Die nodöse Vaskulitis wird als Begleitphänomen der Tuberkulose unter dem Begriff „Erythema induratum Bazin“ geführt. Typischerweise finden sich nodöse Erytheme und Ulzerationen symmetrisch an den Unterschenkeln, bevorzugt im Wadenbereich. Wegen des wiederholten Nachweises von Mycobacterium-tuberculosis-spezifischer DNA intraläsional wird in der neueren Literatur diskutiert, ob die Erkrankung, die bisher als „Tuberkulid“ eingeordnet wurde, möglicherweise als echte Infektion mit Mycobacterium tuberculosis aufzufassen ist [1, 2, 3, 5, 6, 7, 8, 9].

Anamnese

Eine 66-jährige Patientin wurde 1992 wegen einer Lymphknotentuberkulose mit Isoniazid, Rifampicin, Pyrafat sowie Myambutol antituberkulös behandelt und war nachfolgend beschwerdefrei, bis sie im Jahr 2003 erythematöse, schmerzhafte Knoten an der Innenseite des rechten Unterschenkels entwickelte. Die feingewebliche Untersuchung dieser Hautveränderung ergab keine eindeutige Diagnose, sprach aber für eine Pannikulitis. Die Symptomatik klang rasch unter Gabe von Methylprednisolon 40 mg p.o. täglich ab. Bei erneuter Vorstellung 3 Monate später fand sich wiederum ein exulzerierter, livider, schmerzhafter Knoten am rechten Unterschenkel (Abb. 1a, b). Die histologische Untersuchung zeigte lediglich eine Gewebenekrose, die Polymerasekettenreaktion (PCR) auf Mycobacterium-tuberculosis-spezifische DNA war jedoch positiv [7]. Eine antituberkulöse Therapie wurde zu diesem Zeitpunkt nicht eingeleitet, jedoch eine sofortige Wiedervorstellung bei neuen Hautveränderungen verabredet.

Abb. 1
figure 1

a, b Ulzeration am rechten Innenknöchel. c, d Klinischer Befund 3 Monate später. Unterhalb der Narbe der vorherigen Exzision des Ulkus hat sich ein unscharf begrenzter, erythematöser, schmerzhafter Knoten entwickelt

Klinischer Befund

Im Juni 2004 entwickelte die Patientin erneut schmerzhafte Knoten (Abb. 1c, d). Zur weiteren Diagnostik wurde eine erneute Exzisionsbiopsie durchgeführt.

Diagnostik

Histologie

Bei weitgehend unauffälliger Epidermis und Dermis zeigten sich am Korium-Subkutis-Rand ausgeprägte Infiltrate aus Neutrophilen und Lymphozyten in der Wand eines arteriellen Gefäßes mit Fibrinablagerungen und Thrombosierung. Im subkutanen Fettgewebe bestand außerdem eine lobuläre und septale Pannikulitis mit zahlreichen Plasmazellen und Schaumzellen (Abb. 2a, b). In der PAS-Färbung ließen sich keine Erreger finden. In der Ziehl-Neelson-Färbung konnten keine säurefesten Stäbchen nachgewiesen werden. Eine Gewebekultur auf Mycobacterium tuberculosis blieb ebenfalls negativ.

Abb. 2
figure 2

a, b Histologie des erythematösen Knotens aus Abb. 1c, d. Ein großes arterielles Gefäß an der Korium-Subkutis-Grenze ist thrombosiert und durchsetzt von Entzündungszellen und Leukozytoklasie. Das umgebende Fettgewebe zeigt ebenfalls Entzündungszellinfiltrate. c Molekularbiologische Diagnostik. Nachweis Mycobacterium-spezifischer DNA (274-bp-Fragment) aus dem Zentrum des in Abb. 2 dargestellten Knotens in den Proben A und B. Proben C und D stammen aus der Peripherie derselben Exzisionsbiopsie. Aus beiden Proben ließen sich keine Mycobacterium-spezifischen Fragmente amplifizieren. Probe E: Nachweis spezifischer DNA für den Mycobacterium-tuberculosis-Komplex, wiederum aus dem Zentrum des Knotens (Fragment 121 bp). d Automatische DNA-Sequenzierung und Sequenzabgleich des 121-bp-Fragmentes (Probe E)

Molekularbiologie

Die PCR-Untersuchung ergab den Nachweis von Mycobacterium-tuberculosis-spezifischer DNA im Zentrum des Exzidates bei fehlendem Nachweis in der Peripherie (Abb. 2c; [7]). Die zur Identifizierung des Mycobacterium-tuberculosis-Komplexes verwendete Sequenz („internally transcribed spacer region“) ist in Abb. 2d dargestellt.

Serologie

Im Serum der Patientin zeigten sich die Untersuchungen auf P-ANCA und C-ANCA unauffällig.

Therapie und Verlauf

Aufgrund der klinischen und histopathologischen Veränderungen bei Nachweis von Mycobacterium-tuberculosis-spezifischer DNA wurde die Diagnose eines Erythema induratum Bazin gestellt. Eine Positronenemissionstomographie (PET) ergab keinen Hinweis auf einen Tuberkuloseherd. Bei gutem Allgemeinbefinden und fehlendem Nachweis eines floriden Infektionsherdes bei der Patientin wurde seitens der internistisch-infektiologischen Kollegen von einer antituberkulösen Therapie abgeraten, jedoch eine regelmäßige klinische Kontrolle empfohlen. Die Patientin ist seit Juni 2004 ohne jegliche Behandlung völlig beschwerdefrei. Auch nodöse Erytheme oder Ulzerationen an den Beinen sind bisher nicht wieder aufgetreten.

Diskussion

Die Genese der nodösen Vaskulitis bleibt in den meisten Fällen unklar, allerdings wurde die Koinzidenz einer Tuberkulose mit einer nodösen Vaskulitis in der Vergangenheit wiederholt beschrieben und in kausalem Zusammenhang im Sinne eines „Tuberkulids“ eingeordnet. Der Begriff „Tuberkulid“ wurde von Darier geprägt und beschreibt eine infekt-allergisch/hyperergische Reaktion des Körpers auf eine Tuberkuloseinfektion [4]. Mit Einführung dieses Begriffes wollte Darier „reaktive“ Krankheitsphänomene von tatsächlich infektiösen Manifestationsformen der Tuberkuloseerkrankung abgrenzen. Als infektiös galten damals nur Läsionen, in denen entweder mittels Spezialfärbung Erreger im Biopsiematerial direkt nachgewiesen werden konnten oder aus denen kulturell die Anzucht von Mycobacterium tuberculosis gelang. Mittels molekularbiologischer Zusatzdiagnostik ist nun auch der Nachweis kleinster Erregermengen möglich, wobei die pathogenetische Relevanz eines positiven Befundes bei minimalem oder gänzlich fehlendem klinischen Befund derzeit noch kontrovers diskutiert wird.

Bei der hier vorgestellten Patientin sprachen die histopathologischen Veränderungen im Sinne einer ausgeprägten Vaskulitis großer Gefäße des Fettgewebes und begleitender überwiegend lobulärer Pannikulitis für die Diagnose einer nodösen Vaskulitis. Gleichartige histopathologische Veränderungen werden beim sog. Erythema induratum Bazin im Rahmen einer Tuberkulose gesehen. Rein histomorphologisch bestanden bei dichter Durchsetzung der Gefäßwand eines arteriellen Gefäßes an der Korium-Subkutis-Grenze Merkmalsüberschneidungen mit der Panarteritis nodosa. Diesbezügliche Zusatzuntersuchungen auf P-ANCA und C-ANCA im Serum der Patientin waren jedoch unauffällig.

Die Lymphknotentuberkulose in der Anamnese der Patientin sowie die wiederholt positiven Ergebnisse der PCR auf Mycobacterium-tuberculosis-spezifische DNA legten es nahe, die nodöse Vaskulitis als Erythema induratum Bazin zu interpretieren. Die Wahrscheinlichkeit einer falsch positiven PCR auf Mycobacterium tuberculosis aus dem Biopsiematerial ist als gering einzuschätzen, zumal die Läsion sich im Zentrum positiv auf Mycobacterium-tuberculosis-spezifische DNA zeigte, in der Peripherie jedoch negativ war. Der Versuch, Mykobakterien im Präparat direkt nachzuweisen, misslang jedoch mehrfach. Auch die kulturelle Erregerdiagnostik war jeweils negativ.

In der Literatur finden sich einige Fälle von Erythema induratum Bazin mit positiver PCR auf Mycobacterium tuberculosis [1, 2, 3, 5, 6, 7, 8, 9]. Zwei Arbeitsgruppen beschrieben dabei die Abheilung des Erythema induratum Bazin unter antituberkulöser Therapie und interpretierten dies als einen weiteren Beweis für die infektiöse Genese der Vaskulitis [5, 6].

Da mittels PET-Untersuchung bei unserer Patientin eine floride Tuberkuloseinfektion in Lymphknoten, Lunge oder Niere ausgeschlossen werden konnte, stellte sich uns schließlich die Frage, ob allein aufgrund der positiven PCR auf Mycobacterium tuberculosis und dem histologischen Befund einer nodösen Vaskulitis sowie der Anamnese der Patientin eine antituberkulöse Therapie (mit den damit verbundenen Nebenwirkungen) eingeleitet werden sollte. Da die Patientin nach operativer Entfernung des zuletzt aufgetretenen schmerzhaften Knotens beschwerdefrei war, haben wir zunächst von einer systemischen Therapie abgesehen und regelmäßige Verlaufskontrollen durchgeführt.

Fazit für die Praxis

Ist anamnestisch bei einem Patienten mit nodöser Vaskulitis eine Tuberkulose bekannt, so sollte eine PCR auf Mycobacterium-tuberculosis-spezifische DNA am Biopsiematerial durchgeführt werden. Der molekularbiologische Nachweis Mycobacterium-tuberculosis-spezifischer DNA in Läsionen einer nodösen Vaskulitis wird hinsichtlich seiner pathogenetischen Relevanz nur anhand größerer Fallzahlen und konsequenter Verlaufsbeobachtung zu bewerten sein. Der historisch geprägte Begriff des „Tuberkulids“ ist in diesem Zusammenhang eher verwirrend, da er per definitionem bei Nachweis des Erregers in einer Läsion nicht mehr anwendbar ist. Wir schlagen daher vor, den Begriff des Tuberkulids für Befunde wie die der hier vorgestellten Patientin nicht anzuwenden.