Anamnese

In unserer Ambulanz stellte sich eine 49-jährige Patientin mit einer extrem schmerzhaften, seit einem halben Jahr größenprogredienten Ulzeration an der rechten Mamma vor. Seit 4 Jahren bestehen rezidivierend neue Ulzerationen, gewöhnlich im Bereich der Extremitäten, die trotz regelmäßigen Wunddébridements und Hauttransplantationen nicht abgeheilt sind. In der Jugend hat eine Akne bestanden.

Die Schwester und die 5-jährige Nichte der Patientin leiden ebenfalls unter rezidivierenden kutanen Ulzerationen.

Hautbefund

Bei der initialen Inspektion der Haut zeigte sich an der rechten Mamma ein etwa 12×16 cm großes, gelblich belegtes, bizarr konfiguriertes Ulkus mit rötlich unterminiertem Randsaum (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Klinisches Bild des Pyoderma gangraenosum bei PAPA-Syndrom

Histologie

Ulzeriertes Epithel. Im Ulkusbereich sowie im gesamten Korium zum Teil dichtes Infiltrat aus Lymphozyten und Neutrophilen. Vermehrt dilatierte Blutgefäße. Erythrozytenextravasate. Dermales Ödem.

Beurteilung: Gut vereinbar mit Pyoderma gangraenosum.

Genetische Analyse

Aufgrund des familiären Auftretens von rezidivierenden Pyoderma gangraenosa wurde bei der Patientin eine genetische Analyse durchgeführt. Es zeigte sich eine heterozygote Punktmutation des „CD2 binding protein 1“-Gens, auch genannt PSTPIP1; „proline-serine-threonine phosphatase interacting protein“) auf Chromosom 15q.

Diagnose

Pyogene Arthritis, Pyoderma gangraenosum und Akne-Syndrom (PAPA-Syndrom).

Therapie und Verlauf

Wir therapierten mit 25 mg Prednisolon und 540 mg Mycophenolat 2-mal täglich unter Magenschutz. Lokal verwendeten wir zunächst wundreinigende Externa, später steroidhaltige Cremes. Nach 3-monatiger Therapie kam es zur kompletten Abheilung des großflächigen Pyoderma gangraenosum an der rechten Mamma.

Diskussion

Bei familiärem Auftreten von Pyoderma gangraenosum sollte differentialdiagnostisch an das PAPA-Syndrom gedacht werden. PAPA-Syndrom ist ein Akronym für pyogene sterile Arthritis, Pyoderma gangraenosum und Akne. Weltweit sind bisher nur 3 Familien mit diesem autosomal dominant vererbbaren Syndrom beschrieben worden. Gewöhnlich besteht eine Arthritis im Jugendalter und in der Pubertät treten dann nahezu ausschließlich kutane Symptome auf [1, 2].

Kürzlich konnten als Ursache des PAPA-Syndroms Mutationen im Gen für das „CD2 binding protein 1“ (CD2BP1) nachgewiesen werden. Dieses Protein ist Bestandteil einer Entzündungskaskade, die mit anderen Autoimmunerkrankungen, wie zum Beispiel mediterranem Mittelmeerfieber und Hyper-IgE-Syndrom, vergesellschaftet ist [2, 3].

Andere Symptome, die zum PAPA-Syndrom gehören, sind entzündliche Darmerkrankungen, Abszessneigung an Injektionsstellen (Pathergiephänomen) und myeloproliferative Erkrankungen.

Zur Behandlung der assoziierten Arthritis werden von Rheumatologen TNF-α-Antagonisten und IL-1-Rezeptorinhibitoren mit gutem Erfolg eingesetzt [3, 4, 5]. Unsere Patientin zeigte untypischerweise keinerlei Gelenkbeteiligung, litt jedoch in der Pubertät an einer ausgeprägten Akne und seit dem 45. Lebensjahr an Pyoderma gangraenosa in unterschiedlichen Lokalisationen.

Im beschriebenen Fall stellen familiäre rezidivierende Pyoderma gangraenosa das Hauptsymptom eines PAPA-Syndroms dar. Bei familären Pyoderma gangraenosa sollte der Dermatologe differentialdiagnostisch auch an seltene genetische Syndrome wie das PAPA-Syndrom denken.