Zusammenfassung
Hintergrund
Arterielle und venöse Gefäßerkrankungen nehmen aufgrund des demographischen Wandels überproportional zu. Die Therapie stützt sich auf die konventionelle Gefäßchirurgie sowie endovaskuläre und konservative Verfahren.
Material und Methoden
Auf der Basis von Daten des Statistischen Bundesamts und der Bundesärztekammer wurden vaskuläre Hauptdiagnosen, gefäßmedizinisch aktive Facharztgruppen, chirurgische Qualifikationen und chirurgische Kliniken erfasst. Außerdem wurde der Status der Gefäßchirurgie an Universitätskliniken und an nichtuniversitären Kliniken mit >900 Betten ermittelt.
Ergebnisse
Im Jahr 2004 wurden in 1846 allgemeinen deutschen Krankenhäusern 413.763 Patienten mit einer vaskulären Hauptdiagnose behandelt. Mehr als 70% dieser Patienten wurden in gefäßchirurgischen oder ungegliederten chirurgischen Kliniken behandelt, in 50% der Fälle wurde eine Operation durchgeführt. In 213 Krankenhäusern gibt es selbstständige Abteilungen für Gefäßchirurgie. 33 Universitätskliniken (38 Klinikstandorte) verfügen über 6 selbstständige Abteilungen für Gefäßchirurgie (16%) und 7 partiell selbstständige Sektionen (18%). In 10 Fällen ist die Gefäßchirurgie in die Herzchirurgie und in 15 Kliniken in die Allgemeinchirurgie integriert. Im Gegensatz dazu gibt es in 39% bzw. 53% aller nichtuniversitären Kliniken mit >900 bzw. 600–899 Betten eigenständige Abteilungen für Gefäßchirurgie.
Schlussfolgerungen
Die Gefäßchirurgie hat sich als eigenständiges Fach in den Krankenhäusern etabliert. Dieser Prozess muss an nichtuntergliederten chirurgischen Kliniken und an den Universitätskliniken fortgesetzt werden.
Abstract
Background
The proportion of arterial and venous diseases is increasing due to shifts in population. Therapy is based on conventional vascular surgery and conservative endovascular methods.
Material and Methods
Based on data from the Federal German Statistics Office and the Federal Chamber of Physicians, information was gathered on primary vascular diseases, active special vascular groups, surgical qualifications, and surgical clinics. Additionally, the status of vascular surgery at university clinics and non-university clinics with more than 900 beds was assessed.
Results
In 2004, 413,763 patients with primary vascular disease were treated in 1846 German general hospitals. More than 70% of these patients were handled in vascular surgical or general surgical clinics, and operations were performed in 50% of cases. There exist independent vascular surgical departments in 213 hospitals. Thirty-three university clinics at 38 locations showed a total of six independent vascular surgery clinics (16%) and seven partially independent sections (18%). Vascular surgery is done within cardiac surgical departments in ten clinics and in general surgery department in 15 clinics. In contrast, there are independent vascular surgical departments in 39% and 53% of non-university clinics with more than 900 and 600–899 beds respectively.
Conclusions
Vascular surgery has been established in hospitals as an independent speciality. This development must continue in general surgical and university clinics.
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Arterielle und venöse Erkrankungen sind häufig, ihre Anzahl nimmt aufgrund des epidemiologischen Wandels weiterhin zu (Tab. 1). Ab dem 65. Lebensjahr lässt sich bei 15% der Bevölkerung eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) nachweisen, bei jedem 3. Patienten liegen eine Claudiactio intermittens, Ruheschmerzen, oder trophische Störungen vor [1, 8, 12]. Aortenaneurysmen betreffen ebenfalls ältere Menschen mit einer Prävalenz von 1–2% ab dem 60. Lebensjahr, ab dem 80. Lebensjahr lassen sich bei ca. 10% der Männer Aneurysmen der abdominellen Aorta (>3,5 cm Durchmesser) nachweisen. Raucher sind besonders gefährdet [7]. Bei mindestens 500.000 Menschen liegt eine zumeist asymptomatische höhergradige extrakranielle Karotisstenose vor, ebenfalls mit überproportionalem Anstieg im Alter [5, 6, 11]. Akute und chronische Venenerkrankungen haben ebenfalls den Charakter von Volkskrankheiten [10]. Hinzu kommt die steigende Prävalenz des Diabetes mellitus (derzeit 6–7%, in den USA bei 8%) und eine Anzahl von ca. 60.000 Hämodialysepatienten [3].
Das diagnostische und therapeutische Spektrum der Gefäßmedizin hat in den letzten Jahren substanzielle Fortschritte erzielt. Hierzu gehören die Optimierung der nichtinvasiven Bildgebung (MR-Angiographie, CT-Angiographie, Duplexsonographie), endovaskuläre Verfahren (Ballonangioplasie mit/ohne Stent, Stentprothesen, Lyseverfahren etc.), eine standardisierte und evidenzbasierte konventionelle Gefäßchirurgie sowie die Verbesserung der primären und sekundären medikamentösen Prävention (ASS, Clopidogrel, Statine, niedermolekulares Heparin). Mittlerweile werden in vielen deutschen Kliniken die vaskulären Kompetenzen in interdisziplinären Gefäßzentren gebündelt [2].
Die zunehmende klinische und wissenschaftliche Selbstständigkeit der chirurgischen Disziplinen hat in Deutschland zu einer Umwandlung der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCh) in einen Dachverband aller chirurgischen Fächer geführt. Das Präsidium der DGCh konstituiert sich seither aus Vertretern dieser Fachgesellschaften (sog. „Säulenmodell“) [20]. Der Prozess der zunehmenden Spezialisierung hat auch in der UEMS (Union of European Medical Specialists) zu einer Aktualisierung der Struktur der Chirurgie geführt. Seit 2004 gibt es eine eigene Sektion „Vascular Surgery“, gleichberechtigt neben den Sektionen für „Surgery“ (General, Endocrine, Thoracic Surgery and Surgical Oncology), „Cardio-Thoracic Surgery,“ „Neurosurgery“, „Orthopedics“, „Paediatric Surgery“ sowie „Plastic-Reconstructive and Aesthetic Surgery“ [19].
In dieser Übersicht wird der aktuelle Stellenwert der Gefäßchirurgie innerhalb der Gefäßmedizin und innerhalb der Chirurgie dargestellt.
Material und Methoden
Es erfolgte eine systematische Analyse der Krankenhausstatistik des Statistischen Bundesamts seit 1990 [17]. Im Einzelnen wurden das Krankenhausverzeichnis 2005 (erschienen 2007) und die erstmals für das Jahr 2005 vorliegende DRG-Statistik ausgewertet. Für die Jahre 2004 und 2005 wurden die Diagnosedaten (für 2004 auch die sog. tiefergegliederten Diagnosedaten), für die Jahre 1990, 1995, 2000 und 2005 die sog. Grunddaten der Krankenhäuser (Fachserie 12/Reihe 6.1.1) analysiert. Rechtsgrundlage dieser jährlich durchgeführten und für die Krankenhäuser verpflichtenden Datenerhebung sind die Krankenhausstatistikverordnung, das Bundesstatistikgesetz, das Krankenhausentgeltgesetz, das Krankenhausfinanzierungsgesetz und das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz.
Die Ärztestatistik der Jahre 1991–2006 erfolgte über Daten der Bundesärztekammer und die Gesundheitsberichterstattung des Bundes [16, 17]. Zertifizierte Gefäßzentren wurden über die Homepages der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie (DGG), der Deutschen Gesellschaft für Angiologie (DGA) und der Deutschen Röntgen-Gesellschaft (DRG) ermittelt [13, 14, 15].
Folgende Endpunkte wurden deskriptiv analysiert:
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vaskuläre Hauptdiagnosen,
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fachliche Qualifikation aus dem Bereich der Gefäßmedizin (Gefäßchirurgie, Angiologie, Radiologie, Phlebologie),
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zertifizierte Gefäßzentren,
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chirurgische Qualifikationen (Facharzttitel, Schwerpunktsbezeichnung, Teilgebiet),
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chirurgische Kliniken inkl. spezialisierter Abteilungen (ohne Orthopädie und Neurochirurgie).
Für die Universitätskliniken und die nichtuniversitären Kliniken mit >900 Betten (ausgewiesen im Krankenhausverzeichnis des Statistischen Bundesamtes) wurde der Status der Gefäßchirurgie anhand des Fachabteilungsschlüssels „1800“ (Gefäßchirurgie), Deutsches Krankenhaus-Institut (DKI) sowie durch Analyse der Homepages, der Qualitätsberichte, des Krankenhausverzeichnis des Statistischen Bundesamtes und durch persönliche Nachfrage ermittelt.
Vaskuläre Hauptdiagnosen in deutschen Krankenhäusern 2004
Die Epidemiologie vaskulärer Erkrankungen spiegelt sich in der Anzahl vaskulärer Hauptdiagnosen wider (Tab. 2). Von insgesamt 413.763 vaskulären Hauptdiagnosen wurden im Jahr 2004 über 50% einer operativen Therapie zugeführt. Hierbei sind perkutane endovaskuläre Therapieverfahren nicht berücksichtigt. Ebenfalls unberücksichtigt sind: ambulante Varizen-OPs (nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Gefäßchirurgen >150.000/Jahr), ambulante Portanlagen sowie Wiederholungs-OPs und Service- bzw. Konsiloperationen für andere Kliniken/Abteilungen (z. B. Notfalleingriffe bei Gefäßverletzungen, Karotis-TEAs bei neurologisch oder internistisch betreuten Schlaganfallpatienten sowie ca. 35.000 Shunt-Anlagen oder -revisionen zur Nierenersatztherapie bei Hämodialysepatienten). Die tatsächliche Anzahl vaskulär behandelter Patienten und vaskulärer Operationen ist demnach deutlich höher zu schätzen.
Welche Fächer sind gefäßmedizinisch aktiv?
Gefäßerkrankungen betreffen eine Vielzahl multimorbider Patienten und werden von vielen medizinischen Fächern (mit)betreut. Gefäßchirurgie und Angiologie sind jedoch die einzigen Fächer, deren Kurrikulum zu 100% auf nichtkardiale und nichtintrazerebrale vaskuläre Erkrankungen ausgerichtet ist. Die Phlebologie stellt eine Zusatzweiterbildung dar, die von Gefäßchirurgen, Internisten, Dermatologen etc. erworben wird. Innerhalb der Radiologie sind lediglich die Neuroradiologie und die Kinderradiologie als eigenes Fach definiert (Tab. 3). Abb. 1 zeigt, dass die Gefäßchirurgie in den Kliniken deutlich stärker vertreten ist als die Angiologie. Die niedrige Zahl von 145 Fachangiologen in deutschen Krankenhäusern steht dabei im Widerspruch zu aktuellen Angaben der Bundesärztekammer, die besagen, dass zum 31.12.2006 von insgesamt 503 berufstätigen Angiologen 284 im Krankenhaus tätig waren [16]. In der Radiologie sind 3069 Fachärztinnen/Fachärzte stationär tätig, die Anzahl interventionell tätiger Radiologen ist anhand der zur Verfügung stehenden Statistiken nicht zu ermitteln.
Etwa 25% aller Gefäßchirurginnen/en sind in leitender Funktion tätig, ca. 50% als Oberärzte und 25% als Assistenzärzte. In der Radiologie sind deutlich mehr Fachärzte als Assistenzärzte beschäftigt (Abb. 2).
Wer behandelt die gefäßmedizinischen Hauptdiagnosen im Krankenhaus?
Wie Abb. 3 zeigt werden, – mit Ausnahme der Phlebothrombose – mehr als 70% aller Patienten mit vaskulären Hauptdiagnosen in gefäßchirurgischen oder ungeteilten chirurgischen Abteilungen behandelt. Diese Zahlen und die Angaben aus Tab. 2 verdeutlichen, dass ca. 50% aller stationär behandelten Gefäßpatienten operativ behandelt werden. Auffallend ist, dass immer noch die Hälfte aller operativ behandelten vaskulären Hauptdiagnosen in ungeteilten chirurgischen Abteilungen versorgt wird.
Gefäßzentren und Zertifizierung
Die Bildung interdisziplinärer Gefäßzentren erfolgt auf dem Boden verbesserter multimodaler Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten, der absoluten Zunahme gefäßkranker Patienten und der politischen Forderung nach krankheitsorientierten Zentren. Hinzu kommen die Attraktivität des Konzeptes für Patienten und Zuweiser sowie veränderte ökonomische Rahmenbedingungen, die eine Bündelung der Ressourcen im Krankenhaus erfordern. Zur Sicherstellung der strukturellen und prozeduralen Qualität in Gefäßzentren werden von der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie (DGG) seit 2003 Gefäßzentren nach schriftlicher Antragstellung begutachtet [2]. Seither sind 92 Zentren nach Durchführung eines Audits zertifiziert worden, 21 Anträge wurden abgelehnt. Seit 2006 wurden einige Zentren zusammen mit der Deutschen Röntgen-Gesellschaft zertifiziert, seit 2005 führt auch die Deutsche Gesellschaft für Angiologie Zertifizierungen durch. Ab 2007 ist eine gemeinsame Zertifizierung aller drei Fachgesellschaften vorgesehen (Abb. 4, Abb. 5).
Spezialisierung innerhalb der Chirurgie seit 1991
Die zunehmende Spezialisierung und Schwerpunktbildung innerhalb der Chirurgie hat in den letzten Jahren eine mehrfache Anpassung der Weiterbildungsordnung (WBO) erfordert. Mit Beschluss des Deutschen Ärztetages 2004 erhielten alle chirurgischen Fächer einen eigenen Facharzttitel. Dieser Beschluss wurde in den letzten 2 Jahren in allen Bundesländern umgesetzt. In der aktuellen Gesundheitsberichterstattung des Bundes vom 21.04.2007 lässt sich die stetige Zunahme chirurgischer Facharzttitel, Schwerpunktbezeichnungen und Teilgebietserwerben nachvollziehen. Innerhalb der Allgemeinchirurgie haben die Facharzttitel um ca. 70% zugenommen, innerhalb der neuen chirurgischen Fächer haben sich die Zahlen seit 1991 z. T. verdoppelt und verdreifacht.
Absolut am häufigsten sind mit großem Abstand die Allgemeinchirurgie und die Unfallchirurgie/Orthopädie vertreten (Tab. 4). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Unfallchirurgie und Orthopädie erst mit Inkrafttreten der neuen WBO zusammengefasst worden sind. Während Orthopädie und Herzchirurgie schon seit langem einen eigenen Facharzttitel führen sind Ärztinnen/Ärzte mit den Schwerpunktbezeichnungen Unfall, Gefäß-, Viszeral- und Thoraxchirurgie nach alter WBO auch Fachärzte für Chirurgie. Der Facharzt für Allgemeinchirurgie nach neuer WBO kann von diesen Chirurginnen/en derzeit beantragt werden.
Aus Abb. 6 wird deutlich, dass insbesondere spezialisierte Ärztinnnen/Ärzte aus der Unfall-, Gefäß- und Viszeralchirurgie nicht nur in spezialisierten chirurgischen Abteilungen, sondern auch in anderen chirurgischen Abteilungen in großer Zahl vertreten sind. Hierbei dürfte es sich in erster Linie um ungeteilte allgemeinchirurgische Kliniken handeln. Die Unfallchirurgie stellt die größte spezialisierte Facharztgruppe im Krankenhaus dar (n=2616 in 626 Kliniken), gefolgt von der Gefäßchirurgie mit 1034 Fachärztinnen/Fachärzten in 401 Kliniken.
Mit Ausnahme der Herzchirurgie und der Thoraxchirurgie sind in allen chirurgischen Fächern mindestens 20% der Fachärztinnen/Fachärzte in leitender Funktion tätig (Abb. 7).
Entwicklung der chirurgischen Fachabteilungen seit 1990
Während die Anzahl aller chirurgischen Fachabteilungen/Kliniken seit 1990 nur leicht zugenommen hat, hat sich die Anzahl spezialisierter Abteilungen z. T. mehr als verdoppelt. Dies betrifft besonders die Unfall-, Gefäß-, Thorax- und Herzchirurgie sowie die plastische Chirurgie. Die Anzahl kinderchirurgischer Abteilungen ist hingegen weitgehend konstant geblieben (Tab. 5). Bettenzahlen, Grad der Belegung und mittlere Verweildauer in den chirurgischen Fachabteilungen sind in Tab. 6 dargestellt.
Die Gefäßchirurgie ist in 25 von 64 Krankenhäusern (39%) mit mehr als 900 Betten und in 42 von 80 Krankenhäusern (53%) mit 600–899 Betten als selbstständige Abteilung vertreten (Abb. 8). Kliniken mit 300–599 Betten (n=408) verfügen in 92 Fällen über eine Abteilung Gefäßchirurgie. Die restlichen ca. 50 eigenständigen Abteilungen verteilen sich auf 761 kleine Krankenhäuser mit mehr als 300 Betten. Hier finden sich auch viele sog. Venen-Kliniken (Abb. 8).
Gefäßchirurgie an Universitätskliniken und Kliniken mit über 900 Betten
Während in 53% aller mittelgroßen und 39% aller großen Krankenhäuser eine gefäßchirurgische Abteilung anzutreffen ist, stellt sich die Situation an den 33 Universitätskliniken (38 Klinikstandorte, da in Berlin/Charité, in der LMU München und den Universitätskliniken Schleswig-Holstein und Marburg/Gießen 3 bzw. 2 Kliniken vorliegen) anders dar. Nur in 6 aller 38 universitären Klinikstandorte ist die Gefäßchirurgie eigenständig (Universitätskliniken Aachen, Düsseldorf, Heidelberg, Klinikum rechts der Isar/TU München, Ulm, St.-Josefs-Hospital Bochum), in 7 Kliniken gibt es eigene Bereiche bzw. Sektionen zumeist ohne volle Personalhoheit und Budgetverantwortung (Universitätskliniken Erlangen, Frankfurt a.M., Köln, Magdeburg, LMU Innenstadt München, Würzburg). In 15 Universitätskliniken ist die Gefäßchirurgie in die Allgemein-/Viszeralchirurgie und 10-mal in die Herzchirurgie integriert.
Die unterschiedliche Repräsentanz der Gefäßchirurgie an Universitätskliniken im Vergleich zu nichtuniversitären Großkliniken mit mehr als 900 Betten zeigt Abb. 9. Während in kommunalen/städtischen Großkliniken in 59% (20 von 34 Klinikstandorten) eine eigenständige Gefäßchirurgie vorliegt, ist dies nur in 6 von 38 (16%) aller universitären Klinikstandorte der Fall. In den nichtuniversitären Großkliniken finden sich 13 DGG-zertifizierte Gefäßzentren (davon 12-mal bei eigenständiger Gefäßchirurgie), in den Universitätskliniken wurden 10 Gefäßzentren von der DGG zertifiziert (davon 4 der 5 selbstständigen gefäßchirurgischen Abteilungen und 3 der 7 Sektionen Tab. 7, Tab. 8).
Limitationen
Die Daten des Statistischen Bundesamtes lassen keine zuverlässige Erfassung der endovaskulären Therapieverfahren zu. Auch ist nicht bekannt, wie viele Radiologen interventionell tätig sind. Im DRG-Bericht von 2005 werden erstmals Operationen und Prozeduren nach OP-Ziffern gezählt. Für die Ziffern 5.38–5.39 (Operationen an Blutgefäßen) wird eine Anzahl von 616.864 Operationen angegeben. Perkutane Katheterinterventionen befinden sich in der Zifferngruppe 8.80–8.85 (Maßnahmen für den Blutkreislauf, n=2.622.806). Da diese Angaben nicht fallbezogen sind, sondern zumeist mehrere Ziffern bei einem Patienten kodiert werden, ist eine valide fallbezogene Zahlenangabe nicht möglich. Der tatsächliche operative Aufwand (Komplexität, Dauer etc.) ist ebenfalls anhand reiner Fallzahlen nicht messbar. Die Anzahl der in den einzelnen Fächern abgerechneten DRGs wird nicht mitgeteilt, ebenso nicht der ermittelte Case-Mix-Index (CMI).
Fazit für die Praxis
Arterielle und venöse Gefäßerkrankungen sind Volkskrankheiten. Aufgrund des demographischen Wandels werden Inzidenz und Prävalenz weiter zunehmen. Jährlich werden in den Krankenhäusern über 400.000 gefäßmedizinische Hauptdiagnosen kodiert. Mehr als 70% dieser gefäßmedizinischen Diagnosen werden – mit Ausnahme der Phlebothrombose – in gefäßchirurgischen oder ungeteilten chirurgischen Abteilungen behandelt. 50% aller gefäßmedizinischen Hauptdiagnosen werden einer operativen Therapie zugeführt.
Die Spezialisierung innerhalb der Chirurgie schreitet voran, u. a. sind derzeit mehr als 1100 Gefäßchiruginnnen/en tätig, davon >90% im Krankenhaus. Insgesamt ist die Gefäßchirurgie in 401 Kliniken fachlich vertreten. Seit 1990 hat die Anzahl eigenständiger Abteilungen für Gefäßchirurgie von 81 auf 213 zugenommen. In 53% aller mittelgroßen (>600–899 Betten) und 39% aller großen Krankenhäuser (>900 Betten) gibt es eine selbstständige gefäßchirurgische Abteilung. An den Universitätskliniken ist dies nur in 16% der Fall. Dies ist unverständlich, da sich die Gefäßchirurgie als eigenständiges Fach mit eigenem Facharzttitel in Deutschland und auf europäischer Ebene etabliert hat. Gefäßzentren ohne eine jederzeit verfügbare Gefäßchirurgie sind undenkbar.
Für die Zukunft ist die weitere strukturelle Verankerung und Verselbstständigung der Gefäßchirurgie in allen größeren Krankenhäusern anzustreben. Eine substanziell bessere Verankerung der Gefäßchirurgie an den deutschen Universitätskliniken ist essenziell für die Weiterentwicklung der gesamten Gefäßmedizin in Forschung und Lehre.
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Eckstein, HH., Knipfer, E. Status quo der Gefäßchirurgie. Chirurg 78, 583–592 (2007). https://doi.org/10.1007/s00104-007-1367-8
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