PET, CT und MR sind Schnittbildverfahren, die in mehreren Schichtebenen Gewebsstrukturen ohne Störung oder Zerstörung der Topographie und Funktion in situ differenzieren können. Insbesondere stellt die Positronenemissionstomographie (PET) nach Applikation von F-18-Fluordeoxyglucose (FDG) eine Methode dar, mit der der regionale Zuckerstoffwechsel gemessen werden kann. Neben der kardialen und neurologisch-psychiatrischen Diagnostik spielt die PET heute eine wichtige Rolle in der Onkologie, insbesondere für den Nachweis von Lymphknoten und Fernmetastasen sowie bei Lokalrezidiven.

Das Verfahren beruht darauf, dass maligne Zellen einen höheren Glukosestoffwechsel—verbunden mit einer Zunahme der Glukosetransporter—als das gesunde Gewebe aufweisen [3]. Aber auch andere gesunde Organe zeigen eine hohe Glukoseaufnahme, beispielsweise das Gehirn und das Herz.

Entsprechend dem Aktivitätszustand weist auch die Muskulatur erhöhte FDG-Werte auf, beispielsweise bei der Kontraktion [5]. So zeigt insbesondere die Kehlkopfmuskulatur beim Sprechen einen erhöhten Glukosestoffwechsel und ebenso die angespannte Halsmuskulatur. Diese vermehrte natürliche Muskelaktivität muss jeweils von tumorösen Veränderungen, die sich ähnlich abbilden, abgegrenzt werden.

In neuester Zeit hat die Kombination eines PET-Gerätes mit einem Spiral-CT klinische Bedeutung erlangt. Hierbei werden im gleichen Arbeitsgang CT und PET aufgenommen, so dass beide Verfahren simultan übereinander gelagert werden können [2]. Dieses neue Verfahren verbindet daher die hohe Ortsauflösung des CT mit der hohen Sensitivität der PET. Ein besonderer Vorteil dieses Verfahren ist unter anderem, dass ohne aufwendige Bildnachbearbeitung pathologische FDG-Speicherungen direkt CT-morphologischen Befunden zuzuordnen sind [4]. Dies spielt eine besondere Rolle, wenn umschriebene muskuläre Aktivitäten von pathologischer Glukosespeicherung zu differenzieren sind.

In der vorliegenden Untersuchung sollen die Vorteile des neuen Verfahrens dazu genutzt werden, die natürliche Spontanmuskelaktivität der Beckenboden- und Analmuskulatur bildlich darzustellen, semiquantitativ auszuwerten und somit weitere Einblicke in die Physiologie des anorektalen Kontinenzorgans zu erhalten [9, 10].

Material und Methode

Wir untersuchten 20 anamnestisch anorektal kontinente Patienten, bei denen wegen unterschiedlicher Tumorerkrankungen ein PET-CT im Rahmen der Ausbreitungsdiagnostik indiziert war. Elf Patienten waren Männer und 9 weiblichen Geschlechts. Kein Patient wies klinisch und bildgebend pathologische Befunde im Bereich des anorektalen Abschlussorgans auf. Das Durchschnittsalter der Untersuchten betrug 57,1 Jahre (±16,0).

Die Untersuchungen erfolgten mit dem PET/CT-Scanner (biograf) der Firma Siemens. Neunzig Minuten nach intravenöser Injektion von 370 MBq FDG wurden die Patienten im PET/CT-Scanner gelagert und Ganzkörperaufnahmen von der Schädelbasis bis zur Oberschenkelmitte angefertigt. Es wurde zunächst ein CT (nativ) gefahren, gefolgt von der Akquisition des PET mit überlappenden Bettpositionen. Die Datenrekonstruktion und die Bildfusion erfolgte in 5 mm Schichten mit der Software (SYNGO) des PET/CT-Scanners.

Hierbei wurde zunächst der CT-Befund (Morphologie) in Grauwertstufen in herkömmlicher Weise dargestellt. Das in gleicher Position aufgenommene PET wurde in Falschfarbkodierung überlagert. In der fusionierten Abbildung wurde den gemessenen FDG-Anreicherungen die Farben rot, gelb, grün und blau entsprechend der abnehmenden Intensität zugeordnet.

Die semiquantitative Auswertung der FDG-Anreicherungen zur Analyse der Muskelaktivität erfolgte mit Hilfe der ROI-Technik, bei der ein definierter Bildanteil (region of interest ROI) manuell auf dem PET-Bild eingezeichnet und die Aktivität kalkuliert wird. Insgesamt wurden bei jedem Patienten 5 Regionen ausgemessen: Eine ROI umschloss den gesamten, am CT-Schnitt identifizierbaren Sphinkter. Zwei Messungen wurden im Bereich des Levatortrichters jeweils auf der rechten und der linken Seite durchgeführt. Zum Vergleich der Werte mit denen ruhender Stammmuskulatur wurden 2 Messwerte rechts und links am M. glutaeus maximus bestimmt (Abb. 1a). Die ermittelten Messdaten der FDG-Anreicherung wurden dimensionslos als "standard uptake value" (SUV) angegeben. Die statistische Auswertung erfolgte durch paarweise Gruppenvergleiche für alle möglichen Kombinationen der 5 Messpunkte mit Hilfe des t-Tests.

Abb. 1.
figure 1

a Lage der Messregionen (ROI) und die FDG-Aktivitätsverteilung im Bereich des Sphinkters (1, gelb und rot), des Levatortrichters (2,3, grün) und des M. glutaeus (4,5, blau) am fusionierten PET-CT-Schnitt einer 69-jährigen Frau. b FDG-Aktivitätsverteilung des anorektalen Abschlussorgans eines 76-jährigen Mannes. Die spontan aktivierte Muskulatur des Sphinkters zeigt die höchste FDG-Anreicherung (rot und gelb), gefolgt vom Levatortrichter (grün). Die mächtige ruhende Stammmuskulatur (Glutealregion) zeigt nur eine geringe FDG-Anreicherung (blau)

Ergebnisse

Die visuelle Auswertung der erstellten PET-CT-Aufnahmen (Abb. 2) zeigten in allen Fällen eine hohe FDG-Speicherung im Bereich des Sphinkters (Farbkodierung rot und gelb), gefolgt von einer Mehrspeicherung im Bereich des Levatortrichters (Farbkodierung grün), im Vergleich zu einer viel geringeren Speicherung der Glutal- und Stammmuskulatur (Farbkodierung blau).

Abb. 2.
figure 2

Das anorektale Kontinenzorgan, der Regelkreis mit seinen efferenten Nervenfasern, die aus dem Onufkern—hier Querschnitt S2—kommen. Die Nervenversorgung des Sphinkter ani internus durch die Nervi rektales inferiores sind von der Nervenversorgung des Levator-Sphinkter-Externus-Systems über die Nervi levatorii und die Nervi pudendales peripher völlig getrennt. Es gibt keine Verbindungen zwischen diesen Muskelgruppen. Gemeinsam ist allen Muskeln des anorektalen Kontinenzorgans die natürliche Spontanaktivität über die motorischen Onufkernganglienzellen im Rückenmark

Die statistische Auswertung der SUVs zeigte mit Durchschnittswerten von 2,32 (±0,78) für den Sphinkter eine hochsignifikant erhöhte FDG-Speicherung im Vergleich zur Glutalmuskulatur mit Durchschnittswerten von 0,74 (±0,14) rechts und 0,69 (±0,18) links (p<0,001). Auch die Durchschnittswerte der Muskulatur des Levatortrichters mit 1,45 (±0,36) rechts und 1,51 (±0,3) links sind im Vergleich zur Glutealmuskulatur signifikant erhöht (p<0,001). Die FDG-Anreicherung des Sphinkters zeigt im Vergleich zum Levatortrichter rechts und links ebenfalls signifikant erhöhte Werte (p<0,001). Die Werte der Glutalmuskulatur zeigen im Seitenvergleich keine signifikanten Differenzen.

Bei der geschlechtsspezifischen Analyse der erhobenen Daten, zeigen die Durchschnittswerte der Männer für den Sphinkter und den Levatortrichter im Vergleich zu den entsprechenden Durchschnittswerten bei der Frau keine signifikanten Differenzen.

Für die Durchschnittswerte der Glutalmuskulatur wurden ebenfalls keine geschlechtsspezifischen signifikanten Unterschiede nachgewiesen (s. unten).

Versuchen wir diese Beobachtungen mit unserem bisherigen Wissen und Erfahrungen zu erklären und zu verstehen.

Anatomie und Physiologie der Muskulatur des Menschen—die Sonderstellung der Abschlusssysteme

Die doppelseitig symmetrisch somatische Muskulatur besteht aus Typ-I- und Typ-II-Fasern, d. h. sie ist aus roten und weißen Fasern gemischt aufgebaut (gestreifte Muskulatur). Die Typ-I-Fasern bewirken langdauernde, die Typ-II-Fasern entwickeln kurzdauernde starke Kontraktionen. Die Muskulatur unterliegt in ihrer Entwicklung einer Lebenskurve. Die Typ-I-Fasern überwiegen nur in der Lebensmitte. Diese Reifung und Differenzierung ist am anorektalen Abschlusssystem genau untersucht [8].

Die asymmetrische viszerale Muskulatur nennt man die glatte Muskulatur. Sie vermittelt langsame starke, evtl. anhaltende ermüdungslose Kontraktionen. Der Sphincter ani internus gehört dazu.

Das kraniopharyngeale und anorektale Abschlusssystem besteht aus somatischer und viszeraler Muskulatur, es ist gemischt aufgebaut. Das externe Sphinkterlevatorsystem umschließt den glattmuskeligen Sphincter ani internus, der eine spezielle Ganglienzellausstattung hat [7]—ihm fehlen die Auerbachzellen [10]. Der Mastdarmschwellkörper und das Rektum selbst bilden zusammen mit diesen Sphinkteren das anorektale Kontinenzorgan. Die alle diese Teile verbindenden afferenten und efferenten Nervenfasern bilden einen Regelkreis, der im Onufkern im Rückmark mit dessen Ganglienzellen beginnt (Abb. 2). Die Nervi pudendales, levatorii und pelvici sind efferent, ebenso die Nervi rectales inferiores. Die Existenz afferenter Nerven bemerken wir nur indirekt (s. unten).

Elektromyographisch ist die somatische Muskulatur in Ruhe nahezu stumm, z. B. die Muskulatur der Extremitäten und die in großen Teilen des Körperstammes. Sie kann willkürlich aktiviert und ebenso wieder zur Ruhe gebracht werden.

Die Atemmuskulatur ist automatisch, auch in Ruhe und Schlaf aktiv. Ihre Aktivität kann willkürlich moduliert, aber nie dauernd unterdrückt werden. Sie wird als (variable) Ruheaktivität bezeichnet.

Die Muskulatur des kraniopharyngealen und anorektalen Abschlusssystems ist spontan permanent aktiviert. Ihr Tonus kann willkürlich kurzzeitig verstärkt werden und ist nur reflektorisch bei der meist willentlich eingeleiteten Entleerung von Hohlorganen passager vermindert [6, 10, 11].

Der Abschluss und die Öffnung von Hohlorganen wird mit der alternierenden Aktion von doppelten Türen verglichen [10]. Dieses Verhalten wird als SpontanaktivitätFootnote 1 bezeichnet [10].

Nicht vergessen sollten wir, dass diese natürliche Spontanaktivität gemeinsam mit der Spannungsversteifung der sich anfüllenden Hohlorgane einhergeht und diese hält eine gefüllte Harnblase oder ein angefülltes Rektum im kleinen Becken fest. Es gibt dafür keine besonderen Haltebänder, das sind Kunstprodukte der Operateure und Anatomen, das CT erbringt den Beweis ihres Fehlens [10].

Die natürliche (muskuläre) Spontanaktivität im anorektalen Kontinenzorgan

Beck hat 1930 elektromyographisch nachgewiesen, dass der Sphinkter ani (externus) auch in Ruhe aktiv bleibt. Eine Differenzierung der Abschlussmuskulatur oder eines Kontinenzorgans in Levator, Sphincter ani externus und internus, Rektum und Schwellkörper hat er nicht vorgenommen [1]. Erst 1959 und 1962 wurden wichtige Erkenntnisse der natürlichen Spontanaktivität einer überwiegend gestreiften "willkürlichen" Muskelgruppe elektromyographisch bestätigt und vertieft [6, 11].

Ein Nachteil der Elektromyographie ist, dass die gemessene Aktivität keinen Rückschluss auf den Stärkegrad des Muskels zulässt. Trotzdem verdanken wir der Elektromyographie wichtige weiterführende Erkenntnisse:

  • Auch bei der kompletten Paraplegie oberhalb des 3. Lumbalsegments bleibt die natürliche Spontanaktivität der Beckenmuskulatur erhalten. Deshalb müssen sich Querschnittsgelähmte mit Kontaktlaxanzien oder Klysmen ihr Rektum entleeren. Sie können die Entleerung nicht willkürlich steuern [6, 10].

  • Die natürliche Spontanaktivität wird beim Husten eines Gesunden oder auch eines Paraplegikers, falls er die Bauchmuskulatur noch anspannen kann, verstärkt. Selbst jeder gesprochenen Satz wie: "Guten Morgen" verstärkt, elektromyographisch nachweisbar, die natürliche Spontanaktivität am anorektalen Kontinenzorgan [11]. Beim Pressen—in der Absicht willentlich ein Hohlorgan zu entleeren—vermindert sich der Tonus der Abschlussmuskulatur, dies gilt nicht nur für die anorektalen sondern auch für die urethralen Sphinkteren.

    Diese sehr sensible Modulation des Sphinktertonus wird auch bei der rektalen Untersuchung registriert, der Sphinktertonus wird dabei reflektorisch erhöht.

  • Den Beweis, dass diese natürliche Spontanaktivität über einen Reflexbogen via Rückenmark zustande kommt, kann bei der Elektromyographie bei Tabespatienten erbracht werden. Bei ihnen ist durch die Zerstörung der dorsalen afferenten Nervenwurzeln der Reflexbogen des Regelkreises unterbrochen [6], die Spontanaktivität ist erloschen. Der Willkürdruck des Sphinkters kann aber registriert werden. Die Reflexauslösung findet über die Muskelwand des Mastdarms statt, wahrscheinlich ist sie auch über die Dehnung der Beckenbodenmuskulatur möglich.

  • Die operative Entfernung des Mastdarms beeindruckt die Spontanaktivität der Beckenbodenmuskelreste nicht. Auch dann noch vermindert sie ihren Tonus bei Aktivität der Bauchmuskulatur, der Reflexbogen ist also erhalten geblieben, obwohl das Erfolgsorgan längst entfernt worden ist [6].

    Die natürliche Spontanaktivität kann nur willkürlich verstärkt werden und dies nur kurze Zeit.

    Heute wissen wir, dass die Umschaltstelle dieses Reflexbogens die Onuf-Ganglienkernsäule im Rückenmark ist. Sie bestimmt die Spontanaktivität der Musculi levatores, des Sphincter ani externus und internus, letzterer ist durch eine besondere intermuskuläre Ganglienzellausstattung [7] gekennzeichnet. Der Anteil des glattmuskeligen Sphincter ani internus an der Abschlusskraft beträgt 80%. Er bewirkt auch die Erektion des Corpus cavernosum recti, das eine wichtige passive Komponente des anorektalen Abschlusssystems ist (Abb. 2) [9, 10].

Der Geschlechtsunterschied und die Altersabhängigkeit des Kontinenzorgans

Aus anatomischen, evolutionsgenetischen und funktionellen Untersuchungen ist bekannt, dass der Mann ein stärkeres anorektales Kontinenzorgan hat als die Frau [10]. Das Kontinenzorgan der Frau ist noch durch zusätzliche Belastungen gefährdet. Die Abschlusskraft vermindert sich durch Pressen bei einer Obstipation, durch den Partus und durch den zusätzlichen Schwund der Muskelkraft mit zunehmendem Lebensalter. Diese Schäden etablieren sich als Inkontinenz in der Abschlussmuskulatur, und sie wirken sich über die Nerven auf die Ganglienzellen im Onufkern aus. Diese sterben ab und machen den Funktionsausfall irriversibel [9, 10].

Mit zunehmendem Lebensalter nimmt die Abschlusskraft bei beiden Geschlechtern ab. Die physiologische Reduktion der Ganglienzellen steht damit im Zusammenhang.

Seit 100 Jahren wissen wir, dass nach der Amputation einer Gliedmaße, die ja mit einer Nervendurchtrennung verbunden ist, die diese Nerven entlassenden Ganglienzellen im Rückenmark absterben. Das Rückenmark ist auf der Amputationsseite atrophisch. Dies wurde auch experimentell bestätigt. Jede operative Zerstörung, z. B. Inzision der Muskulatur,hat eine Vernichtung der zugehörigen Ganglienzellen im Rückenmark zur Folge. In der Regel wird aber dieser Ausfall durch erhaltene Muskelpartien kompensiert [10].

Klinische Folgerungen

  • Die PET-Diagnostik muss bei der Beurteilung speichernder Prozesse natürliche, durch muskuläre Aktivitäten hervorgerufene Glukosespeicherung, von pathologischen Prozessen differenzieren.

  • Für die Diagnose jeder Form von anorektaler Inkontinenz wird die Zukunft aus dieser hier nachgewiesenen, sehr komplexen und sehr sensiblen Muskelleistung weitere Erkenntnisse im Verein mit anderen Untersuchungsmethoden liefern.

  • Die bis heute in der Regel peripher ansetzende chirurgische Therapie einer Inkontinenz kann nach den hier gewonnenen Einsichten nur eine sehr bescheidene Erfolgsquote haben.

    Die von uns empfohlene Nutzung der sehr oft auch bei schwerer Inkontinenz immer noch nachweisbaren Restspontanaktivität der Muskulatur findet z. B. durch perianales Einlegen eines Kunststoffstreifens eine Erfolgsbegründung [9, 10].