Große Studierendenzahlen in der Medizin werfen gerade im Bereich Fertigkeitstraining ein Zeit- und Betreuungsproblem auf [1]. Heterogene Dozierende können divergierende Lehr- und Lernziele haben, was die erwünschte objektive Standardisierung der Prüfung erheblich erschwert [2]. Um dieses Problem zu umgehen, müssen Lehrmethoden etabliert werden, die einerseits eine Standardisierung der Lehr- und Lernziele erreichen, andererseits aber auch das individuelle, persönliche Lehren ermöglichen. Ein möglicher Ansatz ist das so genannte“blended learning”.

Wörtlich übersetzt heißt „blended learning“ vermischtes Lernen [3]. Bei dieser Form werden verschiedene Lernmethoden, Medien sowie lerntheoretische Ausrichtungen miteinander kombiniert. „Blended learning“ bezeichnet eine Lernorganisation, bei der die Vorteile durch die Kombination verschiedener Medien und Methoden verstärkt und die Nachteile minimiert werden können. Das auch „Hybride Lernarrangements“ genannte Konzept verbindet die Effektivität und Flexibilität von elektronischen Lernformen mit den sozialen Aspekten der Face-to-face-Kommunikation. Es bezeichnet damit eine Lernform, die eine didaktisch sinnvolle Verknüpfung von „traditionellem Klassenzimmerlernen“ und modernen Formen von E-Learning anstrebt. Besonders wichtig ist: Das eine funktioniert ohne das andere nicht – die Präsenzphasen und Online-Phasen müssen optimal aufeinander abgestimmt sein [4].

Ziel der folgenden Arbeit ist es, den Nutzen neuer Medien sinnvoll im Bereich Fertigkeitstraining an einer Präsenzuniversität im Studiengang Humanmedizin darzustellen.

Material und Methoden:

Kurskonzeption und Struktur

Ein bestehender obligatorischer studentischer Kurs, der „Nahtkurs“ im 4. Studienjahr Humanmedizin, wurde an der Universität Basel nach einem neuen didaktischen Konzept umgestaltet.

Der bestehende Kurs bestand aus einer Präsenzveranstaltung mit Präsentation der Nahttechnik durch den Dozenten und anschließenden praktischen Übungen am Schweinefuß.

Der neu gestaltete Kurs besteht aus folgenden Komponenten:

  • Compact Disk

    Vor dem Präsenzkurs wird den Studierenden eine Multimedia-CD gegeben. Es wird vorausgesetzt, dass die sog. Expertenebene mit Übungsanleitungen angesehen wird. Die Abgabe der CD wird mittels Unterschrift dokumentiert. Nur Studierende, bei denen die Abholung der CD dokumentiert wurde, werden zum Präsenzkurs zugelassen.

  • Präsenzveranstaltung/KursWie im bestehenden Kurs erfolgt die Präsentation der Nahttechnik durch den Dozenten und anschließend werden praktische Übungen am Schweinefuß durchgeführt. Zusätzlich werden Videoausschnitte aus der multimedialen CD präsentiert und die erste Durchführung der Fertigkeit (Naht) erfolgt gemäß dem elektronisch präsentierten Modell.

  • Skills Lab (Übungsräume für das Training ärztlicher Fertigkeiten im Lernzentrum)Einmal pro Woche sind im Stundenplan 2 h zur Benutzung des Skills Labs reserviert. Dort besteht eine selbstgesteuerte Übungsmöglichkeit an den zur Verfügung gestellten Modellen und Instrumenten. Zusätzlich sind Arbeitsplätze mit entsprechenden PCs ausgestattet, dort kann nochmals die Darstellung auf CD wiederholt werden.

  • EinzeltutoriatEin wöchentlicher, halbtägiger Kontakt für die Studenten in der Praxis eines niedergelassenen Arztes.

  • OSCEDie Lernziele des Kurses sind Teil des Prüfungs-Blueprint des OSCE („objective structured clinical examination“) am Ende des Jahreskurses. Hier wird die Performance in einem Postenlauf anhand von Checklisten und/oder in Falldiskussionen überprüft.

  • Wahlstudienjahr (PJ, Praktisches Jahr in Deutschland, Famulatur in Österreich)Die CD dient als Nachschlagwerk für die Studierenden, die Vermittlungstiefe ist auf die Studienjahre 4–6 ausgerichtet, aber auch für den postgraduellen Bereich für Assistenten während der chirurgischen Basisausbildung.

Zielgruppen

Die Zielgruppen ergeben sich aus dem Inhalt des „Nahtkurses“. Das Lehrprojekt „Chirurgische Basiskompetenzen“ beinhaltet derzeit das Modul „Einfache Wundversorgung“ für den Studiengang Humanmedizin und richtet sich an die Studierenden im 4. bis 6. Studienjahr (JK, Jahreskurs). Studierende des 4. JK bereiten sich auf das Wahlstudienjahr (Praktische Jahr) vor; darin sind 3 Monate Chirurgie obligatorisch. Im 6. JK vertiefen die Studierenden ihr Wissen für das abschließende Staatsexamen, in dem Chirurgie theoretisch und praktisch geprüft wird.

Eine weitere Zielgruppe sind Unterassistenten (PJler, Famulanten) anderer Universitäten, welche an den chirurgischen Universitätskliniken in Basel arbeiten.

Die CD kann als Begleiter für chirurgische Assistenten in der Weiterbildung genutzt werden und ist hilfreich für Hausärzte, die in der Lehre (Einzeltutoriat) eingebunden sind und sich rasch über den aktuellen Stand von chirurgischen Basisfertigkeiten informieren möchten.

Didaktisches Konzept

Der neu gestaltete Kurs hat einen fallbezogenen, integrativen und patientenzentrierten Zugang. Die (psycho-)motorischen Fertigkeiten sind in sinnvolle Lernblöcke aufgeteilt und ermöglichen den Studierenden neben dem Präsenzkurs ein selbstgesteuertes Lernen.

E-Learning (Multimedia-CD) in Form von „blended learning“ wird schrittweise für den Erwerb von klinischen Fertigkeiten und Kompetenzen genutzt. Das zugrunde liegende didaktische Konzept für das Training ärztlicher Fertigkeiten ist, wie erwähnt, stufenförmig aufgebaut:

  1. 1.

    Die Vorbereitung der Studierenden durch die Multimedia-CD wird durch eine formative Wissensüberprüfung zu Beginn des Kurses evaluiert.

  2. 2.

    Im Präsenzkurs wird dem Problem der heterogenen Dozierendenschaft und den daraus resultierenden Diskussionen über „state of the art“ und zu prüfende Lehrmeinung durch die Bereitstellung eines Kurssyllabus, der CD und einem Briefing für das Lehrpersonal begegnet. Dieselben Dozierenden werden später auch in der Prüfung eingesetzt. Der praktische Kurs dauert einmalig 4 h und findet in Blöcken mit maximal 18 Studierenden pro Kurs statt. Das Betreuungsverhältnis beträgt mindestens 1:6, um individuelles Feedback zu ermöglichen.

  3. 3.

    Mindestens 3 Besuche im Skills Lab müssen pro Studierendem durch Unterschrift dokumentiert sein, um zur Prüfung zugelassen zu werden.

  4. 4.

    Im Einzeltutoriat dient die CD als State-of-the-art-Lehrinstrument für den Lehrarzt bei der Durchführung von Wundversorgungen.

  5. 5.

    Die Überprüfung des Lernerfolges im OSCE erfolgt durch die Dozierenden aus dem Kurs (in der Regel Fachärzte). Die Aufgabenstellungen und überprüften Lernziele sind konsistent mit den Lerninhalten des Schweizer Lernzielkataloges [5].

  6. 6.

    Die CD begleitet die Studierenden im Wahlstudienjahr (PJ) und bietet Nachschlage- und Wiederholungsmöglichkeiten für Jungassistenten.

Aufbau in Inhalte der Multimedia-CD

Das didaktische Konzept der CD zeichnet sich durch eine Vermittlung der Inhalte in mehreren Ebenen aus, unter denen die Studierenden auswählen können.Das Ebenenkonzept ermöglicht es dem Studierenden, zwischen verschiedenen Zugängen zu wählen und sich entsprechend des persönlichen Lernstils dem Thema anzunähern. Die Wahl der Ebenen (Zugänge) lehnt sich an die Definitionen der Lernstile nach Kolb [6] bzw. der Lernstile nach Honey und Mumford [7] an. Detaillierte Beschreibungen über Aufbau und Inhalt der CD können im Internet unter http://www.nmc.unibas.ch/nahtkurs/ sowie unter http://www.e-teaching.org/referenzbeispiele/naht abgerufen werden.

Evaluation des Blended-learning-Lehrkonzeptes für den Nahtkurs

Der „Nahtkurs“ wurde, neben anderen studentischen Kursen, mit einem Fragebogen evaluiert, in dem die teilnehmenden Studierenden die wahrgenommene Qualität beurteilen sollten. Die Kursevaluation ist integraler Bestandteil des Gesamtkonzeptes Evaluation der Lehre an der Medizinischen Fakultät der Universität Basel.

Die wissenschaftliche Grundlage für die Lehrevaluation an der Medizinischen Fakultät Basel liefert die von Schenkel et al. [8] beschriebene Qualitätsevaluation. Entsprechend dieser Konzeption wird die Lehrevaluation an der Medizinischen Fakultät Basel als Instrument der Qualitätssicherung begriffen.

„Evaluation als Qualitätssicherung dient der Unterstützung der Realisierung einer Bildungsmaßnahme in den drei Hauptphasen: Planung, Entwicklung und Einsatz“ [8].

Ergebnisse der studentischen Evaluation der Kurse wurden im Sinne einer formativen Evaluation über die Kurse verglichen und den Dozenten rückgemeldet, um Verbesserungspotenziale zu identifizieren und Veränderungen anzuregen. Im Studienjahr 2002/2003 wurde der „alte“ Nahtkurs erstmals in einer Pilotstudie evaluiert. Im Studienjahr 2003/04 erfolgte eine weitere Evaluation des Nahtkurses vor der Umstellung des Konzeptes im Zusammenhang mit der Evaluation aller Kurse des Semesters. Auf Grundlage dieser Erhebungen wurde ein Fragebogen zur Kursbeurteilung entwickelt, der auch im Folgejahr 2004/05 nach den vorgenommenen Veränderungen im Nahtkurs, nach Einführung des neuen didaktischen Konzeptes, angewendet wurde. Die Lehrkonzepte der anderen Kurse wurden im Zeitraum nicht verändert. Neben der studentischen Evaluation wurden im Sinne einer summativen Evaluation der Neugestaltung des Lehrkonzeptes die Prüfungsergebnisse der Studierenden des Wintersemesters (WS) 03/04 (vor der Umstellung) mit den Prüfungsergebnissen des WS 04/05 verglichen.

Instrumente der Evaluation und Methoden

Zur Kursbeurteilung wurde ein im WS 03/04 auf Grundlage von 2156 Beurteilungen entwickelter Fragebogen eingesetzt. Faktorenanalytisch wurden 4 Itembündel identifiziert, die zu den 4 Skalen „Gute Betreuung“, „Praxisbezug, Vorbereitung und Motivierung“, „Gute Kursstruktur und Didaktik“ sowie „Übungserfolg“ mit guter Reliabilität aggregiert werden können (Tab. 1).

Tab. 1 Itembündel (Skalen) des Evaluations(frage)bogens und Interraterreliabilität der Skalen

Die Struktur des Fragebogens konnte in einer Reanalyse im WS 04/05 mit 412 Beurteilungen repliziert werden. Die Skalen sind deutlich korreliert, woraus deutlich wird, dass der Fragebogen zwar inhaltlich trennbare Bereiche der Lehre für die Kurse durch das studentische Urteil erfasst, diese jedoch deutlich und inhaltlich sinnvoll miteinander verzahnt sind.

Zur weiteren Beurteilung der Reliabilität der Items wurde ihre Interraterreliabilität (Intraklassenkorrelation, ICC) auf Basis der mittleren Dozentenbeurteilungen durch die Studierenden berechnet. Auch auf Itemebene zeigten sich hier gute bis sehr gute Interraterreliabilitäten bei der Beurteilung und Differenzierung der Kurse der einzelnen Dozenten (Tab. 2).

Tab. 2 Interraterreliabilitäten bei der Beurteilung und Differenzierung der Kurse der einzelnen Dozenten (Auswahl)

In den OSCE („objective structured clinical examination“) -Prüfungen mussten die Studierenden ihre Fertigkeiten an verschiedenen Posten („Simulationspatienten“) zu jeweils einem Thema demonstrieren. Die Leistungen der Studierenden wurden von den Prüfern anhand von Checklisten beurteilt. Anhand der Prüfungsergebnisse der Studierenden wurde der jeweilige Posten als bestanden oder nicht bestanden gewertet. Die OSCE-Prüfungen wurden ebenfalls anhand studentischer Evaluation hinsichtlich der empfunden Relevanz, Herausforderung und der Erwerbsmöglichkeiten der geforderten Fertigkeiten im Unterricht beurteilt.

Unterschiede zwischen mittleren Beurteilungen der Erhebungen werden anhand einfaktorieller Varianzanalysen für unabhängige Stichproben analysiert. Zur weiteren Spezifikation signifikanter Unterschiede in der Varianzanalyse werden Scheffee-Tests als Post-hoc-Analyse durchgeführt.

Ergebnisse

Lehrevalution vorher/nachher

Für die Evaluation aller Kurse im WS 2003/2004 wurden 2156 Beurteilungen von Studierenden abgegeben. Für die Evaluation der Kurse im Studienjahr 04/05 wurden 442 Beurteilungen abgegeben, die sich auf die angebotenen Kurse verteilen.

Im Folgenden wird eine Auswahl der erhobenen Daten dargestellt:

Kursvorbereitung und Nutzen für das Wahlstudienjahr

Sowohl die Wichtigkeit der Vorbereitung auf den Kurs (F=35,3, df=2/288, p<0,001) als auch die Bewertung der Nützlichkeit des Kurses im Hinblick auf das Wahlstudienjahr (F=13,1, df=2/288, p<0,001) wird nach Einführung des Blended-learning-Konzeptes von den Studierenden signifikant höher eingeschätzt als beim alten Lehrkonzept (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Mittlere Beurteilungen der Studierenden vor (WS 02/03, WS 03/04) und nach (WS 04/05) Einführung des Blended-learning-Konzeptes im chirurgischen Nahtkurs mit 95%-Konfidenzintervall. Beurteilungsskala: 1 (stimme überhaupt nicht zu) bis 6 (stimme voll zu)

„Gute Betreuung“, „Praxisbezug, Vorbereitung und Motivierung“, „Gute Kursstruktur und Didaktik“, „Übungserfolg“

Es zeigten sich für die Kursevaluationen des Nahtkurses im WS 03/04 (vorher) und 04/05 (nachher) signifikante Zuwächse in den Skalen „Praxisbezug, Vorbereitung und Motivierung“ F=11,01, df=1/198, p<0,01), „Gute Kursstruktur und Didaktik“(F=19,6, df=1/200, p<0,001) sowie „Subjektiver Übungserfolg“ (F=25,3, df=1/200, p<0,001; Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Unterschiede der Skalenbeurteilungen vor (WS 03/04) und nach (WS 04/05) Einführung des Blended-learning-Konzeptes im chirurgischen Nahtkurs

Lehrmittel

Die eingesetzten Lehrmittel wurden signifikant besser beurteilt als nach dem alten Lehrkonzept (F=10,2, df=1/199, p<0,01).

Gesamtbeurteilung des Kurses

Im Vergleich zu anderen Kursen aus dem WS 04/05 erhielt der Nahtkurs die beste mittlere Gesamtbeurteilung (F=12,8, df=1/198, p<0,001; Abb. 3). Im WS 03/04 wurde der Spritzenkurs am besten beurteilt und für das WS 04/05 als Benchmark gesetzt. Auch dieser wurde vom Nahtkurs im WS 04/05 übertroffen (Abb. 4).

Abb. 3
figure 3

Mittlere Beurteilungen der Studierenden vor (WS 03/04) und nach (WS 04/05) Einführung des Blended-learning-Konzeptes im chirurgischen Nahtkurs in Bezug auf die Gesamtbeurteilung des Kurses sowie der eingesetzten Lehrmittel

Abb. 4
figure 4

Vergleich der Kursgesamtbeurteilungen nach Einführung des Blended-learning-Konzeptes mit Benchmark (=beste Kursbeurteilung eines Kurses im Vorjahr: 5,58) sowie mittlere Gesamtbeurteilung aller Kurse des Vorjahres (4,93).

OSCE-Prüfungen

Prüfungsergebnisse

Die Anteile bestandener OSCE-Prüfungen unterscheiden sich signifikant (χ2=12,2, df=2, p<0,01) vor und nach Einführung des neuen Kurskonzeptes. Seit der Neukonzeptionierung des Nahtkurses kann ein Zuwachs von ca. 10 % bestandener OSCE-Prüfungen für den Nahtkursposten beobachtet werden, oder umgekehrt eine 10fach niedrigere Durchfallquote (Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Bestandene OSCE-Prüfungen vor (WS 03/04) und nach (WS 04/05, WS 06/07) Einführung des neuen Kurskonzeptes.

Prüfungsevaluation

In der Evaluation der OSCE-Posten wird der Nahtkursposten von den Studierenden überwiegend als Herausforderung für ihre manuelle Geschicklichkeit eingeschätzt (Abb. 6).

Weiterhin geben die Studierenden an, die geforderten Fertigkeiten im Unterricht erwerben zu können, und nennen als Erwerbsquelle insbesondere Kurs, Skills Lab, Selbststudium und CD (Abb. 7).

Abb. 6
figure 6

Mittlere Kursbeurteilungen der Studierenden in Bezug auf den Erwerb manueller Fähigkeiten vs. kommunikativer Kompetenzen. SS-Konflikt Schwangerschaftskonflikt/Beratung

Abb. 7
figure 7

Einschätzung der Studierenden bez. des Erwerbs von Fähigkeiten differenziert nach Kursen und Lehrformen. SS-Konflikt Schwangerschaftskonflikt/Beratung

Diskussion

Evaluation

Da der Nahtkurs im Studienjahr 03/04 an sich schon sehr gut beurteilt wurde (Mittelwert 5,19; schweizerisches Schulnotensystem: 6= sehr gut; 1= ungenügend), schien eine Optimierung schwer zu bewerkstelligen und die hohe Vorgabe des Spritzenkurses mit einem Gesamtnotendurchschnitt von 5,58 nur schwer verbesserbar.

Die Ergebnisse des Studienjahres 04/05 zeigen jedoch, dass der Nahtkurs im Gesamtvergleich aller Kurse über alle Studienjahre hinweg nun den 1. Rang einnimmt. Die Gesamtbeurteilung stieg auf 5,62. Die Hauptveränderung, die im Laufe dieses Jahres vorgenommen wurde, war die Einführung eines computerunterstützten Lernprogramms, welches den Studierenden zu Übungszwecken zur Verfügung gestellt wurde. Zusätzlich wurde ein Skills Lab eingerichtet und 3 Pflichttermine zum Selbststudium eingeführt, da freiwilliges Training nur selten wahrgenommen wird [9]. Alle anderen Parameter, wie Betreuungssituation, Räumlichkeiten und praktische Ausbildung, wurden identisch belassen.

Das Ergebnis zeigt eine Verbesserung um fast eine halbe Notenstufe. Wir attribuieren diese Verbesserung hauptsächlich auf die Einführung des Computerlernprogramms und damit auf die Einführung des Blended-learning-Konzeptes. Auch die Einführung des Selbststudiums kann einen Einfluss auf die Verbesserung gehabt haben sowie auch das Skills Lab, in dem das Computerlernprogramm zu Demonstrationszwecken verwendet wird. Generell zeigt sich im Lehrumfeld der Medizinischen Fakultät der Universität Basel, dass allein die Evaluationsprozesse an sich die Optimierungsprozesse in der Lehre anstoßen.

Lehre

Der konsequente Ansatz und die Planung des Nahtkurses als Blended-learning-Konzept mit dem Einsatz der CD auch in der Präsenzlehrveranstaltung, der Unterstützung des selbstgesteuerten Lernens durch Vor- und Nachbereitung sowie die Unterstützung im Skills Lab und als Lernhilfe zur Prüfungsvorbereitung stellen für die Lehrenden sicher, dass die Studierenden dieses digitale Lehrmittel auch einsetzen. Durch eine bessere Vorbereitung der Studierenden konnte die Präsenzveranstaltung gezielter genutzt werden. Dadurch blieb mehr Raum für individuelle Betreuung und es wurde die Effizienz des Fertigkeitstrainings gesteigert. Eine klare Lernzieldefinition, die wiederholte Abrufbarkeit von standardisiertem Wissen und definierte Übungsmöglichkeiten gaben den Studierenden Sicherheit im theoretischen Wissen und in den praktischen Fertigkeiten.

Generell können wir feststellen, dass Abläufe in der medizinischen Praxis standardisiert werden können, wenn eine „unité de doctrine“ sowie eine standardisierte Materialbereitstellung und die Möglichkeit der Übersetzung des vorliegenden Konzeptes in andere Kontexte erreicht wird. Auch die strukturierte Schulung der Betreuer im Rahmen des Gesamtkonzeptes der Faculty development wurde an der Universität Basel verbessert. Die vorliegende Konzeption und Anwendung dient heute als Beispiel im Modul Fertigkeitstraining für Dozierende im Rahmen des Sammelzertifikats Hochschuldidaktik. Dieses Zertifikat wird vom Ressort Lehre der Universität Basel vergeben und ist als Habilitationsvoraussetzung in der Medizinischen Fakultät verankert.

Die erfolgreiche Implementierung des Blended-learning-Konzeptes im chirurgischen Nahtkurs führte auch zu einer verstärkten Akzeptanz von „blended learning“ im Unterricht der Medizinischen Fakultät der Universität Basel generell. Deshalb sind Nachfolgeprojekte zu erwarten.

Exzellente Lehre wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen, einerseits weil Vorgaben für Qualitätsstandards, die als Voraussetzung für eine Akkreditierung von Studiengängen bzw. Universitäten gefordert werden, eingehalten werden müssen und andererseits weil durch zunehmende Mobilität von Studierenden jede Universität auch in der Lehre ein eigenes Profil entwickeln muss.

Fazit für die Praxis

„Blended learning“ kann die Wahrnehmung und Leistung, aber auch die Effizienz des Fertigkeitstrainings und die Betreuung verbessern. Dadurch werden indirekt vor allem personelle Ressourcen gespart. Darstellungen chirurgischer Verfahren können klar und übersichtlich vermittelt werden. Das Gesamtkonzept des „blended learning“ und seine didaktischen Prinzipien sind in weiten Bereichen anwendbar: Medizin in allen Disziplinen, welche Fertigkeiten vermitteln (z. B. gesamte Chirurgie, alle Untersuchungstechniken in anderen Fächern), Zahnmedizin, Veterinärmedizin aber auch Pflegewissenschaften. Die entwickelte Multimedia-CD ist auch andernorts direkt einsetzbar in der Humanmedizin, Zahnmedizin und Veterinärmedizin und damit auch als Blended-learning-Konzept übertragbar.