Lernziele

Nach der Lektüre dieses Beitrags …

  • kennen Sie die Definition, Inzidenz, Funktionsdiagnostik und Einteilung der Hiatushernie,

  • können Sie eine Operationsindikation stellen und kennen Vor- und Nachteile hiataler Rekonstruktionen (anteriore vs. posteriore Hiatoplastik, Voll- und Teilmanschettenbildungen),

  • können Sie das Chancen‑/Risikopotenzial hiataler Netzverstärkungen einschätzen,

  • sind Sie über das perioperative Management informiert,

  • kennen Sie die wichtigsten Grundsätze der abdominellen Hernienchirurgie und Überlegungen zur Anwendung in der Chirurgie komplexer Hiatushernien.

Hintergrund

Die Hiatushernie beschreibt einen erweiterten Hiatus oesophageus, durch den der gastroösophageale Übergang vorfällt, und bei der Maximalvariante der gesamte Magen und weitere intestinale Organe nach thorakal verlagert werden können. Analog zur Pathogenese anderer Abdominalhernien werden neben einem gesteigerten intraabdominalen Druck („chronic obstructive pulmonary disease“ [COPD], chronische Obstipation) auch angeborene Ursachen (Bindegewebsschwäche) als Entstehungsursachen für Hiatushernien angenommen [1]. Es gilt als nahezu gesichert, dass Hiatushernien in 80–90 % mit einer gastroösophagealen Refluxerkrankung („gastroesophageal reflux disease“, GERD) einhergehen [2]. Die Indikation zur operativen Therapie ist abhängig vom Ausmaß der Hernienmorphologie (Typ II/III/IV s. unten) und dem klinischen Beschwerdebild. Dabei muss berücksichtigt werden, ob eine GERD vorliegt, da etwa 60 % der Patienten mit Hiatushernien auch unter einem sauren Reflux leiden [3].

Internationale Leitlinien in der Leisten- und Narbenhernienchirurgie empfehlen von speziellen Ausnahmen abgesehen den primären Einsatz von Kunststoffnetzen [4, 5, 6, 7, 8]. Der routinemäßige Einsatz von Netzverstärkungen bei der Hiatushernie ist dagegen umstritten. Leitlinien der Society of American Gastrointestinal and Endoscopic Surgeons (SAGES) sehen Vorteile in Bezug auf eine geringere Rezidivrate nach Netzverstärkung, empfehlen aber die Netzimplantation wegen einer zu geringen Literaturevidenz und einem relevanten netzassoziierten Komplikationspotenzial wie Dysphagie und Hohlorganarrosion des Ösophagus nicht [9].

Zudem fehlen definierte Eckpunkte in der Chirurgie der Hiatushernie:

  • Wie ist die Herniengröße morphologisch zu diagnostizieren (endoskopisch, radiologisch, intraoperativ)?

  • Wie ist die Hiatusplastik durchzuführen (anterior/posterior)?

  • Soll eine Fundoplikation immer durchgeführt werden und wenn ja, als Voll- (360°) oder Teilmanschettenbildung (180°/270°)?

  • Ab welcher Bruchgröße besteht die Indikation zur Netzimplantation?

  • Wie soll das Netz zugeschnitten werden (U-förmig, Streifen, zirkulär)?

  • Welches Material sollte eingesetzt werden?

  • Wie können Verlaufskontrollen erfolgen und wie wird das Hiatushernienrezidiv diagnostiziert?

Durch diese fehlenden Eckpunktdefinitionen ist in Metaanalysen eine Vergleichbarkeit der verfügbaren Studien besonders in Bezug auf Langzeitergebnisse nur eingeschränkt möglich [10, 11].

Anamnese und präoperative Diagnostik

Anamnese

Die Leitsymptome und der Leidensdruck sind trotz einiger Überschneidungen bei den Reflux- und Hiatushernienpatienten verschieden. Schon die Anamnese kann Hinweise auf große Hernien geben. Differenziert werden sollte nach Refluxbeschwerden und durch Organverlagerung bedingten Beschwerden. Während Patienten mit axialen Gleithernien meist über brennenden retrosternalen Schmerz ohne Regurgitation von Nahrungsmitteln klagen, berichten Patienten mit paraösophagealen Hernien, Mischformen und Thoraxmägen vielmehr über Regurgitation von Nahrungsmitteln, postprandialen Schmerz, retrosternalem Druck oder respiratorische Symptome. Cameron-Läsion-bedingte gastrointestinale Blutungssymptome und Anämien werden häufig bei großen Hiatushernien übersehen (Abb. 1b; [12]).

Abb. 1
figure 1

Bruchpforte einer Hiatushernie in Inversion (a); Cameron-Läsionen mit Blutungsstigmata in Anteversion (b)

Diagnostik

Ösophagogastroduodenoskopie

Nach der Anamnese und körperlichen Untersuchung stellt die Basis der Diagnostik die Ösophagogastroduodenoskopie dar. In antegrader und retroflektierter Sicht wird der gastroösophageale Übergang dargestellt, um maligne Pathologien auszuschließen (Abb. 1a). Die wichtigste Information ist der Nachweis/Ausschluss einer GERD, deren Ausmaß mit einem der etablierten Klassifikationssysteme (z. B. „Los-Angeles“-Klassifikation, [13, 14]) eingeteilt werden sollte.

Für eine nach oral verschobene Z‑Linie mit intestinaler Metaplasie (Barrett-Ösophagus) wurde zum Grading die Prag-Klassifikation validiert [15]. Das Vorliegen einer Barrett-Metaplasie wird nicht mehr als Kontraindikation zur Hiatushernienchirurgie angesehen [16]. Daraus ist allerdings nicht ableitbar, dass eine operative Antirefluxmaßnahme das Fortschreiten einer Dysplasie-Karzinom-Sequenz verhindert [16, 17]. Antirefluxchirurgie ist in diesem Kontext nur als Beschwerdekontrolle und Beschwerdebesserung zu verstehen.

Beim Nachweis einer hiatalen Hernie sollte die endoskopische Klassifikation nach Hill favorisiert werden [18].

Ösophagomanometrie

Funktionelle Ösophaguschirurgie bedingt eine differenzierte gastroösophageale Funktionsdiagnostik. Manometrie der muskulären ösophagealen Motilität und Refluxtestung sind zwingender Bestandteil zur Prüfung der operativen Therapieoptionen bei Patienten mit Refluxbeschwerden und den in der Normalbevölkerung häufig vorkommenden Typ-I-Hernien. Vor einer Antirefluxoperation bei Typ-I-Hernien muss eine Motilitätsstörung des Ösophagus wie z. B. der Achalasie zwingend ausgeschlossen werden. Präoperativ sollte zum Ausschluss von hypomotilen wie auch hypermotilen Funktionsstörungen die High-Resolution-Impedanz-Manometrie (HRIM) durchgeführt werden [19]. Bei der Refluxtestung gibt die multikanal-intraluminale Impedanz-pH-Metrie die meisten Hinweise auf sauren oder schwach-sauren Reflux. Das Erfassen von gasförmigen Regurgitationen ist dabei ebenfalls möglich.

Da bei symptomatischen gemischt-paraösophagealen (Typ II/III) und Typ-IV-Hernien meist eine Opertionsindikation besteht, müssen die vorgenannten Motilitätsstörungen ebenfalls ausgeschlossen werden.

Ösophagusbreischluck/Magnetresonanztomographie

Radiologische Diagnostik ist bei gemischten und komplexen Hiatushernien obligat. Sie dient dabei neben der Einteilung auch der operativen Planung und präoperativen Orientierung des erfahrenen Operateurs.

Der Ösophagusbreischluck ist in der klinischen Praxis ein häufig genutztes diagnostisches Verfahren, wenngleich der tatsächliche diagnostische Stellenwert fraglich ist (Abb. 2). Die bildmorphologische Abgrenzung zur Differenzierung von Typ-I- bis -III-Hernien kann im Ösophagusbreischluck erhebliche Schwierigkeiten bereiten [20]. Eine Untersuchung zum diagnostischen Stellenwert von Ösophagogastroduodenoskopie, Ösophagusbreischluck und HRIM bei Typ-I-Hernien zeigt im Vergleich zur intraoperativen Messung die besten Ergebnisse für HRIM [21]. Der Ösophagusbreischluck sollte vor diesem Hintergrund der stark untersucherabhängigen Befunderhebung und Einhaltung einer notwendigen Strahlenhygiene nur zurückhaltend eingesetzt werden.

Der Magnetresonanztomographie (MRT) kommt potenziell wegen der Möglichkeit zu einer Langzeitverlaufskontrolle eine besondere Bedeutung nach Implantation von MRT-sichtbaren Netzen zu [20, 22].

Abb. 2
figure 2

Ösophagusbreischluck bei Hiatushernie (Mischtyp)

Klassifikation und Operationsindikation der Hiatushernie

Klassifikation

Die gebräuchlichste Klassifikation für Hiatushernien basiert auf morphologisch-pathophysiologischen Grundlagen. Wenngleich auch eine Vielzahl von Teilbereichen in der hiatalen Hernienchirurgie unscharf beschrieben oder undefiniert sind, so ist die Unterscheidung in die hiatalen Hernientypen I–IV allgemein akzeptiert. Dabei werden Typ I als Gleithernien bezeichnet, Typ II als paraösophageale Hernien und Typ III als Mischtyp (Abb. 3). Typ-IV-Hernien sind komplexe Hiatushernien, die mit einer Verlagerung mehrerer intestinaler Organe nach thorakal einhergehen (Abb. 3f und 4). Bei Typ I ist die Kardia nicht infradiaphragmal fixiert und gleitet durch die Zwerchfellöffnung. Mit etwa 95 % handelt es sich bei diesen Gleithernien um den häufigsten Typ [23]. Bei den Typen II und III ist die anatomische Kardiaregion zwar infradiaphragmal positioniert, jedoch hernieren Magenanteile unterschiedlichen Ausmaßes nach thorakal. Dabei kommt Typ III in etwa 5 % der Hiatushernien vor [24]. Eine Maximalvariante stellt innerhalb der Typ-III-Gruppe der Upside-down-Magen dar (Abb. 5).

Abb. 3
figure 3

Schematisierung hiataler Hernien orientierend am gastroösophagealen Übergang: a Normalbefund, b axiale Gleithernie, c Mischform, d paraösophageale Hernie, e „upside-down stomach“, f intestinaler Organvorfall

Abb. 4
figure 4

Typ-IV-Hiatushernie mit nach thorakal verlagerten Intestinalorganen

Abb. 5
figure 5

Symptomatische Maximalvariante einer Typ-III-Hernie („upside-down stomach“; s. auch Abb. 3e)

Operationsindikation

Bei den Überlegungen zur Operationsindikation muss zwischen den Antirefluxoperationen der Typ-I-Hernien und den hiatalen Hernienoperationen der Typen II–IV unterschieden werden. Während das Ziel bei der Antirefluxoperation darin besteht, durch eine Magenmanschette den unteren Ösophagussphinkter zu verstärken und so den Reflux zu verhindern, ist das Ziel symptomatischer hiataler Hernien der Typen II–IV die fehlerhafte Lage des Magens und anderer nach thorakal verlagerte Organe zu korrigieren. Im Weiteren wird daher nicht detailliert auf die Diagnostik und Indikation zur Antirefluxoperation bei Typ-I-Hernien und GERD eingegangen, auch wenn Überschneidungen zu Refluxsymptomatiken bei Hernien Typ II/III bestehen. In diesem Zusammenhang wird auf die S2k-Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) zur gastroösophagealen Refluxkrankheit hingewiesen, die sich differenziert mit der operativen Therapie der Refluxkrankheit bei Typ-I-Hernien auseinandersetzt [25].

Bezüglich der Operationsindikation belegen Studien und Lehrbücher in den letzten drei Dekaden durchgängig, dass die paraösophageale Hernie eine rechtfertigende Operationsindikation darstellen [26, 27, 28, 29, 30, 31, 32]. Belastbare Gründe hierfür sind eine tendenzielle Größenzunahme mit zunehmendem Inkarzerationsrisiko sowie hohe Morbidität und Mortalität in Notfallsituationen. Watchfull-waiting-Konzepte sind im Einzelfall dennoch vertretbar, da mit 1,4 % der Fälle ein allgemein geringes Inkarzerationsrisiko angenommen wird [33]. Bei der Operationsindikation ist eine sehr sorgfältige Chancen-Risiko-Abwägung vorzunehmen, da bei ausgeprägten Typ-IV-Hernien erhebliche perioperative Risiken (Pneumothorax, Pneumonie, intrathorakale Nachblutungen, Empyembildungen) bestehen.

Es gilt, nachfolgende Behandlungsziele bei der operativen Therapie von Hiatushernien zu erreichen:

  1. 1.

    die spannungsfreie Zurückverlagerung des Magen und gastroösophagealen Übergangs nach intraabdominal,

  2. 2.

    eine funktionelle Rekonstruktion des Hiatus oesophageus unter Schonung des hinteren und vorderen Nervus vagus,

  3. 3.

    die Behebung einer bestehenden Refluxsymptomatik einerseits und Vermeidung von Dysphagie andererseits durch partielle oder totale Magenmanschettenbildung.

Bei der operativen Behandlungsstrategie muss die Tatsache berücksichtigt werden, dass der obere Ösophagussphinkter, der tubuläre Ösophagus und der untere Ösophagussphinkter eine funktionelle Einheit bilden. Bereits 1967 beschreibt Stelzner das anatomisch apolar aufgebaute schraubenförmige Geflecht von inneren und äußeren Muskelschichten, die eine propulsive Peristaltik ermöglichen und gleichzeitig den Antirefluxmechanismus bilden [34, 35]. Diese funktionelle Einheit wird durch eine Hiatushernie empfindlich gestört und erklärt, warum Hiatushernien häufig mit einer gastroösophagelen Refluxkrankheit einhergehen.

Technische Eckpunkte

Ein laparoskopisches Vorgehen hat sich bei der Hiatushernie zum Standardverfahren etabliert. Der mediastinal gelegene Bruchsack sollte disseziert werden (starke Empfehlung SAGES [9]). Abhängig von der Bruchsackgröße ist eine Resektion zur Erleichterung der späteren Manschettenbildung in den meisten Fällen empfehlenswert. Der Ösopgagus sollte nach mediastinal 3–5 cm unter Schonung des dorsalen und anterioren N. vagus mobilisiert werden, um einerseits eine Relaxationsstörung des Pylorus zu vermeiden und um andererseits den gastroösophagealen Übergang spannungsfrei nach infradiaphragmal verlagern zu können.

Trotz mäßiger Studienlage ist für vagotomierte Patienten ein schlechteres funktionelles Outcome bekannt. Beschwerden wie Diarrhö, Dumping, Übelkeit und Erbrechen wurden bereits in den 1970er-Jahren unter dem „Postvagotomiesyndrom“ subsummiert [36]. Im Rahmen der kontroversen Diskussion um eine Verkürzung des Ösophagus („short-esophagus“) kann jedoch die Vagotomie ausnahmsweise indiziert sein, um eine weitere Mobilisation des Ösophagus zu erreichen. Retrospektive Studien beschreiben durch diese Maßnahme eine Verlängerung des Ösophagus um 3–4 cm [37, 38, 39]. Obwohl Magenentleerungsstörungen und Gas-bloating-Phänomene vielfältig in Kombination einer Vagotomie und einer zu engen Fundusmanschette beschrieben sind, gibt es durchaus auch Berichte ohne postoperative vegetative Beschwerden wie vorgenannter Bauchschmerz, Blähungen oder Übelkeit nach kompletter posteriorer/anteriorer Vagotomie [40].

In der überwiegend älteren Literatur wird ein verkürzter Ösophagus bei 2–4 % der Patienten mit chronischer Refluxerkrankung [41, 42, 43, 44] beschrieben. Durch eine Gastroplastik nach Collis kann die Speiseröhre verlängert werden und die Fundoplikation wird um diese Neospeiseröhre platziert [45]. Während Befürworter der „Short-esophagus“-Theorie durchaus Indikationen für eine Collis-Gastroplastik sehen, diskutieren Skeptiker, durch eine genügende Präparation ggf. inklusive vollständiger Vagotomie die Speiseröhre ausreichend mobilisieren zu können.

Präparation im Bereich der kleinen Kurvatur

Bei der Präparation im Bereich der kleinen Kurvatur sollte auf aberrante und akzessorische Leberarterien geachtet werden, die von der A. gastrica sinistra abgehen und eine häufige Normvariante (12 %) darstellen [46]. Die großkurvaturseitige vollständige Durchtrennung der Vasa gastricae breves scheint neben einer nachvollziehbar längeren Operationszeit auch mit einem geringeren Verschlussdruck des unteren Ösophagussphinkters einherzugehen [47]. Andererseits erlaubt die vollständige Durchtrennung der Vasa gastricae breves eine spannungsfreie Magenfundusmobilisation zur Bildung einer 360°-Fundoplikation nach Nissen-Rossetti.

Hiatoplastik

Im Rahmen der Hiatusrekonstruktion kommt der Hiatoplastik eine entscheidende Bedeutung zu. Obwohl in vielen Publikationen die Hiatoplastik nicht spezifiziert wird, erreichen posteriore und anteriore Plastiken vergleichbare Ergebnisse [48, 49]. Die Hiatoplastik darf dabei auf keinen Fall zu eng angelegt werden, um Dysphagien zu vermeiden. Während eine enge Fundusmanschette durch eine Ballondilatation therapierbar ist, gelingt dieses bei einer zu engen Hiatoplastik meist nicht [32]. Die standardmäßige Schienung eines dicklumigen Katheters (32 Ch) wird zwar von einigen Autoren beschrieben [32], ist aber wenig untersucht und wird bei entsprechender Erfahrung häufig nicht durchgeführt. Die Fundoplikation scheint dagegen, unabhängig von dem Vorliegen einer GERD-assoziierten Hiatushernie, unverzichtbar zu sein. Dieses belegen die im Verlauf signifikant besseren Operationsergebnisse im Rahmen einer prospektiven Studie, die Patienten mit netzaugmentierter Hiatoplastik und Fundoplikation gegen Patienten mit netzaugmentierter Kardiophrenikopexie randomisierte [50].

Trotz engagiert-kontroverser Diskussionen werden sowohl für die Teilmanschettenbildung (180°, 270°) als auch für die Vollmanschettenfundoplikation (360°) vergleichbar gute Ergebnisse publiziert.

Metaanalysen zu Teilmanschette/Vollmanschette

Eine Metaanalyse von Broeders et al. konnte trotz einer schlechteren Säureexpression vergleichbare Ergebnisse in Bezug auf die bessere Fähigkeit aufzustoßen und eine verringerte Dysphagie für eine Hemifundoplikation feststellen [51].

Eine aktuellere Metaanalyse vergleicht 6 randomisiert-kontrollierte Studien (RCTs) aus den Jahren 2004 bis 2015. Die Datenextraktion erfolgte aus 5 englisch publizierten Arbeiten [52, 53, 54, 55, 56] und einer in Mandarin publizierten RCT, die von den chinesischen Autoren übersetzt und einbezogen wird [57]. Der Vergleich der 266 Patienten, die eine 360°-Fundoplikation (NF) erhielten und den 265 Patienten mit einer 180°-Manschette (PF) zeigte in den unterschiedlichen postoperativen Dimensionen keinen signifikanten Unterschied. Der Metaanalyse zufolge waren nach 180°-PF allerdings häufiger Reoperation wegen rezidivierender Refluxsymptome notwendig (PF, 15/169; NF, 4/179). Dagegen war NF mit einer höheren Prävalenz von Dysphagie assoziiert, jedoch ohne Notwendigkeit einer Reoperation. Im Vergleich dieser beiden Aspekte sehen die Autoren keine Vorteile für eines der beiden Verfahren, zumal auch die Patientenzufriedenheit in beiden Gruppen vergleichbar hoch war (NF 94,2 %; PF 89,4 %). Da auch in dieser Metaanalyse mit der 360°-Fundoplikation Dysphagie und Gas-bloating-Symptome häufiger assoziiert sind, werden sowohl 270°-Teilmanschettenbildungen gegen 360°-Manschetten als auch vordere gegen hintere Manschettenanlage fortwährend diskutiert.

In Bezug auf die 270°-Fundoplikation nach Toupet konnte bisher keine randomisierte Studie statistisch belastbare Vorteile gegenüber der 360°-Fundoplikation zeigen [58, 59, 60]. Eine Metaanalyse von Memon et al. kommt zu dem Ergebnis, dass die Säureexpression nach anteriorer Fundoplikation zwar schlechter ist, dagegen aber die Dysphagierate günstiger. Bei der Bewertung ist kritisch zu berücksichtigen, dass nur ein Vergleich zwischen vorderer und hinterer Teilmanschettenbildung erfolgte, aber daher nicht ein genereller Vorteil für die Hemiplikation abgeleitet werden kann [61].

Zur Diskussion 360°- vs. 270°-Manschettenbildung bei der Versorgung hiataler Hernien Grad III–IV gibt es nur wenige Studien. Auch hier scheint für größere Hernien des Typs III/IV laut einer aktuellen monozentrisch durchgeführten retrospektiven Studie im Langzeitverlauf kein Unterschied zu bestehen. Tendenziell finden sich jedoch bezüglich der Patientenzufriedenheit Vorteile für die 360°-Fundoplikation [62].

Verstärkung der Hiatoplastik durch Netzimplantation

In nahezu allen Bereichen der abdominellen Hernienchirurgie wird derzeit die Verstärkung des Bindegewebes durch eine Netzeinlage empfohlen [4, 8, 63]. Die Netzverstärkung bei hiatalen Hernien wird dagegen kontrovers diskutiert.

Für große Hiatushernien (>5 cm) stellt die SAGES-Leitlinie auf moderatem Evidenzlevel eine niedrige Rezidivrate nach Netzeinlage fest [9]. Für Langzeitverläufe sind nur wenige Daten verfügbar und so wird eine generelle Netzaugmentation besonders vor dem Hintergrund des besonderen Komplikationspotenzials am Hiatus oesophageus nicht empfohlen. Die verfügbaren Daten zeigen z. B. im 6‑ bis 12-Monats-Follow-up eine Reduktion der Rezidivrate von 22–26 % bei Naht- vs. 0–8,6 % bei Netzverfahren [29, 50, 64]. Demgegenüber kann eine Metaanalyse von Memon et al. lediglich einen Vorteil bezüglich einer geringeren Reoperationsrate für die Netzgruppe nachweisen und findet sonst keine Unterschiede zwischen Netz- und Nahtverfahren [10].

Hier offenbart sich ein wesentliches Problem in der Literaturevidenz der Hiatushernie. Zu kleine Fallzahlen in Metaanalysen mit 3 RCTs und 276 Patienten oder 4 RCTs mit 406 Patienten sind neben fehlenden Eckpunktdefinitionen eine Erklärung für die Ergebnisunschärfe. So beschreibt z. B. die von Watson publizierte RCT, nur bei großen Hernien Netze als Verstärkung einzusetzen. Dabei wird die tatsächliche Herniengröße nicht beziffert. Die vergleichbar hohen Rezidivraten von 23,1 % ohne Netz zu 21,8 % mit Netz sind sicher einer zu klein gewählten Netzgröße (2–3 × 4–5 cm) und den individuellen Indikationen biologischer Membranen (Schweinemukosa) und Kunststoffnetzen (Titannetz) geschuldet. Ein Erkenntniszugewinn darf von solchen Metaanalysen deshalb nicht erwartet werden. So bleibt die Verunsicherung zur Indikationsstellung der Netzverstärkung am Hiatus oesophageus fortbestehen.

Komplikationspotenzial von Netzen

Das Komplikationspotenzial von Kunststoffnetzen in der Hernienchirurgie reicht von Fremdkörpergefühl, chronischer Fremdkörperreaktion, lokaler Verhärtung bis zur Implantatinfektion. Unbeschichtete Polymerimplantate aus Polyester oder Polypropylen im Bereich intestinaler Hohlorgane werden mit dem Risiko intestinaler Fistelausbildung und Arrosionskomplikationen assoziiert, die meist als kleinere Fallserien publiziert wurden [11, 64, 65, 66]. Für beschichtete Kombinationsimplantate aus Polypropylen und Polytetrafluorethylen (PTFE) wird vor allem die Netzmigration aufgrund einer unvollständigen Netzintegration als Komplikation beschrieben [67]. Notwendige Rezidivoperationen nach Implantation von Kunststoffnetzen in der Hiatusregion können dabei bis zur Ösophagektomie führen [68].

Ob dieses Komplikationspotenzial durch biologische Membranen reduziert wird, ist eher unwahrscheinlich. Oelschlager [28, 69] und Wassenaar [70] konnten im Langzeitverlauf für biologische Membranen zwar nachweisen, dass Strikturen, Dysphagie und Hohlorganarrosion ausbleiben, allerdings fanden sich im medianen Verlauf von 58 Monaten unvertretbar hohe Rezidivraten. Erneut notwendige Reoperationen bei Rezidivhernien beinhalten ein hohes Risiko für multiviszerale Resektionen, sodass der Rezidivvermeidung ein sehr hoher Stellenwert als Outcomeparameter zukommt. Eine Risiko-Nutzen-Analyse zeigt, dass das materialbezogene Komplikationspotenzial von Polypropylen in der abdominellen Hernienchirurgie in Bezug auf die Anwendungshäufigkeit insgesamt überschätzt wird [50]. Demzufolge traten bei den häufig verwendeten Polypropylennetzen in 0,8 % der Fälle Komplikationen auf, während bei den biologischen Membranen oder PTFE-beschichteten Netzen diese zwei- bis dreimal häufiger vorkommen. Zusammenfassend lässt die limitierte Anzahl an belastbaren Studien derzeit keine Schlussfolgerung auf die Effizienz biologischer Implantate im Langzeitverlauf zu.

Auf Basis klinischer Chancen-Risiko-Abwägungen erklärt sich das Ergebnis einer Umfrage, bei der die befragten Operateure in 50 % der Fälle selten oder nie Netze bei der laparoskopischen Hiatushernienoperation einsetzen [70].

Indikation und Technik der hiatalen Netzverstärkung

Während Müller-Stich et al. in einer Metaanalyse zu dem Schluss kommen, eine Netzaugmentation bei der laparoskopischen Versorgung paraösophagealer Hernien routinemäßig durchzuführen [71], kommen Tam et al. [72] auf Basis eines zu niedrigen Evidenzlevels in ihrem systematischen Review zu der Empfehlung, dieses nicht zu tun. Die Tatsache, dass ausgewiesene Experten in Lehrbüchern auch bei großen Hiatushernien eine Netzverstärkung nur selten oder nie indiziert sehen und maximal die Verwendung eines biologischen Implantates empfehlen, spiegelt einerseits die mangelhafte Studienlage und andererseits die vielmals durch persönliche Erfahrungen geprägte Einschätzung zur Indikation der Netzimplantierung wider [73].

Seit der Erstbeschreibung einer hiatalen Netzprothese von Kuster und Gilroy 1993 [74] ist eine Reihe unterschiedlicher Techniken einer hiatalen Netzplatzierung publiziert worden (Tab. 1; nach Granderath [75]). Dabei unterscheiden sich die Techniken in der Art des verwendeten Materials (biologisch vs. Polymer), des Zuschnitts (zirkulär, U‑förmig, Streifen) und der Fixierung (Naht, Kleber, Tacker). Die Rezidivraten, die in den in Tab. 1 aufgeführten Studien von 0–38,5 % reichen, spiegeln die mangelhafte Standardisierung wider. Zu unterschiedlich erscheinen in den genannten Studien die Kriterien zur Netzeinlage.

Die bestehende Literaturevidenz zum prothetischen Zwerchfellverschluss wird von Granderath wie folgt eingeschätzt:

Die aktuell vorliegenden Daten zeigen trotz niedrigem Evidenzlevel in Bezug auf die postoperativen Rezidivraten einen Vorteil der netzverstärkten Hiatoplastik gegenüber der Einzelknopfhiatoplastik sowohl bei Patienten mit großen oder para-ösophagealen Hiatushernien als auch bei Patienten mit gastroösophagealer Refluxkrankheit [ 75 ].

Überlegungen von Pointner und Granderath ergaben, dass ab einer Bruchpfortengröße von 5 cm2 („hiatal surface area“, HSA) die Indikation zur Implantation eines monofilen, strukturstabilen und überlappenden zirkulären Netzes gestellt werden sollte (Abb. 6). Auf Basis einer intraoperativen Messung wird die Größe der hiatalen Bruchpforte (HSA) bestimmt. Eine Hernie mit einer HSA ab 5 cm2 definiert dabei den „Cut-off-Wert“ zur Netzimplantation [75, 76]. Eigene Erfahrungen, die sich an diesem „Cut-off Wert“ orientieren, zeigen keine Nachteile nach Netzimplantation [77], wenngleich zur Bestätigung dieser „Cut-off-Grenze“ allein monozentrisch erhobene Daten kein gesichertes Wissen im Rahmen dieses CME-Beitrags darstellen sollen.

Eine aktuell publizierte Metaanalyse analysiert die Literatur von 1995 bis 2016 (RCTs/Beobachtungsstudien) und stellt in Bezug auf Reoperationsraten und Komplikationen keine Unterschiede zwischen der Gruppe ohne Netz zu der Gruppe mit Netzimplantation fest. Dennoch zeigten sich bei dem wichtigen Outcomeparameter Rezidivrate signifikant weniger Rezidive in der Gruppe mit Netzverstärkung [78].

Tab. 1 Studien zum prothetischen Zwerchfellverschluss. (Aus Granderath [79])
Abb. 6
figure 6

3-D-Rekonstruktion des im Magnetresonanztomogramm sichtbaren Netzes zur Lage- und Verlaufskontrolle

Aktuelle Überlegungen zur hiatalen Netzverstärkung

Die Pathogenese hiataler Hernien ist wie auch bei den abdominalen Hernien multifaktoriell. Es wird zudem angenommen, dass ein abdominothorakales Druckgefälle die Hernienentstehung begünstigt. In der Diskussion um die Netzverstärkung der Bruchpforte bei hiatalen Hernien finden die in der abdominellen Hernienchirurgie formulierten Prinzipien der zirkulären und weit überlappenden Verstärkung mit großporigen, strukturstabilen und monofilen Netze noch keine Berücksichtigung [8, 63]. Wenn ab einer bestimmten Bruchpfortengröße die muskulär-bindegewebigen Strukturen nicht spannungsfrei adaptierbar sind, wird in der abdominellen Hernienchirurgie eine Netzverstärkung immer empfohlen. In internationalen Leitlinien wird dabei die Indikation zur Netzeinlage vorausgesetzt und die Beschaffenheit der Netze, Implantatüberlappung, Implantationsebene und der Zugangsweg diskutiert [4, 5, 6, 7, 8, 9, 63, 103]. Einigkeit besteht in der Tatsache, dass Nahtverfahren führen bei Leistenhernien, Nabelhernien, Narbenhernien und parastomalen Hernien von Ausnahmesituationen abgesehen zu einer hohen Rezidivrate. Die Literaturevidenz im Bereich der parastomalen Hernien ist bereits so stark, dass eine prophylaktische Netzeinlage bei endständiger Kolostomaanlage gefordert wird [104, 105]. Insofern sollten diese Erkenntnisse auch bei den Überlegungen im Bereich der hiatalen Hernienchirurgie berücksichtigt werden [22, 77, 106].

Hierzu sollten

  1. 1.

    die Grenze der Bruchgröße zur Netzindikation definiert werden,

  2. 2.

    eine standardisierte Augmentationstechnik beschrieben und

  3. 3.

    ein sicheres Implantat ausgewählt werden.

Eine intraoperative Flächenberechnung der Bruchpforte nach den Vorschlägen von Granderath et al. beschreibt eine potentiell besser vergleichbare Bruchpfortengröße (Abb. 7; [75, 76]).

Abb. 7
figure 7

Ausmessen der Bruchfortengröße. (Aus [25])

Mit einem im MRT sichtbaren Implantat können z. B. Langzeitverläufe dokumentiert werden. Vorläufige Ergebnisse einer monozentrischen Studie zeigen 2 Jahre postoperativ eine Rezidivrate von 6 % ohne bekannte netzassoziierte Komplikationen [107]. Diese Ergebnisse müssen durch multizentrische Studien noch validiert werden und stellen lediglich Überlegungen zu aktuellen Therapiestrategien dar.

Postoperatives Management und Nachbehandlung

Nach Hiatushernienrekonstruktion sollten ein starkes Würgen, Husten oder Erbrechen vermieden werden, um einen hohen intraadominellen Druck zu vermeiden [9]. Neben der medikamentösen Therapie ist daher auch das Legen einer Magenablaufsonde zu empfehlen [108]. Der Stellenwert einer routinemäßigen postoperativen Röntgenkontrastdarstellung ist umstritten und nur mit wenig Literatur belegt [64, 65]. Bei Implantation eines MRT-sichtbaren Netzes ist die MRT-Untersuchung eine probate Möglichkeit, von der postoperativen Lagekontrolle ausgehend auch Langzeitergebnisse zu erfassen [22, 107].

Fazit für die Praxis

  • Hiatushernien sollten in die Typen I–IV klassifiziert werden. Bei der Operationsindikation muss grundsätzlich zwischen der Hiatushernie mit gesicherter Refluxkrankheit und der Hiatushernie als eigene Entität unterschieden werden.

  • Symptomatische Typ-II/III-Hiatushernien als eigene Entität benötigen eine erweiterte Funktionsdiagnostik zum Ausschluss ösophagealer Motilitätsstörungen.

  • Die 360°-Manschette nach Nissen und die Teilmanschettenbildungen sind vergleichbar im postoperativen Ergebnis bez. Reoperations- und Komplikationsrate. Dysphagie ist häufiger mit der Vollmanschette assoziiert, persistierende Refluxsymptomatik häufiger mit Teilmanschette.

  • Rezidive werden durch Netzverstärkung bei hiatalen Rekonstruktion signifikant reduziert. Netzverstärkung wird bei hiatalen Hernien in Leitlinien derzeit nicht explizit empfohlen.

  • Der diagnostische Stellenwert postoperativer Röntgenuntersuchungen ist unklar. MRT-sichtbare Implantate erlauben eine Lagekontrolle spezieller, im MRT sichtbarer Netze.