FormalPara Infobox 1 Evidenzbasierte Prinzipien der perioperativen Antibiotikaprophylaxe (PAP) zur Reduktion postoperativer Wundinfektionen (5-Punkte-Plan der DGAV; [21])
  • Bildung eines Antimicrobial-Stewardship-Teams zur Überprüfung der Erreger- und Resistenzsituation und ggf. Anpassung der PAP-Standards (Tagungsintervall ca. 1-mal jährlich)

  • Gabe der PAP durch Anästhesie (Anästhesist bzw. andere designierte Person)

  • Gabe der PAP ca. 30–60 min vor Hautschnitt (Vancomycin 120 min)

  • Einmalgabe („single shot“) präferiert; ggf. zweite Gabe bei großem Blutverlust oder bei längerer Operationsdauer angepasst an der Halbwertszeit des eingesetzten Antibiotikums

  • Beendigung der PAP am Ende der Operation; keine postoperative Prophylaxe

Bakterielle Infektionen gehören zu den häufigsten Komplikationen viszeralchirugischer Eingriffe. Deren Prävention und Behandlung wird zunehmend durch die Verbreitung antibiotikaresistenter Bakterien erschwert. Dabei gewinnen aktuell zunehmend multiresistente gramnegative Bakterien (MRGN) an Bedeutung. Für die Behandlung von MRGN-Infektionen stehen teils nur noch sehr wenige Antibiotika zur Verfügung. Dem Management von Patienten, die mit MRGN kolonisiert bzw. infiziert sind, kommt daher eine herausragende Bedeutung in der Vermeidung postoperativer Morbidität und Mortalität zu.

Multiresistente Bakterien: Nomenklatur und Definition

Die Gruppe der MRGN umfasst insbesondere Stämme von Spezies aus der Gruppe der Enterobacteriaceae, Pseudomonas aeruginosa und Stämme des Acinetobacter baumannii-Komplexes.

Antibiotikaresistente gramnegative Bakterien werden oft anhand der resistenzvermittelnden Mechanismen, wie z. B. Enzyme aus der Gruppe der Breitspektrumbetalaktamasen (ESBL) klassifiziert. Da laufend neue Enzyme und Mechanismen hinzutreten, hat die KRINKO (Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des Robert-Koch-Instituts [RKI]) eine Definition auf Basis der phänotypisch beobachteten Resistenz gegen vier klinisch wichtige Antibiotikagruppen eingeführt (Tab. 1). Hierzu zählen Cephalosporine der Gruppe 3a oder 3b, (Cefotaxim, Ceftazidim), Acylureidopenicilline (Piperacillin), Fluorchinolone (Ciprofloxacin) und Carbapeneme (Imipenem, Meropenem). „3MRGN“ sind gegen Antibiotika aus drei dieser Klassen resistent, „4MRGN“ gegen alle vier.

Tab. 1 Definition von MRGN nach KRINKO [18, 20]

Epidemiologische Situation und Vorgaben für das Screening und Management von Patienten mit MRGN-Kolonisation

In den letzten Jahren hat sich die Resistenzlage bei gramnegativen Bakterien in verschiedenen europäischen Ländern, darunter auch in Deutschland drastisch verschärft. Während 3MRGN schon länger eine erhöhte Prävalenz zeigen, haben sich in Risikogruppen mittlerweile auch 4MRGN – mit aktuell noch niedriger Prävalenz – etabliert. Letztere Entwicklung beruht auf der zunehmenden Verbreitung von Carbapenemasen.

Die Prävalenz der Besiedelung mit 3MRGN und 4MRGN nimmt vor allem bei Personen mit vorangegangenem Kontakt zum Gesundheitssystem in Endemieregionen zu. Diese Erreger können ambulant erworbene und nosokomiale intraabdominelle Infektionen verursachen. Die KRINKO sieht daher ein Screening und die Isolierung von 4MRGN-Risikopatienten vor [19].

Wahrscheinlich besteht in der Bevölkerung ein großes Erregerreservoir in Personen, die mit multiresistenten gramnegativen Bakterien (v. a. 3MRGN) besiedelt sind [16], sodass solche Erreger zum einen vermehrt auch ambulant erworbene Infektionen verursachen und zum anderen vom besiedelten Patienten ins Krankenhaus importiert werden und dort postoperative Komplikationen hervorrufen. In einer aktuell in Deutschland durchgeführten Untersuchung waren durchschnittlich 9,5 % der Patienten bei Aufnahme in ein Krankenhaus mit ESBL-Bildnern kolonisiert [12].

In Baden-Württemberg werden in einem für alle 230 Krankenhäuser verpflichtenden Verfahren die MRE-Screeningdaten erfasst und halbjährlich widergespiegelt. Damit lassen sich das Screeningverhalten am eigenen Standort sowie eine derzeitige landesweite Zunahme der Nachweise von 4MRGN aufzeigen.

Mit dem Auftreten von Carbapenemasen – insbesondere bei Klebsiella pneumoniae – werden in Deutschland vermehrt auch 4MRGN-Enterobakterien in klinischen Zusammenhängen nachgewiesen [5, 13, 15]. Zudem wird auch bei Nonfermentern aus dem Acinetobacter-baumannii-Komplex der 4MRGN-Status (d. h. Carbapenem-Resistenz) mit zunehmender Häufigkeit beobachtet. Für die Therapie von Infektionen mit solchen Erregern stehen aktuell nur wenige Substanzen zur Verfügung und zwar Tigecyclin, Colistin und als Kombinationspartner eingeschränkt Fosfomycin. Vor kurzem wurde mit Ceftazidim-Avibactam ein Kombinationspräparat zugelassen [10], das gegen KPC-produzierende Klebsiella spp. wirksam ist.

Bei Infektionen mit 3MRGN und insbesondere 4MRGN ist von einer erhöhten Letalität gegenüber Infektionen mit sensiblen Stämmen derselben Spezies auszugehen [22, 28]. Dies liegt nicht an einer erhöhten Virulenz der Erreger, sondern an der Tatsache, dass bei Infektionen eine gegen diese resistenten Bakterien nicht wirksame empirische Initialtherapie gewählt wird. Zu den Patienten, die durch Infektionen mit 3MRGN und 4MRGN besonders gefährdet sind, gehören Patienten mit großen viszeralchirurgischen Eingriffen.

Die frühe Identifikation von Patienten insbesondere mit 4MRGN-Kolonisation kann die Versorgungsqualität bei elektiven viszeralchirurgischen Eingriffen erhöhen und die Ausbreitung solcher Erreger im Krankenhaus eindämmen. Dies setzt ein umfassendes, frühes Screening von Risikopatienten möglichst schon im Vorfeld einer stationären Aufnahme voraus. Wie am Beispiel der MRE-Screening-Initiative der Baden-Württembergischen Geschäftsstelle Qualitätssicherung im Krankenhaus (GeQiK) bereits für MRSA gezeigt werden konnte, ist ein landesweites MRE-Screeningprogramm mit Reporting und Benchmarking bei geeigneter Organisation mit hoher Akzeptanz effektiv durchführbar.Footnote 1 Die aktuelle Resistenz- und Infektionssituation ist allerdings für MRGN deutlich komplizierter als für MRSA. Empfehlungen der KRINKO, die behördlich-normativen Charakter haben, sehen für 4MRGN-Risikopatienten ein verpflichtendes Screening mit Isolierung bis zum Vorliegen der Resistenzergebnisse vor. Insbesondere die Vorgabe der Isolierung von MRGN-Hochrisikopatienten mit noch unbekanntem MRGN-Status kann zu hohen Belastungen in der stationären Versorgung führen.

Die vorliegende Arbeit hat das Ziel, die Rahmenbedingungen und Prozesse zu entwickeln, die ein möglichst frühzeitiges (bestenfalls prästationäres) Screening und ein effektives und sicheres Management betroffener Patienten im Krankenhaus gewährleisten. Die stationäre Versorgung von Patienten, die mit 3/4MRGN kolonisiert sind, bedarf eines strukturierten Managements mit zwei Zielen:

  1. 1.

    die Prävention von Infektionen mit MRGN beim kolonisierten Patienten selbst und

  2. 2.

    die Prävention der Übertragung dieser Erreger auf andere Patienten.

Durchführung und Nutzen des Screenings

Die Auswahl der Patienten für das MRGN-Screening erfolgt nach geographischem und/oder kontaktbedingtem Expositionsrisiko. Für Patienten mit elektiven viszeralchirurgischen Operationen ist frühes Screening im Vorfeld der stationären Aufnahme sinnvoll und zwar ca. 1 Woche vor der geplanten Operation; da die Ergebnisse des Screenings in der Regel erst nach ca. 72 h vorliegen. Ein Nutzen der Identifikation von MRGN-Trägern besteht:

  • in der Prävention einer postoperativen Wundinfektion durch eine angepasste perioperative Antibiotikaprophylaxe,

  • in der initial adäquaten Antibiotikatherapie im Fall einer postoperativen Infektion,

  • in der Verhinderung einer Übertragung von MRGN innerhalb des Krankenhauses durch adäquate Hygienemaßnahmen.

Für den möglichst sensitiven MRGN-Nachweis ist eine quantitativ ausreichende Beprobung von Analregion (ggf. auch Stuhl) und Leistengegend ausschlaggebend. Dennoch ist der negative prädiktive Wert des kulturellen Nachweises begrenzt. Da Ergebnisse erst nach mehreren Tagen verfügbar sind, müssen Risikopatienten bei noch unbekanntem Status vorsorglich isoliert werden, wenn sie sich bereits in stationärer Behandlung befinden.

Auswahl der Patienten für das MRGN-Screening

Laut KRINKO [19, 20] sollen außerhalb von Ausbruchssituationen folgende Risikopatienten auf 4MRGN (Enterobakterien, Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter-baumannii-Komplex) gescreent und bis zum Vorliegen der Ergebnisse isoliert werden:

  • Patienten mit Kontakt (in den letzten 12 Monaten) zum Gesundheitssystem in Ländern mit endemischem Auftreten von 4MRGN,

  • Patienten mit Kontakt zu anderen Personen, bei denen eine Besiedelung mit 4MRGN nachgewiesen wurde (z. B. Pflege im selben Zimmer),

  • Patienten mit einem stationären Krankenhausaufenthalt (>3 Tage) in den zurückliegenden 12 Monaten in einer Region Deutschlands mit erhöhter 4MRGN-Prävalenz oder entsprechenden Ausbrüchen, [25]

  • Patienten, bei denen vorgenannte Risikofaktoren vermutet werden, aber aktuell nicht sicher zu eruieren sind.

Bei der Umsetzung dieser Empfehlungen ist zu bedenken, dass alle KRINKO-Vorgaben zum MRGN-Screening bisher lediglich auf Evidenz der Klasse II beruhen. d. h. auf hinweisenden Studien/Untersuchungen, und strengen, plausiblen und nachvollziehbaren theoretischen Ableitungen. Informationen zu Ländern und Regionen mit relevanter 4MRGN-Prävalenz oder Ausbrüchen solcher Erreger sind jeweils aktuell über das RKI oder die Berichte des European Centre for Disease Control and Prevention (ECDC) zu beziehen.

Eine Ausweitung eines präoperativen (prästationären) Screenings auf alle Patienten mit geplanten intraabdominellen Eingriffen bzw. Operationen mit Eröffnung des Magen-Darm-Traktes (unabhängig vom individuellen MRGN-Risikostatus) ist in Abhängigkeit von der lokalen MRGN-Prävalenz zu erwägen.

Nutzen des Screenings

Außerhalb von Epidemie‑/Ausbruchssituationen ist das MRGN-Screening primär von Wert für den einzelnen Patienten (s. oben). In ausgewählten Einzelfällen sollte die perioperative Antibiotikaprophylaxe an den nachgewiesenen MRGN angepasst werden (Tab. 2). Die Etablierung eines MRGN-Screenings ist für das Krankenhaus auch zur Sicherung der Versorgungsqualität und aus forensischen Gründen von Belang. Nicht zuletzt kann das Screening von MRGN-Risikopatienten dazu beitragen, Kosten zu reduzieren, die gegebenenfalls durch das Management von Erkrankungsfällen mit schweren Verläufen bzw. durch MRGN-Ausbrüche entstehen.

Tab. 2 Vorschlag zur Anpassung der perioperativen Antibiotikaprophylaxe bei MRGN-kolonisierten Patienten

Probengewinnung für das Screening

Da MRGN in der komplexen Mikrobiota des Darms ohne aktuellen Antibiotikaselektionsdruck gering repräsentiert sind, hängt die Sensitivität des MGRN-Nachweises vom Umfang der Probenentnahme ab. Praktikabel erscheinen rektale Abstriche plus Wischproben von größeren Hautarealen unter Einbeziehung der Leiste. Zur Erhöhung der Sensitivität können zusätzlich Stuhlproben untersucht werden. Eine gesteigerte Sensitivität wird mit größeren Probenmengen, größeren erfassten Hautflächen und bei Verwendung von Schwämmen für die Hautbeprobung erreicht. Das RKI empfiehlt zusätzlich Urinproben, wobei die Nachweisrate von MRGN und damit der negative prädiktive Wert in diesem Material vermutlich gering ist. Für den sicheren Nachweis einer Acinetobacter-Kolonisation können zusätzlich Schleimhautabstriche notwendig sein.

Nachweis von MRGN

Die Detektion von MRGN erfolgt durch Kultur auf selektiven Medien, die allerdings eine beschränkte Sensitivität aufweisen. Molekularbiologische Methoden zum primären Nachweis sind bisher nicht etabliert, nicht ausreichend standardisiert und für den Routineeinsatz zurzeit noch zu kostenintensiv. Eine Bestätigung des MRGN-Nachweises erfolgt kulturbasiert oder auch molekularbiologisch. Wie oben erwähnt ist die Sensitivität von MRGN-Nachweisen wegen des komplexen Bakteriengemisches der Darmflora begrenzt. Daher ist auch der negative prädiktive Wert negativer Screeningergebnisse limitiert.

Das Intervall zwischen Anlage der Primärkultur und Mitteilung des Ergebnisses beträgt ca. 72–96 h. Dies spricht bei Patienten mit planbaren elektiven Eingriffen für eine prästationäre Screeninguntersuchung mit Probenentnahme eine Woche bis maximal 2 bis 3 Wochen vor der stationären Aufnahme. Bei diesem praktikablen Zeitvorlauf erscheint die interkurrierende Akquisition eines kolonisierenden MRGN unwahrscheinlich.

Erfolgt das Screening erst bei Aufnahme, entsteht ggf. eine zeitliche Lücke mit Bedarf einer vorsorglichen Isolierung von 4MRGN-Risikopatienten mit noch unbekanntem Kolonisationsstatus.

Spezifische Probleme bereitet die Tatsache, dass MRGN vor dem Hintergrund der allgemeinen Darmflora ohne vorangegangenen Antibiotikaselektionsdruck kaum nachweisbar sind. Carbapenemase-Bildner sind zudem phänotypisch oft Carbapenem-sensibel. Da Carbapenem-Resistenzen durch multiple Mechanismen verursacht werden, gibt es kein optimales Kulturmedium für Carbapenemase-Bildner (OXA-48-Lücke).

Prävention der Übertragung: Hygiene und Isolierung

Die zentralen Pfeiler in der Prävention der Übertragung von MRGN sind Hygiene und Isolierung. Der Basishygiene kommt hier eine Schlüsselfunktion zu, da sie bei begrenztem Aufwand hocheffektiv ist und auch über die MRGN-Eindämmung hinaus einen Nutzen für die allgemeine Infektionsprävention hat.

Für Maßnahmen zur Prävention der Übertragung von MRGN, die über Basishygiene und „antibiotic stewardship“ hinausgehen, gibt es derzeit keine Evidenzbasis. Das gleiche gilt für eine Differenzierung der Maßnahmen nach 3MRGN und 4MRGN.

Das RKI unterscheidet in seinen Leitlinien dennoch Maßnahmen für 3MRGN vs. 4MRGN und unterscheidet auch zwischen Normalbereichen und Risikobereichen. Es definiert als Risikobereiche Intensivstationen, Neonatologie und Hämatoonkologie. Dabei bleiben einige gefährdete Patientengruppen unberücksichtigt, u. a. Transplantationspatienten und Patienten mit Operationen am Magen-Darm-Trakt. Die Definition der Risikobereiche ist daher unscharf und muss an die jeweiligen Gegebenheiten des Krankenhauses angepasst werden. Im klinischen Alltag sind einige der komplexen Vorgaben des RKI schwer umsetzbar und daher gegebenenfalls anfällig für geringe Compliance.

Basishygiene

Die World Health Organization (WHO) betont in ihren Leitlinien die dominierende Rolle der Handhygiene, deren suffiziente Implementation nicht oft genug angemahnt werden kann. Die Empfehlungen des RKI zur Basishygiene können als allgemeine Vorgabe übernommen werden. Generell werden beim Kontakt zu MRGN-Trägern Handschuhe und langärmelige Schutzkittel empfohlen.

Diese Vorgaben müssen jedoch weiter spezifiziert werden. Zum Beispiel sind über die RKI-Empfehlungen hinaus der Wechsel der Handschuhe mit Händedesinfektion zwischen unreinen und reinen Arbeiten am Patienten sowie die Händedesinfektion nach Ausziehen der Handschuhe zu implementieren.

Für die Prävention der Übertragung multiresistenter Stämme von Pseudonomas aeruginosa und Acinetobacter spp. ist wegen der Umweltstabilität dieser Erreger die Umgebungsdesinfektion von besonderer Bedeutung.

Isolierung von Patienten

Vorgaben zur Isolierung MRGN-besiedelter Patienten müssen sich zu Erhöhung der Akzeptanz nicht nur an Leitlinien und vorhandener Evidenz, sondern auch an der Praktikabilität im jeweiligen lokalen Setting orientieren. Die Möglichkeit der Adaptation an die Verhältnisse der jeweiligen Klinik bzw. Behandlungseinheit ist vorzusehen. In erster Näherung erscheint folgendes Prozedere zielführend und praktikabel:

  • Patienten mit 4MRGN-Besiedelung sollten nach Möglichkeit einzelisoliert werden. Falls dies nicht möglich ist, kommt die Kohortenisolation in Betracht. Patienten mit vorangegangenem Kontakt mit dem Gesundheitssystem in 4MRGN-Risikogebieten sollten ebenfalls bis zum Ausschluss der Besiedelung einzelisoliert werden. Dabei ist zu beachten, dass die Einzelisolierung den Patienten dem Risiko einer Unterversorgung aussetzen kann.

  • Patienten mit Nachweis von 3MRGN (insbesondere Klebsiella spp.) sollten in Risikobereichen entweder einzelisoliert oder in Kohorten mit gleichem Erreger isoliert werden. Bei Mangel an Einzelunterbringungsmöglichkeiten kann hilfsweise eine Bettplatzisolierung durchgeführt werden. Auf Normalstationen ist keine Isolierung vorzusehen.

  • Eventuell kann wegen der hohen Prävalenz in der Bevölkerung und des vergleichsweise geringeren Übertragungsrisikos auf eine Isolierung von Patienten mit Besiedelung durch 3MRGN E. coli verzichtet werden, gleiches gilt für 3MRGN Enterobacter ssp.- und andere Enterobakterien (vor allem Serratia spp, Citrobacter spp und Morganella morganii spp.).

Alle Isolierungsmaßnahmen sind auf die lokale Prävalenz und die Umsetzbarkeit im Rahmen der personellen und räumlichen Möglichkeiten anzupassen.

Zur Erhöhung der Compliance mit den empfohlenen Maßnahmen können Alarmautomatismen für resistente Erreger in computerbasierten Patientenmanagementsystemen beitragen. Sie steigern die Aufmerksamkeit für die Einhaltung der Hygiene und Isolierung bei MRE-Patienten.

Perioperative Antibiotikaprophylaxe

Dass eine perioperative Antibiotikaprophylaxe (PAP) bei viszeralchirurgischen Operationen grundsätzlich sinnvoll ist, bestätigt eine aktuelle Cochrane-Metaanalyse von 260 Studien mit insgesamt 43.000 Patienten. Diese Auswertung ergab für die PAP (mit Wirksamkeit gegenüber aeroben und anaeroben Erregern ohne Berücksichtigung von MRGN) bei kolorektalen Eingriffen eine Reduktion der Wundinfektionsrate von 39 % auf 13 % [24], obwohl aseptische Bedingungen für Operationen mit Eröffnung des Darmtraktes kaum zu erreichen sind. Analog liegen für MRSA-kolonisierte Patienten Studiendaten vor, die einen Nutzen des Einsatzes von MRSA-wirksamen Substanzen zur PAP nahelegen [4, 11, 27].

Für MRGN ist die diesbezügliche Datenlage bisher spärlich. Bei Prophylaxe mit Ertapenem (vs. Cefotetan) wurde in einer prospektiven Studie zwar eine Reduktion der Infektionsrate erreicht, allerdings auf Kosten einer erhöhten Rate von Infektionen mit C. difficile [14]. Über Effekte der Einzeldosis-PAP mit MRGN-wirksamen Substanzen auf die Infektions- und Resistenzraten liegen begrenzte Daten vor [17]. Die Anpassung der PAP bei 3MRGN-kolonisierten Patienten führte zu einer signifikanten Reduktion der postoperativen Wundinfektionsrate im Vergleich zu Kollektiven, bei denen die Standardprophylaxe gegeben wurde. Aus den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF; [2]), ECDC [9] und American Society of Health-System Pharmacists (ASHP; [1]) lassen sich keine klaren Empfehlungen zur Anpassung der PAP bei MRGN-kolonisierten Patienten oder MRGN-Hochrisikopatienten ableiten.

Die PAP soll als Einzeldosis ca. 30–60 min vor Operationsbeginn (Hautschnitt) appliziert werden. Weitere intraoperative Gaben können bei langer Operationsdauer und hohem Blutverlust in Abhängigkeit von der Halbwertszeit des verwendeten Antibiotikums in Betracht kommen. Postoperative Gaben sind kontraindiziert und unbedingt zu vermeiden. Sie erbringen keinen Nutzen für den Patienten, erhöhen aufgrund der Selektionswirkung das Risiko für Infektionen mit multiresistenten Erregern [23] und können auf Dauer zur Verschärfung der Resistenzsituation im jeweiligen Krankenhaus beitragen. Bezüglich der Beachtung der Modalitäten der PAP wird von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) die Befolgung des 5‑Punkte-Plans nachhaltig unterstützt (Infobox 1; [6]).

Laut aktueller Leitlinien sollten MRGN-Risikopatienten mikrobiologisch überwacht werden. Eine eventuelle Kolonisation (AHSP), die Art und Resistenzmuster des Isolates (ASHP) bzw. die Resistenzsituation des Krankenhauses (AWMF), die Art der Operation (Nähe zum Erregerreservoir, Invasivität des Eingriffs; ASHP) und Patientenfaktoren (Schwere des Krankheitsbildes, Grunderkrankung; ECDC) sollten bei der Auswahl des zur Prophylaxe eingesetzten Antibiotikums beachtet werden. Anhaltspunkte zur Substanzwahl können (allerdings nur bei bekannten minimalen Hemmkonzentrationen des kolonisierenden MRGN) aus einem von Zavascki et al. publizierten Therapieschema abgeleitet werden [32].

Über den Einsatz von MRGN-wirksamen Substanzen zur PAP sollte unbedingt restriktiv und jeweils für den individuellen Einzelfall nach Bewertung der Risikofaktoren entschieden werden. Generelle Vorgaben zur Anpassung der PAP bei MRGN-Besiedelung des einzelnen Patienten bzw. bei hoher MRGN-Prävalenz im jeweiligen Krankenhaus sind derzeit nicht evidenzbasiert formulierbar. In der Autorengruppe konsentierte Empfehlungen finden sich in Tab. 2.

Therapie intraabdomineller Infektionen bei erwachsenen Patienten mit Risiko oder Nachweis einer 3/4MRGN-Kolonisation

Ein Risiko für die Beteiligung von MRGN bei intraabdominellen Infektionen besteht vor allem bei sekundären (und tertiären) Peritonitiden [29]. Die Auswahl der Antibiotikatherapie richtet sich hier nach dem Risiko für eine MRGN-Beteiligung und dem Schweregrad der Erkrankung [8]. Für die ambulant erworbene sekundäre Peritonitis bei Patienten ohne Risikofaktoren für eine MRGN-Beteiligung besteht keine Evidenz, die den Einsatz ESBL-wirksamer Antibiotika stützt. Bei Patienten mit den Risikofaktoren

  • Antibiotikavortherapie

  • bekannte MRGN-Kolonisation aktuell oder in der Anamnese

  • vorangegangener (Krankenhaus‑)Aufenthalt in Regionen mit erhöhter MRGN-Rate

  • postoperative, posttraumatische oder tertiäre Peritonitis in der Anamnese

sollte zur Therapie bereits initial eine ESBL(3MRGN)-wirksame Substanz eingesetzt werden (Tab. 3; [8]).

Tab. 3 Empfehlung zur Antibiotikatherapie von sekundärer und tertiärer Peritonitis mit MRGN-Erregernachweis

Bei nosokomialer sekundärer (postoperativ, posttraumatisch) oder auch tertiärer Peritonitis (Risikoniveau einer ESBL-Beteiligung von über 15 %) ist eine ESBL-wirksame Initialtherapie sinnvoll. Das gleiche gilt bei vorliegendem Nachweis solcher Erreger als kolonisierende oder infizierende Erreger.

Bei vital bedrohten Patienten mit hämodynamischer Instabilität (schwere Sepsis, septischer Schock) ist die primäre Gabe einer ESBL-wirksamen Substanz unabhängig vom individuellen Risiko für eine MRGN-Beteiligung angezeigt. Bei der Verabreichung der ersten Dosis sollten etwaige zur Kompensation einer Niereninsuffizienz vorgesehene Dosisreduktionen unterbleiben. Das bei Sepsispatienten vergrößerte Verteilungsvolumen sollte bei der Dosierung berücksichtigt werden. Wenn sinnvoll durchführbar, kann die Dosierung mittels Plasmaspiegelmonitoring adjustiert werden.

Geeignete 3MRGN-wirksame Antibiotika sind Tigecyclin (Empfehlungs‑/Evidenzgrad A–II), Meropenem (B–I), Ertapenem (A–III) oder Imipenem (A–III). Alternativ kommen Ceftolozan-Tazobactam (+Metronidazol; B–I) oder Ceftazidim/Avibactam (+Metronidazol; B–I) in Betracht [7]. Carbapeneme mit Pseudomonasaktivität (Meropenem, Imipenem) sollten im Sinne eines Carbapenem-Stewardship möglichst für andere Indikation geschont werden (z. B. beatmungsassoziierte Pneumonie). Für Infektionen durch 4MRGN-Acinetobacter und 4MRGN-Enterobakterien (z. B. KPC-bildende Stämme) stehen Tigecyclin, Colistin und – nur für die 4MRGN-Enterobakterien – Ceftazidim-Avibactam (+Metronidazol) zur Verfügung. Bei KPC-bildenden Stämmen ist eine Kombinationstherapie aus Meropenem, Tigecyclin und Colistin mit einer niedrigeren Sterblichkeitsrate assoziiert als eine Monotherapie, solange die Meropenem-MHK (minimale Hemmkonzentration) unter 16 mg/l liegt [3, 30, 31].

Dem Prinzip der „antibiotic diversity“ folgend, sollte nach Möglichkeit nicht bei allen Patienten auf einer Station die gleiche Substanzklasse zum Einsatz kommen, um den Selektionsdruck insbesondere auf Carbapeneme mit Aktivität gegen Pseudomonas-Stämme zu begrenzen (s. Infobox 2). Die Therapie sollte so früh wie möglich begonnen werden. Die Behandlungsdauer sollte bei ambulant erworbenen intraabdominellen Infektionen hämodynamisch stabiler Patienten 4 bis 5 Tage [26], in schweren Fällen 7 bis 10 Tage betragen. Die Therapiedauer kann sich am Procalcitonin(PCT)-Spiegel orientieren. Einen Überblick über den Behandlungspfad bei Patienten mit Nachweis von MRGN gibt Tab. 4.

Tab. 4 Behandlungspfad bei Patienten mit Kolonisation oder Infektion mit multiresistenten gramnegativen Erregern (MRGN) in der Viszeralchirurgie

Infobox 2 Auf einen Blick

Situation und Vorgaben

  • Die Prävalenz der Besiedelung mit 3MRGN und 4MRGN nimmt vor allem bei Personen mit vorherigem Kontakt zum Gesundheitssystem in Endemieregionen zu. Diese Erreger können ambulant erworbene und nosokomiale intraabdominelle Infektionen verursachen. Die KRINKO sieht ein verpflichtendes Screening und die Isolierung von 4MRGN-Risikopatienten vor.

Screening

  • Die Auswahl der Patienten für das MRGN-Screening erfolgt nach geographischem und/oder kontaktbedingtem Expositionsrisiko. Für Patienten mit elektiven viszeralchirurgischen Operationen ist frühes Screening im Vorfeld der stationären Aufnahme sinnvoll. Ein Benefit der Identifikation von MRGN-Trägern besteht vor allem für den betroffenen Patienten selbst im Fall einer postoperativen Infektion. Die Übertragung von MRGN ist bei adäquater Basishygiene bedingt von Belang, vor allem für Klebsiella spp. und Nonfermenter. Für den möglichst sensitiven MRGN-Nachweis ist eine quantitativ ausreichende Beprobung von Analregion und Leistengegend (ggf. auch Stuhl) auschlaggebend. Dennoch ist der negative prädiktive Wert des kulturellen Nachweises begrenzt. Da Ergebnisse erst nach mehreren Tagen verfügbar sind, müssen Risikopatienten bei noch unbekanntem Status prophylaktisch isoliert werden.

Hygiene

  • Die strikte Implementation von möglichst einfachen standardisierten Regeln der Basishygiene ist der wichtigste und als einziger evidenzbasierte Pfeiler der Übertragungsprävention gegen MRGN. Eine Einzelisolierung ist generell für Patienten mit 4MRGN angezeigt. Patienten mit 3MRGN, insbesondere K. pneumoniae, sollten in Risikobereichen nach Möglichkeit isoliert werden. Die Definition der Risikobereiche ist teilweise unscharf, Intensivstationen zählen aber definitiv dazu. Isolierungsmaßnahmen sind der lokalen epidemiologischen sowie räumlichen und personellen Situation anzupassen.

Perioperative Prophylaxe

  • Eine PAP ist als Einzeldosis idealerweise 20–60 min vor Schnitt zu applizieren. Postoperative Gaben sind kontraindiziert. Die Verwendung von MRGN-wirksamen Substanzen bei Patienten mit MRGN-Kolonisation ist, wenngleich bisher nicht evidenzbasiert, sinnvoll, sollte aber restriktiv gehandhabt werden.

Antibiotikatherapie

  • Zur Therapie der sekundären/tertiären Peritonitis mit erhöhtem Risiko einer MRGN-Beteiligung und generell bei hämodynamisch instabilen Patienten sollten primär ESBL-wirksame Substanzen (Tigecyclin, Carbapenem, evtl. auch Ceftolozan-Tazobactam oder Ceftazidim-Avibactam) zum Einsatz kommen. Bei der ambulant erworbenen sekundären Peritonitis ohne Risikofaktoren für eine MRGN-Beteiligung besteht keine Evidenz für den Einsatz ESBL-wirksamer Substanzen. Ceftazidim-Avibactam ist eine potenzielle neue Therapieoption auch bei ausgewählten Infektionen mit 4MRGN.

Fazit für die Praxis

  • Die zunehmende Prävalenz der MRGN-Besiedelung vor allem bei Personen mit Kontakt zum Gesundheitssystem in Endemieregionen erfordert ein strukturiertes Risikomanagement in der Viszeralchirurgie.

  • MRGN-Screening und Isolierung von Patienten mit geographischem oder kontaktbedingtem Expositionsrisiko für die Kolonisation mit 4MRGN (Carbapenemase-Bildnern). Rechtzeitiges sensitives Screening für Patienten mit elektiven viszeralen Eingriffen vor stationärer Aufnahme.

  • Strikte Basishygiene ist essenziell zur Übertragungsprävention.

  • Einzelisolierung für Patienten mit 4MRGN, in Risikobereichen auch für Patienten mit 3MRGN; Risikopatienten mit unbekanntem Status präemptiv isolieren.

  • Perioperative Antibiotikaprophylaxe als Einzeldosis, bei MRGN-Kolonisation ggf. mit MRGN-wirksamen Substanzen.

  • Therapie der sekundären/tertiären Peritonitis mit Risiko der MRGN-Beteiligung und bei hämodynamisch instabilen Patienten primär mit ESBL-wirksamen Antibiotika: Tigecyclin, Carbapeneme, Ceftolozan-Tazobactam, Ceftazidim-Avibactam, letzteres auch als neue Therapieoption bei Infektionen mit Carbapenemase-bildenden Enterobakterien.