Die dorsale Fusion der Wirbelsäule unter Verwendung von Pedikelschrauben ist ein anerkanntes Standardverfahren bei unterschiedlichen Erkrankungen der Wirbelsäule wie Instabilität durch Trauma, Skoliose oder degenerative Instabilitäten. Die Implantation von Pedikelschrauben zur dorsalen Instrumentierung von Wirbelfrakturen stellt hohe Anforderungen an das dreidimensionale Orientierungsvermögen des Operateurs. Dies gilt im Besonderen für die thorakale Wirbelsäule mit ihren geringen Pedikeldurchmessern [37]. Die Komplikationen, die durch eine Fehlplatzierung von Pedikelschrauben auftreten können, betreffen den Wirbelkanal, die Nervenwurzeln und die biomechanische Stabilität der Instrumentierung.

Die Fehlplatzierungsrate der Pedikelschrauben mit konventioneller Technik ist hoch

Es wurde eine Reihe von Techniken für die Insertion von Pedikelschrauben entwickelt. Sehr verbreitet ist die intraoperative Verwendung eines konventionellen C-Bogens zur Visualisierung des Pedikel und zur Kontrolle der Schraubenlage. Wichtig sind ein fundiertes anatomisches Wissen und die Verbindung der optischen Information mit dem Gefühl des Operateurs bei der Präparation des Pedikel. Die Visualisierung der zu instrumentierenden Pedikel gerade in diesem Bereich sowie bei Skoliosen, Spondylitis, Adipositas und Osteoporose mit dem C-Bogen ist sehr anspruchsvoll [29, 37]. In großen klinischen Studien mit erfahrenen Operateuren wird mit dieser Technik eine Fehlplatzierungsrate an der thorakalen und lumbalen Wirbelsäule zwischen 4% und 40% angegeben [13, 36]. Glücklicherweise führt nicht jede Fehlplatzierung zu klinischen Konsequenzen. Auf der anderen Seite wird über die intraoperativen Fehlplatzierungen, die zu Schäden führen können, aber mittels intraoperativer Bildgebung noch erkannt und somit auch korrigiert werden, nicht berichtet. Hier ist von einer großen Dunkelziffer auszugehen.

Aus diesen Gründen werden Pedikelschrauben seit den ersten klinischen Anwendungen 1995 zunehmend mit Hilfe von Navigationssystemen eingesetzt [1, 26]. Die Navigation an der Wirbelsäule mit Hilfe einer CT-basierten Navigation oder die Navigation mittels eines 2D-Datensatzes eines konventionellen Bildwandlers sind mittlerweile etablierte Verfahren an Zentren, die mit Navigation arbeiten. In zahlreichen Publikationen konnte belegt werden, dass diese Systeme im klinischen Alltag eingesetzt werden können und in der überwiegenden Anzahl zu einer genaueren Platzierung der Pedikelschrauben als bei konventioneller OP-Technik beitragen können [2, 34]. Ein Nachteil der CT-basierten Navigation ist die Notwendigkeit der manuellen Registrierung der Daten [6, 11, 15].

Diesen Nachteil hat die Navigation mittels Bildern aus dem Röntgenbildverstärker nicht, hier können durch neue Aufnahmen jederzeit die aktuellen Gegebenheiten intraoperativ visualisiert werden. Die Beschränkung der Bildinformation auf 2 Ebenen limitiert jedoch die Anwendung an komplexen anatomischen Strukturen wie der Wirbelsäule. Die schlechte Bildqualität im Bereich der oberen Brustwirbelsäule und am thorakolumbalen Übergang bei adipösen Patienten ist ein weiterer limitierender Faktor.

Eine Kombination aus dreidimensionaler Visualisierung wie in einem CT-Datensatz mit der Flexibilität der intraoperativen Datenerfassung des C-Bogens ermöglicht der mobile isozentrische 3D-C-Bogen SIREMOBIL® Iso-C3d (Siemens AG, Medical solutions, Erlangen; Abb. 1, 2, 3, 4).

Abb. 1
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CT-basierte Navigation an der Wirbelsäule

Abb. 2
figure 2

Bilderverstärkerbasierte Navigation an der Wirbelsäule

Abb. 3
figure 3

Iso-C3D-basierte Navigation an der Wirbelsäule

Abb. 4
figure 4

Pedikelinstrumentierung mit navigierten Instrumenten

Iso-C3d ermöglicht eine 3D-Visualisierung und intraoperative Datenerfassung des C-Bogens

Wir stellen im Folgenden unsere Erfahrungen in der Anwendung des Iso-C3d in Kombination mit einem optoelektronischen Navigationssystem (SurgiGATE®, Praxim—Medivision, Grenoble, France) bei der Platzierung von Pedikelschrauben im Bereich von BWS und LWS dar. Primäres Ziel dieser Studie war es, die Genauigkeit der Platzierung von Pedikelschrauben mit dieser neuen Technik zu evaluieren und die Auswirkungen auf den intraoperativen Workflow zu dokumentieren.

Material und Methoden

In der Studie wurde ein optoelektronisches Navigationssystem eingesetzt. Die verwendeten Instrumente (Ale, Probe, Schraubendreher und T-Handgriff) werden über aktive Marker von einer Kamera Optotrak™ 2030 (Northern Digital Inc. Ontario, Canada) getrackt. Für die dorsale Instrumentierung wurde in allen Fällen ein winkelstabiles Schrauben-Stab-System verwandt (USS™, Synthes—Stratec, Oberdorf, Switzerland). Die intraoperative Bildgebung erfolgte mit dem ISO C3D sowohl für die 2D-Fluoroskopie zur Lokalisation der Segmente und der Repositionskontrolle als auch für die 3D-Bildgebung zur Navigation und der Kontrolle der Instrumentierung. Aus 100 2D-Einzelprojektionen wird mit dem ISO C3D ein hoch auflösender 3D-Datenkubus mit einer Kantenlänge von 12 cm erzeugt. Die Daten wurden über ein Netzwerkprotokoll in das Navigationssystem importiert. Der Startpunkt des ISO C3D bei der Erfassung der Daten wird von der Kamera des Navigationssystems anhand von Markern am C-Bogen registriert. Gleichzeitig wird die Position des Wirbelkörpers durch eine am Processus spinosus fixierte Referenzbasis (DRB, Dynamic Reference Base) registriert. Hier ist auf eine stabile Fixierung zu achten. Die Reproduzierbarkeit der automatischen Registrierung und die Präzision des Gesamtsystems wurden in vorklinischen Untersuchungen sichergestellt [30].

Die Ausrichtung und Lage des Datenkubus in Relation zur Startposition des ISO C3D ist definiert. Daher kann die Position des Datenkubus direkt auf die Anatomie des Patienten übertragen werden (automatische Registrierung) in Analogie zur 2D-C-Arm-Navigation. Die Lage der von der Kamera getrackten Instrumente wird dann im 3D-Bild angezeigt. Während der Aufnahme der Einzelprojektionen muss unbedingt gewährleistet sein, dass sich die Position der anatomischen Struktur im Raum nicht ändert. Durch eine Positionsänderung, zum Beispiel durch Atembewegungen während des Scans kommt es zum einen zu einer erheblichen Abnahme der Bildqualität, zum anderen ist die korrekte Registrierung nicht gewährleistet. Diese Bewegungen wurden an der unteren LWS in einer Studie mit 1,3 mm gemessen [14]. An der thorakalen Wirbelsäule sind diese Bewegungen wesentlich größer und betreffen alle drei Achsen (eigene Untersuchungen).

Atembewegungen während des Scans vermindern die Bildqualität

Um diese Limitierungen zu beachten wurde in allen Fällen ein Atemstillstand des Patienten während der Registrierung und dem ISO-C3D-Scan eingehalten. Bei allen Patienten erfolgte rechtzeitig vor dem Beginn des Scans die Präoxygenierung mit 100% Sauerstoff. Unter dieser Voraussetzung ist der Sauerstoffvorrat ausreichend für eine Apnoe von ca. 10 min beim Erwachsenen. Während des Scans erfolgte ein kontinuierliches Monitoring der Sauerstoffsättigung. In Absprache mit dem Anästhesisten wurden definierte Abbruchkriterien für die Apnoephase festgelegt [8, 23, 24, 25]. Wichtig ist hier auch die Festlegung des Beginns der Apnoe in Bezug auf den Atemzyklus. Um zu gewährleisten, dass eine möglichst geringe theoretische Änderung des intrathorakalen Volumens und somit keine Änderung der Position der Wirbelsäule erfolgt, erfolgte die Apnoe jeweils in Exspiration. Nur unter diesen Voraussetzungen wurde die ISO-C3D-Navigation an der Wirbelsäule durchgeführt.

Nach Registrierung und Aufnahme des Datensatzes erfolgte der Transfer der DICOM-Rohdaten aus dem ISO C3D in das Navigationssystem. Dort wird der Datensatz wie ein CT-Datensatz behandelt und direkt zur Navigation verwendet. Im Datensatz können zusätzlich Trajektorien in die Pedikel eingeplant werden. Trotz oder gerade wegen der automatisierten Registrierung muss vor dem Beginn der Navigation eine sorgfältige Verifizierung der Genauigkeit durch den Operateur erfolgen. Hier wird an unterschiedlichen Positionen die Visualisierung eines Instrumentes auf dem Monitor mit der realen Position an exponierten anatomischen Strukturen verglichen. Alle Operateure der Studie hatten Erfahrung sowohl mit der konventionellen Pedikelinstrumentierung als auch mit CT- und fluoroskopiebasierter Navigation an der Wirbelsäule.

Bei instabilen Situationen ist es nicht möglich die Registrierung über mehrere Segmente zu übertragen [4]. Daher ist ein Umsetzen der DRB gerade an der thorakalen Wirbelsäule bei Frakturen erforderlich. Da hierbei die Registrierung verloren geht, muss die Neuregistrierung über eine Aufnahme eines 2. Datensatzes erfolgen. Auch bei langstreckigen Fusionen wurde es daher erforderlich, einen 2. Iso-C3D-Scan aufzunehmen.

Nach der Instrumentierung erfolgte intraoperativ in den meisten Fällen die Kontrolle der Lage der Pedikelschrauben und gegebenenfalls der Reposition der Fraktur durch einen erneuten ISO-C3D-Scan. Auf die konventionelle 2D-Darstellung der Pedikel in der axialen Ansicht wurde verzichtet. Bei einem Pedikeldurchmesser von kleiner als 4 mm im präoperativen CT wurde die Technik der lateral parapedikulären Schraubenplatzierung angestrebt. In allen Fällen, in denen die Schraube auf dem Navigationsscreen nicht zentral im Pedikel visualisiert war, wurde dies anhand eines Screenshots zusätzlich dokumentiert.

Bei allen Patienten wurden OP-Dauer, Blutverlust Anzahl der ISO-C3D-Scans und die gesamte BV-Zeit erfasst. Prä- und postoperativ wurde ein neurologischer Status erhoben. Wurde in gleicher Sitzung eine ventrale Fusion durchgeführt, wurden zur besseren Vergleichbarkeit aller Patienten die Zeiten für das rein dorsale Vorgehen separat erfasst.

Fehllagen

Postoperativ wurden über den Zeitraum der stationären Behandlung alle Komplikationen erfasst, ein neurologischer Status wurde erhoben, und eine CT-Untersuchung der instrumentierten Segmente erfolgte. Die Auswertung der CT erfolgte nach einem standardisierten Protokoll durch einen unabhängigen Radiologen. An der Wirbelsäule wurde als Fehllage ein Überschreiten der Pedikelwand um mehr 2 mm interpretiert. Diese Einteilung wird in den meisten Referenzstudien verwendet [32, 34].

Auch Perforationen der Schraube nach ventral wurden als Fehllage dokumentiert. Die Fehllagen wurden nach der Lokalisation in medial, lateral, kaudal, kranial und ventral unterteilt und in Millimeter quantifiziert. Zu dieser Ausmessung wurde das Schnittbild aufgesucht, in welchem die größte Fehllage auszumachen war und am Punkt der größten Perforation von der Kortikalis aus gemessen. Befand sich die Schraube weniger als 2/3 tief im Wirbelkörper, so wurde dies ebenfalls als Fehllage festgehalten.

Die primär parapedikulär eingebrachten Schrauben wurden gesondert beurteilt. Hier wurde der intraoperative Screenshot mit dem postoperativen CT verglichen. Abweichungen von mehr als 2 mm wurden als Fehllage interpretiert.

Die Anbindung des 3D-C-Bogens an das Navigationssystem ist an unserer Klinik seit Januar 2002 etabliert. Im Rahmen einer prospektiven Studie wurden bis Dezember 2003 (24 Monate) insgesamt 61 Patienten eingeschlossen, bei denen die Navigation der Pedikelschrauben mittels eines Iso-C-3D-Datensatzes erfolgte. Da die Verwendung des Systems ein geschultes Team voraussetzt, konnten nicht alle Notfallpatienten in der dargestellten Weise versorgt werden. War aber ein Team verfügbar wurde in jedem Fall eine ISO-C3D-basierte Navigation durchgeführt.

Ergebnisse

Insgesamt wurden bei 61 Patienten mit 73 Frakturen 302 Pedikelschrauben navigiert eingebracht. Bei weiteren 3 Patienten musste die ISO-C3D-Navigation intraoperativ abgebrochen werden. In einem Fall konnte aufgrund eines Hardwaredefektes keine Netzwerkverbindung zwischen Navigation und ISO C3D hergestellt werden, in einem Fall wurde bei der Verifizierung eine unzureichende Genauigkeit festgestellt, die auf eine Dekalibrierung zurückzuführen war. In einem weiteren Fall kam es zu einem Defekt an der DRB.

Operiert wurden 61 Patienten (25 Frauen, 36 Männer) mit 73 Frakturen an der Brust- und Lendenwirbelsäule. Das Durchschnittsalter der Patienten war 48,6 Jahre (min. 16, max. 82). Der mittlere BMI war 26,58 (min. 19,7, max. 39,2). Bei 9 Patienten (14,8%) lag ein Polytrauma vor. Die Operation erfolgte in 10 Fällen noch am Unfalltag (Notfallindikation), bei 8 dieser Patienten lag eine Querschnittsymptomatik vor. Bei weiteren 2 Patienten mit einer Querschnittsymptomatik erfolgte die verzögerte Versorgung aufgrund der Verlegung von extern. Im Mittel lagen zwischen dem Unfallereignis und der Operation 5,5 Tage (0–19). Bei 31 Patienten waren die Frakturen im Bereich der Brustwirbelsäule, bei 42 im Bereich der Lendenwirbelsäule. Bei 7 Patienten lagen multisegmentale Frakturen an der BWS, bei 5 Patienten lagen multisegmentale Frakturen an der LWS vor. Alle Frakturen wurden anhand der präoperativen Bildgebung nach der AO-Klassifikation eingeteilt. Bei 37 Patienten lag eine A-Fraktur (13 A2, 24 A3), bei 10 Patienten eine B-Fraktur und bei 14 Patienten eine C-Fraktur vor.

Vier Operateure waren an der Studie beteiligt. Insgesamt wurden 302 Pedikelschrauben platziert. Die dorsale Stabilisierung erfolgte mit dem USS-System mit 4 mm Pedikelschrauben oder mit 5 mm oder 6 mm Schanzschrauben. Bei 6 von 8 notfallmäßig versorgten Patienten mit Querschnittsymptomatik erfolgte die Laminektomie, bei den 2 Patienten mit Querschnittsymptomatik, die sekundär versorgt wurden, erfolgte in gleicher Sitzung die Ausräumung des Spinalkanals von ventral. Die OP-Dauer war 98±31 min (min. 47 min, max. 230 min), der mittlere Blutverlust 580±203 ml (min. 300 ml, max. 1200 ml). Die Dauer für die Navigation lag bei 45±13 min (min. 30 min, max. 90 min). Die intraoperative Durchleuchtungszeit war im Mittel 1,4±0,6 min (min. 0,7 min, max. 3,7 min). Die Durchleuchtungszeit pro eingebrachter Pedikelschraube war 0,3±0,1 min (min. 0,2 min, max. 0,9 min). Die Durchleuchtungszeit vor dem ersten ISO-C3D-Scan war 0,2±0,2 min (min. 0,1 min, max. 1,0 min), die Durchleuchtungszeit nach dem letzten ISO-C3D-Scan war 0,5±0,5 min (min. 0,1 min, max. 2,8 min). Im Mittel wurden 2,7 Scans (2–5) mit dem ISO C3D durchgeführt. Für die Navigation wurden 1,7 Scans (1–4) verwandt, für die Kontrolle der Schraubenlage und der Reposition sowie der Ausräumung des Spinalkanals 1,0 Scans (0–2). In einem Fall wurden 3 Pedikelschrauben aufgrund der intraoperativen Informationen aus den ISO-C3D-Daten gewechselt. Diese Schrauben wurden in der Auswertung als Fehllagen unter Navigationsgesichtspunkten interpretiert, obwohl die Lage im postoperativen CT korrekt war. Bei einem Patienten ist eine fehlerhafte Verifizierung aufgefallen. Intraoperativ konnte analysiert werden, dass der Grund die Einleitung der Apnoephase in maximaler Inspiration war. An der mittleren Brustwirbelsäule ist nach der Registrierung Luft aus dem Thorax entwichen, was zu einer Änderung der Position der Wirbelsäule während des ISO-C3D-Scans geführt hat. Der Scan wurde in Exspirationsapnoe wiederholt und die Navigation konnte problemlos durchgeführt werden. In keinem Fall musste der ISO-C3D-Scan aufgrund eines Abfalls der Sauerstoffsättigung abgebrochen werden.

Die Fehlplatzierungsrate bei der ISO-C3D-Navigation betrug 1,7%

Neurologische Verschlechterungen traten postoperativ in keinem Fall auf. Postoperative Komplikationen wurden nicht beobachtet. Bei der Auswertung der postoperativen CT wurden insgesamt 3 fehlplatzierte Schrauben entdeckt. Eine Schraube war in Th12 um 2–3 mm nach medial fehlplatziert. Dies wurde im intraoperativen Kontrollscan übersehen. Zwei Schrauben waren in Höhe Th7 und Th8 beim gleichen Patienten fehlplatziert. Die eine Schraube zeigte eine mediale Abweichung von 2–3 mm, die andere eine laterale Abweichung von 3–4 mm. Diese Schrauben wurden im intraoperativen Kontrollscan nicht abgebildet. Der Kontrollscan hat diese bei einer langstreckigen Instrumentierung nicht erfasst, in der intraoperativen 2D-Fluoroskopie wurden die Schrauben als korrekt beurteilt. Insgesamt wurden 5 der 302 Pedikelschrauben fehlplatziert (1,7%). Nach Patienten aufgeschlüsselt bedeutet dies eine Fehlplatzierung bei 3 von 61 Patienten (4,9%; Abb. 5, 6).

Abb. 5
figure 5

Postoperative CT-Auswertung. Korrekte Lage der Schrauben

Abb. 6
figure 6

Verteilung der Frakturen (N=73 bei 61 Patienten), Pedikelinstrumentierungen (N=302) und Fehllagen (N=5) in Bezug auf die Segmente der Wirbelsäule

Diskussion

Die konventionelle Platzierung von Pedikelschrauben ist gemäß einer Metaanalyse von Laine mit einer Fehlplatzierungsrate von bis zu 40% verbunden [13, 32]. Auch in Kadaverstudien beträgt die Rate bis zu 31%. Sie birgt somit das Risiko einer Verschlechterung der neurologischen Symptomatik oder einer unzureichenden mechanischen Stabilisierung [19]. Die Platzierung von Pedikelschrauben an der Rumpfwirbelsäule ist speziell thorakal eine anspruchsvolle technische Herausforderung für den Operateur. Die Anatomie der thorakalen Pedikel ist komplex und variabel [27]. Die Weite der Pedikel ist speziell in den mittleren Abschnitten der BWS kaum größer als das verwendete Implantat. Bei extrem engen Pedikeln wird daher die Technik der parapedikulären Instrumentierung empfohlen [18]. Hierbei wird die Gefahr der Pedikelsprengung vermieden, das Risiko einer intraspinalen Schraubenlage reduziert und eine vergleichbare Stabilität erreicht. Dennoch ist auch diese Technik anspruchsvoll.

Die Platzierung von Pedikelschrauben ist somit ein ideales Einsatzgebiet für das navigierte Operieren mit dem Ziel, die Rate korrekt liegender Schrauben zu erhöhen. Gängige Navigationssysteme realisieren die Datenerfassung mittels eines präoperativen CT oder einer intraoperativen 2D-Darstellung mittels konventionellem C-Bogen. Durch CT-basierte und C-Bogen-basierte Navigationssysteme konnte die Qualität von Schraubenplatzierungen in anatomisch komplexen Regionen am Bewegungsapparat, insbesondere an der Wirbelsäule, verbessert und die intraoperative Durchleuchtungszeit reduziert werden [3, 20, 21, 32].

Die bislang einzig prospektiv, randomisierte Studie zeigt eine signifikante Verbesserung der Fehlplatzierungsrate von 14,4% auf 4,3% [20]. Es handelte sich ausschließlich um elektiv operierte Patienten. In der Unfallchirurgie ist die Durchführung solcher Studien konzeptionell extrem schwierig und bislang nicht gelungen. Der wesentliche Grund ist, dass nicht alle Operateure für die anfallenden Notfallversorgungen mit den Navigationssystemen ausreichend geschult sind. Dieses Defizit führt zur Unsicherheit, einem erwarteten Mehraufwand unbekannten Ausmaßes und somit zur Ablehnung der Navigation im Einzelfall. Im Gegenzug war in unserer Serie auffällig, dass die geschulten Operateure das System auch bei Notfallindikationen benutzt hatten.

Definition von Fehllagen

In den meisten Studien zu diesen Verfahren konnte für das navigierte Vorgehen ein Vorteil gegenüber der konventionellen Technik gefunden werden. Trotzdem sind die beschriebenen Raten an Fehlplatzierungen mit bis zu 11% immer noch relativ hoch [3, 34]. Ein Problem ist die unterschiedliche Definition von Fehllagen. Eine Analyse kann in klinischen Studien nur durch postoperative CT-Diagnostik erfolgen. Die Aussagekraft konventioneller Röntgenaufnahmen ist für eine präzise Beurteilung der Schraubenlage nicht ausreichend [5, 31). In einer experimentellen Arbeit an Kadavern konnte gezeigt werden, dass im CT tendenziell die Rate der Fehlplatzierungen höher eingeschätzt wird als die tatsächlich im anatomischen Präparat nachgewiesene [4]. Grund hierfür ist die Artefaktbildung und Überstrahlung der Schraube im CT. Die Auswertung des CT kann daher nur durch einen erfahrenen Radiologen erfolgen und sollte die axiale Rekonstruktion der Pedikel beinhalten.

Ein Problem ist die unterschiedliche Definition von Fehllagen

Streng genommen ist nur eine exakt zentrale Schraubenlage im Pedikel als korrekt zu bezeichnen. Unter klinischen Gesichtspunkten muss dies jedoch relativiert werden. Die Krümmung der Pedikel, gerade an der thorakalen Wirbelsäule, und der enge Durchmesser lässt in vielen Fällen gar keine völlig zentrale Platzierung ohne Tangierung der Pedikelwand zu [7, 9, 22, 35]. Eine geplante parapedikuläre Pedikelinstrumentierung muss daher unter diesen Gesichtspunkten beurteilt werden, ebenso wie das Einschneiden des Schraubengewindes in die Pedikelwand nicht als Fehlplatzierung zu werten ist. Schulze hat hier die klinische Relevanz von Fehlplatzierungen beurteilt, wobei zwischen der Gefahr neurologischer Störungen und Auswirkungen auf die Biomechanik zu unterscheiden ist [33]. In unserer Studie wurde daher, wie in den meisten klinischen Studien auch, ein Überschreiten der Pedikelwand von weniger als 2 mm als noch korrekte Platzierung gewertet.

Ein wichtiger Aspekt der Pedikelinstrumentierung wird in der Regel nicht adressiert. Intraoperativ besteht bei den konventionellen Techniken der Instrumentierung die Gefahr von Fehlplatzierungen, die dann erkannt und korrigiert werden. Es kann hier durch Fehlbohrungen und Fehllagen zu der Schwächung der knöchernen Strukturen, aber auch zu Verletzungen der neurovaskulären Strukturen kommen. Durch das intraoperative Erkennen dieser Fehllagen und Korrektur fließen diese Fälle nicht in die Statistik mit ein. In unserer Studie wurden diese Fälle mit erfasst, 2 intraoperativ erkannte, zwischen 2 und 3 mm lateral platzierte Schrauben wurden durch die ISO-C3D-Bildgebung erkannt und umgesetzt. Diese Schrauben sind in der Statistik berücksichtigt, obwohl sie im postoperativen CT korrekt platziert waren.

Nachteile der CT- und 2D-Fluoroskopie-basierten Navigation

Mit der CT-basierten Navigation, die seit 1995 erfolgreich klinisch angewendet wird, konnte eine Verbesserung der Präzision erzielt werden. Dennoch sind mit dieser Technik Nachteile verbunden, die eine weite Verbreitung und Anwendung in der Routine verhindert hatten. Das CT muss immer nach einem spezifischen Protokoll erstellt werden. Häufig existiert bei den Patienten ein CT, das für die präoperative Diagnostik völlig ausreichend ist, aber für die Navigation nicht verwendbar. Die Präoperative Aufarbeitung des Datensatzes mit Segmentierung und Planung der Landmarken erfordert ein spezielles Training und ist zeitaufwendig. Für intraoperative Updates oder Kontrolle von Implantatlagen steht das CT in der Regel nicht zur Verfügung. Aus diesen Gründen wurde die registrierungsfreie 2D-C-Arm-Navigation entwickelt und in klinische Anwendungen erfolgreich eingeführt [10, 17]. Diese Methode erlaubt die simultane Darstellung mehrerer 2D-Ebenen gleichzeitig im Sinne einer virtuellen Fluoroskopie. Hierdurch kann die Präzision der Schraubenplatzierung verbessert werden [3, 10, 15, 16].

Die 2D-Fluoroskopie hat jedoch entscheidende Nachteile. Die axiale Projektion des Pedikel, wie sie im 3D-Datensatz möglich ist, fehlt. Die Technik, den Pedikel genau in axialer Projektion darzustellen, ist zwar sehr hilfreich, fordert jedoch auch das Vorstellungsvermögen des OP-Assistenten. Und genau wie bei der konventionellen, fluoroskopieunterstützten Technik ist durch Faktoren wie Adipositas, Osteopenie oder Deformitäten die Interpretation der 2D-Bilder erheblich erschwert.

Voraussetzungen für intraoperative 3D-Bildgebung

Die intraoperative 3D-Bildgebung knöcherner Strukturen mit einem hierfür speziell ausgestatteten C-Arm ist ein wesentlicher Schritt in der Entwicklung rechnergestützter Verfahren an der Wirbelsäule. Für die Aufnahme von verwertbaren Daten sind jedoch einige wesentlichen Prinzipien zu berücksichtigen.

Der Patient muss auf einer metallfreien Fläche gelagert werden. Metallteile in herkömmlichen OP-Tischen führen zu gravierenden Artefakten, die die Beurteilung der Daten erschweren. Das Gleiche gilt für röntgendichte Materialien im Scanvolumen. Auch die Befestigung der DRB führt zu Artefakten, so dass bei der Befestigung eine spezielle Ausrichtung notwendig ist. Die Verwendung einer röntgentransparenten DRB wäre hier extrem hilfreich. Auf das Abdecken des OP-Feldes mit Kompressen mit Kontraststreifen sollte völlig verzichtet werden. Einen entscheidenden Einfluss auf die Bildqualität hat jegliche Bewegung des Objektes während des Scans. Durch Atembewegungen des Patienten sind korrekte Rekonstruktionen des Datensatzes nicht möglich. Die Bilder erscheinen unscharf und artefaktreich. Die größten Atemexkursionen sind naturgegeben am Thorax. Am Kadaver erhält man eine extrem gute Bildqualität, die sich auf die intraoperative Situation nicht übertragen lässt.

Alle Scans werden in der Exspirationsphase in Atemstillstand aufgenommen

Aufgrund dieser Erfahrungen erfolgte bei allen Patienten die Datenakquisition in Atemstillstand; 5–10 min vor Scanbeginn musste daher eine Präoxygenierung mit 100% Sauerstoff erfolgen. Während der Akquisition wurde die Sauerstoffsättigung über ein Pulsoxymeter gemessen. Gemäß den Angaben aus der Literatur und einer zusätzlichen Sicherheit wurde als Kriterium für einen Abbruch des Scans ein Abfall des O2 unter 90% festgesetzt [8, 23, 24, 25]. In keinem der insgesamt 164 Scans während der Studie war ein Abbruch notwendig obwohl bei 7 Patienten ein begleitendes Thoraxtrauma vorlag. Bei dem ersten Patienten mit thorakaler Instrumentierung ist eine erhebliche Ungenauigkeit bei der Verifizierung der Daten aufgefallen. Als Grund konnte unmittelbar intraoperativ der in Inspiration begonnene Atemstillstand festgestellt werden. Während des Scans war schleichend Luft aus dem Thorax entwichen, die Registrierung des Datensatzes, die automatisch am Beginn des Scans erfolgt, stimmte nicht mehr mit der Position der Wirbelsäule während des Scans überein. Beim gleichen Patienten wurde der Scan in Exspiration wiederholt, wobei dann die Verifizierung und die postoperative CT-Kontrolle eine ausgezeichnete Präzision nahe legte. Diese Beobachtung hat uns veranlasst, seither alle Scans in Exspiration aufzunehmen. Durch Verbesserungen in der Soft- und Hardware sollte es unserer Meinung nach möglich sein, diese Limitierungen der Prototypversion zu überwinden.

Intraoperative Strahlenbelastung

Die intraoperative Durchleuchtungszeit lag mit der Iso-C3D-basierten Navigation im Mittel bei 1,4 min. Auch bei der CT-basierten Navigation ist die Durchleuchtung zur intraoperativen Höhenlokalisation der Wirbelkörper und der Dokumentation der korrekten Schraubenlagen nach erfolgter Instrumentierung erforderlich. Bei der 2D-Fluoronavigation werden zur Aufnahme der korrekten Projektionen und der Dokumentation signifikante Durchleuchtungszeiten benötigt [3, 4, 10, 28]. Die ISO-C3D-Navigation macht die intraoperative Strahlenbelastung kalkulierbarer. Gründe dafür sind zum einen das standardisierte Durchleuchtungsverfahren des Iso C3D, außer der Fokussierung auf den zu erfassenden Bereich sind keine weiteren Einstellungen insbesondere kein „Suchen“ des richtigen Durchleuchtungswinkels erforderlich. Letzteres ist für ungeübtes Personal, insbesondere an der BWS, nicht einfach und bedingt zusätzliche Durchleuchtungszeit. Nach Erfassen des Datensatzes sind dann keine weiteren Durchleuchtungen erforderlich.

Neben der geringeren Strahlenbelastung des Patienten ist dies auch aus strahlenhygienischer Sicht für Operateur und OP-Personal bedeutsam. Deren Strahlenbelastung wird noch geringer, berücksichtigt man die Tatsache, dass während der Datenerhebung des Iso C3D alle Personen den Kontrollbereich verlassen können. Gebhard konnte dies in einer klinischen Untersuchung mit einer Reduktion um den Faktor 11 bei der ISO-C3D-Navigation gegenüber der konventionellen Instrumentierung eindrucksvoll zeigen [12], dies entspricht auch unseren Erfahrungen.

Intraoperative Verifizierung

Die intraoperative Verifizierung der Registrierung ist von essenzieller Bedeutung. Die Präzision des Systems hängt von unterschiedlichen Einflussfaktoren ab und ist in den heute vorliegenden Versionen noch störanfällig. Bei einem Patienten ist eine Dekalibrierung des Systems aufgefallen. Hier musste die Operation konventionell fortgesetzt werden. Seither werden in regelmäßigen Abständen Konstanzprüfungen mit einem speziellen Kalibrationsphantom durchgeführt. Es hat sich gezeigt, dass die Präzision sowohl von der intrinsischen Kalibrierung des ISO-C3D-Datenkubus abhängig ist als auch von der Kalibrierung der inhärenten Registrierung.

In unserer Studie wurden vom Radiologen 3 Schrauben als fehlplatziert beurteilt. Weitere 2 Schrauben wurden im intraoperativen ISO-C3D-Scan als zu weit lateral gelegen beurteilt und somit auch als Fehlplatzierung gewertet. Sechzehn Schrauben verteilt auf 3 Patienten wurden im Bereich der thorakalen Wirbelsäule in der parapedikulären Technik eingebracht. Grund war immer eine Pedikelweite von weniger als 4 mm. Eine korrekte transpedikuläre Platzierung mit den 4 mm Pedikelschrauben war also technisch nicht möglich. Hierbei tritt immanent, immer eine laterale Alteration der Pedikelwand auf, ohne dass hierdurch biomechanische Nachteile entstehen. Diese Technik ist ohne 3D-Navigation anspruchsvoll, da von den bekannten anatomischen und röntgenologischen Landmarken abgewichen wird. Die Vorteile liegen in der relativ sicheren Vermeidung einer medialen Pedikelverletzung oder einer Sprengung des Pedikel. Kothe konnte die biomechanischen Vorteile und den Nutzen der Navigation bei dieser Technik nachweisen [18, 19, 27]. In der postoperativen CT wurden trotz der erkannten, und intraoperativ dokumentierten bis zu 2 mm ausgeprägten Alteration der Pedikel, diese Schrauben als nicht fehlplatziert gewertet.

Vorteil der Iso-C3D-Navigation

Durch die Kombination von intraoperativer 3D-Fluoroskopie mit passiver Navigation und automatischer Registrierung wurde in unserer Klinik die Technik der dorsalen Instrumentierung modifiziert und standardisiert. Die konventionelle 2D-Fluoroskopie wird für die Bestimmung des Isozentrums des Bildverstärkers und für Repositionskontrollen verwendet. Bis auf den beschriebenen Fall waren intraoperativ keine weiteren Umplatzierungen von Schrauben erforderlich, was außer der Sicherheit für den Patienten einen Zeitgewinn bedeutet. Eine relevante Verlängerung der Operationszeit durch die Iso-C3D-Navigation wurde nicht beobachtet. Komplikationen, wie z. B. eine erhöhte postoperative Infektrate, wurden in unserem Kollektiv nicht beobachtet.

Den entscheidenden Vorteil der Iso-C3D Navigation sahen wir in unserem Kollektiv jedoch in der Präzision der Pedikelschrauben sowohl im Vergleich zur konventionellen Technik als auch zu anderen Navigationsprinzipien. Mit den Fehllagen assoziierte Komplikationen haben wir nicht beobachtet.

Die Benutzerfreundlichkeit des Systems ist noch verbesserungsfähig

In der Hand des Geübten ist das System sicher zu bedienen. Die Benutzerführung der Kombination aus Siemens Iso-C3D und Navigationssystem ist in der gegenwärtigen Version noch verbesserungsfähig. Erst nach einer intensiven Einarbeitung bzw. Schulung kann das System sicher und fehlerfrei bedient werden. Die Benutzung ist somit gegenwärtig noch einer kleinen Gruppe vorbehalten, gerade nachts ist die Anwendung bei Fehlen von geschulten Operateuren und Pflegepersonal somit limitiert. Eine bessere Systemführung kann hier sicherlich auch die allgemeine Akzeptanz des Systems erhöhen und die Schulung ökonomisieren.

Die nicht unerheblichen Investitionskosten des Iso-C-Systems werden dadurch relativiert, dass neben einem Einsatz des Gerätes als konventioneller C-Bogen auch eine Iso-C3D-Navigation an anderen Lokalisationen als der Wirbelsäule, beispielhaft sei hier nur die navigierte Verschraubung von IS-Fugen genannt, möglich ist.

Fazit für die Praxis

Die Iso-C3D-navigierte Platzierung von Pedikelschrauben ist in der Hand des Geübten ein sehr zuverlässiges Verfahren, Schraubenfehllagen können mit hoher Sicherheit vermieden werden. Der intraoperative Informationsgewinn ist gerade bei Frakturen von großer Bedeutung, da auch der knöcherne Spinalkanal beurteilt werden kann. Ohne relevante Verlängerung der Operationszeit lässt sich die Strahlenbelastung minimieren. Ein zunehmender Einsatz setzt weitere Verbesserungen der Software, im Besonderen hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit voraus.