Einleitung

Aktuelle Studien für Deutschland zeigen, dass 28,7 % der 18- bis 64-Jährigen hierzulande rauchen [1]. Die Raucherprävalenz ist dabei in den vergangenen Jahren leicht gesunken: Während im Jahr 2002 39 % der Männer und 30,6 % der Frauen angaben zu rauchen, sind es im Jahr 2015 31,2 % der Männer und 26,1 % der Frauen. Das Rauchverhalten von Männern und Frauen hat sich damit weiter angeglichen. Was die Verbreitung der E‑Zigarette angeht, so geben aktuell 9,8 % der Erwachsenen an, schon einmal in ihrem Leben E‑Zigaretten konsumiert zu haben (Lebenszeitprävalenz). 1,9 % der Bevölkerung ab 15 Jahren greifen aktuell regelmäßig zur E‑Zigarette [2].

Die Studien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zeigen [3], dass bei den Jugendlichen die Raucherquoten seit 2001 beständig sinken. So gaben im Jahr 2016 7,4 % der 12- bis 17-Jährigen und 26,1 % der 18- bis 25-Jährigen an zu rauchen. 2001 waren es noch 27,5 % respektive 44,5 % [3]. Die Raucherquote bei den 12- bis 17-Jährigen liegt damit auf einem historischen Tiefstand [3]. Dieser Trend wird durch weitere Studien, beispielsweise die KIGGS-Studien des Robert Koch-Instituts mit einer Raucherquote von 7,2 % unter den 11 bis 17-Jährigen untermauert [4]. Erstmals zeigen sich 2016 wieder Unterschiede bei den Geschlechtern: 10,1 % der männlichen und 4,7 % der weiblichen Jugendlichen geben an zu rauchen. Auch bei den 18- bis 25-Jährigen ist ein Geschlechtsunterschied im Rauchverhalten festzustellen: Es rauchen 29,4 % der jungen Männer und 22,5 % der jungen Frauen [3].

Nach wie vor spiegelt sich der Bildungsunterschied im Rauchverhalten deutlich wider: Bei Schülerinnen und Schülern an Gymnasien (Sek. I) liegt die Raucherquote mit 3,8 % wesentlich niedriger als bei Gleichaltrigen an Real- und Hauptschulen mit 6,6 % respektive 11,8 %. Bei den jungen Erwachsenen setzen sich die sozial bedingten Unterschiede in der Raucherquote fort: Unter den Studierenden rauchen 17,6 %, bei gleichaltrigen jungen Erwachsenen ohne Arbeits- oder Ausbildungsstelle geben aktuell 40,5 % an zu rauchen [3]. Auch die sozialen Unterschiede in den Elternhäusern haben einen Einfluss auf das Rauchverhalten der Kinder und Jugendlichen [5].

Die Repräsentativbefragungen der BZgA zeigen weiterhin, dass die 30-Tage-Prävalenz des Wasserpfeifenkonsums bei den jungen Erwachsenen signifikant angestiegen ist. Rauchten 2008 noch 7,8 % einmal im Monat Wasserpfeife, so sind es 2016 18,1 %. Bei den 12- bis 17-jährigen Jugendlichen zeigt sich keine statistisch signifikante Veränderung (2008: 12,2 %; 2016: 9,9 %) [3]. Was die relativ neuen E‑Produkte – E‑Zigaretten und E‑Shishas – angeht, so geben aktuell 3,6 % der 12- bis 17-Jährigen und 5,5 % der 18- bis 25-Jährigen an, mindestens einmal im Monat E‑Zigaretten zu konsumieren. Die E‑Shishas scheinen bei 12- bis 17-Jährigen sogar weiter verbreitet zu sein als bei den 18- bis 25-Jährigen: 3,5 % der Jugendlichen und 2,4 % der jungen Erwachsenen geben einen Konsum in den letzten 30 Tagen an [3]. Aktuelle Studien legen bereits einen Zusammenhang zwischen dem experimentellen Gebrauch von E‑Zigaretten und E‑Shishas bei Jugendlichen und dem Einstieg ins Rauchen von Tabakzigaretten nahe (Gateway-Hypothese) [6].

Policy-Mix als Königsweg

Die Förderung des Nichtrauchens ist ein Schwerpunkt der bundesweiten Suchtprävention. Effektive Maßnahmen und zielgruppenspezifische Angebote sind erforderlich, um langfristig die Raucherquote in allen Bevölkerungs- und Altersgruppen zu reduzieren. Am wirkungsvollsten hat sich hierzu die Kombination von Maßnahmen der Verhaltens- und Verhältnisprävention gezeigt [7].

Zu den verhältnispräventiven Maßnahmen zählen insbesondere gesetzliche Regelungen wie Erhöhung der Tabaksteuer, Rauchverbote in öffentlichen Bereichen oder am Arbeitsplatz, Einschränkungen der Tabakwerbung und Erhöhung des Abgabealters für Tabakprodukte [7], aber auch Maßnahmen, die zu einer gesundheitsförderlichen Ausgestaltung von Lebenswelten beitragen sollen, beispielsweise eine Förderung von vollständig rauchfreien Schulen. Für die Durchsetzung solcher Maßnahmen sind eine politische Mehrheit und die Zustimmung von breiten Bevölkerungsteilen erforderlich. Verhaltenspräventive Angebote – die es auf Bundes‑, Landes- und kommunaler Ebene gibt – haben nicht nur Einfluss auf die Gesundheitskompetenz von Menschen, sie können auch Einstellungen und Verhalten verändern und dazu beitragen, dass gesetzliche Regelungen auf breite gesellschaftliche Akzeptanz treffen.

Eine Kombination aus verhältnis- und verhaltenspräventiven Maßnahmen – der Policy-Mix – liegt auch dem Maßnahmenkatalog zum Nationalen Gesundheitsziel „Tabakkonsum reduzieren“ zugrunde [7]. Das im Jahr 2003 entwickelte und 2015 aktualisierte Gesundheitsziel gliedert sich in 3 gleichrangige Hauptziele:

  1. 1.

    Jugendliche und junge Erwachsene bleiben Nichtraucherinnen bzw. Nichtraucher.

  2. 2.

    Der Rauchstopp ist in allen Altersgruppen erhöht.

  3. 3.

    Umfassender Schutz vor Passivrauch ist gewährleistet.

Abb. 1 zeigt den Trend der Raucherprävalenzen der 12- bis 17-Jährigen und eine Auswahl an verhaltens- bzw. verhältnispräventiven Maßnahmen (Policy-Mix) der Tabakprävention in diesem Zeitverlauf.

Abb. 1
figure 1

Rauchen und Nierauchen unter 12- bis 17-Jährigen in Deutschland (1997 bis 2016) ergänzt um Maßnahmen der Verhältnis- und Verhaltensprävention. (Nach [3])

Um die Raucherquote zu senken, werden im Nationalen Gesundheitsziel verhältnispräventive Maßnahmen wie Tabakwerbeverbote, aber auch verhaltenspräventive Maßnahmen in der Lebenswelt Schule als zielführend benannt. Die Erreichung des wichtigen Teilziels „Wissen über die Schädlichkeit des Rauchens und über den Nutzen des Rauchstopps ist verbreitet“ wird dabei vorrangig als Aufgabe der BZgA gesehen [7].

Die „rauchfrei“-Kampagne als bundesweite Maßnahme der Tabakprävention

Die BZgA setzt seit dem Jahr 2002 bundesweite Maßnahmen zur Tabakprävention um. Ein wesentlicher Bestandteil ist die Präventionskampagne „rauchfrei“. Im Sinne einer möglichst frühen Tabakprävention richten sich die Angebote vorrangig an junge Menschen. Wichtigstes Ziel ist es, den Einstieg ins Rauchen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu verhindern und damit zu einer niedrigen Raucherquote im Jugendalter beizutragen [8]. Daneben sind die Motivation zum Rauchstopp und die qualitätsgesicherte Unterstützung beim Rauchstopp wichtige Ziele der Maßnahmen, die sich an Erwachsene richten. Einen weiteren Themenschwerpunkt bildet der Schutz vor Passivrauchen – vorrangig am Arbeitsplatz und in der Familie sowie im öffentlichen Raum. Hier gilt es, insbesondere auch werdende Mütter und Eltern über die Risiken des Passivrauchens für Kinder aufzuklären.

Die „rauchfrei“-Kampagne der BZgA ist adressatenspezifisch gegliedert und richtet sich als Jugendkampagne an die 12- bis 17-Jährigen und als Erwachsenenkampagne an die Allgemeinbevölkerung in Deutschland. Wichtige Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, die mit der „rauchfrei“-Kampagne ebenfalls angesprochen werden, sind zum Beispiel Eltern, Lehrkräfte sowie Ärztinnen und Ärzte.

Beide „rauchfrei“-Teilkampagnen beinhalten als Mehrebenen-Kampagnen miteinander verzahnte Interventions- und Kommunikationsbereiche mit fließenden Übergängen (Abb. 2):

  1. 1.

    Bereich: Internetkommunikation

  2. 2.

    Bereich: Personalkommunikation

  3. 3.

    Bereich: Medien und Massenkommunikation

Abb. 2
figure 2

Aufbau der Mehr-Ebenen-Kampagne „rauchfrei“ zur Tabakprävention

Jeder dieser Bereiche kann als eigenständig betrachtet werden; innerhalb der jeweiligen Maßnahmen erfolgen jedoch Hinweise und Rückgriffe auf Elemente der jeweils anderen Bereiche. So wird sowohl im Internet, als auch in allen anderen Medien die Hotline der Telefonberatung kommuniziert. Bei den personalkommunikativen Maßnahmen werden „rauchfrei“-Printmedien genutzt und auf die Internetangebote hingewiesen.

Die einzelnen Kampagnenmaßnahmen – wie zum Beispiel schulische Angebote, Telefonberatung etc. – werden kontinuierlich evaluiert. Diese Evaluationen dienen u. a. der Identifizierung von Optimierungspotenzialen und damit der Weiterentwicklung von Angeboten. Daneben wird das begleitende Monitoring der „rauchfrei“-Jugendkampagne über die regelmäßigen BZgA-Repräsentativbefragungen der 12- bis 25-Jährigen zu ihrem Rauchverhalten sichergestellt. Diese und weitere bundesweite Erhebungen werden weiterhin für die Anpassung der Kampagnen an aktuelle Konsumtrends und neue Entwicklungen genutzt.

Internetkommunikation

Das Internet ist für alle Altersgruppen und Bevölkerungsschichten zu einer wichtigen Informationsquelle geworden, auch Gesundheitsthemen betreffend [9, 10]. Ein zentraler Kommunikationsbereich der beiden Teilkampagnen „rauchfrei“ ist daher die Internetkommunikation. Mit 2 Portalen – www.rauch-frei.info für die Zielgruppe der Jugendlichen und www.rauchfrei-info.de für die Zielgruppe der Erwachsenen – wird sichergestellt, dass die breite Bevölkerung Zugang zu qualitätsgesicherten und adressatenspezifischen Informationsangeboten hat. Beide Portale sind für die mobile Nutzung optimiert. Die Internetkommunikation ermöglicht neben einer breiten Informationsvermittlung insbesondere die Förderung der Selbstreflexion über individualisierte Selbsttests und die Unterstützung beim Rauchstopp durch Online-Verhaltensänderungsprogramme [11].

„rauchfrei“-Jugendkampagne

Das Internetportal für Jugendliche www.rauch-frei.info wird in kurzzyklischen Abständen aktualisiert, um Jugendtrends inhaltlich und gestalterisch zu berücksichtigen. Interaktive Tools und Informationsaufbereitungen in Form von Clips und Animationen, aber auch kurze Wissenstests und Selbsttests, die spielerisch zum Mitmachen einladen, tragen dazu bei, dass wichtige Informationen adressatengerecht und niedrigschwellig vermittelt werden. Auch aktuelle Konsumtrends wie der Gebrauch von Wasserpfeifen, E‑Zigaretten und E‑Shishas [3] werden aufgegriffen. Um Jugendliche partizipativ einzubinden, findet jährlich u. a. ein Online-Fotowettbewerb statt. Das Internetportal für Jugendliche verzeichnet pro Jahr etwa 500.000 Besucherinnen und Besucher.

„rauchfrei“-Erwachsenenkampagne

Das Internetportal www.rauchfrei-info.de, das sich an die erwachsene Allgemeinbevölkerung richtet, bietet umfangreiche qualitätsgesicherte Informationen rund um die Themen Risiken des Rauchens und Passivrauchens und Förderung des Rauchstopps. Im Portal werden folgende 3 Themenschwerpunkte abgebildet:

  1. 1.

    Informieren

  2. 2.

    Aufhören (u. a. Online-Ausstiegsprogramm)

  3. 3.

    Community (Forum und Chat)

Neben den aktuellen Informationen in der Rubrik „Informieren“ steht Interessierten in der Rubrik „Aufhören“ ein auf seine Wirksamkeit überprüftes Verhaltensänderungsprogramm zum Rauchstopp zur Verfügung [12]. Das „rauchfrei“-Ausstiegsprogramm basiert inhaltlich auf dem transtheoretischen Modell der Verhaltensänderung [13], dem lerntheoretischen Modell der Selbstregulierung [14] und dem Modell der Motivierenden Gesprächsführung [15]. Im Programm registrierte Personen erhalten bis zu 28 Tage nach der Registrierung täglich eine E‑Mail mit individualisierten Empfehlungen und Tipps zum Rauchstopp („computer-tailored feedback“) sowie die Möglichkeit, Fortschritte in einem persönlichen Bereich zu dokumentieren. Unter „Community“ können sich Aufhörwillige im Forum zudem von den „rauchfrei“-Lotsinnen und -Lotsen, ehemaligen Rauchenden, die von der BZgA speziell für die Online-Unterstützung beim Rauchstopp geschult werden, persönlich unterstützen und motivieren lassen.

Die Studie zur Wirksamkeit des „rauchfrei“-Verhaltensänderungsprogramms ergab eine Abstinenzquote (30-Tagesabstinenz) von 5,0 % 12 Monate nach dem gewählten Ausstiegstag auf Grundlage einer Intention-to-treat-Analyse (ITT) [12]. Dies entspricht der Abstinenzquote von vergleichbaren Online-Verhaltensänderungsprogrammen zum Rauchstopp [16].

Das Internetportal www.rauchfrei-info.de verzeichnet jährlich mehr als 1.800.000 Besucherinnen und Besucher. Im Online-Ausstiegsprogramm registrierten sich im Jahr 2017 mehr als 20.000 Personen.

Personalkommunikation

Die Zielgruppenerreichung im Internet wird im Mehrebenen-Kampagnenkonzept ergänzt durch die persönliche Ansprache von Zielgruppen in ihren spezifischen Lebenswelten. Hierbei stehen zum einen verhaltenspräventive Ziele im Fokus, die das Individuum adressieren; zum anderen werden verhältnispräventive Aspekte berücksichtigt, indem Einfluss genommen wird auf eine gesundheitsförderliche Ausgestaltung der Lebenswelten selbst [17]. Hierfür werden insbesondere die BZgA-Leitfäden genutzt, die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren bei der Umsetzung der rauchfreien Schulen bzw. der rauchfreien Arbeitsplätze und rauchfreien Krankenhäuser unterstützen. Dies ist ein gutes Beispiel für eine Verzahnung der personalkommunikativen Maßnahmen mit dem Bereich Medien.

„rauchfrei“-Jugendkampagne

Die „rauchfrei“-Jugendkampagne zielt mit ihren personalkommunikativen Angeboten insbesondere auf das Setting Schule, weil hier Kinder und Jugendliche – unabhängig von sozialer Herkunft – sowie wichtige Multiplikatoren und Eltern bzw. Bezugspersonen von Kindern erreicht werden [18].

Zwei speziell für Schulen entwickelte Präventionsangebote fokussieren die Stärkung der Risiko- und Lebenskompetenzen der Jugendlichen: der KlarSicht-Mitmach-Parcours und die JugendFilmTage Nikotin und Alkohol – Alltagsdrogen im Visier. Diese beiden Maßnahmen sind gemeinsame Projekte der 3 BZgA-Jugendkampagnen „rauchfrei“ (www.rauch-frei.info), „Null-Alkohol – voll Power“ (www.null-alkohol-voll-power.de) und „Alkohol? Kenn dein Limit.“ (www.kenn-dein-limit.info). Selbstreflexion und kritische Auseinandersetzung mit Tabak und Alkohol werden gefördert, und aktuelle Themen wie Wasserpfeifenkonsum und E‑Zigaretten bzw. E‑Shishas können gut integriert werden. Die Durchführung dieser Maßnahmen vor Ort setzt eine gute Kooperation lokaler Akteure voraus und fördert hierdurch nachhaltig kommunale Netzwerke zur Suchtprävention.

Der KlarSicht-Mitmach-Parcours ist ein Mitmachangebot, das sich an Schülerinnen und Schüler im Alter von 12 bis 17 Jahren richtet und zu den Themen Tabak und Alkohol aufklärt. Die Jugendlichen haben im Parcours die Möglichkeit, sich in persönlichen Gesprächen mit geschulten Trainerinnen und Trainern spielerisch und jugendgerecht über die Risiken von Tabak, E‑Produkten und Alkohol zu informieren und sich untereinander auszutauschen. Mit dem KlarSicht-Mitmach-Parcours werden jährlich mehr als 9000 Schülerinnen und Schüler sowie ihre Lehrkräfte erreicht, schwerpunktmäßig in Real- und Hauptschulen.

Aufgrund der hohen Nachfrage und im Sinne der Verstetigung hat die BZgA eine Kofferversion des Parcours, den KlarSicht-Koffer, entwickelt. In 2 Evaluationen wurde die gute Implementierbarkeit des KlarSicht-Koffers als wirksames Präventionsinstrument bestätigt [19]. Lehrkräfte, pädagogische Fachkräfte oder Fachkräfte der Suchtprävention konnten mit dem Koffer eigenständig arbeiten und in Schulklassen interaktiv, jugendgerecht und spielerisch das Thema Suchtprävention behandeln. Der Einsatz von Peers als Moderatoren ging mit einer sehr hohen Motivation einher, den KlarSicht-Koffer fest in das schulische Präventionsprogramm zu integrieren [19]. Insgesamt sind aktuell mehr als 600 KlarSicht-Koffer bundesweit in Schulen im Einsatz.

Auch die JugendFilmTage Nikotin und Alkohol – Alltagsdrogen im Visier richten sich an Schulen und kommunale Akteure der Suchtprävention. Die JugendFilmTage sind ein Kino-Projekt mit Filmen und Mitmachaktionen für Schülerinnen und Schüler ab 12 Jahren. Jugendgerechte Kinofilme zu den Themen Sucht, Alkohol und Rauchen werden im Kino gezeigt. An Mitmachstationen im Kinofoyer haben die Schülerinnen und Schüler außerdem die Möglichkeit, sich im persönlichen Gespräch mit regionalen Fachkräften zu informieren, sich auszutauschen und spielerisch zu lernen. Jährlich können mit den JugendFilmTagen mehr als 8000 Jugendliche und etwa 600 Lehrkräfte erreicht werden [20].

Im Rahmen der „rauchfrei“-Jugendkampagne unterstützt die BZgA seit vielen Jahren außerdem die bundesweite Durchführung des Klassenwettbewerbs „Be Smart – Don’t Start“ zur Förderung des Nichtrauchens bei Jugendlichen. Teilnehmende Schulklassen verpflichten sich für 6 Monate, rauchfrei zu bleiben. Mehr als 166.000 Schulklassen, d. h. mehr als 4,3 Mio. Schülerinnen und Schüler konnten bislang mit dem Wettbewerb in Deutschland erreicht werden [21]. Erfolgreiche Klassen haben die Möglichkeit, Preise zu gewinnen. Die BZgA legt hierbei den Fokus auf mehrfach teilnehmende Klassen und fördert einen Hauptpreis in Höhe von 5000 €, der unter diesen Klassen verlost wird. Wissenschaftliche Studien konnten zeigen, dass die mehrmalige Teilnahme am Wettbewerb die positiven Effekte nachhaltig stabilisiert [22]. Außerdem belegen Studien, dass „Be Smart – Don’t Start“ eine effektive und effiziente Maßnahme der Tabakprävention in der Lebenswelt Schule ist, die nachweislich zu einer Verzögerung des Einstiegs ins Rauchen führt. Aufwändige mehrjährige Studien konnten zudem bereits Hinweise auf langfristige Effekte geben [23].

„rauchfrei“-Erwachsenenkampagne

Zentrales personalkommunikatives Angebot der „rauchfrei“-Erwachsenenkampagne ist die Telefonberatung. Die telefonische Beratung beim Rauchstopp ist ein grundsätzlich wirksames Instrument der Tabakentwöhnung [24].

Die BZgA-Telefonberatung unterstützt seit 2006 Raucherinnen und Raucher beim Rauchstopp. Auf der Basis der motivierenden Gesprächsführung werden Anrufende von speziell geschulten Beraterinnen und Beratern individuell bei ihrem Rauchstopp unterstützt und mit bis zu 5 Rückrufen begleitet. Zur Qualitätssicherung wird die BZgA-Telefonberatung kontinuierlich evaluiert und weiterentwickelt. Die Wirksamkeit der BZgA-Telefonberatung zum Rauchstopp konnte in Studien bestätigt werden [25]. Aktuelle Ergebnisse zeigen 12 Monate nach der telefonischen Beratung eine Abstinenzquote von 31,6 %. Die Abstinenzquote erhöht sich, wenn das Angebot der Rückrufe angenommen wurde [26].

Die BZgA-Telefonberatung wird seit Mai 2016 entsprechend der Tabakerzeugnisverordnung (§ 14) auf Verpackungen für Tabakwaren in Deutschland neben dem Bildwarnhinweis mit folgender Informationszeile kommuniziert: „Wollen Sie aufhören? Die BZgA hilft: Tel.: 0800 8 313131 (kostenfrei), www.rauchfrei-info.de“ [27]. Damit stellt die BZgA die kostenfreie und qualitätsgesicherte telefonische Beratung zur Raucherentwöhnung auf der Basis einer gesetzlichen Vorschrift bereit.

Die Umsetzung der gesetzlichen Vorschrift hat zu einer deutlichen Erhöhung der Inanspruchnahme geführt. Das Anrufvolumen hat sich von durchschnittlich 500 Anrufen monatlich (2014) auf durchschnittlich 4500 Anrufe (2017) erhöht [26].

Ergänzt wird die Telefonberatung einerseits durch das Online-Ausstiegsprogramm (s. oben) und andererseits durch den Gruppenkurs „Das Rauchfrei-Programm“. Das Programm ist ein mit Förderung der BZgA entwickelter, mehrfach evaluierter bundesweit angebotener Gruppenkurs zur Unterstützung des Rauchstopps. Sowohl der 7‑wöchige Basiskurs als auch der 3‑wöchige Kompaktkurs sind in ihrer Wirkung bestätigt. Studienergebnisse zeigen eine Abstinenzquote auf Grundlage einer Intention-to-treat-Analyse (ITT) von 30,7 % nach 12 Monaten [28]. Entsprechend § 20 SGB V ist die Teilnahme am „Rauchfrei-Programm“ durch die gesetzlichen Krankenkassen erstattungsfähig. Im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz) [29] kann das Kursangebot auch mit strukturellen, settingbezogenen Maßnahmen wie der Umsetzung von Rauchverboten, z. B. in Betrieben oder Krankenhäusern, verzahnt werden.

Massenkommunikation: Printmedien, Radiospots und das „rauchfrei-Startpaket“

Ergänzend zu den Bereichen Internetkommunikation und Personalkommunikation beinhaltet die „rauchfrei“-Kampagne auch massenkommunikative Angebote wie Printmedien, Radiospots und Materialien zum Rauchstopp. Mit ihnen können große Zielgruppen themenspezifisch erreicht werden und ihre Gesundheitskompetenzen im Sinne der gesundheitlichen Aufklärung entwickelt werden [30]. Ein wichtiger Einsatzbereich von Printmedien findet sich im Zusammenhang mit personalkommunikativen Maßnahmen (s. oben).

Die Jugendkampagne „rauchfrei“ bietet eine jugendgerechte und geschlechtersensible Posterserie (Posterserie: „rauchfrei! Bist du dabei?“). Die Motive werden u. a. auch als Printanzeigen in ausgewählten Jugendzeitschriften geschaltet. Sie wurden in einem wissenschaftlichen Pretest-Verfahren auf ihre Verständlichkeit und Akzeptanz bei der Zielgruppe getestet [31]. Ergänzt werden die Poster und Printanzeigen durch Informationsbroschüren und -faltblätter, die Jugendliche zu speziellen Themen erreichen. So gibt es Basisinformationen für ein rauchfreies Leben („Rauchfrei durchs Leben“), Hilfreiche Tipps und Informationen für den Rauchstopp („Schluss mit Rauchen“) sowie Informationen zu aktuellen Trends wie Wasserpfeifenkonsum („Vorsicht Wasserpfeife!“).

Bei der Ausgestaltung der rauchfreien Schule unterstützt die BZgA schließlich Multiplikatoren wie Lehrkräfte, pädagogische Fachkräfte und Schulsozialarbeitende mit speziellen Leitfäden (z. B. „Auf dem Weg zur rauchfreien Schule“, oder Curriculum „Anti-Rauchkurs“).

Die Erwachsenenkampagne „rauchfrei“ nutzt das Radio, um breite Zielgruppen zu erreichen. Hierzu wurden 3 Radiospots entwickelt, die u. a. mit Poetry Slam die Themen „Entscheidungen treffen“ und „Vorbild für andere sein“ aufgreifen. Die ergänzende Posterserie „Wir sind rauchfrei!“ zielt darauf ab, den Rauchstopp zu fördern. Die verschiedenen Motive sprechen Menschen in den Lebenswelten Sport, Freizeit und auch Familie an und sollen zum Rauchstopp motivieren. Hierzu wird auf das Unterstützungsangebot der BZgA hingewiesen. Die Posterserie wurde ebenfalls in einem wissenschaftlichen Pretest-Verfahren untersucht [32]. Auch die Erwachsenenkampagne umfasst zielgruppenspezifische Informationsbroschüren und -faltblätter. Unterstützung beim Rauchstopp finden aufhörwillige Raucherinnen und Raucher in der Broschüre „Ja, ich werde rauchfrei“, die rund 6000-mal im Monat angefordert wird. Die Broschüre ist auch wichtiger Bestandteil des „rauchfrei-Startpakets“ der BZgA, das u. a. einen Kalender für die ersten 100 rauchfreien Tage, einen Anti-Stressball und andere Materialien beinhaltet. Das „rauchfrei-Startpaket“ wird etwa 3500-mal im Monat versandt.

Um die gesundheitsförderliche Gestaltung von Settings zu unterstützen (Verhältnisprävention), umfasst die „rauchfrei“-Kampagne ergänzend auch Printmedien für Multiplikatoren: Der Leitfaden „rauchfrei am Arbeitsplatz“ unterstützt die gesundheitsförderliche Ausgestaltung von Betrieben. Spezielle Rahmenbedingungen gibt es in Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen. Hier bietet das BZgA-Manual „Rauchfreies Krankenhaus“ wichtige Handlungsanleitungen für die Projektleitung, damit Regelungen zum Rauchen, aber auch passgenaue Angebote zur Rauchstoppförderung partizipativ umgesetzt werden können.

Ergänzt werden diese Printmedien um Leitfäden, die sich schwerpunktmäßig an Ärzte und Fachkräfte im medizinischen Bereich richten. Da Rauchen während der Schwangerschaft mit besonderen Risiken für Mutter und Kind verbunden ist, wie beispielsweise Früh- und Fehlgeburten, vermindertes Wachstum und mögliche Fehlbildungen des ungeborenen Kindes, wurde der Leitfaden „rauchfrei in der Schwangerschaft – Leitfaden für die Beratung Schwangerer zum Rauchverzicht“ entwickelt. Er richtet sich gezielt an Gynäkologinnen und Gynäkologen sowie Hebammen und unterstützt sie dabei, bei ihren Patientinnen den Rauchstopp zu fördern.

Neben der Förderung des Rauchstopps spielt der Schutz vor Passivrauchen in der Erwachsenenkampagne eine große Rolle. Hierzu sind zielgruppenspezifische Printmedien für Eltern entwickelt worden. Einen besonderen Fokus auf den Schutz vor Passivrauch im Auto legen die Materialien „Rauchfrei unterwegs – du und dein Kind“ [33], die im Rahmen einer Kampagne der Bundesdrogenbeauftragten entwickelt wurden.

Die BZgA unterstützt Eltern zusätzlich mit der Broschüre „Raucht mein Kind?“ dabei, das Gespräch zu suchen, wenn ihre Kinder im Teenageralter zur Zigarette greifen.

Ausblick

Eine Herausforderung in der Tabakprävention wird in den nächsten Jahren darin bestehen, den Sozialgradienten bei der Verbreitung des Rauchens noch stärker zu berücksichtigen und vulnerable Zielgruppen noch besser mit passgenauen Präventionsangeboten in ihren Lebenswelten zu erreichen. Vorhandene Schwerpunkte, wie die Platzierung von schulischen Maßnahmen in Haupt- und Realschulen müssen weiter ausgebaut werden. Aber auch die Möglichkeiten, die u. a. das Präventionsgesetz bietet, können hierzu genutzt werden. Perspektivisch möglich ist unter anderem, das „Rauchfrei“-Kursprogramm noch stärker mit verhältnispräventiven Maßnahmen in den Lebenswelten – z. B. in Betrieben und Krankenhäusern – zu verzahnen und strukturell zu verankern, um hierdurch die Inanspruchnahme zu erhöhen.

Weiterhin werden sich zukünftig in den Repräsentativbefragungen voraussichtlich auch die wandelnden Konsumtrends noch deutlicher widerspiegeln. Bereits jetzt ist der Trend zum Konsum von Wasserpfeife und zum Konsum von E‑Produkten wie E‑Zigaretten und E‑Shishas zu erkennen (siehe auch Orth et al. in diesem Heft). In der Tabakprävention werden hierzu passgenaue Angebote auszubauen und neu zu entwickeln sein.

Bei der Zielgruppenerreichung wird neben der Ansprache in den Lebenswelten die Kommunikation im Internet vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung und Medialisierung der Gesellschaft an Bedeutung zunehmen. Hierzu werden u. a. zukünftig die Chancen und Risiken, die in der Tabakprävention mit der Nutzung von Social Media verbunden sind, abgewogen werden müssen.

Insgesamt bietet die aktuelle „rauchfrei“-Kampagne der BZgA ein vielfältiges qualitätsgesichertes Maßnahmenspektrum, in welches auch neue Trends gut integriert werden können und welches vor dem Hintergrund aktueller Studiendaten und politscher Zielsetzungen kontinuierlich weiterentwickelt wird.