Im Jahr 2004 wird es in den U.S.A. schätzungsweise 8000–10.000 neue Fälle von Weichgewebssarkomen geben, und 3500 Menschen werden an einem solchen Tumor versterben [12]. In Europa beträgt die Inzidenz ca. 1,0–3,0 Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr [5].

Es handelt sich also um relativ seltene Tumoren, die hinsichtlich anatomischer Lokalisation, Histopathologie und klinischen Ergebnissen sehr heterogen sind. Gegenstand dieser Übersichtsarbeit ist das therapeutische Management der intraabdominellen und retroperitonealen Weichgewebssarkome. Ausgeklammert werden viszerale Sarkome, wie der gastrointestinale Stromatumor (GIST) und das hepatische Sarkom, die eigene abzugrenzende Entitäten darstellen.

Sarkome stammen von den mesenchymalen Zellen ab. Über 50 verschiedene histologische Subtypen dieser Weichgewebstumoren sind beschrieben. Die häufigsten retroperitonealen Sarkome sind das Liposarkom und das Leiomyosarkom (Abb. 1). Liposarkome werden weiter subklassifiziert als gut differenziert, entdifferenziert, myxoid/rundzellig oder pleomorph [21]. Die gut differenzierten und entdifferenzierten Subtypen treten vorzugsweise im Retroperitoneum auf.

Abb. 1
figure 1

Verteilung der histologischen Subtypen retroperitonealer Sarkome, die zwischen 1982 und 2003 am Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York behandelt worden sind (n=283 primäre retroperitoneale Sarkome). MFH malignes fibröses Histiozytom, MPNST maligner peripherer Nervenscheidentumor

Mit der zunehmenden Verbesserung der histopathologischen Diagnostik von Weichgewebssarkomen ist die früher häufig gestellte Diagnose des malignen fibrösen Histiozytoms (MFH) eine Ausschlussdiagnose geworden. Unter Verwendung der WHO-Klassifikation von 2002 sind die meisten ehemals als MFH eingeordneten Tumoren reklassifizierbar. Bei adäquater, repräsentativer Untersuchung kann in ehemals als retroperitoneales MFH eingeordneten Tumoren oft eine Komponente gut differenziertes Liposarkom gefunden werden, so dass es sich insgesamt um ein entdifferenziertes Liposarkom handelt [3]. Übrig bleiben nur undifferenzierte pleomorphe Sarkome, die weiter als malignes fibröses Histiozytom (MFH) einzuordnen sind [1].

Diagnostik

Patienten mit retroperitonealen Sarkomen werden fast stets durch eine abdominelle Raumforderung auffällig. Die Diagnosestellung erfolgt oft mit Verzögerung—aufgrund der Lokalisation und des Fehlens von Frühsymptomen. Bei der Mehrzahl der Patienten hat der Primärtumor zum Zeitpunkt der Erstdiagnose einen Durchmesser von über 10 cm. Meistens haben die Patienten unspezifische Symptome, wie nicht genauer lokalisierbaren Abdominal- und Rückenschmerz, Gewichtsverlust, Missempfindungen an der unteren Extremität, wie Parästhesien, Dysästhesien oder venöse Stauungen.

Etwa ein Drittel der retroperitonealen Tumoren sind Sarkome

Die Mehrzahl der retroperitonealen Tumoren ist maligne und etwa ein Drittel der Tumoren sind Sarkome. Um diese retroperitonealen Sarkome von anderen Tumoren des Retroperitoneums zu unterscheiden, sollte schon bei der klinischen Untersuchung und detaillierten Anamneseerhebung auf bestimmte Befunde besonderes Augenmerk gerichtet werden:

  • Zum Beispiel ist es wichtig, Zeichen und Symptome eines Lymphödems zu erfassen, ebenso Befunde einer exzessiven endokrinen Hormonausschüttung und Hinweise auf einen Hodentumor. Die Bestimmung von Serummarkern für Keimzelltumoren kann ebenfalls hilfreich sein.

Die radiologische Diagnostik ist essentiell, um das lokale Ausmaß des Tumors einschätzen zu können. Begonnen werden sollte mit einer Computertomographie von Abdomen und Becken (Abb. 2). Für eine bestmögliche diagnostische Aussagekraft sollte die CT-Untersuchung mit intravenösem Kontrastmittel durchgeführt werden, wodurch die Nierenfunktion und benachbarte Gefäßstrukturen beurteilbar werden. Wenn genauere Informationen über eine Gefäßbeteiligung benötigt werden, ist die CT-Angiographie das bildgebende Verfahren der Wahl.

Abb. 2
figure 2

Fall eines retroperitonealen Sarkoms bei einer 34 Jahre alten Frau, die sich mit einer abdominellen Raumforderung vorstellte. Links oben: Die Computertomographie zeigt eine retroperitoneale Raumforderung, die vom rechten Musculus psoas ausgeht. Rechts oben und unten: Makromorphologische Bilder des resezierten Tumors, der einen Durchmesser von 11 cm aufweist. Links unten: Histopathologisches Bild eines seltenen inflammatorischen myofibroblastischen Tumors

Die CT-Untersuchung stellt nicht nur den Primärtumor dar, sondern dient auch der Abklärung potentieller Metastasierungsorte. Intraabdominelle und retroperitoneale Sarkome metastasieren am häufigsten in extrapulmonale Lokalisationen, wie Leber und die Oberflächen des Peritoneums.

Multiple Bildgebungsuntersuchungen verbessern das therapeutische Management nicht

Die konventionelle Thorax-Leeraufnahme ist weiterhin eine hilfreiche Screeninguntersuchung für Lungenmetastasen. Auffällige Befunde sollten durch ein Thorax-CT abgeklärt werden. Die Bedeutung der Magnetresonanztomographie (MRT) beim retroperitonealen Sarkom hingegen ist noch unklar. Unbestritten ist, dass das MRT bestimmte anatomische Strukturen und Nachbarbeziehungen besser wiedergibt, aber der Nutzen dieser Zusatzinformationen ist nur marginal. Multiple Bildgebungsuntersuchungen verbessern das therapeutische Management nicht, sondern treiben lediglich die Kosten in die Höhe.

Aktuelle Studien haben Enthusiasmus für funktionelle Zusatzuntersuchungen, wie die Positronenemissionstomographie (PET) zur Diagnostik, zum Staging und zur Verlaufskontrolle des retroperitonealen Sarkoms entfacht. Durch PET mit Fluorodesoxyglukose (FDG) als Tracer lässt sich metabolisch aktives Gewebe darstellen. Aber ein Vorteil des PET gegenüber dem kontrastmittelverstärktem CT ist noch unbewiesen [9, 10]. Viele verschiedene Untersucher studieren den Nutzen dieser Methode bei der Diagnose und Detektion des Ansprechens (Response) auf eine antineoplastische Therapie, oder zur Identifikation eines Rezidivs. Derzeit gibt es noch keine klar definierten Kriterien für den routinemäßigen Einsatz des PET-Scans zur Beurteilung des primären retroperitonealen Weichgewebssarkoms.

Biopsien

Biopsien verdächtiger Raumforderungen können präoperativ zur Differenzierung zwischen benignen und malignen Prozessen genutzt werden. Wir resezieren retroperitoneale Sarkome allerdings auch ohne histologische Sicherung, wenn ein begründeter Verdacht besteht und der Tumor resektabel erscheint (Abb. 3). Eine präoperative bioptische Sicherung wird nur zwingend angestrebt, wenn Patienten in neoadjuvante Studienprotokolle eingeschlossen werden sollen, wenn Verdacht auf systemische Metastasierung oder Irresektabilität besteht und wenn die histopathologische Diagnose Sarkom nicht zweifelsfrei klar ist.

Abb. 3
figure 3

Algorithmus für die Behandlung retroperitonealer Sarkome

Wenn eine Biopsie indiziert ist, bevorzugen wir die Stanzbiopsie. Limitierender Faktor einer solchen CT-gesteuerten Biopsie ist die Erreichbarkeit des Tumors im Abdomen oder Retroperitoneum. Manche bevorzugen die Feinnadelaspirationszytologie, deren Ergebnisse jedoch in hohem Maße vom Können und der Erfahrung des Zytopathologen abhängig sind. Die diagnostische Genauigkeit dieser Methode liegt zwischen 60 und 96% [19]. Die Stanzbiopsie zeichnet sich durch hohe diagnostische Genauigkeit bei der Evaluation retroperitonealer Sarkome aus. Es wird genug Gewebe gewonnen um auch diagnostische Zusatzuntersuchungen vornehmen zu können.

Klassifikation durch Histopathologie und molekulare Zusatzdiagnostik

Die phänotypische Charakterisierung und diagnostische Klassifikation der Weichgewebssarkome basiert auf der histologischen Untersuchung und Einordnung gemäß Analogie zu mesenchymalen Zelllinien (Fibrozyten, Lipozyten, Rhabdomyozyten etc.). Allerdings weichen diese Tumoren häufig vom „normalen“ histopathologischen Phänotyp ab und zeigen abweichende Merkmale, was die Diagnose der Weichgewebssarkome auch für den Pathologen zu einer Herausforderung macht. Die zunehmend eingesetzten molekulardiagnostischen Techniken dienen der genaueren Subklassifikation und werden zu einem besseren Verständnis der Tumorgenese führen [1].

Die molekulare Klassifikation von Weichgewebssarkomen beinhaltet zwei Hauptkategorien: Einzelne wiederkehrende genetische Veränderungen, wie chromosomale Translokation und nichtwiederkehrende genetische Veränderungen, welche Bestandteil eines komplexen, abnormen Karyotyps sind. Häufig werden chromosomale Translokationen beobachtet, die mit der Bildung eines neuen, tumorspezifischen chimären Gens einhergehen.

Diese Eigenschaften sind integraler Bestandteil bei der Diagnose histomorphogisch gleicher Fälle. Wissenschaftler arbeiten kontinuierlich an der Standardisierung der diagnostischen und prognostischen Kriterien (Tabelle 1). Die Genotypisierung könnte zu einem besseren Verständnis der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Sarkomsubtypen führen. Darüber hinaus ist anzunehmen, dass die Erforschung veränderter genetischer Signalwege helfen wird, das klinische Verhalten dieser Tumoren zu bestimmen und molekulare Therapien zu entwickeln.

Tabelle 1 Genetische Veränderungen beim retroperitonealen Sarkom

Therapie

Primäre Strategie: Chirurgische Resektion

Die chirurgische Resektion ist unbestritten die primäre Behandlungsstrategie des retroperitonealen Sarkoms. Die optimale Strategie für jeden Patienten wird zunächst durch das Ausmaß der Erkrankung und den Zeitpunkt der Erstdiagnose bestimmt. Patienten mit einem resektablen Tumor sollten sofort operiert werden.

Patienten mit resektablem Tumor sollten sofort operiert werden

Als operativer Zugang wird zumeist eine mediane Laparotomie verwendet, wodurch eine gute Exposition der großen Gefäße wie Aorta und Vena cava ermöglicht wird. Manche retroperitonealen Sarkome lassen sich jedoch auch gut über einen Flankenschnitt erreichen.

Die in der Literatur berichteten Resektabilitätsraten variieren stark. Die Ergebnisse sind abhängig davon, ob eine Serie Rezidiverkrankungen miterfasst und welche Kriterien für die Festlegung der Resektabilität verwendet werden. Außerdem sind das Können und die Erfahrung des Chirurgen entscheidend.

Technisch anspruchsvoll wird die Tumorresektion durch Beteiligung angrenzender Strukturen, wie Blutgefäße, Nerven und Nachbarorgane. Wegen des infiltrativen Wachstumsverhaltens der Sarkome ist die En-bloc-Resektion beteiligter Organe und neurovaskulärer Strukturen bei etwa 75% der Patienten erforderlich [14]. Häufig müssen Dünndarm, Kolon, Nebennieren oder Nieren mitentfernt werden, um eine komplette Resektion zu erzielen, auch wenn keine direkte Invasion vorliegt.

Die Resektion der unteren Hohlvene kann bei ausgewählten Patienten indiziert sein, wenn dadurch die komplette Tumorresektion zu erzielen ist. Zahlreiche vaskuläre Rekonstruktionstechniken sind beschrieben worden, wie die primäre Gefäßrekonstruktion, die Rekonstruktion mit autologer Patch-Plastik und die Implantation von Rohrprothesen. Alternativ ist auch die Ligatur der Vena cava eine Option, insbesondere wenn bereits präoperativ eine Thrombose vorgelegen hat [8].

Da bei den (retroperitonealen) Sarkomen das Risiko einer nodalen Metastasierung praktisch gleich Null ist, besteht auch keine Notwendigkeit Lymphknotenbiopsien, geschweige denn eine Lymphadenektomie durchzuführen. Die komplette Resektion des Primärtumors ist der einzige und wichtigste prognostische Faktor für ein langfristiges krankheitsfreies Überleben und ist das Ziel des chirurgischen Eingriffs (Abb. 4). Sehr ausgedehnt wachsende Tumoren mit komplexer Gefäßbeteiligung und peritonealen Metastasen sind of irresektabel. Seltenere Gründe für Irresektabilität sind die Invasion der Mesenterialwurzel oder des Rückenmarks [11]. Die Resektabilität eines retroperitonealen Sarkoms wird—wie oben erwähnt—am zuverlässigsten durch die Computertomographie vorhergesagt. Mit dieser Bildgebung wird auch die dezidierte Operationsstrategie geplant.

Abb. 4
figure 4

Gesamtüberleben von Patienten mit kompletter Resektion vs. inkompletter Resektion eines retroperitonealen Sarkoms zwischen 1982 und 2003 am Memorial Sloan-Kettering Cancer Center (n=275 Patienten mit kompletten Daten)

Aufgrund der zumeist großen Ausdehnung und komplexen, dreidimensionalen Orientierung des Tumors ist es schwierig, den mikroskopischen Status der Resektionsränder zu bestimmen. Beim retroperitonealen Liposarkom kann es durch den hohen Differenzierungsgrad des Tumors außerdem schwierig sein, zwischen Tumorgewebe und normalem retroperitonealem Fettgewebe zu unterscheiden und tumorfreie Resektionsränder zu erhalten [21]. Daher wird „komplette Resektion“ sinnvollerweise als „Entfernung allen makroskopisch sichtbaren Tumors“ definiert.

Die Unmöglichkeit Tumorfreiheit der Resektionsränder zu erzielen, verbunden mit dem Risiko des Lokalrezidivs, bleiben die häufigsten Ursachen des Therapieversagens.

Adjuvante Therapie

Beim Sarkom der Extremitäten ist es gelungen die lokale Tumorkontrolle durch adjuvante Strahlentherapie zu verbessern. Es wird nun versucht diese Behandlungserfolge durch adjuvante Therapieprotokolle auf die retroperitonealen Sarkome zu übertragen.

Verschiedene Formen und Kombinationen adjuvanter Therapien sind mit bislang nur geringem Erfolg angewendet worden. In einigen großen retrospektiven Studien zur adjuvanten Radiochemotherapie ist gezeigt worden, dass zwar das Zeitintervall bis zum Auftreten eines Rezidivs verlängert, das Gesamtüberleben aber nicht beeinflusst wird [6, 4]

Die Anwendung der alleinigen Strahlentherapie ist limitiert durch die Größe der erforderlichen Strahlenfelder und die potenziell schädigende Wirkung der Strahlen auf strahlensensible normale Gewebe, die sich ebenfalls im Zielgebiet befinden. Ein Hauptproblem ist die Strahlenfibrose im Bereich des Dünndarmes. Netze und kochsalzgefüllte Gewebsexpander sind verwendet worden, um ein Vorfallen des Dünndarmes in das Bestrahlungsfeld zu verhindern. Die Bedenken hinsichtlich der Strahlentoxizität veranlassen zur Dosisreduktion der Strahlentherapie, bisweilen bis unter einen für die Behandlung effektiv wirksamen Level. Neuartige Strategien zur Verbesserung der Strahlenapplikation sind untersucht worden, aber eine Verbesserung der Rate lokaler Tumorkontrolle ist sehr schwierig zu beweisen.

Neoadjuvante Therapie

Theoretischer Vorteil der neoadjuvanten Therapie ist die Möglichkeit, der potenziellen Aussaat von Zellen während der intraoperativen Manipulation vorzubeugen; außerdem die Möglichkeit eine niedrigere, biologisch effektive Strahlendosis zu verwenden. Bei der präoperativen Therapie ist der Tumor außerdem besser abgrenzbar, was günstig für die Bestrahlungsplanung ist. Radiosensitive Eingeweide lassen sich besser schützen, da sie außerhalb des Behandlungsfeldes des in situ gelegenen Tumors liegen.

Die präoperative Strahlentherapie ist zusätzlich mit intraoperativer Boost-Bestrahlung kombiniert worden, wobei verschiedene Techniken, wie der Elektronenbeamer und die Brachytherapie angewendet worden sind. Die „intensitätsmodulierte Radiotherapie“ (IMRT) beinhaltet die „dreidimensionale konformale Therapie“. Die Strahlenfelder werden individuell berechnet und haben eine über ihren Querschnitt variable Strahlenintensität. Die „inverse Bestrahlungsplanung“ erlaubt darüber hinaus die genaue Vorausbestimmung der Strahlendosis auf Normal- und Zielgewebe. Klinischer Nutzen der konformalen Dosisapplikation ist die Vermeidung der Applikation hoher Strahlendosen auf lymphatisches Gewebe, neurovaskuläre und viszerale Strukturen und gewichtstragende Knochen.

Kombinierte Behandlungsansätze mit systemischer Chemotherapie als Radiosensitizer und nachfolgender externer Strahlenapplikation ergaben akzeptable Toxizitätsprofile und könnten therapeutische Vorteile bringen. Die Erfahrungen mit der multimodalen Therapie beim Extremitätensarkom haben zu viel versprechenden Raten lokaler Tumorkontrolle geführt. Beim retroperitonealen Sarkom jedoch sollten solche Protokolle nur innerhalb von Studien in Betracht gezogen werden

Die alleinige neoadjuvante Chemotherapie ist beim retroperitonealen Sarkom nicht gerechtfertigt

Pilotstudien zur präoperativen Chemotherapie mit Doxorubicin- und Ifosfamid-basierten Protokollen haben sich als geeignete Therapiestrategie erwiesen [18]. Mit der alleinigen neoadjuvanten Chemotherapie werden jedoch nur mäßige Ansprechraten erzielt, weshalb sie beim retroperitonealen Sarkom nicht gerechtfertigt ist.

Therapie bei Irresektabilität

Die komplette chirurgische Resektion ist—wie bereits ausgeführt—die optimale Behandlung der retroperitonealen Weichgewebssarkome. Bei Irresektabilität lokal fortgeschrittener Läsionen, richtet sich die Therapie nach der Symptomatik. In zahlreichen Studien ist es nicht gelungen einen Überlebensvorteil für Patienten mit partiellen oder inkompletten Resektionen beim retroperitonealen Sarkom aufzuzeigen. Oft ist bei lokal fortgeschrittenen, irresektablen Tumoren daher ein abwartendes Management am besten gerechtfertigt.

Nach Resektion eines retroperitonealen Sarkoms, bei der makroskopisch sichtbare Tumoranteile zurückgelassen werden, ist die Überlebensrate vergleichbar mit der von Patienten, die ausschließlich biopsiert werden [11]. Eine Ausnahme stellt in dieser Hinsicht das retroperitoneale Liposarkom dar, ein weniger aggressiver histologischer Tumorsubtyp, bei dem häufig die lokale Tumorprogression (und nicht ein systemischer Progress) zum Tode führt. In dieser Subgruppe kann sich auch eine inkomplette Resektion von Vorteil sein. Eine jüngst publizierte Studie zeigt ein verlängertes Überleben und eine erfolgreiche Palliation von Symptomen bei inkompletter Resektion im Vergleich zu alleiniger Biopsie und Exploration, mit einem medianen Überleben von 26 Monaten gegenüber 4 Monaten. Der Überlebensvorteil war in dieser Studie am größten bei Patienten mit Ersttumoren [20].

Ein Metastasenverdacht zum Zeitpunkt der Erstdiagnose sollte durch perkutane Biopsie gesichert werden (Abb. 3). Wenn Patienten Symptome durch die mechanische Obstruktion (verdrängendes Tumorwachstum) haben, kann auch in diesem Fall eine (palliative) Resektion indiziert sein. Ansonsten muss bei Irresektabilität auf eine Chemotherapie ausgewichen werden, wofür verschiedene Substanzen zur Verfügung stehen: Anthrazykline und Ifosfamid sind die wirksamsten Substanzen bei Weichgewebssarkomen, mit Ansprechraten zwischen 16 und 36%, wenn sie als Einzelsubstanztherapie eingesetzt werden [1]. Anthryzyklin-basierte kombinierte Protokolle haben geringfügig bessere Responseraten zwischen 35% und 60%, aber die Toxizität ist viel größer als bei alleiniger Anwendung.

Desmoidtumoren

Aufgrund ihres besonderen biologischen Verhaltens müssen Desmoidtumoren gesondert betrachtet werden. Desmoidtumoren gehören zu einer seltenen Gruppe fibröser Gewebsproliferationen, welche zu lokalinvasivem Wachstum nicht aber zur Metastasierung neigen. Eine solche intraabdominelle Fibromatose kann mit einer familiären adenomatösen Polypose assoziiert sein oder auch sporadisch auftreten.

Chirurgie ist auch bei den Desmoidtumoren der Hauptpfeiler der Therapie. Allerdings sind nach der Resektion auch bei großen Sicherheitsabständen Lokalrezidive häufig. Die Resektion von Desmoidtumoren ist meistens mit signifikanter postoperativer Morbidität assoziiert, insbesondere durch den Verlust von Dünndarm, als Folge der Beteiligung der Mesenterialgefäße. Es scheint kein Überlebensunterschied zwischen komplett und inkomplett resezierten Patienten zu bestehen [22]. Angesichts des Risikos der Verletzung mesenterialer Gefäße und der dann notwendigen Darmresektion, mag eine abwartende Haltung bei asymptomatischen Patienten indiziert sein. Zwar ist die Dünndarmtransplantation nach ausgedehnten Dünndarmresektionen als Therapieoption erprobt worden. Dieses Verfahren ist aber weiterhin experimentell und außergewöhnlichen Fällen vorbehalten.

Prognoseprädiktion

Die komplette chirurgische Resektion retroperitonealer Sarkome zum Zeitpunkt der primären Präsentation ist der stärkste prognostische Faktor für das langfristige krankheitsspezifische Überleben [7]. Die 5-Jahres-Überlebensrate von Patienten nach Resektion beträgt etwa 40% [2, 7]. Das mediane Überleben von Patienten nach R0-Resektion beträgt 60 Monate, im Vergleich zu 24 Monaten medianer Überlebenszeit bei inkompletter Resektion [11].

Das mediane Überleben von Patienten nach R0-Resektion beträgt 60 Monate

Da die Prognose bei Patienten mit irresektablen Tumoren oder positiven makroskopischen Resektionsrändern signifikant schlechter ist, hat der initiale chirurgische Eingriff den größten Einfluss auf das Überleben. Andere, mit einem schlechteren Überleben assoziierte Faktoren sind der Differenzierungsgrad und die Rezidiverkrankung [14]. Das Risiko an einem entdifferenzierten Liposarkom zu versterben ist 6fach höher im Vergleich zum gut differenzierten Liposarkom [21]. Ein Patientenalter unter 50 Jahren und ein hoher Entdifferenzierungsgrad sind ferner mit einem erhöhten Metastasierungsrisiko assoziiert. Wenn aber das Ausmaß der Resektion mitberücksichtigt wird, trägt keiner dieser Faktoren zur Letalität durch den Tumor bei.

Das mediane Überleben beim Lokalrezidiv beträgt (vom Zeitpunkt der Diagnose an gerechnet) 28 Monate [14]. Auch in diesem Fall ist eine komplette Tumorresektion des Rezidivtumors ein günstiger Prognosefaktor für das krankheitsspezifische Überleben. Prädiktionsinstrumente wie Nomogramme sind entwickelt worden, um das „sarkomspezifische“ 12-Jahres-Überleben zu kalkulieren: Berücksichtigt werden Größe, Tiefeninvasion, Lokalisation, Histologie und Patientenalter [13]. Im Durchschnitt liegen die Schätzungen mit dem Nomogramm innerhalb ±8% der tatsächlichen Überlebenswahrscheinlichkeiten. Keine Berücksichtigung finden in dem Modell behandlungsabhängige Variablen, wie die Art der Resektion und die Strahlentherapie. Ein Nomogramm zur Prognoseprädiktion beim retroperitonealen Sarkom, welches anhand von Patientendaten des MSKCC zwischen 1982 und 2000 entwickelt worden ist, steht im Internet auf http://www.nomograms.org als Palm™-Anwendung zum Download zur Verfügung.

Ergebnisse

Die Behandlungsergebnisse beim viszeralen und retroperitonealen Weichgewebssarkom werden weitreichend dadurch bestimmt, dass es häufig misslingt lokale Tumorkontrolle zu erzielen. Rezidive werden oft innerhalb von zwei Jahren nach der initialen Behandlung beobachtet, können aber bei Low-grade-Liposarkomen auch noch nach einem krankheitsfreien Intervall von 5 Jahren auftreten.

Entscheidend ist die langfristige Tumornachsorge, da bei 40% der Patienten, die nach 5 Jahren krankheitsfrei sind, noch bis zu 10 Jahre später die Wahrscheinlichkeit ein Rezidiv zu erleiden besteht [7]. Eine höhere Wahrscheinlichkeit lokal zu rezidivieren haben insbesondere Liposarkome sowie stark entdifferenzierte Sarkome [14].

Beim lokal rezidivierenden retroperitonealen Sarkom beträgt das mediane Überleben 28 Monate, bei der metastasierenden Tumorerkrankung lediglich 13 Monate [14]. In einer kürzlich publizierten Studie gab es bei Patienten mit retroperitonealem Sarkom, die an einem ausgedehnten Lokalrezidiv verstarben in etwa 75% keine Hinweise auf Metastasen [23]. Bei Patienten mit dem Ersttumor eines retroperitonealen Liposarkoms betrug das krankheitsspezifische 3-Jahres-Überleben nach inkompletter Resektion 43%, im Vergleich zur Gesamtüberlebensrate von 73%.

Eine En-bloc-Nephrektomie war für das Erzielen einer kompletten Resektion bei 38% der Patienten erforderlich. Die Nephrektomie hatte keinen negativen Einfluss auf das krankheitsspezifische Überleben. Zwar ist die Bedeutung der kompletten Resektion durch Mitresektion infiltrierter Nachbarorgane gezeigt worden, jedoch hatten Patienten, bei denen andere Organe als die Niere mitreseziert werden mussten, ein 2fach erhöhtes Risiko an der Krankheit zu versterben. Dies legt nahe, dass die Notwendigkeit der Resektion von Nachbarorganen eine aggressivere Tumorbiologie widerspiegelt [21].

Obwohl die 5-Jahres-Überlebensrate relativ niedrig ist, gibt es Langzeitüberlebende mit einem retroperitonealen Sarkom. Der einzige prognostische Faktor, der mit Langzeitüberleben assoziiert ist, ist die komplette Tumorresektion, was die Bedeutung eines wohlüberlegten chirurgischen Managements unterstreicht [7].

Follow-up und Rezidiv

Überwachungsstrategien sind optimal geeignet, um die bei den retroperitonealen Sarkomen häufigen Lokalrezidive nachzuweisen und dann therapeutisch reagieren zu können. Wie bereits erwähnt ist die Computertomographie von Abdomen und Becken das bildgebende Verfahren der Wahl. Empfehlenswert ist zusätzlich eine konventionelle Thoraxaufnahme oder ein Thorax-CT.

Am MSKCC werden Patienten in den ersten 3 Jahren alle 3–4 Monate nachgesorgt. Danach wird das Nachsorgeintervall auf ein halbes Jahr verlängert. Die CT-Untersuchungen werden in variablen Zeitintervallen durchgeführt. Letztere werden an das zu erwartende Rezidivrisiko und den Allgemeinzustand des Patienten angepasst. Da sich das Rezidivrisiko zwischen 5 oder 10 Jahren nicht vermindert, sollten die jährlichen Nachsorgeuntersuchungen fortgesetzt werden, um späte Rezidive zu detektieren. Ziel der gestaffelten Überwachung ist die Detektion resektabler Lokalrezidive oder der Metastasierung.

Ein aggressiver Therapieansatz wird für das erste Rezidiv empfohlen, da das mediane Überleben nach Resektion eines Lokalrezidivs 60 Monate beträgt, im Vergleich dazu 20 Monate ohne Resektion [14]. Rezidive sind in etwa 44% der Fälle komplett resezierbar. Das mediane Überleben von Patienten nach kompletter Resektion eines Rezidivs beträgt 41 Monate. Im Vergleich dazu hatten als irresektabel eingeschätzte Patienten in der gleichen Studie ein nur 15-monatiges medianes Überleben [11].

Retroperitoneale Sarkome rezidivieren häufig multifokal

Wenn ein Rezidiv auftritt, ist dies gleichzeitig ein Indikator für weitere Rezidiverkrankungen. Dies reflektiert wahrscheinlich ein zunehmend aggressiveres biologisches Verhalten des Tumors und die mit multiplen abdominellen Operationen verbundenen technischen Schwierigkeiten. Erschwerend kommt hinzu, dass retroperitoneale Sarkome häufig multifokal rezidivieren [23], wodurch die Resektionsrate deutlich vermindert wird. Multiple intrabdominell verstreute Rezidive sind als metastasierte Erkrankung anzusehen.

Die Chance eines Patienten eine komplette Resektion zu erhalten beträgt beim 1. Rezidiv 49–57%. Weitere Rezidive haben eine geringere Wahrscheinlichkeit komplett resezierbar zu sein. Raten von 33–42% wurden für das 1. Rezidiv und 14–33% für das 2. Rezidiv berichtet [11, 14]. Abbildung 5 zeigt die Raten kompletter Resektionen in einer aktualisierten Patientenserie des MSKCC.

Abb. 5
figure 5

Prozentanteil kompletter Resektionen bei Patienten mit Ersttumor oder Rezidiv eines retroperitonealen Sarkoms (n=260 Patienten mit kompletten Daten)

Es bleibt unklar, ob die Behandlung asymptomatischer, mit bildgebenden Verfahren detektierter Rezidive zur Verbesserung des Gesamtüberlebens führt oder ob dies einfach nur Ausdruck einer zeitbedingten Verzerrung ist. Eine schwierige Entscheidung ist, wie oft asymptomatischen Patienten wiederholt Resektionen angeboten werden sollten. Die Patienten, bei denen ein Lokalrezidiv diagnostiziert worden ist, sollten einer kompletten Restaginguntersuchung unterzogen werden, um eine gleichzeitige systemische Metastasierung auszuschließen, da Patienten mit irresektablen Metastasen eine schlechte Prognose haben und mit einer systemischen Chemotherapie behandelt werden sollten.

Die Leber ist der Hauptmetastasierungsort metastatischer Rezidive der viszeralen Sarkome.

Die komplette Resektion von Lebermetastasen verlängert das Überleben, insbesondere in einem sorgfältig selektierten Patientenkollektiv.

Es scheint, dass eine Leberresektion am ehesten den Patienten nützt, bei denen das krankheitsfreie Intervall nach der initialen Therapie lang war [16].

Wenn bei der initialen Behandlung noch keine Strahlentherapie durchgeführt worden ist, sollte sie beim Rezidiv in Betracht gezogen werden. Einen einheitlichen Konsens zur Anwendung der Strahlentherapie beim retroperitonealen Sarkom (prä-, intra-, oder postoperativ) gibt es allerdings noch nicht. Zwei Hauptprobleme limitieren die Anwendung der Strahlentherapie:

  • zum einen das häufige Vorliegen einer durch das CT nicht darstellbaren Dissemination der Erkrankung,

  • zum anderen die postoperativ erhöhte gastrointestinale Strahlentoxizität.

Zukunftsaussichten

Klinische Studien in Gemeinschaftsprojekten, wie dem der „Radiation Therapy Oncology Group (RTOG)“, befassen sich mit der multimodalen Therapie retroperitonealer Sarkome. RTOG S-0124 beispielsweise ist eine Phase-II-Multicenterstudie, in der die Anwendung einer Chemotherapie und einer Strahlentherapie in Kombination mit dem chirurgischen Eingriff untersucht werden: Nach präoperativer Gabe von Doxorubicin, Ifosfamid und Strahlentherapie wird reseziert und entweder intraoperativ oder postoperative eine Boost-Bestrahlung durchgeführt.

Die EORTC-Weichgewebssarkom-Gruppe (Soft Tissue Sarcoma Group) führt eine randomisierte Studie durch, in der die präoperative Gabe von Etoposid, Ifosfamid und Doxorubicin mit oder ohne regionalen Hyperthermie bei Hochrisikosarkomen durchgeführt wird.

Eine der Sarkomstudien der American College of Surgeons Oncology Group (ACOSOG) vergleicht die präoperative Strahlentherapie mit der primären Operation dieser Patienten. Bestimmte Sarkomsubtypen haben definierbare genetische Veränderungen, die besondere Modelle für die Entwicklung gezielte Therapien darstellen könnten.

Die jüngsten Erfolge der Imatinib-Therapie der gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) können als Basis für die Entwicklung neuer Paradigmen in der Krebstherapie angesehen werden.