1923 beschreibt der französische Chirurg Henri Hartmann die Methode für rektosigmoidale Karzinome als Alternative zur abdominoperinealen Exstirpation.

Der Vorteil dieser Diskontinuitätsresektion ist die schnelle und sichere Durchführung, Nachteil der Verlust der Kontinenz. Erfahrungsgemäß gibt es drei Hauptindikationen für dieses Verfahren. Neben den Notfallsituationen (dekompensierter Ileus durch Tumorobstruktion, Perforation, Blutung) und sekundär bei Reinterventionen wegen Anastomosenkomplikationen wird diese Methode vor allem für Hochrisikopatienten mit Karzinomen am Rektum und Linkskolon empfohlen. Differierende Meinungen bestehen besonders hinsichtlich des Vorgehens bei Vorliegen eines Obstruktionsileus (primäre Anastomosierung evtl. nach intraoperativer Darmlavage vs. Diskontinuitätsresektion). Valide Daten aus kontrollierten Studien liegen kaum vor, so dass evidenzbasierte Empfehlungen fehlen. In der Mehrzahl wurden bisher retrospektive Analysen kleiner Patientenkollektive publiziert, wobei häufig keine Trennung zwischen Karzinom und Divertikulitis vorgenommen wurde. Das Ziel der Untersuchung war, anhand der Daten einer prospektiven multizentrischen Beobachtungsstudie mit statistisch relevanter Fallzahl vor allem die Frage zu klären, wann die Hartmann-Operation primär bei Karzinomen am Rektum und Linkskolon noch indiziert ist.

Material und Methode

Die Untersuchung erfolgte in Form einer prospektiven multizentrischen Beobachtungsstudie unter Leitung des An-Instituts für Qualitätssicherung in der operativen Medizin an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.

Die ausgewerteten Daten beinhalteten den Zeitraum vom 01.01.2000 bis 31.12.2002. In diesem Zeitraum nahmen 309 Kliniken jeglichen Profils, d. h. vom Kreiskrankenhaus bis zur Universitätsklinik, teil. Studiendesign und -durchführung wurden bereits mehrfach von Marusch et al. publiziert [11, 12]. Sowohl die operativ als auch die konservativ therapierten Patienten wurden prospektiv dokumentiert. Der Fragebogen enthielt 68 Items zu den präoperativen Befunden, den präoperativ durchgeführten Maßnahmen, zur Operation (Op) selbst, zum postoperativen Verlauf und zur Histologie des Tumors.

Als Rektumkarzinome wurden alle Adenokarzinome klassifiziert, die gemessen mit dem starren Rektoskop einen Abstand von 0–16 cm von der Anokutanlinie (ACL) hatten. Als Kolonkarzinome wurden alle oralwärts von 16 cm ab ACL bis zur Valvula ileocoecalis gelegenen malignen epithelialen Tumoren bezeichnet.

Die primären Hartmann-Operationen bei Karzinomen am Rektum und Linkskolon unter kurativer Intention wurden den anderen radikalen Verfahren (Rektumexstirpation oder -resektion, Sigmaresektion, Hemikolektomie links) gegenübergestellt. Außerdem erfolgte ein Vergleich mit limitierten Eingriffen (Segmentresektion ohne Lymphadenektomie, Anus-praeter-Anlage).

Um den Einfluss der Notfallsituation auf die frühpostoperativen Ergebnisse zu untersuchen, wurden die Notfalloperationen mit den elektiven Eingriffen verglichen. Dabei wurden alle Operationen, die innerhalb von 24 h nach der stationären Aufnahme wegen eines akuten Abdomens operiert wurden, als Notfall definiert. Als akutes Abdomen wurden der Ileus, die Peritonitis und die Abszedierung erfasst. Die Diagnose Ileus wurde anhand der Anamnese, dem klinischen und dem radiologischen Befund gestellt. Die Peritonitis wurde durch Anamnese und den klinischen Befund diagnostiziert.

Anhand der präoperativen Risikofaktoren erfolgte die Zuordnung der Patienten in die ASA-Klassifikation. Die postoperative Morbidität berücksichtigte sowohl die allgemeinen postoperativen Komplikationen (Fieber >2 Tage; pulmonale, kardiale, renale Komplikationen; Thrombosen; Lungenembolien; Harnwegsinfekte und Multiorganversagen) als auch die spezifischen postoperativen Komplikationen (Op-pflichtige Nachblutungen, mechanischer Ileus, Platzbauch, Op- und nicht Op-pflichtige Anastomoseninsuffizienzen (klinisch und/oder radiologisch), Wundheilungsstörungen).

Unter Letalität wurde die Klinikletalität definiert, d. h. alle postoperativ verstorbenen Patienten wurden in die Berechnung einbezogen ohne Einschränkung hinsichtlich der 30-Tage-Letalität.

Statistik

Die statistische Bearbeitung der Datensätze erfolgte mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS 10.0. Zweidimensionale Häufigkeitsverteilungen wurden mit dem χ2-Test verglichen, wobei p-Werte <0,05 als signifikant ausgewiesen wurden. Logistische Regressionen wurden mit dem Zielkriterium der Indikationsstellung zur Diskontinuitätsresektion nach Hartmann durchgeführt. Die untersuchten Einflussfaktoren waren Lokalisation des Tumors, ASA, Alter, Geschlecht, BMI, UICC-Stadium und Notfall.

Ergebnisse

Im Zeitraum vom 01.01.2000 bis 31.12.2002 wurden im Rahmen einer prospektiven Multizenterstudie insgesamt 28.643 Patienten erfasst, die an einem kolorektalen Karzinom operiert wurden. Dabei lag in18.308 Fällen ein Kolonkarzinom und in 10.335 Fällen ein Rektumkarzinom vor; 1,7% (n=172) der Rektumkarzinome und 8,7% (n=1.584) der Kolonkarzinome wurden notfallmäßig operiert.

Primäre Hartmann-Operationen am Rektum—kurative Intention

In kurativer Intention wurden 353 Patienten (3,4%) mit einem Rektumkarzinom nach Hartmann operiert.

Hinsichtlich der Höhenlokalisation wurden 41,9% (n=148) der Hartmann-Operationen bei einem Tumorsitz zwischen 8–12 cm durchgeführt (Tabelle 1). 31,2% der Hartmann-Operationen erfolgten im UICC-Stadium IV. Der Anteil der Stadium-IV-Tumoren bei den einzelnen Op-Verfahren zeigt Tabelle 2. Der höchste Anteil an Risikopatienten (ASA III/IV) wurde erwartungsgemäß bei den Hartmann-Op registriert (Tabelle 2). Die Patienten mit Hartmann-Op waren im Mittel um 6 Jahre älter.

Tabelle 1 Kurative Hartmann-Op in Abhängigkeit von der Höhenlokalisation*
Tabelle 2 Kurative primäre Hartmann-Op beim Rektumkarzinom im Vergleich

Nur 1,7% (n=172) der Eingriffe beim Rektumkarzinom erfolgten in der Notfallsituation. Häufigster Notfalleingriff (n=58) war die Hartmann-Op bzw. wurden 16,4% der Hartmann-Op in dieser Situation durchgeführt.

Die postoperative Letalität (Hospitalletalität) war nach Hartmann-Op und nach Notfalleingriffen am höchsten (Tabelle 2). Anders verhielt es sich mit der postoperativen Morbidität. Diese war mit 58,4% bzw. 51,6% nach Hartmann-Op und Exstirpation etwa vergleichbar, lag nach anteriorer Rektumresektion (ARR) aber deutlich niedriger (39,8%). Bei den insgesamt 353 Hartmann-Operationen in kurativer Intention wegen eines Rektumkarzinoms wurde in 5 Fällen (1,4%) eine Insuffizienz des Hartmann-Stumpfes beobachtet. Gleichzeitig wurden 9 Fistelbildungen (2,6%) zwischen Hartmann-Stumpf und den Organen des Urogenitalsystems festgestellt.

In der logistischen Regression wurden als signifikant (p<0,001) unabhängige Einflussgrößen für die Indikation zur Hartmann-Op beim Rektumkarzinom das Alter und der Notfalleingriff ermittelt.

Primäre Hartmann-Operationen am Linkskolon—kurative Intention

Bei 8825 Karzinomen im Bereich des Linkskolons (7.776 Sigmakarzinome, 1.049 Karzinome am C. descendens) wurden primär 422 (4,8%) Hartmann-Operationen durchgeführt. Davon erfolgten 401 (5,2%) am Sigma und 21 (2,0%) am C. descendens.

Der Anteil von UICC-Stadien III und IV an den einzelnen Op-Verfahren ist aus Tabelle 3 ersichtlich. Zwei Drittel der Hartmann-Op erfolgten bei fortgeschrittenen Tumorstadien III und IV. In der „Hartmann-Gruppe“ fanden sich die meisten Risikopatienten. 213 (50,5%) der Hartmann-Op wurden bei Karzinomen am Linkskolon in der Notfallsituation durchgeführt. Damit war diese Op häufigster Notfalleingriff.

Tabelle 3 Kurative primäre Hartmann-Op am Linkskolon im Vergleich

Die höchste postoperative Morbidität fand sich ebenfalls nach Hartmann-Op und in der Notfallsituation (Tabelle 3).

Hinsichtlich der postoperativen Letalität im Zusammenhang mit Notfalleingriffen unter kurativer Intention bei Karzinomen am Linkskolon ist festzustellen, dass die Letalität nach Hartmann-Op tendenziell niedriger ist als nach Sigmaresektionen und Hemikolektomien, obwohl die „Hartmann-Gruppe“ die höchste Rate an Risikopatienten und fortgeschrittenen Tumoren aufweist (Tabelle 3). Allerdings ist dieser Unterschied nicht signifikant (p=0,802). Bei den Hartmann-Resektionen in kurativer Intention am Linkskolon wurden 3 (0,7%) Hartmann-Stumpfinsuffizienzen festgestellt.

In der logistischen Regression wurde als einzige signifikante unabhängige Einflussgröße auf die Indikation zur Hartmann-Op bei Karzinomen am Linkskolon die Notfallsituation ermittelt.

Segmentresektionen und Anus-praeter-Anlagen in der Palliativsituation am Rektum

Bei 449 Patienten (4,3%) mit einem Rektumkarzinom wurde primär ein Anus praeter angelegt, 68 (0,7%) erhielten eine Hartmann-Segmentresektion und 36 (0,3%) eine Segmentresektion mit primärer Anastomose als limitierte Verfahren (ohne Lymphadenektomie).

Diese Situation war gekennzeichnet durch einen hohen Anteil an fortgeschrittenen Karzinomen der UICC-Stadien III und IV. Die Patienten waren signifikant älter als in der kurativen Gruppe. Die postoperative Letalität war nach primärer Anus-praeter-Anlage und Hartmann-Segmentresektionen über 10% höher als bei radikalen Hartmann-Resektionen (Tabelle 2 und 4).

Tabelle 4 Primäre Anus-praeter-Anlage und limitierte Segmentresektion beim Rektumkarzinom

Segmentresektionen und Anus-praeter-Anlagen in der Palliativsituation am Linkskolon

Bei Karzinomen am Linkskolon erfolgte eine primäre Anus-praeter-Anlage in 203 Fällen (2,3%), eine limitierte Hartmann-Segmentresektion wurde bei 113 Patienten (1,3%) und eine Segmentresektion mit primärer Anastomose in 327 Fällen (3,7%) durchgeführt

Auch bei diesen limitierten Verfahren in der Palliativsituation wurde eine hohe Letalität und Morbidität ermittelt (Tabelle 5). Am günstigsten schnitt als Elektiveingriff die Segmentresektion mit primärer Anastomose ab (Letalität gesamt: 6,1%; elektiv: 5,5%).

Tabelle 5 Primäre Anus-praeter-Anlage und limitierte Segmentresektion bei Karzinomen am Linkskolon

Im Notfall wurde auch hier, wie in der kurativen Gruppe die niedrigste Letalität nach Hartmann-Segmentresektion festgestellt (32,7% vs. 33,3% nach primärer Anus-praeter-Anlage und 38,9% nach Segmentresektion mit Anastomose; Tabelle 5).

Diskussion

Die Definition des derzeitigen Stellenwertes der Diskontinuitätsresektion nach Hartmann im Rahmen der operativen Therapie der Karzinome am Rektum und Linkskolon wird durch den Mangel an validen Daten erschwert. Da weniger als 5% dieser Karzinome primär mit diesem Verfahren behandelt werden, verfügen nur wenige Zentren über statistisch relevante Fallzahlen. Deutlich wird dieser Aspekt der kleinen, statistisch nicht zu bearbeitenden Patientenkollektive bei der notwendigen vergleichenden Auswertung der einzelnen Op-Methoden hinsichtlich der kurativen und palliativen Optionen bzw. in der Elektiv- und Notfallsituation. Des Weiteren interessiert, ob bestimmte Risikogruppen und Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren speziell von der Diskontinuitätsresektion profitieren. Aus diesem Grund erlangen die Daten prospektiver, multizentrischer Beobachtungsstudien zunehmend Bedeutung bei der Klärung wichtiger Einzelaspekte der Op-Technik und -taktik [6, 7, 12].

Rektumkarzinom

Zunächst bestätigen die vorliegenden Daten, dass nur 1,7% (n=172) der 10.355 im Zeitraum vom 01.01.2000–31.12.2002 untersuchten Rektumkarzinome notfallmäßig operiert wurden. Im Gegensatz dazu wurde die Rate der Notfalleingriffe am Kolon mit 8,7% ermittelt. Kolonchirurgie beinhaltet die Ileuschirurgie, und damit hat hier die Hartmann-Op einen ganz anderen Stellenwert als beim Rektumkarzinom. Ausdruck findet diese Feststellung, dass am Rektum in kurativer Intention nur 16,4% der Hartmann-Op im Notfall erfolgten, während bei Karzinomen am Linkskolon über die Hälfte (50,5%) dieser Eingriffe in gleicher Intention und Situation durchgeführt wurden. So erlangt die Hartmann-Op am Rektum, obwohl häufigster Notfalleingriff, besondere Bedeutung für die Gruppe der sehr alten und polymorbiden Patienten mit fortgeschrittenen Tumorstadien.

Die Patienten mit Rektumkarzinomen, die kurativ nach Hartmann operiert wurden, waren im Vergleich mit den anderen radikalen Verfahren um durchschnittlich 6 Jahre älter (p<0,001) und hatten einen signifikant höheren Anteil an ASA-III und -IV-Stadien. Ein Drittel (31,2%) der Diskontinuitätsresektionen erfolgte bei Patienten mit einem UICC-Stadium IV. Aufgrund dieser Negativselektion war die postoperative Letalität und Morbidität erwartungsgemäß höher als nach den beiden anderen Verfahren (Tabelle 2). Die Ergebnisse der logistischen Regression mit Alter und Notfall als signifikante unabhängige Einflussgrößen auf die Indikationsstellung zur Hartmann-Operation bestätigen die oben gemachten Ausführungen.

Somit kann schlussfolgernd für diese Indikation festgestellt werden: Nur in 3,4% (n=353) der Patienten mit einem Rektumkarzinom war in kurativer Intention überhaupt eine Diskontinuitätsresektion erforderlich. Als primäres kuratives Op-Verfahren ist es nur für seltene Notfallsituationen und für elektive Einzelindikationen (sog. „tiefer Hartmann“ bei „High-risk-Patienten“) zu empfehlen. Hierzu muss angemerkt werden, dass Hartmann-Resektionen bei einer Tumorhöhe von unter 8 cm ab ACL technisch schwierig sein können. Die Resektionsebene liegt in diesen Fällen in Höhe des muskulären Beckenbodens bzw. intersphinktär, so dass Rektumstumpfdehiszenzen möglich sind. Im untersuchten Krankengut wurde bei 5 Patienten (1,4%) eine Stumpfdehiszenz und bei 9 Patienten (2,6%) eine Fistelbildung beobachtet.

Linkskolonkarzinom

Anders verhält es sich mit den kurativen Diskontinuitätsresektionen bei Karzinomen am Linkskolon. Auch hier kommt dieses Op-Verfahren nur in 4,8% (n=422) der Fälle primär zur Anwendung, hat aber in der Notfallsituation einen hohen Stellenwert. Über die Hälfte der Hartmann-Op waren Notfalleingriffe (Tabelle 3). Obwohl diese Patienten ein signifikant höheres Risiko und einen höheren Anteil an fortgeschrittenen Tumoren aufwiesen, war die postoperative Letalität nach Hartmann-Op im Notfall (7,5%) im Vergleich mit den beiden anderen Verfahren (Sigmaresektion: 9,2%; Hemikolektomie links: 9,0%) am niedrigsten. Allerdings war dieser Unterschied trotz großer Fallzahl nicht signifikant.

Auch stehen diese Daten in einem gewissen Widerspruch zu den Ergebnissen der bisher einzigen kontrollierten Untersuchung der Scotia Study Group (1995). Im Rahmen dieser Studie wurden beim einzeitigen Vorgehen wegen linksseitiger Obstruktion durch ein Karzinom die subtotalen Kolektomien (n=47) mit den Segmentresektionen nach intraoperativer Darmlavage (n=44) verglichen [15]. Die postoperative Letalität war in der Kolektomiegruppe (6,4%) höher als bei den eingeschränkten Verfahren (2,3%). Protektive Stomata wurden nach subtotalen Kolektomien in 14,9% (n=7) der Fälle angelegt, nach Segmentresektionen nur bei einem Patienten (2,3%). Eine Stratifizierung der notfallmäßig operierten Patienten hinsichtlich Alter, Risiko und Tumorstadien wurde nicht vorgenommen. Somit favorisieren die Autoren dieser Studie in der Notfallsituation (Tumorobstruktion am Linkskolon) das einzeitige Vorgehen mit limitierter Segmentresektion nach intraoperativer Darmlavage. Diesem Vorgehen kann nach den oben vorgestellten Daten der deutschen Multizenterstudie aber auch aus onkochirurgischen Überlegungen heraus nicht uneingeschränkt zugestimmt werden.

Grundsätzlich sollte auch im Notfall ein onkologisch adäquater Eingriff mit systematischer Lymphknotendissektion erfolgen [5]. Besonders wenn es sich um Risikopatienten handelt, kann nach den Daten der Multizenterstudie in dieser Situation die kurative Diskontinuitätsresektion nach Hartmann vor allem aufgrund der niedrigeren Letalitätsraten empfohlen werden. Im Falle der Tumorperforation mit fäkulenter Peritonitis stellt u. E. dieser Eingriff das Verfahren der Wahl dar. Das Ergebnis der logistischen Regression mit dem Notfall als alleiniger unabhängiger Einflussgröße (p<0,001) auf die Indikation zur Hartmann-Op unterstützt diese Aussage.

Die Indikation zu den beiden anderen radikalen Verfahren (Sigmaresektion, Hemikolektomie links) sollte in der Notfallsituation streng gestellt werden. Kombiniert mit einer intraoperativen Kolonlavage sind diese Eingriffe höchst anspruchsvoll und gleichfalls mit bedenklicher Letalität und Morbidität belastet. Im Zweifelsfall sollte man sich für die kurative Diskontinuitätsresektion entscheiden. Unterstützt wird diese Aussage durch die Ergebnisse einer Umfrage zur Notfallsituation am Linkskolon, die Goyal und Schein 2001 bei 500 Allgemeinchirurgen in den USA durchführten [8]. Bei „High-risk-Patienten“ mit einer Tumorobstruktion favorisieren 94% der Befragten die Hartmann-Op oder eine Transversumkolostomie. In der „Good-risk-Gruppe“ sind auch nur 53% für ein einzeitiges Verfahren (Sigmaresektion, subtotale Hemikolektomie) mit oder ohne intraoperative Darmlavage. Auch andere Autoren plädieren in der Notfallsituation am Linkskolon mehr für die Diskontinuitätsresektion [2, 3, 4, 9, 14]. Deutlich in der Minderheit sind die Befürworter der Resektion mit primärer Anastomosierung [1, 10]. Allerdings muss dabei immer auf die unbefriedigende Datenlage kleiner retrospektiv untersuchter Patientenkollektive hingewiesen werden.

Palliativsituation

In der Palliativsituation spielen beim Rektumkarzinom sowohl elektiv als auch im Notfall die limitierten Segmentresektionen (ohne Lymphadenektomie) keine Rolle. Wichtiger ist in dieser Situation die primäre Anus-praeter-Anlage, auch im Zusammenhang mit evtl. zu planenden neoadjuvanten Maßnahmen. In 449 Fällen (4,3%) wurde dieser Eingriff primär durchgeführt (Tabelle 4). Elektiv kann die Anus-praeter-Anlage meist laparoskopisch erfolgen.

Anders war das palliative Vorgehen bei Karzinomen am Linkskolon. Häufigster Elektiveingriff mit der niedrigsten postoperativen Letalität war hier eindeutig die Segmentresektion mit primärer Anastomose (Tabelle 5).

Im Notfall wurde dagegen die Hartmann-Segmentresektion bevorzugt. Im Hinblick auf die hohe Letalität und Morbidität dieser palliativen Verfahren und auf die Vermeidung definitiver Kolostomien erlangen derzeit zunehmend endoskopische Alternativen (Dekompressionssonden, Stents, endoskopische Rekanalisierung) Bedeutung [13]. Diese Verfahren werden zukünftig immer mehr die palliativen Op besonders im Notfall und bei den Risikopatienten ersetzen.

Fazit für die Praxis

Aus der vorliegenden prospektiven multizentrischen Beobachtungsstudie können für die Hartmann-Operation folgende Indikationen festgestellt werden:

  • Rektumkarzinom: Als primäres kuratives Op-Verfahren ist es nur für seltene Notfallsituationen und für elektive Einzelindikationen (sog. „tiefer Hartmann“ bei „High-risk-Patienten“) zu empfehlen.

  • Kolonkarzinom: Allein der Notfall stellt eine Indikation zur Hartmann-Op dar. Im Falle einer Tumorperforation mit fäkulenter Peritonitis ist es das Verfahren der Wahl.

  • Palliativsituation: Beim Rektumkarzinom spielt die Segmentresektion sowohl elektiv als auch im Notfall keine Rolle. Beim Linkskolon wird im Notfall die Hartmann-Operation bevorzugt.