Zusammenfassung
Die beiden minimalinvasiven perkutanen Techniken der Zementauffüllung osteoporotischer Wirbelkörperfrakturen—Vertebroplastie und Kyphoplastie mit Instillation von Polymethylmetacrylat (PMMA)—werden als „ultima ratio“ des therapeutischen Regimes von frakturbedingten Komplikationen der Osteoporose im Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich vorgenommen. Bei der Vertebroplastie erfolgt die Zementapplikation mono- oder bipedikulär unter hohem Druck über eine Punktionsnadel. Optimalerweise durchdringt der Zement den Wirbelkörper als Ganzes und respektiert dabei die Hinterkante als Barriere gegen einen Zementaustritt nach dorsal. Eine Aufrichtung komprimierter Wirbelkörper erfolgt nicht. Bei der Kyphoplastie instilliert man den PMMA-Zement in zuvor durch aufblasbare Ballons transpedikulär beidseits geschaffene Hohlräume über Arbeitstrokare unter geringem Druck, die Möglichkeit einer Wiederherstellung der ursprünglichen Wirbelkörperhöhe ist damit gegeben. Die Gefahr eines unerwünschten Zementaustrittes ist minimiert.
Abstract
Kyphoplasty and vertebroplasty are two minimally invasive percutaneous techniques used for treatment of osteoporotic vertebral compression fractures in the thoracic and lumbar spine. The injection of polymethylmetacrylate (PMMA) is often a final attempt at therapeutic treatment of complications due to such fractures. Vertebroplasty involves injection of cement via one or both pedicles under high pressure, thus filling and stabilizing the vertebra without reduction of fracture. Extravertebral cement leakage is a common complication: an intact posterior wall normally prevents cement leakage into the epidural space. Kyphoplasty involves transpedicular inflation of balloon tamps, thus creating a cavity which is then filled with PMMA under low pressure. Restoration of vertebral height is possible and the potential for extravertebral cement leakage lessened.
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Die Osteoporose als chronische, altersassoziierte Stoffwechselerkrankung betrifft heute ca. 5 Mio. Bürgerinnen und Bürger der BRD. 1,7 Mio. Frauen und 0,8 Mio. Männer sind von einer osteoporotischen Wirbelkörperdeformation betroffen [16] (Abb. 1). Etwa die Hälfte der Wirbelkörperfrakturen führt nach akut schmerzhaftem Ereignis zu einem chronischen Schmerzsyndrom [4, 26]. Mobilität und Selbstständigkeit im alltäglichen Leben sind gefährdet bzw. eingeschränkt, Patienten mit einem osteoporotischen Wirbelkörperbruch weisen eine um 23% erhöhte Mortalität im Vergleich zu einem Kontrollkollektiv ohne Wirbelsäulenfraktur auf [4, 10, 15]. Die bisherige konservative Therapie manifester Frakturen durch Analgesie/Bettruhe und anschließende Mobilisation mit Korsett-/Miederversorgung ist nicht nur für die Patienten langwierig, belastend und schmerzhaft, sondern auch vielfach erfolglos im Hinblick auf die schmerzfreie Wiedererlangung der Aktivitäten des täglichen Lebens [17, 23, 28].
Operative, stabilisierende Eingriffe an der Wirbelsäule verbieten sich meist bei den älteren, oftmals polymorbiden Patienten, ganz abgesehen davon, dass die Haltekraft der Implantate im osteoporotischen Knochen reduziert und ein Implantatversagen vorprogrammiert ist [19].
Insgesamt erscheint es schwierig, den Circulus vitiosus: Osteoporose—Schmerz—Immobilisation und die daraus resultierende Verstärkung der Osteoporose, wirkungsvoll mit den bisherigen konservativen oder operativen Methoden zu unterbrechen.
Aus diesem Grunde haben sich zwei einander ähnelnde Verfahren: Vertebroplastie/Kyphoplastie etabliert, nachdem 1987 erstmalig eine perkutane Vertebroplastik eines Wirbelkörperhämangiomes erfolgreich durch Instillation von PMMA-Polymethylmetacrylat durchgeführt wurde [11]. Diese Art der perkutanen Vertebroplastik wurde dann auf die Therapie maligner tumoröser osteolytischer Prozesse ausgedehnt und seit Mitte der 1990er Jahre auch bei osteoporotischen Kompressionsfrakturen mit Erfolg angewandt. Ende der 1990er Jahre wurde in den USA als Erweiterung der Vertebroplastie die Kyphoplastie erprobt, als deren Vorteil unter anderem die Aufrichtung komprimierter Frakturen propagiert wird.
Vertebroplastie
Im Allgemeinen wird die Vertebroplastie in lokaler Anästhesie in Bauchlage des Patienten durchgeführt, vorzugsweise in Kooperation mit einem Anästhesisten bei gleichzeitiger Gabe von Analgetika und Sedativa. Nach chirurgischer Desinfektion und steriler Abdeckung des Operationsgebietes erfolgt das Setzen des lokalen Anästhetikums. Unter Kontrolle des Röntgenbildverstärkers in beiden Ebenen werden über Stichinzisionen 2 mm starke Kirschner-Drähte mono- oder bitranspedikulär in die zu behandelnden Wirbelkörper eingeführt. Sind die Kirschner-Drähte in beiden Ebenen radiologisch kontrolliert und korrekt platziert, werden sie mit Knochenbiopsienadeln überbohrt und danach entfernt. Anschließend instilliert man über ein Spritzensystem unter kontinuierlicher Röntgenbildverstärkerkontrolle den Knochenzement, meist unter hohem manuellem Druck. Hierbei sollte die Zementauffüllung den knöchernen Rahmen des Wirbelkörpers respektieren, Zementaustritte nach ventral und lateral über die Venen oder Frakturspalten der Wirbelkörper sind operationstechnisch und als systemimmanent oftmals nicht zu vermeiden. Bei Feststellung dieser Komplikation wird die Instillation von Zement abgebrochen, ein Zementaustritt nach dorsal über die Hinterkante mit der Möglichkeit der Kompression des Myelons gilt als fatal. Nach Aushärten des Zementes entfernt man die Nadeln und schließt die Stichinzisionen durch Naht.
Kyphoplastie
Der Patient befindet sich in Vollnarkose, die ersten Op-Schritte der Kyphoplastie erfolgen analog denen der Vertebroplastie, das spezielle Instrumentarium besteht aus: Yamshidi-Nadel, Arbeitstrokar, Zementapplikator, Ballonkatheter und Inflationsspritze (Abb. 2). Nach Entfernen der zuvor eingebrachten Yamshidi-Nadeln (Abb. 3) und Einbringen der Arbeitstrokare über die Kirschner-Drähte (Abb. 4), werden die Ballonkatheter eingeführt und im Röntgenbildverstärker im Hinblick auf ihre exakte Lage in beiden Ebenen kontrolliert. Anschließend lassen sich die Ballonkatheter mit Hilfe einer speziellen Inflationsspritze mit Kontrastmittel bis zu einem Druck, der 300 m Wassertiefe entspricht, füllen. Auch dies wird im Bildverstärker radiologisch in beiden Ebenen überprüft (Abb. 5), und nach radiologisch gesichertem Schaffen eines situationsadäquaten Hohlraumes, ggf. mit Wiederherstellung der Wirbelkörperhöhe (Abb. 6), wird die Kontrastmittelflüssigkeit abgelassen und der Ballon entfernt. Durch die Lagerung in Hyperlordose besteht nicht die Gefahr, dass diese so geschaffenen Hohlräume kollabieren.
Über spezielle Zementapplikatoren oder Spritzensysteme wird nun in die so geschaffenen Hohlräume unter kontinuierlicher radiologischer Darstellung der niedrig-visköse Knochenzement unter mäßigem Druck appliziert. Beim Auftreten von Zementaustritten insbesondere nach dorsal, ist die Zementapplikation sofort abzubrechen. Nach Aushärten des Zementes werden die Arbeitstrokare mitsamt den Zementapplikatoren entfernt und die Stichinzisionen durch Hautnaht verschlossen. Bei Verwendung von Knochenzementen kann der Patient zügig mobilisiert werden.
Indikationen und Kontraindikationen
Ursachen von Wirbelfrakturen sind die primäre und sekundäre Osteoporose, Malignome (multiples Myelom, osteolytische Wirbelkörpermetastasen) sowie Traumata. Grundsätzlich können beide Verfahren bei Wirbelfrakturen, die auf dem Boden der genannten Ursachen entstanden sind, durchgeführt werden. In Frage kommen schmerzhafte Frakturen, bei denen durch konservative Maßnahmen keine ausreichende Schmerzlinderung erreicht werden kann, sowie Frakturen, die eine deutliche Tendenz zur Sinterung aufweisen und damit Spätfolgen, wie z. B. Haltungsschäden und Schmerzen durch eine Knickkyphose hervorrufen können. Die Indikation zur Intervention muss individuell geprüft und aufgrund der Vielseitigkeit der Ursachen interdisziplinär gestellt werden, um im Einzelfall die notwendige Fachkunde zur sicheren Beurteilung der differenzialdiagnostischen Ursachen und der differenzierten therapeutischen Möglichkeiten ad hoc zur Verfügung zu haben.
Voraussetzungen für die Indikationsstellung zur Vertebro- oder Kyphoplastie
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Aktuelle Röntgenbilder der BWS und LWS in beiden Ebenen zur Beurteilung der technischen Durchführbarkeit,
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ein Spiral-CT oder MRT der schmerzhaften und zur Intervention vorgesehenen Wirbelsäulenregion zum Ausschluss einer relevanten Hinterkantenbeteiligung,
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Ausschluss einer radikulären neurologisch definierbaren Ursache der Schmerzsymptomatik,
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Operations- und Narkosefähigkeit,
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Ausschluss einer Gerinnungsstörung bzw. eine 14-tägige Karenz von NSAR (Aspirin, Plavix etc.).
Indikationen
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Schmerzhafte Wirbelkörperfrakturen im Brust- und Lendenwirbelbereich,
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frische traumatische Wirbelkörperfraktur,
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chronische schmerzhafte Sinterungsfraktur bei Osteoporose,
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pathologische Wirbelkörperfraktur bei Metastasen,
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primäre Wirbelkörpertumoren (Hämangiom, multiples Myelom).
Kontraindikationen
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Rückenschmerzen aufgrund anderer Ursachen (Bandscheibenvorfall, degenerative Veränderungen etc.),
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Nichtübereinstimmung von Schmerzlokalisation und behandelbarem Wirbelsäulenabschnitt,
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bereits durchgeführte Vertebro- oder Kyphoplastie am gleichen Wirbelkörper,
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Infektion des zu behandelnden Wirbelkörpers,
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Vertebra plana mit vollständigem Verlust der Wirbelkörperhöhe,
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unbeherrschbare Gerinnungsstörung mit Blutungsneigung und damit einhergehender Gefahr der Hämatombildung im Spinalkanal mit Kompression des Myelons,
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Allergie auf Bestandteile des Knochenzements,
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Schwangerschaft,
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fehlende OP- und Narkosefähigkeit aufgrund von Nebendiagnosen.
Eingeschränkte Durchführbarkeit (individuell zu prüfen)
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Frakturierte und/oder nach dorsal verschobene Wirbelkörperhinterkante,
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Skoliose, Hyperkyphose und degenerative Wirbelsäulenveränderungen,
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Bandscheibenvorfall im Bereich des zur OP vorgesehenen Abschnitts,
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geringgradige Deck- oder Grundplatteneinmuldung.
Perioperatives Management und Nachsorge
Die Diagnostik und Therapie der Grunderkrankung ist oberste Priorität. Im Behandlungskonzept der Osteoporose stellt die Kyphoplastie lediglich eine therapeutische Option bei Schmerzen dar. Alle mittels Kyphoplastie behandelten Osteoporosepatienten erhalten eine evidenz-basierte Therapie mit Kalzium, Vitamin D und Bisphosphonaten zur Verhinderung weiterer Frakturen sowie Krankengymnastik. Ebenso wichtig ist die Behandlung eines eventuell zugrunde liegenden Tumors oder die der Begleitverletzungen im Rahmen eines Traumas. Präoperativ steht die klinische Untersuchung, die der exakten Schmerzlokalisation dient, im Vordergrund. Durch Auslösen eines Klopf- oder Druckschmerzes über den Processus spinosi wird überprüft, ob der Hauptschmerzbereich mit den radiologisch gesicherten, zur Operation vorgesehenen Wirbelfrakturen übereinstimmt. Dies ist insbesondere bei Patienten mit multiplen Wirbelfrakturen wichtig und für den Erfolg der Operation entscheidend. Alle Patienten füllen im Rahmen einer prospektiven Studie präoperativ Fragebögen bezüglich ihrer aktuellen Beschwerden und Mobilität aus.
Postoperativ erfolgt nach einer Bettruhe von ca. 24 h eine Röntgen- und CT-Kontrolle zur Beurteilung der Zementlage im Wirbelkörper (Abb. 7). Anschließend dürfen die Patienten unter Vollbelastung mobilisiert werden. Am Entlassungstag werden von den Patienten erneut Fragebögen ausgefüllt und Wiedervorstellungstermine vereinbart. Diese erfolgen einen Monat, 3, 6 und 12 Monate postoperativ, anschließend in 6-monatlichen Abständen. Im Rahmen der Kontrolluntersuchungen erfolgen eine klinische und laborchemische Untersuchung, es werden Röntgenbilder angefertigt und erneut Fragebögen ausgefüllt. Anhand der Röntgenserie eines jeden Patienten werden morphometrische Messungen der Wirbelkörper im Hinblick auf die Wirbelkörperaufrichtung, das Auftreten neuer Frakturen und das Verhalten der angrenzenden Wirbelkörper durchgeführt.
Komplikationen
Die in der Literatur dokumentierten Komplikationsraten beider Verfahren differieren stark. Sie beträgt bei der Vertebroplastie ca. 10% symptomatische Komplikationen und umfasst neurologische Ausfälle von Radikulopathien bis hin zur Paraplegie durch Fehlpunktion oder dorsale Zementaustritte [13, 14, 21], letale Lungenembolien und Hirnarterienembolien durch Zementextravasation [2, 6, 29]. Zusätzlich besteht mit 20–67% eine hohe Rate an asymptomatischen Zementaustritten [5, 12, 13, 15]. Dagegen treten nach Kyphoplastie nur in ca. 2,5% der Fälle symptomatische Komplikationen auf, diese umfassen ebenfalls Fehlpunktionen und Zementaustritte in den Spinalkanal mit neurologischen Ausfällen [13, 32] sowie in seltenen Fällen Lungenembolien. Letale Folgen sind für die Kyphoplastie bisher nicht beschrieben. Asymptomatische Zementaustritte sind mit einer Rate von 0–11,3% bei diesem Verfahren deutlich seltener [9, 13, 22, 25]. Bei beiden Verfahren können im Rahmen der Operationslagerung des Patienten, abhängig von der zugrunde liegenden systemischen Erkrankung, Frakturen der Rippen, des Sternums oder des Sakrums auftreten [13].
Aufgrund der deutlich niedrigeren Komplikationsraten und der grundsätzlichen Möglichkeit der Wiederaufrichtung frakturierter Wirbelkörper bei der Kyphoplastie haben wir uns für die Durchführung allein dieser Methode entschieden.
Ergebnisse
In Heidelberg wurden seit Dezember 2001 bisher 136 Patienten an 258 Wirbelkörpern kyphoplastiert. 84% der Patienten klagten über chronische Rückenschmerzen bei manifester Osteoporose. Die Beschwerden bestanden meist seit deutlich mehr als einem Jahr. Nur 7,4% dieser Patienten kamen mit einer frischen osteoporotischen Fraktur zur Therapie. 9,6% der 136 Patienten wurden aufgrund einer akuten traumatischen Fraktur bei normaler Knochendichte behandelt und 6,6% erlitten Frakturen aufgrund eines malignen Geschehens. Der Altersmedian lag bei 67 Jahren. Insgesamt wurde bei 89 Patienten PMMA und bei 47 jüngeren Patienten ein Kalziumphosphatzement verwendet. 70% der Patienten erfuhren durch die Kyphoplastie eine deutliche Schmerzlinderung, gemessen anhand von visuellen Analogskalen (VAS), 10% waren schmerzfrei, dies betrifft besonders Patienten, bei denen präoperativ nur 1–3 Wirbelfrakturen aufgetreten waren und deren Beschwerden seit weniger als einem Jahr bestanden [18, 31]. 20% gaben kaum oder keine Besserung ihrer Beschwerden an. Dies entspricht den Ergebnissen anderer Untersuchungen [1, 13, 20, 22, 24, 25, 32]. Insgesamt ist das Ausmaß der Schmerzlinderung nach Kyphoplastie, derjenigen nach Vertebroplastie vergleichbar [5, 12, 13, 15, 26].
Wie sich in unseren Nachuntersuchungen zeigte, ist die Schmerzlinderung ein anhaltender Effekt, die VAS-Werte stiegen von präoperativ 2,6 (0=unerträglicher Schmerz) auf 4,8 postoperativ, 4,4 nach 6 Monaten und 4,8 nach einem Jahr. Gleiches gilt für die Mobilisation, gemessen im Funktionsbogen, hier stiegen die Werte von präoperativ 4,2 auf 5,3 postoperativ und 5,8 sowie 6,0 nach 6 bzw. 12 Monaten.
Bei der Messung der Wiederaufrichtung der Wirbelkörperhöhe variieren die Literaturangaben mit 16–38% Aufrichtung durch Kyphoplastie stark, was zum Teil an den unterschiedlichen Messtechniken liegt [1, 3, 7, 9, 13, 20, 22, 23]. Da es sich in unserem Kollektiv hauptsächlich um osteoporotische Wirbelkörperfrakturen im Sinne von Fischwirbeln (Abb. 1) handelt, erscheint die Angabe der mittleren Wirbelkörperhöhe in [%] der Ausgangshöhe, gemessen am nächstliegenden nichtfrakturierten Wirbelkörper sinnvoll. Die Aufrichtung ergibt sich dann aus dem Vergleich der postoperativen Höhe zur präoperativen Höhe in [%]: In unserem Kollektiv betrug die durchschnittliche präoperative Wirbelkörperhöhe 60% und 70,2% postoperativ, dies entspricht einer Aufrichtung von 17%, nach einem Jahr betrug die Wirbelkörperhöhe noch 68,4%, entsprechend einer Aufrichtung von 14%. Frische osteoporotische oder traumatische Frakturen lassen sich grundsätzlich besser aufrichten, hier werden Werte bis zu 40% erreicht [3, 20]. Bei der Vertebroplastie kommt es nicht zur Wiederaufrichtung der Wirbelkörperhöhe [1, 3]. Wir konnten keinen signifikanten Unterschied bezüglich der Schmerzlinderung, Mobilisation oder des Effekts der Aufrichtung zwischen PMMA- und Kalziumphosphatzement feststellen.
Fazit für die Praxis
Durch die Einführung der Vertebro- und der Kyphoplastie ist bei interdisziplinärer strenger Indikationsstellung für Patienten mit osteoporotischen Wirbelkörperfrakturen eine Verbesserung der Lebensqualität möglich, Aktivitäten des täglichen Lebens können erweitert, Analgetika reduziert werden. Die Basistherapie der Osteoporose mit Kalzium, Vitamin D und Bisphosphonaten wird dadurch nicht ersetzt, sie ist unverändert konsequent einzuhalten. Da Langzeitergebnisse wesentlicher Art für diese beiden noch jungen Verfahren noch ausstehen und die Reaktion der augmentierten Wirbel auf den instillierten Knochenzement auf Dauer nicht vorrausgesagt werden kann, ist der Entwicklung von biologischen Zementen bei identischer Festigkeit und praktikabler Injizierbarkeit höchste Priorität einzuräumen. Die Therapie frischer traumatischer Wirbelkörperfrakturen beim jüngeren Patienten durch Applikation von „Biozementen“ mit Wiederherstellung der Wirbelkörperhöhe stellt im Einzelfall eine sinnvolle Erweiterung des Indikationsspektrums dar, um langfristig Sekundärschäden der üblichen konservativen und chirurgischen Therapie zu vermeiden.
Beide Verfahren erfordern einen hohen materiellen Aufwand, sie sind nicht komplikationslos. Beim Auftreten relevanter Komplikationen muss gewährleistet sein, dass das Komplikationsmanagement vor Ort beherrscht wird. Vertebro- und Kyphoplastie dürfen sich nicht als lukrative Eingriffe für einzeln agierende Operateure missbrauchen lassen und damit zum Ruin der Kostenträger beitragen und die Patienten mit dem Risiko eines ungünstigen Behandlunsergebnisses belasten.
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Meeder, PJ., DaFonseca, K., Hillmeier, J. et al. Kyphoplastie und Vertebroplastie bei Frakturen im hohen Lebensalter. Chirurg 74, 994–999 (2003). https://doi.org/10.1007/s00104-003-0748-x
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00104-003-0748-x