Onychomykosen (OM) sind heute die häufigsten Nagelerkrankungen. Noch vor 100 Jahren galten sie als extrem selten, in den letzten Jahrzehnten hat sich ihre Prävalenz deutlich erhöht [21]. Aktuelle Untersuchungen belegen eine bevölkerungsbezogene Prävalenz in Deutschland von 12,4%. Mit steigendem Lebensalter nimmt die Häufigkeit zu [1].

Die OM ist eine weltweit vorkommende Erkrankung, wobei geografische und soziale Faktoren (Tragen von Schuhen) unterschiedliche Häufigkeiten bedingen. Zehennägel sind deutlich häufiger befallen als Fingernägel. Am häufigsten befallen an den Füßen sind die Großzehennägel. An den Fingern sind es vorwiegend die Daumennägel und die Zeigefingernägel.

Ätiopathogenese

Die häufigsten Erreger sind Dermatophyten. Unter diesen hat wiederum der anthropophile Trichophyton rubrum mit 84% die größte Bedeutung [34]. Trichophyton rubrum und Trichophyton mentagrophytes machen gemeinsam in Mitteleuropa etwa 80% aller Erreger aus [8]. Deutlich seltener sind andere Dermatophyten. Hefen folgen mit einer Häufigkeit von ungefähr 15%. Schimmelpilze wurden in wechselnder Häufigkeit nachgewiesen; ihr Anteil an den Onychomykosen liegt wahrscheinlich bei maximal 5% [8]. Für einige Autoren stellt dies aber lediglich die Nachweishäufigkeit und nicht die tatsächliche Infektionsauslösung durch Schimmelpilze dar, die seltener sein soll [11, 12].

Unter Tinea unguium versteht man eine OM durch Dermatophyten, der Begriff ist also kein Synonym für OM

Eine Nagelmykose ohne Vorschädigung des Nagels oder prädisponierende Erkrankungen ist unwahrscheinlich

Obwohl die Onychomykose eine Infektionskrankheit ist, reicht die Anwesenheit eines geeigneten Erregers wohl kaum aus, um die Erkrankung hervorzurufen. Es müssen infektionsbegünstigende Begleitumstände (prädisponierende Faktoren) hinzukommen, um den Erregern ein Eindringen in den Nagelapparat zu ermöglichen. H. Götz konnte im Selbstversuch zeigen, dass die Einbringung von Dermatophytensporen unter den Nagelwall noch keine Nagelerkrankung hervorrief [17]. Eine Nagelmykose ohne eine Vorschädigung des Nagels oder die Anwesenheit prädisponierender Erkrankungen ist unwahrscheinlich.

Das bereits erwähnte Befallsmuster der Zehennägel spricht für die Bedeutung von Schuhdruck und wiederholten Traumata als infektionsbahnenden Ursachen. Wegen möglicher familiärer Häufung der Onychomykose wird auch eine autosomal-dominante Vererbung der Disposition zur Onychomykose diskutiert [39]. Bei einer statistischen Gewichtung der prädisponierenden Faktoren rangierten posttraumatische Nagelbettschädigungen, Durchblutungsstörungen, die familiäre Disposition und Fußfehlstellungen statistisch deutlich vor der Benutzung öffentlicher Duschen [1]. Wäre die reine Exposition gegenüber dem Erreger für die Entstehung der Onychomykose ausschlaggebend, so müsste von der Häufigkeit der Exposition her Trichophyton mentagrophytes häufigster Erreger der Onychomykose sein, was aber eindeutig nicht der Fall ist [16, 24].

Die häufigste Infektionsquelle für die Onychomykose ist mit großer Wahrscheinlichkeit die bereits jahrelang vorher vorhandene Fußmykose beim gleichen Patienten. In der sog. Foot-Check-Studie wurde in 18,2% ein gemeinsames Vorliegen von Haut- und Nagelmykosen festgestellt [1]. Effendy fand in einer Häufigkeit von 68% bei Patienten mit Nagelmykosen auch eine gleichzeitige Tinea pedis plantaris [11]. Nach Male werden ca. 80% der Zehennagelmykosen in Verbindung mit gleichzeitigen Dermatomykosen durch den gleichen Erreger gefunden [28].

Die sog. Moccasin-Tinea (Tinea plantaris) durch Trichophyton rubrum hat einen äußerst langen und symptomarmen Verlauf, bedingt durch ständige Erregerpersistenz von Trichophyton rubrum in der Nagelumgebung der Füße. Es leuchtet ein, dass beim gleichzeitigen Vorkommen von prädisponierenden Faktoren hierdurch häufig eine Onychomykose verursacht wird (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Moccasin-Tinea und Onychomykose vom distolateralen subungualen Typ (DLSO). Der Erreger (Trichophyton rubrum) wandert von der erkrankten Haut zum Nagelorgan

Insgesamt gesehen stimmen die meisten Autoren der von Götz schon 1953 geäußerten Hypothese zu, dass eine dermatophytenbedingte Nagelmykose dadurch entsteht, dass der Erreger, ausgehend von mykotischen Läsionen am Körper des gleichen Patienten, über den lateralen Nagelwall oder unter dem Hyponychium in das Nagelkeratin eindringt [17]. Neben den schon erwähnten prädisponierenden Faktoren sind dabei ein erregerbegünstigendes Mikroklima im Fußbereich (Temperatur und Feuchtigkeit) und nicht zuletzt eine geeignete enzymatische Ausstattung des verursachenden Erregers wirksam.

Klinik

Das klinische Aussehen einer Onychomykose hängt im Wesentlichen vom Weg des Eindringens des Erregers ab. Hierdurch entstehen klinisch unterschiedliche Befallstypen. Bewährt hat sich die Unterscheidung der folgenden Onychomykoseformen:

  • distolaterale und subunguale Onychomykose (DLSO),

  • proximale subunguale Onychomykose (PSO),

  • superfizielle weiße Onychomykose (SWO),

  • Endonyx-Onychomykose,

  • totale dystrophische Onychomykose (TDO),

  • Onychia et Paronychia candidosa.

Distolaterale subunguale Onychomykose (DLSO)

Mit 82% ist dies die häufigste Form der Onychomykose [11]. Der mit Abstand häufigste Erreger ist Tr. rubrum.

Der Erreger dringt in die Hornlagen der Epidermis des Hyponychiums oder des Nagelbettes ein und wandert dann an der Unterseite der Nagelplatte nach proximal. Durch eine reaktive Hyperkeratose wird das freie Nagelende angehoben, später wird durch Invasion des Pilzes in die Nagelplatte diese distal oft deutlich verdickt. Optisch ändert sich die Farbe der befallenen Anteile der Nagelplatte zu weißlich gelb bis gelblich braun. Die Erkrankung beginnt distal bzw. distolateral und schreitet nach proximal fort. An den Fingernägeln ist die subunguale Hyperkeratose oft wesentlich geringer, sodass durch die Abhebung der Nagelplatte vom Nagelbett eher onycholytische Bilder entstehen können, dies vor allem bei Frauen [5].

Proximale subunguale Onychomykose (PSO)

Diese Form ist seltener. Eintrittspforte ist das Eponychium (Haut des proximalen Nagelwalles). So gelangt der Erreger (meist Tr. rubrum) auf die Unterseite des proximalen Nagelfalzes. Wenn er die Nagelmatrix erreicht, werden zunächst die tieferen Schichten des Nagels infiltriert. Es resultiert klinisch ein weißer Fleck in der Nähe der Kutikula, der nach distal fortschreitet. Eine sich sehr schnell entwickelnde Form der PSO wurde bei Aids-Patienten beobachtet und gilt heute als Kennzeichen einer Immundefizienz [9].

Superfizielle weiße Onychomykose (SWO)

Der Erreger dringt direkt in die dorsale oberflächliche Nagelplatte ein. Es resultiert hierdurch eine weißliche Fleckbildung in diesem Bereich. Jessner beschrieb schon 1922 diese Form klinisch treffend als Leukonychia trichophythica [23]. Die SWO kommt vorwiegend an den Zehennägeln vor und wird in der überwiegenden Zahl der Fälle durch Trichophyton mentagrophytes var. interdigitale verursacht [34].

Eine äußerst seltene Variante der oberflächlichen Onychomykose ist die schwarze oberflächliche Onychomykose, die in Einzelfällen durch Trichophyton rubrum, aber auch durch Scytalidium dimidiatum verursacht wurde [3, 29].

Endonyx-Onychomykose

Bei dieser sehr seltenen OM dringen die Erreger direkt (also nicht über das Hyponychium) von distal zwischen die einzelnen Nagelschichten ein. Das klinische Bild geht mit lamellöser Nagelaufsplitterung einher. Es entstehen weißliche Flecke in der Nagelplatte, wobei weder Hyperkeratose noch Onycholyse zu beobachten sind [38]. Als Erreger wurden sowohl Trichophyton soudanense als auch Trichophyton violaceum beschrieben. (Diese Erreger verursachen am Haar einen endotrichen Befall.)

Totale dystrophische Onychomykose (TDO)

Es handelt sich um eine vollständige Zerstörung der Nagelplatten durch Pilze. Am häufigsten ist die sekundäre Form, die als Endzustand aller bisher beschriebenen Onychomykoseformen auftreten kann. Die Nagelplatte ist im Wesentlichen aufgelöst, es verbleiben lediglich krümelige Anteile.

Die primäre total dystrophische Onychomykose wird nur bei der chronischen mukokutanen Candidose und bei anderen Immundefizienzzuständen beobachtet [6].

Candida-Paronychie (Onychia et Paronychia candidosa)

Es handelt sich um eine chronische Entzündung des proximalen, später auch lateralen Nagelwalles durch Hefen. Häufigster Erreger ist Candida albicans, seltener Candida parapsilosis und Candida tropicalis [34]. Klinisch resultiert zunächst eine Paronychie mit verdicktem und gerötetem Nagelwall ohne die bei einer bakteriellen Paronychie übliche starke Entzündungsreaktion mit Schmerzhaftigkeit. Es resultieren Verfärbungen der distalen und lateralen Ränder der Nagelplatten. Die Färbung ist meist gelblich bräunlich oder auch grünlich. Bakterielle Kontamination bestimmt die Farbgebung. Durch Matrixschädigung kann es auch zu Querrillen der Nagelplatte kommen. Durch die chronische Entzündung verdickt sich die Spitze des proximalen Nagelwalles, sodass keine Kutikula mehr gebildet werden kann.

Die Candida-Paronychie betrifft am häufigsten Menschen mit Feuchtberufen. Als wichtigste prädisponierende Faktoren gelten die Mazeration durch Feuchtigkeit und beruflicher Umgang mit zuckerreichen Nahrungsmitteln (Konditoren; Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Candida-Paronychie bei einem Konditor (prädisponierender Faktor ist der Beruf)

Die Beseitigung der prädisponierenden Faktoren ist bei der Candida-Paronychie mindestens von gleicher Wertigkeit wie die antimykotische Therapie.

Differenzialdiagnose

Viele unterschiedliche Hauterkrankungen können Nagelveränderungen hervorrufen, die der Onychomykose sehr stark ähneln. Dies liegt vor allem daran, dass der Nagelapparat nur ein begrenztes Repertoire an Reaktionsmustern zur Verfügung hat und dass die Nagelplatte genau die Strukturen effektiv bedeckt und verdeckt, die im pathologischen Entstehungsprozess beteiligt sind [6].

Vor allem ist es die Psoriasis, deren Nagelveränderungen verschiedene Formen der Onychomykose vortäuschen. Initiale Nagelveränderungen der Psoriasis werden in der Praxis sehr häufig mit einer beginnenden Onychomykose vom Typ der DLSO verwechselt (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Nagelpsoriasis als wichtigste Differenzialdiagnose der Onychomykose

Neben der Psoriasis sind Nagelveränderungen im Rahmen des Reiter-Syndroms, bei der Pityriasis rubra pilaris, beim Morbus Darier und beim Lichen planus zu nennen. So genannte Ekzemnägel können ebenfalls leicht mit einer Onychomykose verwechselt werden. Da sowohl Onychogrypose als auch Onychomykose mit steigendem Lebensalter an Häufigkeit zunehmen, sind auch diesbezügliche Verwechslungen häufig. Hinsichtlich der Candida-Paronychie sind bakterielle Paronychien als Differenzialdiagnose zu nennen.

Unterschiedliche Arzneimittel können psoriasiforme, onycholytische, subungual hyperkeratotische und dyschromische Veränderungen der Nagelplatte hervorrufen. Deshalb zählen arzneibedingte Nageldystrophien ebenfalls zu den wesentlichen Differenzialdiagnosen [11].

Seltenere aber mögliche Differenzialdiagnosen sind die Pachyonychia congenita, die Trachyonychie, z. B. bei Alopecia areata, und auch die Nagelskabies. Auch selbst induzierte Onychodystrophien (Artefakte) ähneln der Onychomykose häufig. Das Yellow-Nail-Syndrom, das häufig mit chronischer Bronchitis, Bronchiektasien oder Veränderungen an den Lymphgefäßen assoziiert ist, wird wegen der gelblichen Verfärbung der Nägel häufig mit einer Onychomykose verwechselt. Neueste Beobachtungen sprechen für einen positiven Einfluss einer systemischen antimykotischen Therapie mit Breitspektrumantimykotika auf dieses Krankheitsbild. Dies wird allerdings nicht auf deren antimykotische Wirkung, sondern eher auf eine Förderung des Nagelwachstums, vor allem durch Triazole zurückgeführt [4].

Mykologische Diagnostik

Wegen der zahlreichen differenzialdiagnostischen Möglichkeiten ist das klinische Bild einer Onychomykose oft nur hinweisend. Eine mykologische Untersuchung der befallenen Nägel ist obligat und beinhaltet sowohl das Nativpräparat, als auch den kulturellen Erregernachweis.

Die Technik der Untersuchung ist sowohl hinsichtlich Nativpräparat als auch kultureller Erregerisolierung identisch mit der mykologischen Diagnostik anderer Dermatomykosen. Ausgehend vom Befallsmuster und Infektionsweg der Onychomykose, ist die Wahl der Materialentnahmestelle sehr wichtig. Lediglich bei der oberflächlichen weißen Onychomykose ist die Entnahme des Materials an der Nageloberfläche der richtige Weg. Bei der viel häufigeren DLSO erfolgt die Materialentnahme streng subungual. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die distalen Nagelanteile wesentlich älteres Pilzmaterial enthalten als die Region des weitesten Fortschreitens der Infektion. Die verfärbten Anteile der Nagelplatte sollten deshalb so weit wie möglich zurückgeschnitten werden, damit die Materialentnahme möglichst weit proximal erfolgen kann. Eine optimale Methode ist die Materialentnahme mittels einer Fräse. Vorteil dieser Methode ist eine punktgenaue Materialentnahme bei schmerzfreier Durchführung der Maßnahme. Mit dieser Technik wird die Häufigkeit des kulturellen Nachweises deutlich gesteigert [25].

Eine optimale Methode ist die Materialentnahme mittels einer Fräse

Das Nativpräparat macht sichere Aussagen darüber, ob Pilze im entnommenen Material vorhanden sind. Dabei ist es normalerweise nicht möglich, lebende von abgestorbenen Pilzstrukturen zu unterscheiden. Wenn aber schon im Nativpräparat kaum oder keine Pilzstrukturen vorhanden sind, dann ist es unwahrscheinlich, dass aus dem gleichen Material noch eine kulturelle Anzucht von Dermatophyten gelingt. Eine 2. Materialabnahme ist zu empfehlen. Für die kulturelle Anzucht gilt, je mehr Schüppchen überimpft werden, desto höher die Möglichkeit des Nachweises.

Die langsam wachsenden Dermatophyten lassen sich am besten auf Nährböden anzüchten, die mittels geeigneter Zusätze bakterielle und Schimmelpilzkontamination unterdrücken. Da aber Schimmelpilze die auslösenden Erreger der Onychomykose sein können, sollten 2 unterschiedliche Nährböden bei der Diagnostik der Onychomykose verwendet werden. Dabei darf ein Nährboden keinen Zusatz zur Unterdrückung von Schimmelwachstum enthalten.

In schwierigen Fällen vermag der Zusatz von Farbstoffen oder fluoreszierenden Stoffen die Nativdiagnostik zu erleichtern. Auch mit einer histologischen Untersuchung lässt sich eine Nagelmykose nachweisen, jedoch ist dabei keine Aussage über den betreffenden Erreger möglich. Vorteil der histologischen Untersuchung ist die Unterscheidung, ob Pilze nur subunguale Strukturen besiedeln oder aktiv in das Nagelorgan eingedrungen sind [20].

Therapie

Die Behandlungsmöglichkeiten der Onychomykose sind im letzten Jahrzehnt durch die Zulassung entsprechender Wirkstoffe revolutioniert worden. Die Behandlung der oberflächlich weißen Onychomykose und der Candida-Paronychie erfolgt ausschließlich topisch. Bei der häufigsten Onychomykoseform, der distolateralen subungualen Onychomykose, lassen sich die Anfangsstadien mit gutem Resultat topisch behandeln, fortgeschrittene Stadien müssen obligat systemisch therapiert werden (Abb. 4, 5). Dabei bringt in vielen Fällen eine Kombination von topischer und systemischer Therapie eine weitere Ergebnisverbesserung.

Abb. 4
figure 4

Distolaterale subunguale Onychomykose (DLSO) mit initialem Nagelbefall. Indikation zur topischen Therapie

Abb. 5
figure 5

Distolaterale subunguale Onychomykose (DLSO). Fortgeschrittener Befall des Nagels, mit Markierung der Ausdehnung nach proximal. Indikation zur systemischen oder zur Kombinationstherapie

Für jede Therapie ist ein therapiebegleitendes Entfernen von möglichst viel der pilzbefallenen Nagelanteile ein optimierendes Verfahren. Früher wurden gelegentlich mykotisch veränderte Nägel chirurgisch entfernt. Da bei dieser Methode Traumen der Region der Nagelmatrix häufig sind und somit durch die Methode selbst prädisponierende Faktoren der Onychomykose produziert werden können, gilt die Nagelextraktion heute als obsolet. Lediglich ein chirurgisches Débridement von Teilen der Nagelplatte wird in speziellen Sonderfällen durchgeführt. Hierzu ist auch die Ablation klinisch veränderter Nagelanteile durch Laser zu zählen [26].

Als Ersatz der chirurgischen Nagelextraktion hat sich die chemische Onycholyse weitgehend durchgesetzt. Möglich ist dies mit einer Rezeptur von 40% Kalium iodatum [35] oder mit 30- bis 40%igem Harnstoff. Wenn diese adjuvanten Maßnahmen auch zeitaufwändig sind, so ist doch unbestritten, dass dadurch jegliche Therapie in ihrer Wirksamkeit deutlich unterstützt wird.

Zur Beurteilung des Therapieerfolges haben sich die mykologische Heilung und ein erscheinungsfreier Nagel durchgesetzt

Zur Beurteilung des Therapieerfolges haben sich sowohl die mykologische Heilung (Nativpräparat und Kultur negativ) als auch ein erscheinungsfreier Nagel (DFN=“disease free nail“) durchgesetzt [13]. Wegen der bekannten prädisponierenden Faktoren der OM ist das Erreichen eines DFN nicht immer möglich, weshalb in vielen Therapiestudien mit dem Kriterium der deutlichen klinischen Besserung (meist bis zu 10% verbleibende Nagelveränderung) gearbeitet wird.

Topische Therapie

Eine wirksame topische Therapie bei der Onychomykose ist nur durch eine kleine Zahl von Externa erreichbar. Diese Externa liegen in speziell für den Nagel konzipierten Formulierungen vor.

Amorolfin

Als Loceryl-Nagellack® ist dieser Wirkstoff für die Onychomykose zugelassen. Der Lack enthält Amorolfin in 5%iger Konzentration in einer Acrylatbasis. Die Anwendung erfolgt 1- bis 2-mal wöchentlich.

In klinischen Studien wurden mit diesem Lack Patienten mit einer Onychomykose ohne Matrixbeteiligung untersucht. Die mykologischen Heilungsraten betrugen über 50% bei befallenen Zehennägeln und über 60% bei Fingernägeln [40].

Ciclopirox

Das Fertigpräparat (Nagel-Batrafen®) enthält den Wirkstoff in 8%iger Konzentration in einer filmbildenden Grundlage. Für die Anwendung des Präparates wird laut Beipackzettel eine Anwendung jeden 2. Tag im 1. Monat, mindestens 2-mal wöchentlich im 2. Behandlungsmonat und 1-mal wöchentlich ab 3. Behandlungsmonat empfohlen. In klinischen Studien wurde die Zubereitung zunächst 1-mal täglich verwendet. Hierbei lagen die Erfolgsraten deutlich oberhalb von 50%. Später wurde festgestellt, dass schon eine 1- oder 2-mal wöchentliche Applikation des Lackes gleiche Resultate erzielte [37]. Das Präparat ist bisher der einzige, auch in den USA zugelassene antimykotische Nagellack. Für die dortige Zulassung wurden 2 aktuellere Therapiestudien unter sehr strengen Kriterien durchgeführt. Dabei lagen die mykologischen Heilungsraten bei 29%. bzw. 36% [19].

Bifonazol-Harnstoff-Kombination

Ein Fertigpräparat aus Bifonazol 1%ig und Harnstoff 40%ig ist in Deutschland zugelassen (Mycospor-Nagelset®). Unter konsequenter und vom Arzt begleiteter Anwendung dieses Präparates lassen sich beim Befall einzelner Nägel befriedigende Therapieergebnisse erzielen. Mit steigender Zahl von befallenen Nägel lässt aber die Erfolgsrate nach.

Systemische Therapie

Für alle fortgeschritteneren Formen der DLSO und obligat bei der PSO ist die systemische Therapie notwendig [34]. Vor dem Einsatz von systemisch wirksamen Antimykotika muss die Diagnose der Onychomykose eindeutig gesichert sein.

Griseofulvin

Dies war das erste und für lange Zeit auch einzige orale Antimykotikum zur systemischen Behandlung der Nagelmykosen. Bei langzeitiger Gabe dieses Wirkstoffes wurden durchschnittliche Heilungsraten für Fingernägel von über 50%, für Zehennägel jedoch meist unter 20% festgestellt. Bei Nachuntersuchungen zeigte sich eine sehr hohe Zahl von Rezidiven. Lediglich bei konsequenter Einnahme von Dosen von ca. 1.000 mg/Tag über mindestens 12 Monate (bei Zehennägeln) konnten befriedigendere Therapieerfolge erreicht werden. Die später zugelassenen, sog. modernen Wirkstoffe zur systemischen Therapie der Onychomykose bringen deutlich bessere Ergebnisse.

Fluconazol

Fluconazol ist ein Triazolderivat. Wie alle Azole bewirkt es eine Hemmung des Pilzwachstums durch eine Blockade der Ergosterolbiosynthese. Als Hemmer der Lanosterol-14-alpha-Demethylase greift es an einem P450-abhängigen Enzym an [2]. Fluconazol hat eine starke Wirksamkeit gegenüber Hefen, aber auch gegen Dermatophyten. Die Substanz ist hydrophil und lagert sich gut im Nagelkeratin ab. Der Wirkstoff ist in Deutschland auch zur Behandlung der Onychomykose zugelassen. Vom Hersteller wird eine Dosis von 150–300 mg 1-mal/Woche über einen Zeitraum von 6 (Fingernägel) bis 12 Monaten (Zehennägel) empfohlen. Bei einer klinischen Studie mit 9-monatiger Therapiezeit wurden 3 unterschiedliche wöchentliche Dosierungen untersucht. Dabei ergaben sich für Zehennägel folgende Heilungsraten: 150 mg Fluconazol 1-mal/Woche: 76%, 300 mg 1-mal/Woche 85% und 450 mg 1-mal/Woche 90% [32].

Die Zahlen deuten an, dass Dosierungen von 300 mg 1-mal/Woche bessere Ergebnisse bringen als 150 mg. Die Verträglichkeitsdaten zu Fluconazol sind ausgezeichnet. Die empfohlenen Dosierungen für die Onychomykose sind im Vergleich zu anderen Indikationen ausgesprochen niedrig, eine hohe Arzneimittelsicherheit ist zu erwarten. Wie bei allen Azolen sind allerdings mögliche Arzneimittelinteraktionen zu beachten.

Itraconazol

Auch Itraconazol ist ein zu den Azolen gehöriges Triazol. Die Substanz ist ein starker Hemmer der Ergosterolbiosynthese des Pilzes. Sie hat eine hohe Affinität zum pilzlichen Zytochrom P450, bindet aber schwach auch an P450-abhängige Enzyme im menschlichen Stoffwechsel. Itraconazol hat von den zugelassenen Wirkstoffen das breiteste antifungale Spektrum [18].

Hinsichtlich der Pharmakokinetik ist zu beachten, dass Itraconazol als stark lipophile Substanz am besten unter sauren Bedingungen aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert wird. Es sollte deshalb direkt nach einer Mahlzeit eingenommen werden. Die Substanz wird sehr gut im Nagelkeratin angereichert und bleibt auch lange nach Therapieende dort in relevanten Konzentrationen nachweisbar.

Vergleiche zwischen kontinuierlichen und diskontinuierlichen Dosierungen führten zur Empfehlung der Puls- oder Intervalltherapie [22]. Hierbei wird Itraconazol in einer Dosis von 2-mal 200 mg/Tag über 7 Tage eingenommen. Nach 3-wöchiger Therapiepause erfolgt die nächste Therapiephase. Für eine Onychomykose der Fingernägel werden 2 solche Therapiezyklen, bei Zehennägeln 3 Zyklen empfohlen. Dabei werden Heilungsraten von 77±5% bei Zehennagelmykosen erreicht [10].

Der Wirkstoff ist gut verträglich. Häufigste beschriebene Nebenwirkungen sind gastrointestinale Beschwerden, Mattigkeit, Juckreiz und Kopfschmerzen. Sehr wichtig ist allerdings die Beachtung von möglichen Arzneimittelinteraktionen, vor allem in Bezug auf Erythromycin und Terfenadin. Wegen kürzlich festgestellter negativ inotroper Wirkungen ist die Gabe von Itraconazol bei Patienten mit Herzinsuffizienz nicht zu empfehlen bzw. besonders gut abzuwägen.

Terbinafin

Terbinafin ist ein Allylamin-Derivat. Die Substanz hemmt spezifisch die Squalen-Epoxidase des Pilzes. Die Ergosterolsynthese wird an dieser Stelle unterbrochen. Daraus ergibt sich eine Anreicherung von Squalenen in der Pilzzelle, die eine fungizide Wirkung, vor allem bei Dermatophyten, entfaltet. Durch diesen Mechanismus liegt die minimale Hemmkonzentration für Dermatophyten bei Terbinafin deutlich niedriger als bei Itraconazol oder Fluconazol. Terbinafin ist lipophil und keratinophil, wird also u. a. im Nagel ausgezeichnet angereichert. Nach 7-tägiger Einnahme wurden in peripheren Nagelproben Wirkstoffkonzentrationen nachgewiesen, die die minimalen Hemmkonzentrationen für die meisten Dermatophyten um das 10- bis 100fache überstiegen [15]. Die Substanz wird nach Einnahmeschluss langsam aus den Nägeln eliminiert: 90 Tage nach Einnahmeschluss fanden sich Wirkstoffkonzentrationen, die noch um den Faktor 5–50 gegenüber der MHK der meisten Erreger von Onychomykosen lagen [6].

Terbinafin wird in Tagesdosierungen von 1-mal 250 mg über einen Zeitraum von 2 (Fingernägel) oder 3 Monaten (Zehennägel) empfohlen. Mit diesen Dosierungen und Therapiezeiträumen sind mykologische Heilungsraten von 76% bei der dermatophytenbedingten Onychomykose von Zehennägeln nachgewiesen worden. In einer direkten Vergleichsstudie zwischen Terbinafin (250 mg/Tag) und Itraconazol (400 mg/Tag/Woche 1-mal im Monat) war Terbinafin Itraconazol hinsichtlich der mykologischen Heilungsrate deutlich überlegen (75% gegenüber 38%) [14]. Nach 5-jährigem Follow-up betrugen die Zahlen noch 46% für Terbinafin und 13% für Itraconazol [36]. Die bessere Wirksamkeit von Terbinafin gegenüber Itraconazol wird wahrscheinlich durch seine fungizide Wirkung gegenüber Dermatophyten hervorgerufen.

Der Wirkstoff ist gut verträglich. Nebenwirkungserscheinungen und Häufigkeiten entsprechen denen des Itraconazol. Bei Terbinafin wird allerdings häufiger eine Geschmacksstörung beobachtet (ca. bei ein 1/1000 der Fälle), die nach dem Absetzen reversibel ist.

Kombinationstherapie

Eine genaue Betrachtung der Heilungs- und Rückfallraten der systemischen Monotherapie zeigt deren Grenzen auf [13, 33]. Ursachen liegen u. a. in der mangelnden Wirkung der systemischen Antimykotika auf ruhende Pilzzellen, die kein für den Neuaufbau von Pilzzellmembranen nötiges Ergosterol synthetisieren [33].

Beim gleichzeitigen Einsatz topischer und systemischer antimykotischer Wirkstoffe sind ein schnelleres Ansprechen der Therapie und im Endeffekt bessere Heilungsraten zu erwarten. Die topischen Wirkstoffe Amorolfin und Ciclopirox sind chemisch anderen Antimykotikaklassen zuzuordnen als die Azole oder Allylamine. Additive Wirkungen sind zu erwarten [30]. Unabhängig vom therapeutischen Endergebnis ist bei topischer Therapie eindeutig die Infektiosität der Onychomykose zu einem sehr viel früheren Zeitpunkt behoben als bei alleiniger systemischer Therapie [27]. Erste klinische Studien mit Kombinationstherapieverfahren ergeben für die Kombinationsgruppen deutlich bessere Therapieergebnisse als für die systemische Monotherapie [7].

Kontrolle des Therapieerfolges und Patientencompliance

Der klinische Heilungserfolg der Onychomykose wird ca. ab der 6. Therapiewoche sichtbar und kann erst nach abgeschlossenem Ende des Nagelwachstums sicher beurteilt werden. Die Dokumentation des klinischen Erfolges ist wegen des langsamen Fortschreitens der Besserung empfehlenswert. Bereits mit einfachen Mitteln ist dies durchführbar. Setzt man z. B. zu Beginn der Therapie eine parallel zum proximalen Nagelfalz verlaufende Kerbe an der Grenze zwischen gesundem und kranken Nagel und misst den Abstand dieser Kerbe zum proximalen Nagelfalz in Millimetern, so lässt sich bei späteren Untersuchungen sowohl das Nagelwachstum (an der Zunahme der Distanz zwischen PNF und Kerbe), als auch die Wirksamkeit der eingesetzten Therapie (kranke Veränderungen überschreiten nicht wesentlich die gesetzte Kerbe nach proximal) kontrollieren. Klebt man Tesafilm auf den zu beurteilenden Nagel und zeichnet mit einem üblichen, wasserfesten Filzschreiber den äußeren Nagelumriss, die Kerbe und die Grenze zwischen verändertem und gesunden Nagel ab, so ergibt sich eine sehr schnell herzustellende Momentaufnahme des Zustandsbildes, das in der Karteikarte archiviert werden kann [31] (Abb. 6). Durch den Vergleich dieser Bilder zu verschiedenen Zeiträumen lässt sich die Besserung für Patient und Therapeut sichtbar machen.

Abb. 6
figure 6

Abgezeichneter Nagel zur Therapiekontrolle. Die Kerbe sollte an der Grenze von gesundem und kranken Nagel gesetzt werden. Y Strecke zwischen Kerbe und proximalem Nagelfalz (PNF)

Abschließend ist zu bemerken, dass heute die Onychomykose sehr effizient behandelt werden kann. Die Art der Behandlung hängt von individuellen Gegebenheiten beim Patienten (prädisponierende Faktoren), vom Erreger, von der klinischen Form der Onychomykose und nicht zuletzt von der Compliance des Patienten und der speziellen Patientenführung des Arztes ab. Einen „Gold-Standard“ der Onychomykosetherapie gibt es nicht. Die Behandlung gehört in die Hand von gut informierten Spezialisten. Aufgrund der notwendigen differenzialdiagnostischen und mykologischen Kenntnisse sollten Onychomykosen von Dermatologen behandelt werden.

Fazit für die Praxis

Zur Behandlung der Onychomykose gibt es keinen Gold-Standard. Dies ist auch nicht zu erwarten, denn hinter dem Oberbegriff Onychomykose verbergen sich unterschiedliche Krankheitsbilder und unterschiedliche Erreger. Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen lassen sich am besten anhand der vorhandenen, aktuellen Leitlinie ausrichten.

Nach differenzialdiagnostischer Abgrenzung wird die Diagnose mikroskopisch gesichert und der Erreger auf Speziesniveau bestimmt. Das erreichbare Therapieziel hängt zusätzlich von individuellen Patientenfaktoren ab. Die Therapie beginnt grundsätzlich topisch und wird je nach Erreger und klinischem Ausmaß der Infektion systemisch ergänzt. Erreichte Therapieerfolge müssen langfristig nachkontrolliert werden.

Wegen der erforderlichen differenzialdiagnostisch-klinischen Kenntnisse und mykologischen Laborfertigkeiten gehört die Behandlung von Nagelmykosen in die Hände des Dermatologen.