Technische Fertigkeiten sind ein fundamentaler Bestandteil chirurgischer Kompetenz. Der stetige Fortschritt im therapeutischen Bereich mit Einführung neuer Technologien, die Änderungen des Berufsumfeldes des Chirurgen, die zunehmend knapper werdenden personellen, ökonomischen und zeitlichen Ressourcen sowie die Erwartungen der Öffentlichkeit an die Ausbildungsqualität definieren die Anforderungen an die chirurgische Weiterbildung und die Vermittlung technischer Fertigkeiten neu [1, 2, 3, 4]. Diese Entwicklung erschwert die traditionelle Vermittlung chirurgischer Fertigkeiten am Arbeitsplatz („on-the-job teaching“) im Rahmen einer Schüler-Lehrer-Beziehung und so wächst die Gefahr eines „see one – do one – teach one“. Als Reaktion darauf konnte man national und international eine Verschiebung der Vermittlung von technischen Fertigkeiten aus den Operationssälen hin zu Trainingslaboren außerhalb der Kliniken beobachten [5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13].

Mit der Einführung des AO (Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthese) -Postgraduiertenkurses für Orthopädie 1978 in Davos wurde der Prototyp für praktische Trainingskurse in chirurgischen Disziplinen, sogenannte Hands-on-Kurse, auf dem europäischen Festland geschaffen. Unter der Führung von Professor Martin Allgöwer wurde nach Gründung der Arbeitsgemeinschaft für Gastrointestinale Chirurgie (AGC) nach diesem Vorbild der erste Kurs für gastrointestinale Chirurgie 1984 angeboten. Das Prinzip der Vermittlung einer sicheren, standardisierten Naht- und Anastomosentechnik, der sogenannten Davos-Technik, erfreute sich einer zunehmenden Akzeptanz und Beliebtheit bei Experten und Chirurgen in Weiterbildung und induzierte die Entwicklung weiterer Kurse.

Mit Gründung der Fakultät „Viszeralchirurgie Warnemünde“ wurde ein bundesdeutscher praktischer Kurs für Viszeralchirurgie konzipiert, der 1999 in Rostock-Warnemünde an der Ostsee erstmalig unter der Patenschaft der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCh), der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) und des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen (BDC) ausgerichtet wurde. Der deutschsprachige Kurs hat die Vermittlung von chirurgischen Grundprinzipien, Naht- und Resektionstechniken in der offenen und laparoskopischen Viszeralchirurgie sowie von Basisübungen der Gefäß- und Thoraxchirurgie zum Ziel und richtet sich an Chirurginnen und Chirurgen in der Weiterbildung für Allgemein- und Viszeralchirurgie. Im Laufe der Jahre wurden um das Konzept der einfachen, standardisierten Naht- und Anastomosentechnik herum neue Trainingsmodelle entwickelt, neue Technologien eingeführt und das einwöchige Kursprogramm erweitert, einschließlich offener und laparoskopischer Operationen am Schweinemodell.

Nach mittlerweile 10 erfolgreich durchgeführten Kursen sahen wir die Notwendigkeit einer Bestandsaufnahme, welche die Frage nach der Bedeutung und Nutzen eines standardisierten Trainingslabors für die Weiterbildung zum Allgemein- und Viszeralchirurgen reflektieren sollte.

Methoden

Der „Praktische Kurs für Viszeralchirurgie“ wird seit 1999 einmal jährlich durch die Fakultät Viszeralchirurgie Warnemünde und einer in ihrer Zusammensetzung jährlich wechselnden Gastfakultät mit Unterstützung von Sponsoren in Rostock-Warnemünde ausgerichtet (Tab. 1). Die Zielgruppe sind Chirurgen in der gesamten Weiterbildung zum Allgemein- und Viszeralchirurgen. Allerdings wird der Kurs auch gerne von Unfall-, Gefäß-, Kinder- und Thoraxchirurgen besucht, die Techniken in der gastrointestinalen Chirurgie erlernen wollen. Die Teilnehmer werden entsprechend ihrer Erfahrung in drei Gruppen eingeteilt:

  • In der Gruppe A werden Teilnehmer zusammengefasst, die im 1. bis 2. Jahr ihrer chirurgischen Weiterbildung sind und keine laparoskopische Erfahrung haben bzw. weniger als 5 laparoskopische Cholezystektomien als Operateur durchgeführt haben.

  • Teilnehmer der Gruppe B sind im 3. bis 5. Jahr der chirurgischen Weiterbildung und haben Erfahrungen in laparoskopischer Chirurgie (Cholezystektomie, Appendektomie, Fundoplikatio).

  • In die Gruppe C werden schließlich Teilnehmer eingeteilt, die mindestens im 6. Jahr ihrer Weiterbildung sind mit fortgeschrittenerer Erfahrung in laparoskopischer Chirurgie (>20 Cholezystektomien, >20 Appendektomien oder >20 Fundoplikationen).

Tab. 1 Zusammensetzung der Fakultät und Gastfakultät Viszeralchirurgie Warnemünde

An 7 Tagen wird am Vor- und Nachmittag in 2 Blöcken täglich mindestens 7 h unterrichtet. Zu Beginn eines jeden Blocks werden in Vorträgen die aktuellen Behandlungskonzepte und operativen Strategien dargestellt. Im Anschluss daran werden im Übungsraum Naht- und Anastomosentechniken und die Anwendung von Instrumenten und Klammernahtgeräten an Übungsmodellen und Präparaten über 4–5 h pro Tag vermittelt. Als Präparate dienen Frischpräparate vom Schlachthof sowie speziell konservierte Präparate von Schweinedärmen (Baldomero Medical GmbH, Switzerland).

Die Kurskapazität umfasst 108 Kursteilnehmer, die an 18 Tischen von einem erfahrenen Tutor (Facharzt-/Oberarztstatus) während der gesamten Kurszeit unterrichtet werden. Für die laparoskopischen Übungen werden die Tische auf 36 Arbeitsplätze unterteilt mit je 3 Teilnehmern pro Arbeitsplatz.

Die Teilnehmer sitzen sich bei den konventionellen Übungen gegenüber und können so im Team zu zweit Übungen durchführen und sich gegenseitig assistieren. Der Tutor überwacht die Durchführung der Übungen, gibt Verbesserungsvorschläge und führt gegebenenfalls Korrekturen durch.

Die Übungen umfassen Basisprinzipien wie Instrumentenhandhabung, Naht- und Knotentechniken, aber auch konventionelle und laparoskopische Resektions- und Anastomosentechniken. Die Teilnehmer sehen vor Beginn jeder Übung einen Videofilm, welcher die praktische Durchführung vorgibt. Dieser Film wird von einem Mitglied der Fakultät kommentiert und erläutert. Dabei werden Tipps und Tricks verraten. Am ersten Tag werden konventionelle Knoten- und Nahttechniken an Modellen und Tierpräparaten vermittelt. Es wird eine standardisierte, einfache Naht- und Knüpftechnik gezeigt, die im weiteren Kursverlauf permanent wiederholt und in die weiteren Übungen integriert wird. Durch die ständige Kontrolle der Technik durch die Tutoren und Fakultätsmitglieder während des gesamten Kurses und die ständige Wiederholung einer standardisierten Technik über eine ganze Woche wird eine hohe Retentionsrate angestrebt und erreicht. In den folgenden Tagen der ersten Kurshälfte werden konventionelle Präparations-, Resektions- und Anastomosentechniken durchgeführt (Dünndarm-Kolon-Anastomose, Gastroenterostomie, BI-/BII-Resektion/Fundoplikatio, Rektumresektion, Hepatikopankreatikojejunostomie, Ösophagojejunostomie, Gefäßnähte, Patch-Plastiken in der Gefäßchirurgie, Lungennähte und Metastasenresektion der Lunge). Der erste, konventionelle Kursteil endet mit Übungen an frischen Schlachthofpräparaten (Geschlinge, bestehend aus Ösophagus, Trachea, Lunge, Zwerchfell, Magen, Leber und Duodenum), die eine naturgetreue und schichtgerechte Präparation ermöglichen.

In der zweiten Kurshälfte werden laparoskopische Knüpf- und Nahttechniken sowie Präparations-, Resektions- und Anastomosentechniken an konservierten und frischen Tierpräparaten vermittelt (Cholezystektomie, Fundoplikatio, laparoskopische Nahtübungen, Enteroenterostomie; Tab. 2). Begonnen wird auch hier mit Basisübungen zur Handhabung von laparoskopischen Instrumenten und zur Kameraführung, um zunächst den Umgang mit der zweidimensionalen Sichtweise zu trainieren. Mit zunehmender Kursdauer werden die Übungsintensität und der Schwierigkeitsgrad gesteigert. Die laparoskopischen Übungen werden analog zu den konventionellen Übungen nach Videoanleitung unter direkter Kontrolle des Tischtutors durchgeführt. Um die Übungen hier in einer kleinen Gruppe zu ermöglichen, werden die konventionellen Arbeitsplätze auf 2 Arbeitsplätze zu je 3 Teilnehmern aufgeteilt. Jeder dieser Untergruppen hat einen eigenen vollständig ausgerüsteten laparoskopischen Arbeitsplatz zur Verfügung.

Tab. 2 „Praktischer Kurs für Viszeralchirurgie Warnemünde“: Kursprogramm 2008

Sowohl bei dem konventionellen als auch beim laparoskopischen Kursteil werden eigens entwickelte Modelle eingesetzt, welche die OP-Situation realitätsnaher abbilden sollen und zu einem erhöhten Schwierigkeitsgrad führen. Diese Modelle stellen beispielsweise den Hiatus oesophagei nach oder unterstützen Übungen für laparoskopische Nähte unter Spannung. Seit 2005 wurde ein multimodulares Kunststoffmodell der menschlichen Bauchhöhle eingesetzt (Berliner OP-Trainer, BOPT), welches die Ausführung aller gängigen konventionellen und laparoskopischen viszeralchirurgischen Naht- und Anastomosentechniken in einer realistischen Trainingssituation ermöglicht.

Um das in den Kursräumen an Ex-vivo-Präparaten erlernte Wissen auf die In-vivo-Situation umsetzen zu können, werden für fortgeschrittene Teilnehmer Übungen an intubierten Schweinen durchgeführt. Diese finden im Tier-Labor der Klinik für Experimentelle Chirurgie der Universitätsklinik Rostock statt. Dort erfolgen unter Anleitung von erfahrenen Chef- und Oberärzten laparoskopische Kolonresektionen und konventionelle Gastrektomien sowie Leberresektionen. Hierdurch kann das am Präparat erworbene Wissen in die Praxis umgesetzt werden, und es besteht die Chance, neue technische Geräte einzusetzen und den Umgang damit zu erlernen.

Flankierend werden in mehreren Abendveranstaltungen, berufspolitische und rechtliche Fragen (Fort- und Weiterbildung, chirurgische Standesfragen und Haftpflichtfälle) mit den Teilnehmern, den Tutoren, den Fakultätsmitgliedern und den Präsidenten der chirurgischen Fachgesellschaften diskutiert.

Alle Teilnehmer von 1999 bis 2008 erhielten direkt im Anschluss an den Kurs einen standardisierten Ad-hoc-Fragebogen. Neben Charakteristika der Studienteilnehmer wie Alter, Geschlecht, Stand der Weiterbildung, operative Erfahrung und Arbeitgeber wurde durch den Fragebogen die Bewertung des Kurses abgefragt. Die Einstellung der Kursteilnehmer zu OP-Kursen allgemein wurde mit Fragen zur Finanzierung externer Operationskurse und zu den geschätzten Kosten eines einwöchigen OP-Kurses evaluiert.

Ergebnisse

Kursteilnehmer

Seit 1999 haben 1062 Ärzte den „Praktischen Kurs für Viszeralchirurgie in Warnemünde“ besucht (627 Männer, 59%; 435 Frauen, 41%), angemeldet hatten sich insgesamt 2035 Personen. Seit Einführung des Kurses stieg der Anteil der weiblichen Teilnehmer von 26% bis zuletzt 44% stetig an (Abb. 1). Der Gruppe A im 1. bis 2. Jahr der chirurgischen Weiterbildung wurden 15% der Teilnehmer, der Gruppe B im 3. bis 5. Jahr mit Erfahrungen in laparoskopischer Chirurgie wurden 50% und der Gruppe C (mindestens im 6. Jahr der Weiterbildung) mit fortgeschrittenerer Erfahrung in laparoskopischer Chirurgie 35% der Teilnehmer zugeordnet. Der Altersmedian lag bei Kursteilnahme bei 37 Jahren. Zum Zeitpunkt der Kursteilnahme befanden sich die Teilnehmer im Median im 5. Berufsjahr, 59,0% der Teilnehmer waren in der chirurgischen Weiterbildung (630 von 1062 der Teilnehmer), 308 Kursteilnehmer hatten Facharztstatus (29,0%) und 124 hatten Oberarztstatus (11,7%). 489 Teilnehmer (46%) waren zum Zeitpunkt der Kursteilnahme an einem Haus der Grund- und Regelversorgung beschäftigt, 499 an einem Haus der Maximalversorgung (47%) und 74 an einem Universitätsklinikum (7%). 96% der Teilnehmer hatten keine oder wenig Erfahrungen mit OP-Kursen (1020 von 1062). Bei 866 Teilnehmern bestand nie oder nur selten die Möglichkeiten zum Training außerhalb des OP-Saals (82%). Die Angabe war unabhängig vom Weiterbildungsstand der Kursteilnehmer (Abb. 2 a). Teilnehmer aus Häusern der Grundversorgung hatten signifikant seltener Zugriff auf Trainingsmöglichkeiten außerhalb des Operationssaales in ihren Kliniken als Kollegen aus Häusern der Maximalversorgung und Universitätskliniken (Abb. 2 b).

Abb. 1
figure 1

Anteil weiblicher Kollegen unter den Kursteilnehmern von 1999 bis 2008.

Abb. 2
figure 2

a Häufigkeit der Trainingsmöglichkeiten außerhalb des Operationssaals (häufig bis nie) in Abhängigkeit vom Weiterbildungsstand (Assistenzärzte, Fachärzte und Oberärzte). b Häufigkeit der Trainingsmöglichkeiten außerhalb des Operationssaals (häufig bis nie) in Abhängigkeit vom Haus der Weiterbildung der Kursteilnehmer

Eine systematische Weiterbildung in der eigenen Klinik findet nach Einschätzung von 435 Teilnehmern (41%) selten bis nie statt. Mehr als die Hälfte der Befragten gaben an, dass eine systematische Weiterbildung manchmal (24%) oder häufig bzw. immer (35%) stattfindet, wohingegen 41% der Kursteilnehmer (n=435) im eigenen Haus nie eine systematische Weiterbildung vorfinden würden. Diese Einschätzung war abhängig vom Weiterbildungsstand und vom Arbeitgeber der Kursteilnehmer. Teilnehmer aus Häusern der Grundversorgung gaben im Vergleich zu Kollegen aus Häusern der Maximalversorgung oder Universitätsklinika häufiger an, dass selten bzw. nie eine systematische Weiterbildung in der eigenen Klinik stattfindet (Abb. 3 a). Oberärzte gaben häufiger als Assistenten und Fachärzte an, dass in ihrer Klinik immer bzw. häufig eine systematische Weiterbildung stattfindet (Abb. 3 b).

Abb. 3
figure 3

a Angaben über die Einschätzung einer systematischen Trainingsmöglichkeit im eigenen Haus in Abhängigkeit vom Weiterbildungsstatus. b Angaben über die Einschätzung einer systematischen Trainingsmöglichkeit im eigenen Haus in Abhängigkeit vom Haus der Weiterbildung der Kursteilnehmer

Kursevaluation

Die angebotenen begleitenden Vorlesungen wurden von 76% der Kursteilnehmer besucht. Die Qualität wurde von 26% als gut und von 74% als sehr gut bewertet. Die Vorlesungen wurden von 96% der Teilnehmer als wichtig, von 4% als weniger wichtig für den gesamten Kurs eingeschätzt. 89% der Teilnehmer empfanden die vorgegebene Zeit für die Diskussionen im Anschluss an die Vorlesung als ausreichend, für 11% war sie zu kurz.

Der konventionelle Kursteil wurde von 77% als sehr gut und 21% als gut sowie von 2% als mäßig bewertet; der laparoskopische Kursteil wurde von 50% der Teilnehmer als sehr gut und von 44% als gut und von 6% als mäßig bewertet.

Die Einführung in den praktischen Kursteil per Video und Live-Kommentar durch Fakultätsmitglieder wurden von allen Kursteilnehmern als verständlich bewertet. 86% der Teilnehmer empfanden die Dauer der Einführung als ausreichend, 14% empfanden die Zeit der Einführung als zu kurz. Die zur Verfügung stehende Zeit für die praktischen Übungen wurde von 54% der Teilnehmer als ausreichend lang, von 42% als zu kurz und von 4% als zu lang beurteilt.

Die Operationen am Hausschwein wurden von allen Teilnehmern als wichtiger Bestandteil des gesamten Kurses bewertet. 89% gaben an, ausreichend Zeit für die Übungen am Schwein gehabt zu haben, 11% empfanden die vorgegebene Zeit als zu kurz.

Die Betreuung durch die Tutoren wurde von 47% bzw. 42% der Kursteilnehmer als gut bzw. sehr gut bewertet. 10% beurteilten die Betreuung als mäßig und 1% als schlecht. Dabei wurden die praktischen Fähigkeiten der Tutoren von 60% als sehr gut, von 32% als gut, von 6% als mäßig und von 1% als schlecht bewertet. Das Engagement der Tutoren am Tisch wurde von 55% als sehr gut, von 38% als gut und von 6% als mäßig bewertet.

Die Qualität der in Formalin fixierten Übungspräparate wurde von 82% der Kursteilnehmer als gut und 18% als weniger gut eingeschätzt. Die Qualität der Frischpräparate wurde von 99% der Teilnehmer als gut und von 1% als weniger gut bewertet.

Die angebotenen Abendveranstaltungen, bei denen berufspolitische und rechtliche Fragen zum Thema Fort- und Weiterbildung, chirurgische Standesfragen mit den Präsidenten diskutiert und Haftpflichtfälle besprochen werden konnten, wurden von 64 bzw. 81% aller Kursteilnehmer besucht und von 53 bzw. 84% als wichtige Veranstaltung für den Kurs gesehen. Alle Teilnehmer (100%) gaben an, dass sich der Kurs insgesamt gelohnt hat und dass sie den Kurs weiterempfehlen würden.

Die Höhe der Kursgebühren wurde über die Jahre von 77% der Teilnehmer als angemessen und von 17% als billig bzw. günstig eingestuft. 4% der Teilnehmer empfanden den Kurs als zu teuer (42 von 1062). Die Mehrzahl der Kursteilnehmer war der Auffassung, dass der OP-Kurs finanziert werden sollte (84%) bzw. die Kosten aufgeteilt werden sollten (30%; Abb. 4). Nur 8% der Teilnehmer wären bereit, die tatsächlich auftretenden Kosten für die vollständige Finanzierung eines OP-Kurses zu tragen.

Abb. 4
figure 4

Angaben aller Kursteilnehmer, durch wen der OP-Kurs finanziert werden sollte

Diskussion

Die Anforderungen an die Weiterbildung sind in den letzten Jahrzehnten gestiegen. Neben der Erfassung eines komplexeren medizinischen Wissens und dem Erlernen der praktischen Fertigkeiten werden Sattelfestigkeit bei betriebswirtschaftlichen Fragestellungen und Ausdauer bei zunehmender Bürokratie vom Weiterbildungsassistenten erwartet. Erschwerend hinzu kommen veränderte Weiterbildungszeiträume durch die Dienstregelung im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes und ein enormer Kosten- und Leistungsdruck [2, 3].

In den chirurgischen Fächern fand die praktische Weiterbildung traditionell während der Arbeit im Operationssaal statt, geprägt durch eine klassische Lehrer-Schüler-Beziehung [14]. Der erfahrene Chirurg hat den jüngeren Kollegen intraoperativ angeleitet, ihm Befunde demonstriert, OP-Schritte erklärt und ihn durch die Operation geführt bzw. bei Bedarf interveniert. Veränderte Arbeitszeiten, ein wachsender Qualitätsanspruch und ein erhöhter Kostendruck limitieren den Raum für diese klassische praktische Weiterbildungsform und haben dazu beigetragen, dass alternative Trainingsmöglichkeiten für den angehenden Chirurgen etabliert wurden. Darunter finden sich klinikinterne Skill Labs [6] ebenso wie öffentliche OP-Kurse [5]. Der Einsatz von OP-Simulatoren bietet insbesondere für laparoskopische Eingriffe eine weitere Möglichkeit, sich auf die reale Operationssituation vorzubereiten [15, 16, 17, 18, 19]. Allerdings ist die Verbreitung solcher Geräte wegen der hohen Anschaffungskosten und der noch nicht ausgereiften Technologie in den Kliniken noch gering. So zeigte unsere Analyse, dass nur bei 18% der Kliniken überhaupt eine Möglichkeit für ein Training außerhalb des OPs gegeben war. Selbst in Universitätskliniken und Häusern der Maximalversorgung war der Anteil mit nur 54% bzw. 20% gering.

Das Problem in der chirurgischen Weiterbildung ist somit vielfältig: Es existieren weniger personelle, zeitliche und ökonomische Ressourcen für ein direktes Training im Operationssaal. Außerhalb des Operationssaals stehen andererseits bisher nur in wenigen Kliniken Möglichkeiten für ein OP-Training zur Verfügung. Weiterhin ist das unmittelbare Vermitteln von Wissen durch einen erfahrenen Kollegen dem selbst angelesenen Wissen überlegen. Diese Punkte bilden die Rationale für den Einsatz von OP-Trainingskursen. Darin wird das Erlernen einer Technik zeitlich vor den Einsatz im Operationssaal gelegt. Der Chirurg lernt nicht mehr am Patienten, sondern trainiert, ohne Komplikationen zu riskieren, am Präparat, im Simulator oder am Tiermodell [6]. Das trifft dabei sowohl für Berufsanfänger zu als auch für fortgeschrittene Chirurgen, die ihre Technik optimieren oder modifizieren wollen. Wie aus dem Sport oder der Luftfahrt bekannt, wird sich auch eine chirurgische Leistung durch konsequentes und regelmäßiges Training verbessern lassen. Elementar ist jedoch, dass dies nicht ohne Hilfe geschieht, sondern unter Anleitung eines erfahrenen Trainers.

Der im Juni 1999 erstmalig ausgerichtete „Praktische Kurs für Viszeralchirurgie“ in Warnemünde erfüllt diese Voraussetzungen und hat zum Ziel, chirurgische Naht- und Resektionstechniken in der offenen und laparoskopischen Allgemein- und Viszeralchirurgie zu vermitteln. Er richtet sich in erster Linie an Chirurgen in der Weiterbildung. Die Besonderheit dieses Kurses liegt darin, dass er ein strukturiertes Konzept aufweist, dass den Teilnehmern in 7 Tagen einen Überblick über das Spektrum Allgemein- und Viszeralchirurgie vermittelt. Beginnend bei der einfachen Knoten- und Instrumentenkunde am Trockenpräparat bis zur Anlage komplexer Anastomosen im Tiermodell wird eine einheitliche Naht- und Knotentechnik verwendet. Im Laufe der Jahre wurden um das Konzept der standardisierten Naht- und Anastomosentechnik herum neue Trainingsmodelle entwickelt, neue Technologien eingeführt und so das einwöchige Kursprogramm stets erweitert.

Die praktischen Übungen werden durch Vorlesungen zu chirurgischen Konzepten und operativen Strategien flankiert, die von den Fakultätsmitgliedern gehalten werden. Dies schafft den theoretischen Hintergrund für die vermittelten Techniken und wurde von den Teilnehmern über die Jahre hinweg als wesentlicher Bestandteil des Kurses gesehen.

Der praktische Kursteil selbst ist aus drei Säulen aufgebaut (konventionelle Übungen, laparoskopische Übungen und reale Operationen am Tier) und integriert unterschiedliche didaktische Konzepte. Neben der Frontalvorlesung werden in Filmen und Live-Demonstrationen die zu trainierenden Fertigkeiten vermittelt. Durch die kontinuierliche enge Tutor-Teilnehmer-Betreuung werden die Lernschritte permanent überwacht und korrigiert. Dabei ist die Qualität der betreuenden Tutoren und der wissenschaftlichen Leitung von herausragender Bedeutung. Die Auswahl der Tutoren erfolgte daher nach fachlichen und didaktischen Gesichtspunkten durch die Fakultät. Die Qualität der Tutoren in Bezug auf praktische Fertigkeiten und Engagement wurde von den Kursteilnehmern über die Jahre hinweg in knapp 90% als sehr gut und gut bewertet, wohingegen sich nur 10% der Befragten mäßig und 1% als schlecht betreut fühlten.

Die konventionellen und laparoskopischen Übungen wurden an Frischpräparaten vom Schlachthof, fixierten Tierpräparaten und Großpräparaten vom Schlachthof ausgeführt. Die Auswahl der Präparate richtete sich nach den Anforderungen der jeweiligen Übungen. Die Vermittlung der über den gesamten Kurs eingesetzten Nahttechnik wurde an der frischen Speiseröhre vom Schwein ausgeführt, da hier die Mukosa und Muskularis kräftig ausgeprägt ist und gut voneinander unterschieden werden kann. Dies erlaubte eine schichtgerechte Stichtechnik der extramukösen Naht und gleichzeitig deren einfachere Überprüfung durch die Tutoren. Präparationstechniken wurden an frisch gewonnenen Großpräparaten vom Schlachthof vermittelt, da hier Organe im Zusammenhang mit ihrer anatomischen Beziehungen konserviert waren und eine realitätsnahe Präparation ermöglichten. Nach Vermittlung der Basistechniken an der Speiseröhre vom Schwein wurden die weiteren Naht- und Anastomosentechniken an formalinfixierten und somit leicht verfügbaren und konservierbaren Organpräparaten durchgeführt. Der Mix aus verschiedenen Übungspräparaten wurde von den Teilnehmern grundsätzlich sehr begrüßt. Im Hinblick auf die Verwertbarkeit sind die formalinfixierten Übungspräparate gut bewertet worden, jedoch wurden die Frischpräparate in ihrer Qualität besser beurteilt, da sie die Realität im Operationssaal eher widerspiegeln.

Die beste Bewertung erhielt in diesem Zusammenhang die in den Kurs integrierten Operationen am Tiermodell. Hier konnte unter realen Bedingungen das zuvor Erlernte eingesetzt werden. Dieser Kursteil ist die logische Steigerung der zuvor durchgeführten Übungen an Trockenpräparaten und Frischpräparaten. Dennoch macht er nur einen Anteil von 10% des gesamten Kurses aus, da der Warnemünder Kurs in erster Linie kein reiner Tier-Op-Kurs sein will. Vielmehr verfolgt der Kurs das Ziel, dem Teilnehmer die Grundlagen für eine solide chirurgische Technik beim Nähen, Knoten und im Umgang mit Instrumenten an die Hand zu geben. Dies stellt die Basis für subtile und gewebeschonende Präparationen dar, wie sie am Patienten zum Einsatz kommen sollten.

Dies erklärt auch, warum ein sehr breites Spektrum an Naht- und Resektionstechniken in der laparoskopischen und konventionellen Chirurgie eingesetzt wird. Natürlich werden nach 7 Kurstagen keine fertigen Allgemein- und Viszeralchirurgen aus dem Kurs gehen, aber jeder Teilnehmer erhält durch die kontinuierliche Steigerung der Schwierigkeitsgrade der einzelnen Übungen mehr Standfestigkeit und Selbstvertrauen, die am Kursanfang erlernte Technik richtig und sicher einzusetzen. Der Kurs ersetzt dann jedoch keinesfalls eine weitere, regelmäßige Weiterbildung im Operationssaal und in der Klinik.

Die Kurteilnehmer in Warnemünde waren durchschnittlich im 5. Weiterbildungsjahr. Zu diesem Zeitpunkt sollte der Grundstein für operative Techniken längst gelegt sein und im Prinzip müsste das Training dieser Basistechniken am Anfang der Weiterbildung stattfinden. Nachfolgend könnten in Anlehnung an das Konzept des Royal College of Surgeons in modularen Teilschritten weitere Kurse jeweils spezielle Aspekte der Allgemein- und Viszeralchirurgie behandeln und auffrischen. Ein solcher Ansatz ist jedoch noch kosten- und zeitintensiver als die Situation mit dem jetzigen 7-tägigen Training. Aus der Erfahrung nach 10 Kursjahren halten wir den Kurs in Warnemünde für Kollegen jeden Erfahrungsgrades für wichtig, da sich im Klinikalltag immer wieder Fehler und Ungenauigkeiten einschleichen, die in solch einem Kurs verbessert werden können. Die hohe Gesamtzufriedenheit mit dem Kurs über alle Kursteilnehmer unabhängig von ihrem Weiterbildungsstand bestätigt dieses Konzept

Fazit für die Praxis

In mittlerweile 10 erfolgreich durchgeführten praktischen Kursen für Viszeralchirurgie in Warnemünde wurden Chirurginnen und Chirurgen unterschiedlichen Weiterbildungsstandes theoretische und praktische Fertigkeiten mit Hilfe von praxisrelevanten realitätsnahen Übungen und einem persönlichen und engen Lehrer-Schüler-Kontakt vermittelt. Durch direkte Ansprache, permanente Korrektur und Fehlerdiskussion und ständige Wiederholung standardisierter Techniken wurde das Erlernte vertieft. Die hohe Nachfrage spiegelt den Bedarf an Operationskursen für eine standardisierte Weiterbildung wider. OP-Kurse stellen attraktive Bausteine für die chirurgische Weiterbildung dar und sollten in zukünftige Curricula integriert werden. Es wird weiter zu untersuchen sein, ob durch OP-Kurse auch die Qualität der chirurgischen Arbeit auf lange Sicht gesteigert werden kann. Dies würde aus Sicht des Patienten zu einem unschätzbaren Vorteil führen und aus ökonomischer und volkswirtschaftlicher Betrachtung zu einer signifikanten Kostenreduktion im Gesundheitswesen beitragen.