des AE,

  • die atopische Erythrodermie,

  • Komplikationen des adulten AE.

Lokalisierte Formen des AE im Erwachsenenalter

Wie auch bei Kindern und Jugendlichen zu beobachten, können Capillitium mit Pityriasis, Ohrläppchen mit retroaurikulären Rhagaden, Lippen und Perioralregion mit Perlèche, Pseudo-Parrot-Furchen, Cheilitis sicca und Finger- bzw. Zehenkuppen mit Pulpite sèche isoliert betroffen sein. Besonders belastend für Patientinnen sind Mamillenekzeme und das chronisch lichenifizierte Vulvaekzem.

Kinder und Jugendliche zeigen oft nummuläre Ekzemherde, z. B. an Hand- und Fußrücken, die dicht stehende Papulovesikel aufweisen und je nach Akuität nässen [20]. Bei Erwachsenen mit AE, hauptsächlich bei Frauen, können sich ebenfalls isoliert nummuläre Ekzemherde entwickeln, die scheibenförmig, aber zumeist weniger exsudativ – bevorzugt an Streckseiten der Arme und Unterschenkeln – lokalisiert sind (Abb. 1). Die Neigung zu chronischer Lichenifizierung ist ausgeprägt.

Abb. 1
figure 1

Nummuläre erythematosquamöse Ekzemherde am Unterschenkel

Das chronisch nummuläre Ekzem alter Menschen an den Unterschenkeln ist allerdings meist nicht atopisch bedingt, sondern Folge einer altersbedingten Xerose, v. a. in den kühleren Jahreszeiten. Die epidermale Barrierestörung kann auch in diesen Fällen zu einer mikrobiellen Besiedlung – meist mit Staphylococcus aureus oder Candida albicans sowie zu einer Sensibilisierung häufig mit Hausstauballergenen führen [21].

Chronisches atopisches Handekzem

Die wichtigste Manifestation des AE im Erwachsenenalter ist das chronische Handekzem, das eine wesentlich größere Relevanz und Häufigkeit als alle oben aufgeführten lokalisierten adulten Ekzemvarianten aufweist. Handekzeme gehören mit einer Jahresprävalenz bei Erwachsenen von bis zu 14% zu den häufigsten entzündlichen Hauterkrankungen überhaupt [22]. Sie treten bei Frauen doppelt so häufig wie bei Männern auf, die höchste Prävalenz zeigen junge Frauen. Die Atopie ist der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung eines Handekzems: Etwa 33–50% der Patienten mit Handekzem sind Atopiker. Besonders belastend für betroffene Patienten sind der ständige Juckreiz und die soziale Stigmatisierung, die mit der sichtbaren Hauterkrankung verbunden ist. Von besonderer Relevanz ist, dass Handekzeme etwa 90% der berufsbedingten Hauterkrankungen ausmachen, von denen wiederum etwa 37% eine gesicherte und weitere 6% eine vermutbare atopische Hautdiathese aufweisen [23].

Die oben erwähnte Nachbeobachtung von 955 erwachsenen Patienten durch Rystedt, die in der Kindheit wegen AE stationär bzw. ambulant betreut worden waren, zeigte Handekzeme bei 41% der ehemals stationären Fälle (d. h. mit schwerer atopischer Dermatitis in der Kindheit) bzw. bei 25% der nachuntersuchten Patienten, die als Kinder wegen einer gering ausgeprägten AE ausschließlich ambulant betreut worden waren. Dagegen entwickelten nur 5% der Kontrollgruppe, bestehend aus 22 Patienten mit allergischer Rhinitis bzw. Asthma, und 4% einer Kontrollgruppe ohne atopische Diathese ein Handekzem. Die Ausprägung des Handekzems war in allen 4 untersuchten Gruppen vergleichbar gering bis mittelschwer ausgeprägt, wobei die Finger am häufigsten befallen waren. Bei 55–69% der Patienten mit manifestem atopischem Handekzem fanden sich zusätzlich Fußekzeme sowie Ekzemherde am übrigen Körper. Das Handekzem ist demnach die häufigste Manifestation des AE im Erwachsenenalter [13, 24].

Klinisch unterscheidet sich das chronische atopische Handekzem nicht von anderen chronischen Ekzemformen. Man findet sowohl bei Patienten mit AE und bei denjenigen ohne AE hyperkeratotische wie tylotische, nummuläre, dyshydrotische Formen und die sog. Pompholyx (Abb. 2). Das atopische Handekzem ist lediglich durch eine stärker ausgeprägte palmare Hyperlinearität (I-Hände) gekennzeichnet und ggf. zu erkennen [25].

Abb. 2
figure 2

Chronisches lichenifiziertes atopisches Handekzem mit Hautatrophie

Eine dänische Arbeitsgruppe hat kürzlich die atopieassoziierten Filaggrin-Nullallele bei Handekzem untersucht. Von insgesamt 183 Zwillingspartnern hatten 33 ein Handekzem, das in 26 Fällen mit AE assoziiert war. Die Genanalyse zeigte, dass lediglich die Handekzempatienten mit Atopie im Vergleich zu der Kontrollgruppe eine erhöhte Allelfrequenz für die beiden Loss-of-function-FLG-Allele aufwiesen, nicht aber die Patienten mit Handekzem aufgrund einer Kontaktallergie oder anderer nichtatopischer Ursachen [26]. Die Arbeit bestätigt somit, dass die Fillagrin-Nullallele zwar genetische Marker für das AE der Erwachsenen, nicht aber für das Handekzem generell darstellen; weitere Untersuchungen mit größeren Fall/Kontrollgruppen sind jedoch erforderlich. Atopische Handekzeme im Erwachsenenalter werden – neben ihrem eigendynamischen Verlauf – durch verschiedene exogene irritative Noxen im beruflichen und privaten Bereich ausgelöst oder aggraviert. Provokationsfaktoren sind ungeschützter kontinuierlicher Hautkontakt mit nichttoxischen Konzentrationen verschiedenster Irritanzien wie Wasser, Reinigungs- und Desinfektionsmittel, Chemikalien, Nahrungsmittelbestandteile etc. Weitere mögliche Auslöser sind das häufige Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen, mechanische Hautbelastungen und intensive Reinigungsprozeduren nach starken Verschmutzungen der Hände [27, 28, 29, 20, 31]. Unter den genannten Belastungen kommt es bei Atopikern im Vergleich zu Nichtatopikern häufiger zu Krankheitserscheinungen. Die überwiegende Mehrzahl der prospektiven Studien in Hautrisikoberufen kam zu dem Schluss, dass Personen – insbesondere wenn sie unter atopischen Hand- und/oder Beugeekzemen litten oder leiden bzw. eine sichere atopische Hautdiathese (>10 Punkte, Erlanger Atopiescore) aufwiesen – ein signifikant erhöhtes relatives Risiko trugen, ein beruflich bedingtes Handekzem zu entwickeln. In diesen Studien konnte aber auch gezeigt werden, dass eine beträchtliche Anzahl von Hautatopikern in Hautrisikoberufen arbeiten konnten, ohne ein Handekzem zu entwickeln [32, 33, 34, 35].

Neben exogenen Noxen spielen klimatische Zusatzfaktoren , z. B. die bei vielen Atopikern regelhafte Verschlechterung des Handekzems im Winter, individuelle Sensibilisierungsmuster (Hausstaubmilben, Pollen), psychologische Einflüsse und Stress für das Auftreten von Schüben eine Rolle. Diese Zusatzfaktoren und die oben genannten Belastungen im häuslichen Bereich können den nicht unerheblichen Anteil von Atopikern, die auch in nicht hautbelastenden Berufen (weiterhin) an einem Handekzem leiden, erklären [33].

Prurigoform des AE

Bei Jugendlichen und im frühen Erwachsenenalter sind neben den klassischen Ekzemmanifestationen in den Gelenkbeugen häufig kleinknotige Veränderungen an den Streckseiten der Extremitäten zu erkennen, die an eine Prurigo simplex subacuta erinnern können, während bei älteren Patienten mit AE mehr unregelmäßig disseminierte grobknotige Effloreszenzen, sog. Prurigoknoten , im Vordergrund stehen, die einer Prurigo simplex chronica ähneln und von regionalen Lymphknotenschwellungen begleitet sein können.

Die Prurigoknoten können mit zunehmendem Alter persistieren und einen besonders grobknotigen Prurigo-nodularis-artigen Aspekt annehmen. Die Prurigoform des AE tritt nur selten, wie bei Prurigo nodularis, isoliert, sondern meist zusammen mit disseminierten chronisch lichenifizierten Ekzemherden auf, die eine charakteristische mosaikartig unterteilte Oberflächenvergröberung zeigen (Abb. 3). Im Gegensatz zu seborrhoischen oder auch Kontaktekzemen sind diese nicht scharf oder polyzyklisch begrenzt, sondern überwiegend flächig oder streifig konfiguriert, was auf eine Auslösung durch mechanische Reize wie Scheuereffekte hinweist. Erweitert wird das Bild des chronischen Ekzems bei Erwachsenen durch Pigmentverschiebungen , einerseits durch Hyperpigmentierungen in manifesten Ekzemherden, aber auch in unbefallener Haut (Cutis vagantium), andererseits durch Hypopigmentierungen, z. T. umschrieben in Arealen narbig abgeheilter Prurigoknoten, z. T. auch ausgedehnt vitiligoartig in vorher lichenifizierten, exzematösen Hautarealen (Pseudoleukodermie).

Abb. 3
figure 3

Exkoriierte Prurigoknoten an den Beinen bei atopischem Ekzem

Atopische Erythrodermie

Häufiger als bei Kindern und Jugendlichen kann sich bei Erwachsenen ein chronisch lichenifiziertes und/oder pruriginöses Ekzem zu einer Erythrodermie ausweiten, v. a. bei sehr langer Bestanddauer und unzureichender bzw. fehlender Therapie und Hautpflege: Ausgedehnte lederartige, z. T. hyperpigmentierte Lichenifikation der Haut – auch im Gesicht (Facies leonina) – mit ausgeprägten Herthroge-Zeichen und Dennie-Morgan-Falten der Unterlider, Prurigoknoten, hämorrhagisch verkrustete Exkoriationen, Lymphknotenschwellungen, gesteigerte Irritabilität der Haut und ein quälender Juckreiz prägen das Beschwerdebild. Diese Maximalform des atopischen Ekzems gehört zu den chronisch entzündlichen Dermatosen mit der größten Beeinträchtigung der Lebensqualität (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Schweres nässendes superinfiziertes atopisches Gesichtsekzem

Die atopische Erythrodermie ist abzugrenzen von dem Hyperimmunglobulin-E-Syndrom (HIES), das im Säuglingsalter beginnt, aber bis in das Erwachsenenalter persistieren kann. Die Krankheit wird in der klassischen Form autosomal-dominant vererbt und ist durch extrem hohe IgE-Serumspiegel gekennzeichnet. Ausgeprägt ist die Neigung zu bakteriellen Superinfektionen, meist durch Staphylococcus aureus mit ausgedehnten Abszessen ohne sichtbare Entzündungszeichen („cold abscesses“). Lungenabszesse können zu Bronchiektasen führen, weiterhin sind knöcherne Fehlbildungen im Gesicht, in der Wirbelsäule- und Zahnanomalien beschrieben. Im Gegensatz zu AE ist das HIES nicht mit allergischer Rhinitis oder Asthma assoziiert [36].

Infektiöse Komplikationen des atopischen Ekzems bei Erwachsenen

Bakterielle Infektionen

Staphylococcus aureus kolonisiert in hoher Dichte die Haut fast aller Kinder und Erwachsenen mit akut-enzündlichem atopischem Ekzem und führt einerseits zur Impetiginisation, die bei Erwachsenen etwas seltener als bei Kindern auftritt, und stellt andererseits einen wichtigen Triggerfaktor für die Persistenz des AE und die Ausbildung neuer Ekzemschübe dar. Eine Erklärung für die auffallend hohe bakterielle Besiedelung der Atopikerhaut liegt möglicherweise in der höheren Bindungsaffinität von Staphylococcus aureus für Keratinozyten in akut-entzündlichen Ekzemarealen. Eine neue Dimension eröffnen die Befunde der Arbeitsgruppen von Leung und Gallo, die einen Zusammenhang zwischen den kutanen Staphylococcus-aureus-Infektionen und einer signifikant verminderten Expression von antimikrobiellen Peptiden (AMPs) wie humanem β-Defensin 2 (HBD-2) und Cathelicidin (LL-37) in der Haut von Patienten mit akut oder chronischem AE nachweisen konnten. In läsionaler Haut bei Psoriasispatienten waren diese AMPs, die von Keratinozyten unter dem Einfluss der epidermalen Entzündung sezerniert werden, dagegen signifikant erhöht [37].

Virusinfektionen

Antimikrobielle Peptide wie Cathelicidine sind wichtige Komponenten des angeborenen („innate“) Immunsystems und spielen auch eine Rolle bei der kutanen Abwehr von Viren wie Vaccinia-Virus oder Herpes-simplex-Virus [38].

Vor allem das Eczema herpeticatum (EH) ist eine Komplikation, die gehäuft bei erwachsenen Patienten mit AE gesehen wird. In der retrospektiven Untersuchung von Wollenberg [39] betrug das Durchschnittsalter der über 100 Patienten mit EH etwa 22 Jahre. Frühes Manifestationsalter, aktuelle schwere Ausprägung des AE und deutlich erhöhe IgE-Spiegel stellten prädisponierende Faktoren für ein EH dar, das sowohl nach Erst- als auch nach Zweitinfektion durch HSV auftreten kann, häufig assoziiert mit Fieber und Lymphopenie. Bei 10–20% der AE-Patienten lag bereits ein Rezidiv des EH vor. Eine Vorbehandlung mit topischen Kortikosteroiden scheint keinen Risikofaktor darzustellen.

Therapie des atopischen Ekzems im Erwachsenenalter

Die aktuellen nationalen und internationalen Therapieleitlinien sind vornehmlich auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit AE fokussiert [40, 41] Ein besonderes Problem stellt jedoch häufig die Behandlung des AE im Erwachsenenalter dar, wo mit zunehmender Krankheitsdauer die Tendenz zur Chronifizierung und Generalisierung bis hin zur Erythrodermie besteht. Die daraus resultierende, oft deutliche Einschränkung der Lebensqualität erfordert bei vielen dieser Patienten intensive langfristige Therapie- und Betreuungsstrategien, die für Dermatologen eine große Herausforderung darstellen. Bisher steht keine kausale Therapie für das AE zur Verfügung. Die Basis der symptomatischen Therapie besteht altersunabhängig aus einer stadiengerechten pflegenden und rückfettenden Lokaltherapie, antiseptischen Externa und Antipruriginosa. Bei Exazerbation kommen topische Kortikosteroide (TCS) und/oder topische Calcineurininhibitoren (TCI) zum Einsatz [42].

Ein Problembereich bei der Therapie mit TCS sind die intertriginösen Areale, die Hals- und Nackenregion und v. a. das Gesicht, wo bei längerer Anwendung die Entwicklung einer perioralen Dermatitis und einer steroidinduzierten Rosazea zu befürchten sind [43, 44]. Daher wird für Erwachsene Patienten mit AE in diesen Bereichen zur Remissionsinduktion und Schubprophylaxe Pimecrolimus-1%-Creme als Therapie der Wahl empfohlen [45]. Neuere Untersuchungen belegen zudem die Wirkung dieses TCIs auf die Regeneration einer ekzem- oder durch langfristige topische Steroidvorbehandlung geschädigten epidermalen Barriere und auf die Expression epidermaler antimikrobieller Peptide [46, 47]. In einer retrospektiven Multicenterstudie an 1271 Patienten aller Altersgruppen zur Evaluation der Effektivität von TCS unter Alltagsbedingungen sprachen 19% der Jugendlichen und Erwachsenen nach 6-monatiger konventioneller topischer Steroidtherapie trotz vergleichsweise hohem Verbrauch an TCS nicht auf diese Therapie an [44]. Für erwachsene Patienten mit AE, die auf TCS nicht ausreichend ansprechen oder diese nicht vertragen, ist in Deutschland seit 2001 Tacrolimus-0,1%-Salbe für die intermittierende Langzeitbehandlung zugelassen und ist v. a. für die Behandlung von Ekzemherden im Rumpf-, Extremitäten- und Handbereich zu empfehlen.

Für die vielen erwachsenen Patienten mit schwerem AE, die mit den zur Verfügung stehenden topischen Therapieoptionen nicht ausreichend effektiv behandelt werden können, werden neben Antihistaminika und ggf. Antibiotika eine UV-Therapie und immunsuppressive bzw. immunmodulatorische Systemtherapeutika empfohlen [40]. Zur UV-Therapie stehen Lichtquellen aus UV-A, UV-B und solche mit einer Mischung aus beiden Spektren zur Verfügung [48, 49, 50]. Aufgrund des Mangels an klinischen Therapiestudien, die verschiedene Phototherapieformen bei Patienten mit AE direkt miteinander vergleichen, ist der Stellenwert der einzelnen Bestrahlungsarten nicht endgültig geklärt. Die selektive Bestrahlung mit UV-A1 zeigte in einer klinischen Studie bei Erwachsenen mit schwerem AE gute Wirksamkeit [51]. Chronische Langzeiteffekte aller Formen der UV-Therapie sind vorzeitige Hautalterung und ein erhöhtes karzinogenes Risiko insbesondere für spinozelluläre Karzinome [52].

Ciclosporin ist ein systemischer Calcineurininhibitor. Analog zu den TCI besteht auch hier der Wirkmechanismus in der Hemmung calcineurinabhängiger Signalwege mit resultierender Hemmung der T-Zell-Aktivierung über eine Reduktion proinflammatorischer Zytokine. Die Wirksamkeit von Ciclosporin beim schweren AE zur Remissionsinduktion wurde in klinischen Studien überzeugend dargelegt [53]. Nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin ist Ciclosporin daher derzeit die Therapie der Wahl für Erwachsene mit schwerem, therapierefraktärem AE [54]. Typische unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) von Ciclosporin wie Nierenfunktionsstörungen und arterielle Hypertonie sind dosisabhängig und nach Absetzen meist reversibel. Eine lang andauernde Therapie mit immunsuppressiven Medikamenten wie Ciclosporin erhöht bei gleichzeitiger chronischer UV-Belastung das Risiko der Entwicklung v. a. kutaner Malignome (besonders spinozelluläre Karzinome; [55, 56]). Zu bevorzugen ist daher bei AE eine intermittierende Ciclosporin-Therapie mit Behandlungszyklen von 3–4 Monaten, unterbrochen von Therapiepausen gleicher oder – wenn möglich – längerer Dauer [53].

Obwohl Prednisolon das in der Praxis am häufigsten eingesetzte Systemtherapeutikum ist, gibt es bislang keine Evidenz für dessen Wirksamkeit aus Studien [54].

Von den als Off-label-Medikation zur Verfügung stehenden Therapieoptionen wurde die Wirksamkeit von Azathioprin und Interferon-γ durch randomisierte kontrollierte Studien belegt, wobei Letzteres aufgrund der hohen Rate an UAW nicht empfohlen wird [57, 58]. Für Mycophenolat-Mofetil liegen unkontrollierte Studien vor, die auf eine gute Wirksamkeit schließen lassen [59, 60]. Intravenös hoch dosiert verabreichte Immunglobuline (IVIG) und TNF-α-Inhibitoren wie Infliximab sollten nur bei Patienten mit AE in Betracht gezogen werden, die mit anderen Systemtherapeutika nicht ausreichend kontrollierbar sind [61, 62]. Für andere Substanzen wie Leflunomid, Omalizumab und Mycophenolat-Natrium liegen bislang nur Kasuistiken vor [63, 64, 65]. Die berichtete gute Wirkung dieser Therapieprinzipien auf individuelle Patienten mit schwerem adulten AE bedarf einer Bestätigung, möglichst durch kontrollierte Studien.

Für das atopische Handekzem im Erwachsenenalter kommen als antiekzematische Therapieoptionen zusätzlich zur Basisbehandlung aus rückfettender Pflege und Meidung von Hautirritation wie Feuchtarbeit der intermittierende Einsatz von topischen Kortikosteroiden (cave: Hautbarrierestörung und erhöhtes Risiko für konsekutive Kontaktsensibilisierung), Tacrolimus-0,1%-Salbe und ggf. Vitamin-D3-Analoga in Betracht. Bei schweren Formen des atopischen Handekzems können neben einer UV-A1- und Creme-PUVA-Therapie auch Ciclosporin oder systemische Retinoide erwogen werden [66, 67], wobei auf das Nutzen-Risiko- bzw. Nutzen-UAW-Verhältnis zu achten ist. Durch die bevorstehende Zulassung des systemischen Retinoids Alitretinoin , das ein günstigeres UAW-Profil als die derzeit einsetzbaren systemischen Retinoide haben soll, wird das Therapiespektrum für das schwere Handekzem im Erwachsenenalter in Kürze wesentlich erweitert werden [68].

Fazit für die Praxis

Die Behandlung des AE im Erwachsenenalter stellt häufig ein Problem dar, da mit zunehmender Krankheitsdauer die Tendenz zur Chronifizierung und Generalisierung bis hin zur Erythrodermie besteht. Bisher steht keine kausale Therapie für das AE zur Verfügung. Die Basis der symptomatischen Therapie besteht aus einer pflegenden und rückfettenden Lokaltherapie, antiseptischen Externa und Antipruriginosa, bei Exazerbation kommen topische Kortikosteroide und/oder topische Calcineurininhibitoren zum Einsatz. Für die erwachsenen Patienten mit schwerem AE sind neben der Verordnung von Antihistaminika und ggf. Antibiotika die Durchführung eine UV-Therapie und die Anwendung immunsuppressiver bzw. immunmodulatorischer Systemtherapeutika möglich, wobei Ciclosporin hier derzeit die Therapie der Wahl ist.

CME-Fragebogen

Welche Aussage zum Auftreten des atopischen Ekzems in Abhängigkeit vom Lebensalter ist richtig?

Die Erkrankungshäufigkeit bei Erwachsenen steigt mit steigendem Lebensalter deutlich an.

Eine Erstmanifestation des atopischen Ekzems im Erwachsenenalter ist nicht möglich.

Bei Kindern mit frühkindlichem atopischem Ekzem kommt es bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres fast nie (<1%) zur vollständigen Abheilung des Ekzems.

Prädiktoren für eine Persistenz des atopischen Ekzems bis ins Erwachsenenalter sind eine negative Familienanamnese sowie ein später Erkrankungsbeginn.

Ein schwerer Krankheitsverlauf im Kindesalter und eine Komorbidität mit anderen atopischen Erkrankungen sind Prädiktoren für eine Persistenz des atopischen Ekzems bis ins Erwachsenenalter.

Welcher Schubfaktor für das atopische Ekzem im Erwachsenenalter wurde bei einer Befragung von keinem der Patienten selbst als relevant eingestuft?

Tierhaare.

Schwitzen.

Mikrobielle Faktoren.

Rauchen.

Physische Belastung.

Welche Aussage zum Filaggrin -Gen trifft zu?

Polymorphismen im Filaggrin-Gen sind mit dem Risiko, ein atopisches Ekzem im Kindesalter zu entwickeln, eng assoziiert.

Polymorphismen im Filaggrin-Gen spielen bei der Entstehung des allergischen Asthmas im Kindesalter keine Rolle.

Die Filaggrin-Gen-Nullallele stellen einen genetischen Risikofaktor für eine Erstmanifestation des atopischen Ekzems im Erwachsenenalter dar.

Die Filaggrin-Gen-Polymorphismen R501X und 2282del14 führen zu einer erhöhten Filaggrinexpression.

Filaggrine sind für einen verminderten Wassergehalt im Stratum corneum verantwortlich.

Welche Aussage zum chronischen atopischen Handekzem im Erwachsenenalter trifft zu?

Das atopische Handekzem ist beim Erwachsenen eine seltene Manifestation des atopischen Ekzems.

Atopische Handekzeme finden sich häufiger bei Männern als bei Frauen.

Bei weniger als der Hälfte der Patienten mit atopischem Handekzem finden sich auch Fußekzeme und Ekzemherde am übrigen Körper.

Die Atopie ist der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung eines Handekzems.

Patienten mit atopischem Handekzem haben kein erhöhtes Risiko, ein beruflich bedingtes Kontaktekzem zu entwickeln.

Zu den typischen Symptomen des Hyperimmunglobulin-E-Syndroms gehört nicht :

Allergische Rhinitis.

Extrem hohe IgE-Serumspiegel.

Kalte Abszesse.

Neigung zu bakteriellen Superinfektionen.

Lungenabszesse.

Welche Aussage zu bakteriellen Infektionen beim atopischen Ekzem trifft zu?

Staphylococcus aureus kolonisiert die Haut fast aller Kinder mit akut-entzündlichem atopischem Ekzem, spielt aber keine Rolle bei Erwachsenen.

Staphylococcus aureus hat eine hohe Bindungsaffinität für Keratinozyten in akut-entzündlichen Ekzemarealen.

Bei Erwachsenen mit atopischem Ekzem kommt es häufiger zur Impetiginisation als bei Kindern.

In der Haut von Patienten mit atopischem Ekzem konnte ein Zusammenhang zwischen Staphylococcus-aureus-Infektionen und einer erhöhten Expression von antimikrobiellen Peptiden nachgewiesen werden.

Die Kolonisation der Haut mit Staphylococcus aureus hat keinen Einfluss auf die Ausbildung neuer Ekzemschübe.

Prädisponierende Faktoren für das Auftreten eines Eczema herpeticatum sind:

Frühes Kindesalter.

Deutlich erhöhte IgE-Spiegel im Serum.

Aktuelle geringe Ausprägung des atopischen Ekzems.

Vorbehandlung mit topischen Kortikosteroiden.

Vorbehandlung mit topischen Antiseptika.

Therapie der Wahl zur Behandlung des atopischen Ekzems im Gesichtsbereich Erwachsener ist:

Ein niedrig-potentes topisches Kortikosteroid.

Rein pflegende Externa.

Pimecrolimus-1%-Creme.

Kurzfristig hoch-potente topische Kortikosteroide.

Antiseptische Externa.

Was ist die Therapie der Wahl beim schweren, therapierefraktären atopischen Ekzem im Erwachsenenalter?

Azathioprin.

Systemische Kortikosteroide.

Systemische PUVA-Therapie.

Ciclosporin.

Mycophenolatmofetil.

Was ist bei der Therapie des atopischen Ekzems mit Ciclosporin zu beachten?

Eine Kombination mit einer UV-Therapie ist zu empfehlen.

Unter Ciclosporin auftretende Nierenfunktionsstörungen sind irreversibel.

Eine intermittierende Ciclosporin-Therapie mit Behandlungszyklen von 3–4 Monaten, unterbrochen von Therapiepausen, wird empfohlen.

Eine arterielle Hypertonie tritt unabhängig von der Ciclosporin-Dosis auf.

Eine lang andauernde Therapie mit Ciclosporin erhöht das Risiko der Entwicklung maligner Melanome.