In der Unfall- und orthopädischen Chirurgie nehmen qualitätssichernde Maßnahmen und die Dokumentation der operativen Schritte einen zunehmend wichtigeren Stellenwert ein. Das Bestreben nach immer weniger invasiven Verfahren, nach kleineren Hautschnitten und einer minimalen Weichteiltraumatisierung kann nur weiterentwickelt werden, wenn die direkte visuelle und taktile Kontrolle des Operationssitus durch den Operateur mit Hilfe elektronisch-bildgebender Verfahren ergänzt wird. Die Technologie des ISO C3D bildet hierfür einen wesentlichen Baustein.

Neben der gewünschten Ergebnisverbesserung durch Erweiterung der bisherigen zweidimensionalen Ansichten des intraoperativ genutzten C-Bogens, gewinnt aber auch die Dokumentationssicherheit und -qualität in Zeiten rapide steigender Haftpflichtfälle an Bedeutung [5]. Intraoperative Thermopapierausdrucke von Bildwandleraufnahmen in schlechter Auflösung sind weder in der Nachbehandlung geeignet, um als Vergleichsaufnahme herangezogen zu werden, noch um in einem mehrere Jahre nach dem Eingriff stattfindenden Schlichtungsstellenverfahren für die sachgerechte Durchführung einer Operation als Beweismittel dienen zu können [1, 2]. Die erzeugten Bilddateien müssen in einem dokumentensicheren Zustand gespeichert werden und bezüglich ihrer Auflösung höchsten Ansprüchen genügen.

Entwicklung der intraoperativen Bilddarstellung

Der über den Gelenken zentrierte Faden, der Auskunft über die Achse der Extremität nach einem Eingriff gibt, oder der Seitenvergleich zur Bestimmung der Beinlänge, waren einfache und probate Versuche der Qualitätsprüfung in der „Chirurgie des Bewegungsapparates“.

Einen wesentlichen Fortschritt stellte dann der Einzug des Röntgens in den Operationssaal (etwa um 1930) dar. Zu Beginn waren hier nur statische Aufnahmen mit einer mobilen Strahlenquelle und zu entwickelnden Folienaufnahmen möglich, der Zeitaufwand bis zur Bildverfügbarkeit für den Operateur war erheblich und meist erst im Anschluss an die Osteosynthese möglich, dafür aber bereits ein wichtiges Instrument zur objektiven Dokumentation neben dem Operationsbericht.

Die nächste Stufe ist dann im weltweiten Siegeszug des Bildverstärkers und dessen flächendeckenden Einzugs in den Operationssaal zu sehen. Hiermit war es dem chirurgisch tätigen Arzt erstmals möglich, Röntgendarstellungen des OP-Feldes selbst zu erzeugen und sein Tun in „realtime“ zu überprüfen. Die ersten Bildwandler, die vor ca. 40 Jahren in die Operationssäle Einzug hielten, konnten nur für die Dauer der Strahlung ein Bild anzeigen und hatten keine Dokumentationsfunktion, dennoch ermöglichten sie neue Operationsverfahren. Mittlerweile sind digitale Bildverarbeitung und Bildnachbearbeitung, verschiedene Hold- und Speicherfunktionen (Wiedergabe von Durchleuchtungssequenzen) sowie die Netzwerkfähigkeit der Geräte der neuesten Generation—nicht nur im voll digital arbeitenden Unfallkrankenhaus Berlin—als Standard anzusehen.

Die konventionelle Röntgendokumentation am Ende des operativen Eingriffes sollte jedoch unverändert mit einer mobilen Strahlenquelle und Bildkassetten vorgenommen werden, da hier die höchste Bildqualität zu erwarten und damit auch eine sichere Archivierung gewährleistet ist.

Die postoperative CT kommt für das operative Outcome des Patienten zu spät

Zur Beurteilung des operativen Ergebnisses nach komplexen Gelenkfrakturen wie auch nach Eingriffen an Wirbelsäule und Becken hat sich als Goldstandard die postoperative CT allgemein durchgesetzt. Die Problematik lag bisher darin, dass sie für das operative Outcome des jeweiligen Patienten fast immer zu spät kam. Die Schwelle zur Revisionsoperation, aufgrund eines 2 Tage nach dem Eingriff durchgeführten CTs (und einer sich hier eventuell darstellenden Gelenkstufe) ist unzweifelhaft hoch (Zweiteingriff mit allen damit verbundenen Komplikationen und Aufklärungsproblemen) [9]. Die folgerichtige Forderung, multiplanare Rekonstruktionen als diagnostischen Goldstandard in den chirurgisch-orthopädisch genutzten OP hineinzubringen, war deshalb schon früh aufgestellt worden.

Die mobile CT-Einheit, die von mehreren Herstellern präsentiert wurde, erwies sich jedoch aufgrund des hohen logistischen Aufwandes (Radiologe und MTRA im OP—nach Transport jeweils neues Einmessen des Gerätes), der fehlenden Kosteneffizienz (das mobile CT kann mit dem wechselnden Einsatz nur unzureichend im Routinebetrieb eingesetzt werden) und eines oft nicht ausreichenden Platzangebotes im OP als nur wenig praktikabel.

Neue, sehr aufwendige Systeme wie zum Beispiel das AWIGS (advanced workplace for image guided surgery [Maquet]) oder die Sliding Gantry [Siemens] sind alternative Konzepte, um standardisierte Abläufe für den Einsatz des CT im OP zu ermöglichen. Hierfür sind jedoch immer bauliche Maßnahmen und spezialisiertes zusätzliches Personal erforderlich, die im OP befindlichen CT-Geräte stehen nicht für Routineuntersuchungen im Zentralröntgen (die wesentlich für die Kosteneffizienz verantwortlich sind) zur Verfügung und die damit verbundenen hohen Investitionskosten sind nur wenigen Zentren vorbehalten.

Die Entwicklung eines Bildwandlers, dessen Rechner die Generierung von multiplanaren Rekonstruktionen erlaubt, stellt, sowohl was die Logistik, als auch die Investitionskosten betrifft, erstmals eine umsetzbare Lösung für das oben geschilderte Problem dar, zu dem ist der Bildwandler, für jeden operativ tätigen Arzt, ein vom täglichen Umgang her bekanntes Gerät.

Arbeitsweise des ISO C3D

Der ISO C3D entspricht der neuesten Bildwandlergeneration mit hervorragender Bildauflösung (1024×1024 Matrix), einer hohen Generatorleistung (110 kV und 2,3 kW), einer voll digitalen Darstellung und Netzwerkfähigkeit (up- und download von worklists). Soweit ist der ISO C3D ein hochwertiger, aber konventioneller Bildwandler.

ISO C3D: Strahlenquelle und Kamera drehen sich mit gleichem Abstand um ein Isozentrum

Der augenfälligste Unterschied des ISO C3D zu anderen C-Bögen ist in der Anordnung der Kamera (Bildverstärkereinheit) zu erkennen, diese ist symmetrisch zur Strahlenquelle auf einem halbkreisförmigen Metallarm montiert. Rotiert man nun den C-Bogen, so ist beim ISO C3D ein Isozentrum definiert, um das sich mit gleichem Abstand Strahlenquelle und Kamera drehen (Abb. 1), bei der gleichen Aktion an einem konventionellen Bildwandler beschreibt der Mittelpunkt zwischen Kamera und Strahlenquelle eine Kurve.

Abb. 1
figure 1

a Rotationsachse und -freiheit eines konventionellen C-Bogens. b Parameter des ISO C3D

Die isozentrische Rotation erlaubt es, ein im Fokus befindliches Objekt, während eines Umlaufes aus verschiedenen Winkeln abzubilden. Der ISO C3D ist hierzu mit einer automatischen Motorsteuerung für die Autorotation einer Umlaufstrecke von 190° ausgerüstet. Nach Heranfahren des ISO C3D wird die zu untersuchende Region mit Hilfe des Laservisiers in den Fokus (Isozentrum) des Bildwandlers gebracht. Dann wird der Bildwandler nach Aufforderung durch die Software in den Ausgangsmodus gefahren und, nachdem die im OP befindlichen Mitarbeiter den Kontrollbereich verlassen haben, die Autorotation (50 oder 100 Einzelschüsse mit einer Dauer von ca. 2 min) ausgelöst.

Damit ist die Voraussetzung erfüllt, dass in einem komplexen Rechenmodus die verschiedenen Einzelprojektionen zu einer multiplanaren Rekonstruktion zusammengefügt werden, dies dauert etwa 15 s. Die vorliegenden Rekonstruktionen erscheinen dann wie virtuelle Schnittbilder. Die fokussierte Region, die im Rechenprozess zu einer rekonstruierten Darstellung führt, entspricht einem Kubus mit einer Kantenlänge von 12,5 cm.

Die Abbildungen sind Hochkontrastdarstellungen, so dass besonders starke Dichteunterschiede gut zur Darstellung kommen, wie zum Beispiel die Grenze zwischen Knochen und Weichteilen. Dieses Hochkontrastverhalten ist aber auch die Ursache dafür, dass größere Metallstrukturen innerhalb des Kubus oder in dessen Umgebung zu massiven Artefakten führen. Eine wichtige Voraussetzung für die Anwendung des 3D-Modus ist deshalb die Verwendung von metallfreien Lagerungsmitteln wie z. B. Operationstische aus Karbonfaser.

Die Laboruntersuchungen, die von der Arbeitsgruppe um E. Euler vorgelegt wurden, zeigten viel versprechende Ergebnisse und intraoperative Bilddaten, die in der Qualität der Beurteilung für bestimmte Fragestellungen denen von CT-Datensätzen nur unwesentlich nachstanden [4].

Klinische Anwendungen

Die ersten klinischen Anwendungen erfolgten zur Darstellung des Fersenbeines nach operativer Versorgung. Die Vorteile der neuen Technologie lagen auf der Hand: Die 4 Gelenkfacetten des Fersenbeines lassen sich mit konventionellen Röntgenaufnahmen nur unvollständig abbilden. Mit der Broden-Aufnahmetechnik (Abb. 2) kann immer nur ein kleiner Sektor des Gelenkes visualisiert werden. Die postoperativen CT-Untersuchungen können dann auch für den Operateur unerwartete Stufen- oder Spaltbildungen (Abb. 3) in der Gelenkfläche oder fehlplatzierte Schrauben offenbaren, die in der zweidimensionalen Röntgenuntersuchung nicht zu erkennen sind.

Abb. 2
figure 2

Links Einstelltechnik zur Broden-Aufnahme, rechts Broden (Hannover-Schräg-) Aufnahme des Fersenbeines (aus [12])

Abb. 3
figure 3

Postoperatives CT nach Versorgung einer Fersenbeinfraktur

Es war deshalb nur folgerichtig den ISO C3D für diese Indikationen intraoperativ einzusetzen (Abb. 4), um vor Abschluss der Operation unter Zuhilfenahme der multiplanaren Rekonstruktionen diese unerwünschten Operationsergebnisse noch korrigieren zu können. Mehrere klinische Untersuchungen haben die Effektivität dieses Verfahrens bei der Operation am Fersenbein gezeigt [10, 3]. Die Revisionsrate während eines Eingriffes aufgrund von intraoperativ mittels ISO-C3D-Scans erhobenen unzureichenden Operationsbefunden betrug bei der von uns untersuchten Klientel 7,3% (82 Fersenbeinoperationen, davon aufgrund des ISO-C-Bildes 6 Revisionen).

Abb. 4
figure 4

Intraoperative Darstellung einer Fersenbeinosteosynthese mittels ISO C3D

Ausgehend vom Fersenbein wurde dann rasch das Indikationsspektrum auf Talus und andere Fußwurzelknochenfrakturen oder -luxationen, distale Tibia- und Fibulafrakturen erweitert (u. a. zur Beurteilung der postoperativen Stellung der Sprunggelenkgabel) sowie auf alle Gelenkfrakturen von Tibiakopf (Abb. 5) und Femurkondylen. Es folgten Darstellungen von Handwurzelknochen (Abb. 6), des Hand- (hier insbesondere C-Frakturen der distalen Radiusgelenkfläche) und Ellenbogengelenkes.

Abb. 5
figure 5

Scan-Ausschnitt einer reponierten Tibiakopffraktur mit Osteosynthesematerial

Abb. 6
figure 6

ISO C3D-Bilder nach operativ stabilisierter Os-hamatum-Fraktur

Das Schultergelenk ist für den Einsatz des ISO C3D aufgrund seiner anatomisch stark exzentrischen Position noch ungelöst, so dass es hier nur bei besonderen Einzelfällen genutzt werden konnte.

In einer weiteren Evaluierungsphase wurde nach den Extremitäten dann das knöcherne Skelett des Körperstammes in das Indikationsspektrum aufgenommen. Nach Reposition und Osteosynthese führt das Scannen der Halswirbelsäule (Abb. 7) wegen einer geringen Weichteildichte zu hervorragenden intraoperativen Bildern im Unfallkrankenhaus Berlin.

Abb. 7
figure 7

Intraoperativer Scan nach Densverschraubung

Die Brustwirbelsäule stellt eine besondere Herausforderung dar, da sich während der Autorotation beim narkotisierten Patienten der Brustkorb hebt und senkt und sich damit die Strukturen innerhalb des Isozentrums während des Scanvorganges verändern, die gewonnen Daten ergeben dann ein nicht verwertbares oder sehr unscharfes Bild. Als Lösung hat sich eine Präoxygenierung und eine 2-minütige Atempause für die Dauer des Scans erwiesen. Den wesentlichen Einsatz an der Brust- wie auch der Lendenwirbelsäule findet das Gerät bei der intraoperativen Kontrolle des Sitzes von Pedikelschrauben. Dabei hängt die Qualität der Lendenwirbelsäulendarstellung sehr stark vom Ausmaß der sie umgebenden Weichteile ab, so dass eine Adipositas per magna hier oft limitierend wirkt.

Das nächste Indikationsfeld, das sich dem Verfahren erschlossen hat, war die Überprüfung von Repositionen und Osteosynthesen am Becken, von der Azetabulumfraktur (Abb. 8) bis zur ISG-Fugensprengung [11].

Abb. 8
figure 8

MPR-Darstellung des Azetabulums nach Reposition und Osteosynthese

Das bislang letzte zugelassene Einsatzfeld liegt im Bereich des Gesichtsschädels. Hier sind besondere Vorkehrungen in Bezug auf den Strahlenschutz für den Patienten zu treffen und die jeweilige Indikationsstellung für den Einsatz des Gerätes besonders streng zu stellen (Gefahr der strahlenbedingten Glaskörpertrübung). Unter der Federführung von M. Herzog und G. Schüler erfolgen hierzu Untersuchungen zur Strahlendosis. Aber auch hier gibt es Gelenkfrakturen deren intraoperative Ergebnisqualität nur suffizient mit dem ISO C3D dargestellt werden kann, wie zum Beispiel die Frakturversorgung des Kieferköpfchens.

Die folgerichtige Weiterentwicklung des Geräteeinsatzes bestand in der Bereitstellung einer Schnittstelle (Navi-Link) zur Übertragung von Bilddaten zu einem Navigationsgerät (Abb. 9) [6, 8]. Diese wurde dabei so definiert, dass sie als offene Plattform fungiert und Zugriffsmöglichkeit für alle gängigen Navigationssysteme bietet. Die Steuerung wird dadurch wesentlich vereinfacht, dass nach einem „navigierten“ Scan keine weitere zeitaufwendige Referenzierung mehr notwendig ist und sofort mit der eigentlichen navigationsgestützten Operationsführung begonnen werden kann.

Abb. 9
figure 9

OP-Installation für navigationsgestütztes Operieren mit dem ISO C3D

Im Unfallkrankenhaus Berlin wird das Gerät seit Februar 2001 eingesetzt. Mittlerweile wurden 442 Scans durchgeführt, wobei die Verteilung der Körperregionen in Tabelle 1 wiedergegeben wird.

Tabelle 1 Klinisches Einsatzspektrum des SIREMOBIL ISO C3D im Unfallkrankenhaus Berlin

Die Verlässlichkeit der Bilddaten des ISO C3D ist bei sorgfältiger Berücksichtigung der Einflussfaktoren so hoch einzuschätzen, dass im Extremitätenbereich auf postoperative CTs verzichtet werden kann.

Wir haben dies konsequent umgesetzt und damit eine Reduktion der Kosten pro Fall erreichen können.

Ausblick

Der ISO C3D ermöglicht den Start in eine neue dreidimensionale Bilddarstellung im Operationssaal, die von den Chirurgen immer gefordert wurde, die aber bisher nur mit größtem Aufwand und erheblichem Kosteneinsatz, somit in kaum praktikabler Weise zu bewerkstelligen war.

Die zu erwartenden Neuentwicklungen auf diesem Gebiet, insbesondere durch das Hinzutreten weiterer Wettbewerbsprodukte, bestehen in der Bereitstellung größerer Bildkuben und noch höherer Auflösungen der MPR-Bilder. Zur Zeit finden erste Untersuchungen mit Flachbilddetektoren im C-Bogen-Bereich statt, die das Aussehen des Bildwandlers noch einmal revolutionieren, und die es dann auch erlauben werden, Niedrigkontrastdarstellungen zu generieren und damit erstmals (wie im CT) auch Abbildungen von Weichteilstrukturen zu ermöglichen.

Es ist in der Zukunft denkbar, den C-Bogen auf der Intensivstation einzusetzen und dem neurochirurgischen Hochrisikopatienten, der eine Kontroll-CT erhalten soll, vor Ort mit dem Niedrigkontrastgerät zu scannen und somit CT-ähnliche Schnittbilder von Schädel und Gehirn zu erhalten, ohne ihn durch einen Transport zum CT im Zentralröntgen zusätzlich zu gefährden.

(Unfall-)Chirurgie, Orthopädie, Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie und Neurochirurgie sind auf dem Feld dieser Entwicklung Vorreiter, weitere operative Fächer werden folgen. Ergebnisorientierte und gegenüber Innovationen positiv eingestellte Chirurgen werden an der Seite ideenreicher Entwickler früher als erwartet den dann nicht mehr virtuellen und kaum wieder zu erkennenden OP der Zukunft realisieren.