Anamnese

Bei der 19-jährigen Patientin traten vor 2 Jahren erstmalig um eine Schürfverletzung am linken Fußrücken rot-livide Papeln auf. Nachfolgend entwickelten sich gleichartige Papeln sowie livide Verfärbungen an der Großzehenspitze des gleichen Fußes, die zeitweise bluteten und schmerzten. Zuletzt seien neue Papeln am Fußrücken und am Interdigitalraum zwischen Großzehe und 2. Zehe entstanden.

Der Patientin ist ein Zeckenstich im Nacken vor 12 Jahren erinnerlich. Die übrige Anamnese ist bis auf eine Überbeinoperation am rechten Fuß unauffällig. Medikamente werden nicht eingenommen. Die Großmutter der Patientin litt an einer systemischen Sklerodermie, der Großvater an einem Magenkarzinom.

Klinischer Befund

Am linken Fußrücken, der linken Großzehe sowie im Interdigitalraum zwischen Großzehe und 2. Zehe finden sich multiple, gruppiert stehende, rot-livide Papeln von 1–3 mm Durchmesser mit angedeuteter Schuppenkrause (Abb. 1, 2, 3). Das übrige Integument und die Lymphknotenstationen sind unauffällig.

Abb. 1
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Gruppierte Papeln am Fußrücken

Abb. 2
figure 2

Lividrote Papeln (Detail)

Abb. 3
figure 3

Hyperkeratotische Makulae und Papeln an der Großzehe

Labor

Leichte Erhöhung der Gammaglobuline auf 18,1 g/l (5,8–15,2). Borrelienserologie, Blutbild, ACE, Lysozym, übrige Leber- und Nierenwerte und Eiweißelektrophorese waren unauffällig.

Histologie

Die Epidermis ist an den Seiten colleretteförmig ausgezogen. In der oberen Dermis imponiert ein dichtes, diffus interstitielles entzündliches Infiltrat, welches zur Tiefe mehr perivaskulär und angedeutet keilförmig verteilt ist (Abb. 4, 5). Das Infiltrat besteht aus Lymphozyten, Makrophagen und Plasmazellen bzw. lymphoplasmazytoiden Zellelementen mit mäßiggradiger Proliferationsrate (Ki 67, MIB1, 1:50, Dako, Hamburg). Im Knoten selbst exprimieren die Plasmazellen keine Immunglobulinleichtketten, an der Basis sowohl Kappa- als auch Lambda-Ketten. Es überwiegen B-Zell-Marker (CD20, L26, 1:25, Dako; CD79a, 1:100, Dako), nur fokal einzelne T-Lymphozyten wie CD3 (1:500, Dako), CD4 (OPD 4, 1:40, Dako) kaum CD30 (Ki 1, 1:20, Dako). Die dazwischen liegenden Gefäße weisen zum Teil prominente Endothelien auf, das Kollagen ist angedeutet hyalinisiert. In der Berlinerblau-Reaktion kein Nachweis von Hämosiderin.

Abb. 4
figure 4

Dermal umschriebenes, keilförmiges entzündliches Infiltrat mit colleretteförmiger Ausziehung der Epidermis (HE, Vergr. 40:1)

Abb. 5
figure 5

Gemischtzelliges Infiltrat mit prominenten Kapillaren (Pfeile), (HE, Vergr. 400:1)

Therapie und Verlauf

Das klinische Bild und die Histologie sprachen für ein APACHE-Syndrom („acral pseudolymphomatous angiokeratoma of children“). Eine initiale Lokaltherapie mit 1% Pimecrolimus über 2 Monate zeigte keinen Erfolg und konnte die Progredienz der Erkrankung nicht verhindern. Es wurde eine Therapie mit Doxyzyklin 2-mal 100 mg täglich eingeleitet, die nach 2 Monaten auf Minozyklin 2-mal 100 mg täglich umgestellt wurde. Auch hierunter war keine Befundänderung objektivierbar.

Diskussion

Im Jahr 1980 berichtete Crow bei einem 7-jährigen Mädchen über das einseitige Auftreten von persistierenden, roten Papeln am Fuß und Knöchel, die sich histologisch aus einem dichten Infiltrat aus Lymphozyten und Plasmazellen sowie multiplen, verdickten Kapillaren aufbauten [1]. In den Jahren 1988 und 1990 veröffentlichten Ramsay et al. 2 Berichte über gleichartige Hautveränderungen bei 5 Kindern im Alter zwischen 2 und 13 Jahren und prägten das Akronym APACHE („acral pseudolymphomatous angiokeratoma of children“) [10, 11].

Seitdem wurden in der Literatur insgesamt 18 Fälle unter verschiedenen Bezeichnungen wie „small papular pseudolymphoma“ [5], „acral angiokeratomatous pseudolymphoma“ [8] oder „papular angiolymphoid hyperplasia“ beschrieben. Klinisch charakteristisch sind multiple, aggregiert stehende, selten linear angeordnete, rot-livide Papeln, aber auch solitäre Knötchen [2, 3, 5, 9], vereinzelt mit einer Schuppenkrause. Prädilektionsalter ist das 3.–17. Lebensjahr, doch wurden auch 4 Fälle bei Erwachsenen beschrieben [3, 5, 8]. Lokalisiert waren die Hautveränderungen größtenteils akral, zumeist an Füßen oder Händen, jedoch auch an anderen Stellen wie Rücken [5], Brust [2] oder Unterschenkel [3].

Diagnostik

In der Histologie imponiert ein noduläres entzündliches Infiltrat in der oberen Dermis mit Lymphozyten, Makrophagen und Plasmazellen. Manchmal sind eosinophile Granulozyten und multinukleäre Riesenzellen beigemengt. Das Infiltrat enthält kleine Gefäße mit verdickter Wand und plumpen Endothelien [5, 10]. In 1 Fall wurden primäre und sekundäre Lymphfollikel gefunden [6]. Die Epidermis kann hyperkeratotisch oder atroph sein, eine Hypergranulose und fokale Parakeratose sowie randständig verlängerte Reteleisten aufweisen [5, 10]. Eine hydrope Basalzelldegeneration wurde beschrieben [4], in 1 Fall auch eine lichenoide Interfacedermatitis mit kolloidalen Körperchen [6]. Immunhistochemisch besteht ein Gemisch von B- und T-Zellen, bei einer CD4:CD8-Ratio von 1 [4, 5]. Die Plasmazellen produzieren zu gleichen Teilen Kappa- und Lambda-lmmunglobulinleichtketten [3, 8]. Mittels Rearrangementuntersuchungen konnte ein polyklonales Infiltrat sowohl für T- als auch für B-Zellen nachgewiesen werden [3, 6].

Differenzialdiagnostisch müssen klinisch vor allem Angiokeratoma Mibelli, Akroangiodermatitis Mali, Hämangiome, epidermale Nävi, Lichen aureus, Granuloma pyogenica und bei Lokalisation an den Handflächen Kontaktekzeme bedacht werden. Histologische Differenzialdiagnosen sind persistierende Insektenstichreaktionen, lymphomatoide Papulose, Lymphadenosis cutis benigna, Lichen planus und Lichen nitidus [5].

Obwohl die Entität von den Erstbeschreibern zunächst als Angiokeratom angesehen wurde, ist man heute der Überzeugung, dass es sich um ein Pseudolymphom handelt. Das Infiltrat ist „top heavy“, gemischtzellig, polyklonal, kann Lymphfollikel ausbilden, und die Gefäße weisen Charakteristika von sog. „high-endothelial venules“ der parakortikalen Areale der Lymphknoten auf [3, 5, 6]. Als ursächlicher Faktor wird von einigen Autoren eine posttraumatische Genese angenommen, was durch das gehäufte Auftreten an den Akren und auch entsprechenden anamnestischen Angaben belegt wird [2]. Eine Systembeteiligung oder maligne Degeneration ist bisher nicht bekannt [8].

Therapie

Aufgrund der wenigen publizierten Fälle existieren nur Einzelfallberichte über therapeutische Möglichkeiten. Bei solitären Läsionen waren Exzisionen [2, 5, 8, 9] oder auch Kürettage [11] erfolgreich. Die Applikation von Kortikosteroiden, sei es in Form von Salben [7], okklusiv [8] oder intraläsional [4], zeigte eine kurzfristige Wirkung, es traten jedoch regelmäßig Rezidive auf. Eine Lokaltherapie mit Pimecrolimus und Gabe von Tetrazyklinen führten bei unserer Patientin zu keinem Rückgang der Hautveränderungen. In 1 Fall kam es zu einer Spontanremission [11], in mehreren Fällen persistierten die Papeln teils über mehrere Jahre ohne weitere Progredienz.