Die Aufbewahrung und Nutzung von entnommenem humanem Material ist keine Erfindung der letzten Jahre. So gehen die Anfänge der Gewinnung und Nutzung von biologischen Proben bis ins 3. Jahrhundert v. Chr. zurück. Seither wurde entsprechend eingelagertes Material zu den verschiedensten Zwecken, insbesondere auch für Forschung und Therapie, benutzt [1, 2]. Heute werden Sammlungen von Proben menschlicher Körpersubstanzen, z. B. Gewebe, Blut, DNA (i. d. R. über einen Schlüssel und somit codiert) [3, 4], mit personenbezogenen Daten und soziodemografischen Informationen über die Spender des Materials verknüpft und haben somit einen Doppelcharakter als Proben- und Datensammlungen [5, 6], die als Biobanken bezeichnet werden. Soweit sie für die wissenschaftliche Forschung, sei es für Eigenforschung oder über die Zurverfügungstellung der Proben und Daten an Dritte genutzt werden, handelt es sich um Forschungsbiobanken [5, 6]. Diese sind Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen.

Solche Biobanken sind nicht nur Hoffnungsträger und wichtige Voraussetzung für die medizinische und pharmazeutische Forschung [7], sondern lösen auch Ängste und Misstrauen aus. Im Vordergrund steht die Sorge um den Schutz der Spender [6]. Durch die zunehmenden Forschungsmöglichkeiten [8], insbesondere aufgrund der Fortschritte in der Gendiagnostik, sowie durch die ansteigende Vernetzung von Forschungseinrichtungen [8], wird befürchtet, dass Proben und Daten unkontrolliert verwendet werden oder dass von außerhalb der Forschung auf sie zugegriffen wird [5]. Gefordert werden daher spezifische Regelungen, die einer beliebigen Beschaffung, Weitergabe, Nutzung und Verknüpfung der in den Biobanken gesammelten Proben und Daten Grenzen ziehen [5, 6]. Aber nicht nur der Schutz der Spender führt zum Ruf nach speziellen Vorschriften für Biobanken, sondern auch der Schutz der Forscher, die sich einer nicht unerheblichen Rechtsunsicherheit ausgesetzt sehen [6].

In Deutschland gibt es bisher jedoch kein entsprechendes Gesetz, das sich speziell mit dieser Thematik befasst. Insbesondere nimmt das Gendiagnostikgesetz, das am 1. Februar 2010 in Kraft getreten ist, den gesamten Bereich der Forschung ausdrücklich aus. Das Transplantationsgesetz wiederum erfasst nur Organe und Gewebe, die auf einen anderen Menschen übertragen werden sollen, sodass auch hiervon die Forschung i. d. R. nicht berührt wird. Infolge dieser gesetzlichen Regelungslücke forderten insbesondere der Nationale Ethikrat und sein Nachfolger, der Deutsche Ethikrat, in ihren Stellungnahmen von 2004 [6] und 2010 [5] gesetzliche Vorschriften, die sich speziell mit Biobanken auseinandersetzen, um mehr Rechtssicherheit für die Spender und Forscher zu erreichen. Zwar existieren bereits einige mehr oder weniger konkrete Regelungsvorschläge [5, 9], jedoch führten entsprechende Gesetzesanträge von der SPD-Fraktion [10] und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen [11] im Jahr 2011 zu keinem Ergebnis. Auch auf internationaler Ebene sind die Diskussionen noch nicht abgeschlossen [12, 13].

Bezogen auf die deutsche Rechtslage sind daher die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen des Öffentlichen Rechts, des Strafrechts und des Zivilrechts anwendbar, allerdings mit zum Teil umstrittenen Konsequenzen. Hinsichtlich der Anwendung und Auslegung dieser Vorschriften gibt es eine anhaltende und lebhafte Diskussion unter Juristen, Ethikern und Ärzten, die im Folgenden näher beleuchtet werden soll. Dabei geht es auch um die Frage, ob das geltende Recht, ggf. unter Heranziehung von verschiedenen Empfehlungen entsprechender Fachorganisationen, zur Bewältigung der ethischen und rechtlichen Probleme der Biobankforschung hinreichend ist oder ob es ergänzender gesetzlicher Regelungen bedarf.

Verfassungsrechtliche Grundlagen

Auf der einen Seite stehen die Grundrechte der Betreiber von Biobanken, die sich auf die Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG), die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG und die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG berufen können, sowie diejenigen der Forscher, also der Nutzer der Proben und Daten, die insbesondere durch die Forschungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG und daneben durch die allgemeine Handlungsfreiheit geschützt sind [14, 15]. Diesen stehen die Grundrechte der Spender gegenüber, und zwar v. a. die Menschwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 GG, das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, insbesondere auch in der durch das Bundesverfassungsgericht konkretisierten Form des Rechts auf informelle Selbstbestimmung [16] und damit auch das Recht auf Nichtwissen sowie die Eigentumsgarantie [14, 15]. In der Literatur wird darüber hinaus ein Spenderrecht auf biomaterielle Selbstbestimmung diskutiert [17].

Die Gewinnung von humanem Biomaterial

Die Erlangung der Biomaterialien von den Spendern kann durch unterschiedliche Vorgänge erfolgen. So ist es möglich, dass Biomaterial zu Behandlungszwecken entnommen wurde und als „Restmaterial“ übrig bleibt. In diesem Fall ist die Einwilligung in den körperlichen Heileingriff zur Entnahme ausreichend. Diese Einwilligung bezieht sich allerdings zunächst nur auf die Probenentnahme, nicht dagegen auf eine spätere Weiterverwendung der Proben zu Forschungszwecken [18].

Erfolgt die Entnahme dagegen eigens für Forschungszwecke bzw. für die Einlagerung in einer Biobank, muss der Betroffene vorher – wie vor jedem körperlichen Eingriff – über diesen Zweck der Entnahme aufgeklärt werden und seine Einwilligung dazu erteilen [19]. Dabei darf der Betroffene nicht über die beabsichtigte Verwendung getäuscht werden [20, 21].

Des Weiteren ist eine Situation denkbar, in der das Material zwar im gesundheitlichen Interesse des Patienten entnommen wird, gleichzeitig aber bereits zu diesem Zeitpunkt Forschungsinteressen bestehen. Ob der Arzt auch in einer solchen Situation den Patienten schon vor der Entnahme über sein bestehendes Eigeninteresse aufklären muss, ist fraglich. Einerseits wird vertreten, dass der Arzt alle eigenen Interessen, Absichten und Motive dem Patienten gegenüber offenbaren müsse, die schon zum Zeitpunkt der Entnahme vorhanden sind. Andererseits wird darauf hingewiesen, dass der Patient zu diesem Zeitpunkt nur wissen müsse, warum der Arzt in den Körper des Patienten eingreifen möchte. Denn wenn der Patient den Nutzen für seinen Körper und die Risiken für selbigen abwägen könne, sei seinem Selbstbestimmungsrecht ausreichend Rechnung getragen [20, 21]. Der Arzt dürfe auch hier den Patienten über den wahren Entnahmezweck lediglich nicht täuschen. Im Übrigen spricht gegen eine zusätzliche Aufklärung die Tatsache, dass die Frage, ob Material aus dem Körper des Patienten entnommen werden darf, von der Frage einer späteren Verwendung zu trennen ist. Diese spätere Verwendung betrifft dann nicht das „körperliche“ Interesse des Patienten an seinem Gesamtkörper, sondern nur sein Interesse, darüber zu bestimmen, wie mit seinem vom Körper getrennten Material verfahren wird. Darüber muss nicht schon vor der Entnahme aufgeklärt werden, sondern es reicht aus, wenn dies nach der Entnahme, aber vor der Weiterverwendung erfolgt.

Die Nutzung von humanem Biomaterial

Hinsichtlich der weiteren Verwendung von bereits entnommenen Körpersubstanzen muss zwischen dem Eigentumsrecht und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Spenders unterschieden werden.

Eigentum am Körpermaterial

Nach allgemeiner Meinung erlangt zunächst der Betroffene Eigentum an dem von seinem Körper getrennten Material [17, 21, 22]. Er kann das Eigentum an diesem Material durch eine Vereinbarung mit dem Arzt/Krankenhausträger an diesen übertragen, sodass dieser Eigentümer wird. Sofern der Patient der Nutzung seines Körpermaterials im Rahmen eines Forschungsprojekts zugestimmt hat, ist darin i. d. R ein Übereignungsangebot an den Arzt/Krankenhausträger zu sehen, das dieser mit der Entgegennahme/Nutzung des Materials konkludent annimmt [17, 22].

Wie das Verhalten eines Patienten auszulegen ist, wenn dieser das Material ohne nähere Erklärungen beim Arzt/im Krankenhaus zurücklässt, ist dagegen umstritten.

Nach verbreiteter Auffassung liegt in diesem Verhalten des Patienten eine Eigentumsaufgabe oder ein Übereignungsangebot an den Arzt/den Krankenhausträger [17, 2125]. Wenn das Material anschließend verwendet wird, liegt darin eine Aneignung oder die Annahme des Übereignungsangebots. Eine andere Ansicht geht dagegen davon aus, dass das kommentarlose Zurücklassen nicht in diesem Sinne ausgelegt werden kann [19, 26]. Nach dieser Ansicht bleibt der Patient Eigentümer – mit der seltsam anmutenden Konsequenz, dass er für die gefahrlose Abfallbeseitigung zuständig ist. Dies ist wenig überzeugend.

Allgemeines Persönlichkeitsrecht des Patienten

Ein fortbestehendes Eigentumsrecht ist auch überhaupt nicht erforderlich, um den berechtigten Interessen des Betroffenen, insbesondere seinem Interesse zu bestimmen, wie das Material verwendet werden darf, auch nach der Trennung von seinem Körper Rechnung zu tragen. Denn nach allgemeiner Ansicht setzt sich das allgemeine Persönlichkeitsrecht an dem vom Körper getrennten Körpermaterial fort, und zwar schon deshalb, weil in dem Körpermaterial zumeist genetisches Material des Patienten enthalten ist [17, 19, 20]. Der Betroffene hat demzufolge das Recht, eine Nutzung „seines“ Körpermaterials jederzeit explizit zu erlauben oder zu verbieten [22].

Zulässigkeit der Weiterverwendung ohne explizite Erklärung des Patienten

Umstritten ist auch hier wiederum die Rechtslage, wenn der Patient keine eigene Entscheidung getroffen hat:

Nach herkömmlicher Auffassung ist dann im Einzelfall zu prüfen, ob die konkrete Nutzung des Körpermaterials eine rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt [22]. Dabei ist eine umfassende Güter- und Interessenabwägung vorzunehmen, in die sowohl die Belange des Betroffenen als auch diejenigen des Arztes/Krankenhausträgers/Forschers einzubeziehen sind [6]. Dabei sind für Forschungsmaßnahmen die Forschungsfreiheit sowie die weit weniger gewichtigen Interessen kommerzieller Art zu berücksichtigen. Aus der Sicht des Patienten sind neben der Art und dem Ziel der Verwendung sowie der Menge des verwendeten Materials auch die weiteren Konsequenzen für ihn und dabei vor allem die Art und das Ausmaß der Anonymisierung entscheidend. Denn wenn das Material anonymisiert verwendet oder so pseudonymisiert wird, dass der Verwender keine Rückschlüsse auf den individuellen Patienten ziehen kann, weil er selbst nicht über den Schlüssel zur Identifizierung des Patienten verfügt, kann die Verwendung dem Patienten i. d. R. nicht schaden. Vor diesem Hintergrund ist die Verwendung des Körpermaterials für Forschungszwecke in einer Weise, dass ein Rückschluss auf den individuellen Patienten ausgeschlossen oder wesentlich erschwert ist, auch ohne Einwilligung des Patienten zulässig. Darüber hinaus ist aber auch von Bedeutung, ob das Forschungsprojekt in rechtlicher oder ethischer Hinsicht Bedenken aufwirft [21].

Nach anderer, weit verbreiteter Auffassung, die in gewisser Weise eine Konkretisierung und Weiterführung der erstgenannten Ansicht darstellt, sind die Grundsätze der Datenschutzgesetze zur zulässigen Forschung mit personenbezogenen Daten entsprechend auf die Nutzung von menschlichem Körpermaterial zu übertragen [6, 27]. Denn die Nutzung des Körpermaterials beinhaltet keine körperlichen Risiken für den Patienten, sondern allenfalls informationelle Risiken, die ihrerseits Gegenstand der datenschutzrechtlichen Regelungen sind.

Die Datenschutzgesetze verlangen grundsätzliche eine Einwilligung des Betroffenen in die Verwendung seiner personenbezogenen Daten. Dies gilt jedoch nicht, „soweit… [die Erhebung bzw. Verwendung der Daten] zur Durchführung wissenschaftlicher Forschung erforderlich ist, das wissenschaftliche Interesse an der Durchführung des Forschungsvorhabens das Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Erhebung erheblich überwiegt und der Zweck der Forschung auf andere Weise [also insbesondere durch Einholen einer Einwilligung] nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erreicht werden kann“ (vgl. §§ 13 Abs. 2 Nr. 7, 14 Abs. 2 Nr. 9, 14 Abs. 5 Nr. 2 Bundesdatenschutzgesetz [BDSG]; die Landesdatenschutzgesetze weisen in ihren wesentlichen Ausgestaltungen ähnliche Regelungen auf [28]). Danach kann das Einholen einer Einwilligung entbehrlich sein, wenn der Aufenthalt des Betroffenen unbekannt ist, durch das Einholen der Einwilligung der Forschungszweck erheblich gefährdet würde oder das Forschungsergebnis nur durch eine „Totalzählung“ erreicht werden kann [28]. Somit bedarf es in vielen Fällen keiner individuellen Einwilligung des Patienten. Dies gilt gerade, wenn das Material anonymisiert oder pseudonymisiert verwendet wird.

Dem tritt eine dritte Auffassung entgegen, die insbesondere aus ethischer Perspektive zunehmend vertreten wird. Sie geht davon aus, dass grundsätzlich immer eine Einwilligung des Patienten notwendig ist [5, 26, 29]. Umstritten ist innerhalb dieser Strömung aber, ob dies auch für Körpermaterial gilt, welches zu einer Zeit gewonnen wurde, als das Erfordernis einer Einwilligung noch nicht allgemein als notwendig postuliert wurde. Verbreitet wird jedenfalls für „Altmaterial“ eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung gemacht [5]. Des Weiteren ist unklar, ob im Falle einer fehlenden tatsächlichen Einwilligung auch eine mutmaßliche Einwilligung ausreichen kann [26]. Dies muss bejaht werden. Denn wenn eine mutmaßliche Einwilligung schon einen körperlichen Eingriff rechtfertigen kann, vgl. § 630 d Abs. 1 Satz 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), dann muss dies erst recht für eine Verwendung von Körpermaterial gelten, bei der keinerlei Risiken für Körper und Gesundheit des Patienten drohen.

Reichweite der Einwilligung

Umstritten ist schließlich, wie spezifisch die Einwilligung in die Verwendung der Proben und Daten und die der Einwilligung vorangehende Aufklärung sein müssen. Dies ist besonders für Biobanken von Bedeutung, da ihre Eigenschaft als Forschungsressource gerade darauf beruht, Material für noch unbestimmte zukünftige Forschungsprojekte zur Verfügung stellen zu können.

Zum Teil wird die Ansicht vertreten, dass der Spender über die konkrete Verwendung seiner Proben und Daten in einem bestimmten Forschungsprojekt, oder jedenfalls über den eng begrenzten Forschungskontext, informiert sein müsse, da nur dann ein wirksamer „informed consent“ vorliege [14, 17]. Außerdem könne kein Mensch die Möglichkeiten medizinischer Forschung und sich daraus ergebenden Möglichkeiten der unterschiedlichsten Nutzung von Biomaterialien und Daten für viele Jahre im Voraus abschätzen. Die Einwilligung der Spender könne daher nur für einen überschaubaren Zeitraum – etwa 10 bis max. 20 Jahre – gelten. Dieses Postulat einer eng begrenzten Einwilligung ist jedoch reiner Paternalismus und stellt einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Spender dar. Sie macht aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Grunde eine Pflicht zur informationellen Selbstbestimmung. Dies widerspricht jedoch dem Freiheitsgehalt unserer Verfassung und dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen, welches es ihm ermöglicht, bewusst, in Unsicherheit hinein, Entscheidungen zu treffen. Vor diesem Hintergrund muss dem Betroffenen lediglich hinreichend deutlich gemacht werden, dass er in Unsicherheit hinein handelt [6]. Zudem muss zwischen einer „pauschalen“ oder „globalen“ Einwilligung, die nicht limitiert ist und die in der Tat Bedenken hinsichtlich ihrer Wirksamkeit aufwirft, einerseits und einer lediglich „breiten“ Einwilligung, die sich z. B. auf medizinische Forschung“ oder noch enger auf „Krebsforschung“, „Forschung betreffend Herz-Kreislauf-Erkrankungen“ beschränkt, andererseits unterschieden werden. Bei einer „breiten“ Einwilligung ist dem Betroffenen durchaus bewusst, welchen Gegenstandsbereich seine Erklärung legitimiert, und er ist über den „Zweck“ der Nutzung der Daten im Sinne des Datenschutzrechts informiert. Ein „broad consent“ ist also nach zutreffender Auffassung rechtlich zulässig [3, 13, 15, 30].

Zudem hat jeder Betroffene das Recht, seine Einwilligung von vornherein zu beschränken oder jederzeit zurückzunehmen. Wenn das Material nicht anonymisiert, sondern nur pseudonymisiert wurde und deshalb noch identifizierbar ist, kann der Betroffene auch stets die Vernichtung des Materials verlangen. Der Arbeitskreis medizinischer Ethikkommissionen in der Bundesrepublik Deutschland hat einen „Mustertext zur Spende, Einlagerung und Nutzung von Biomaterial sowie zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten in Biobanken“ veröffentlicht, der eine Formulierungshilfe für die wesentlichen Gesichtspunkte einer entsprechenden Aufklärung/Einwilligung enthält [3]. Der Mustertext geht insbesondere auch davon aus, dass ein „broad consent“ erteilt werden kann, sofern es von der Struktur der Biobank her notwendig ist. Bei wesentlichen Änderungen der einwilligungsrelevanten Rahmenbedingungen ist jedoch eine erneute Einwilligung einzuholen.

Kommerzialisierung

Ein weiteres Problem stellt die kommerzielle Verwendung von humanem Biomaterial dar. Soweit es um den Verkauf des Materials und den dabei relevanten Kaufpreis – und nicht etwa nur um eine Aufwandsentschädigung für das Gewinnen, Bearbeiten, Vorhalten und Zurverfügungstellen des Materials – geht, stehen dem verbreitete Vorbehalte gegenüber der Kommerzialisierung des menschlichen Körpers und seiner Teile entgegen [22], die u. a. in Art. 3 II c) der EU-Grundrechtecharta zum Ausdruck kommen.

Soweit dagegen die kommerzielle Verwertung von Erkenntnissen in Frage steht, die anhand der Patientenproben gewonnen wurden, wird dies von manchen ebenfalls als problematisch angesehen und deshalb vom Erfordernis einer darauf bezogenen Einwilligung der Spender abhängig gemacht. Daher wird zunehmend in entsprechenden Aufklärungsformularen auf die Möglichkeit der kommerziellen Verwertung der Ergebnisse der Forschung hingewiesen [3]. Unklar ist jedoch, ob eine solche Aufklärung der Spender lediglich ethisch wünschenswert oder aber auch rechtlich zwingend ist [5, 6]. Eine Rechtspflicht zur Aufklärung und Einwilligung ist nach zutreffender Ansicht abzulehnen. Denn bei der geschilderten Art der Verwertung werden nicht das Material als solches sowie die damit verknüpften Daten kommerziell verwendet, sondern vielmehr die Schlussfolgerungen aus der Untersuchung zahlreicher Proben. Damit sind es die Leistungen der Forscher, die kommerziell verwertet – etwa patentiert – werden [22]. Daher ist das Persönlichkeitsrecht der Spender i. d. R. nicht mehr hinreichend betroffen.

Organisationsrechtliche Anforderungen an eine Biobank

Bezüglich der internen Organisationsregelungen von Biobanken existieren bisher keine gesetzlichen Vorgaben. Lediglich einige rechtlich nicht verbindliche Empfehlungen bzw. Empfehlungsentwürfe haben sich mit dieser Frage beschäftigt [46, 12, 13]. So hat sich insbesondere der Arbeitskreis medizinischer Ethikkommissionen in der Bundesrepublik Deutschland in seinem Dokument „Empfehlung für die Bewertung forschungsbezogener Humanbiobanken durch Ethik-Kommissionen“ mit den Anforderungen an Biobanken auseinandergesetzt [4]. Demnach sollen die Betreiber von Biobanken sicherstellen, dass alle Vorgänge innerhalb der Biobank ordnungsgemäß durchgeführt und dokumentiert werden. Sie müssen ihr Personal aufgabenspezifisch schulen und zur Verschwiegenheit verpflichten. Größere Biobanken sollen darüber hinaus die Öffentlichkeit in angemessenem Umfang informieren.

Die Empfehlungen fordern eine hinreichende schriftliche Aufklärung und Einwilligung der Materialspender durch entsprechend geschultes Personal. Hinsichtlich des Inhalts der Aufklärung/Einwilligung wird auf den Mustertext des Arbeitskreises [3] verwiesen. Die unterzeichnete Einwilligungserklärung ist zu archivieren. Dem Spender ist eine Kopie der Einwilligungserklärung und der Informationsschrift zu übergeben.

Hinsichtlich des Datenschutzes wird eine doppelte Pseudonymisierung unter Einbeziehung eines Datentreuhänders gefordert. Auch die Herausgabe und Verwendung der Proben und Daten in der Forschung sollte demnach nur doppelt pseudonymisiert erfolgen. Im Nicht-EU-Ausland ohne vergleichbares Datenschutzniveau muss ein solches vertraglich erreicht werden; andernfalls kann eine Herausgabe nur in anonymisierter Form erfolgen. Eine Aufhebung der Pseudonymisierung sollte nur in Ausnahmefällen erfolgen dürfen, nicht jedoch gegenüber dem Forscher. Wenn ein Personenbezug für die Forschung nicht mehr notwendig ist, sollten die Proben und Daten anonymisiert werden. Schließlich sollte im Vorfeld stets klar geregelt sein, ob, wann und unter welchen Voraussetzungen eine erneute Kontaktaufnahme mit dem Spender möglich ist.

Die Nutzung und Herausgabe der Materialien und Daten für Forschungsvorhaben sollte einem durch die Biobank geregelten Verfahren mit entsprechenden Vergabekriterien unterliegen, um einen Missbrauch zu vermeiden. Die Herausgabe darf nur erfolgen, wenn die beabsichtigte Verwendung von der Einwilligung der Spender gedeckt ist. Zwischen der Biobank und dem Antragsteller muss ein Nutzungsvertrag geschlossen werden. Die darin enthaltenen Nutzungsrechte des Antragstellers sollten nur befristet, zweckbezogen und nicht übertragbar ausgestaltet sein. Insbesondere müssen stets die Spenderinteressen berücksichtigt werden. So sollte z. B. der Widerruf eines Spenders auch nach der Herausgabe der Daten und des Materials möglich sein. Darüber hinaus muss die Biobank von Ihren Nutzern eine Aufwandsentschädigung verlangen können.

Flankierende Rahmenbedingungen: Kontrolle durch Ethikkommissionen

Bisher ist sehr unterschiedlich geregelt, ob und in welchen Fällen Ethikkommissionen vor dem Anlegen einer Biobank und/oder vor der Durchführung von einzelnen Forschungsprojekten unter Rückgriff auf Biobankmaterialien und -daten einzuschalten sind; auch die Zuständigkeiten der Ethikkommissionen gemäß ihren Statuten sind sehr uneinheitlich [31].

Ethikkommissionen sind traditionell diejenigen Institutionen, die die Interessen der in medizinische Forschung einbezogenen Patienten und Probanden zu wahren haben. Die „Empfehlung für die Bewertung forschungsbezogener Humanbiobanken durch Ethik-Kommissionen“ des Arbeitskreises medizinischer Ethikkommissionen in der Bundesrepublik Deutschland betont, dass sowohl die Errichtung als auch wesentliche Änderungen einer Biobank (einschließlich ihrer Übertragung bzw. ihrer Bestände auf einen anderen Träger) jedenfalls aus ethischen Gründen einer Bewertung durch eine öffentlich-rechtliche Ethikkommission bedürfen [4]. Zur Bewertung eines Antrags zur Errichtung einer Biobank benötigt die Ethik-Kommission gemäß der Empfehlung insbesondere

  • Angaben über die Festlegungen der Biobank betreffend Zielsetzungen, Organisation, Verfahrensabläufe, Dokumentation und Finanzierungskonzept,

  • Angaben über Art, Beschaffung, Aufbewahrung, Qualitätssicherung, Nutzung und Sicherung des Biomaterials und der Daten,

  • Dokumente zur Spenderinformation und Einwilligungserklärung.

Nach Auffassung des Deutschen Ethikrates sollte sich eine Biobank, die nicht thematisch und zeitlich eng begrenzt ist, zudem einer Systemevaluation durch eine Ethikkommission unterziehen müssen [5]. Ferner sollte eine periodische Evaluierung der Aktivitäten einer derartigen Biobank durch eine Ethikkommission auf der Grundlage eines Berichts erfolgen, der detailliert über die vergangenen Biobankaktivitäten einschließlich der durchgeführten Projekte Auskunft gibt [5]. Eine derartige Evaluierung der Biobankaktivitäten wird die Biobankbetreiber veranlassen, ethisch problematische Forschung mit den in der Biobank verfügbaren Proben und Daten nicht zu gestatten.

Bezüglich der Frage, ob vor jeder Herausgabe von Biomaterialien bzw. Daten für ein einzelnes Forschungsvorhaben das Votum einer Ethikkommission vorliegen muss, verweist die Empfehlung des Arbeitskreises auf das einschlägige Berufsrecht, ggf. i. V. m. der Deklaration von Helsinki [4]. Sowohl die Deklaration von Helsinki [32] als auch die Musterberufsordnung der Bundesärztekammer [33] verlangen eine Beratung durch eine Ethikkommission nur bei Forschung am Menschen und bei Forschung an identifizierbaren menschlichen Materialien und Daten, d. h. solchen, die sich einem bestimmten Menschen zuordnen lassen. Dies wiederum ist nur dann gegeben, wenn die Zuordnung auch innerhalb des konkreten Forschungsprojekts möglich ist. Dies deckt sich mit verbreiteten Forderungen, wonach Forschungsprojekte unter Rückgriff auf Proben und Daten einer Biobank jedenfalls immer dann von einer Ethikkommission begutachtet werden sollten, wenn in dem konkreten Forschungsprojekt personenbezogene (also personenidentifizierende) Daten verwendet werden sollen [5, 6, 30].

Eine Ethikkommission sollte zudem dann eingeschaltet werden, wenn eine Rekontaktierung der Spender vorgesehen ist [5, 30], wenn es sich um ethisch oder rechtlich erheblich umstrittene Vorhaben handelt [21, 30] sowie dann, wenn die ursprüngliche Zweckbestimmung der Proben oder Daten geändert werden soll, etwa weil die Proben und Daten ursprünglich nur für Diagnostik und Therapie gesammelt bzw. aufbewahrt wurden, nun aber der Forschung zugeführt werden sollen [6, 30].

Für andere Fälle sollte die Einschaltung einer Ethikkommission dagegen nicht zwingend vorgeschrieben werden [5, 6, 30]. Es sollte einem Forscher aber die Möglichkeit eröffnet sein, sich bei Zweifelsfragen an eine Ethikkommission zu wenden.

Flankierende Rahmenbedingungen der Zukunft: Biobankgeheimnis

Um zu verhindern, dass eine vom Spender nicht konsentierte Weitergabe von Proben und Daten aus dem Bereich der Biobank heraus oder ein forschungsexterner Zugriff auf Proben und Daten erfolgt, wurde vom Deutschen Ethikrat die Einführung eines „Biobankgeheimnisses“ vorgeschlagen [5, 34]. Im Einzelnen sollte ein solches Biobankgeheimnis folgende Elemente umfassen:

Zum Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Spender und zum Schutz des Vertrauens in die Geheimhaltung sensibler Informationen sollte für alle Personen, die mit Biobankmaterialien und -daten arbeiten, eine strafbewehrte Schweigepflicht gemäß § 203 Strafgesetzbuch (StGB) gelten. Biobanken sollten zudem gegenüber Strafverfolgungsbehörden durch ein Zeugnisverweigerungsrecht der mit Biobankmaterialien Arbeitenden und durch ein Verbot der Beschlagnahme von Biobankmaterialien/Unterlagen abgeschottet werden. Allerdings sollte dies nach überzeugender Auffassung nicht gelten, soweit es um die Aufklärung von Verbrechen und anderer – zu benennender – schwerer Straftaten geht. Vorbild könnten insoweit § 53 Abs. 2 S. 2 Strafprozessordnung (StPO) betreffend Presseangehörige oder § 81e StPO sein [34].

Auch zur Gefahrenabwehr sollte ein Zugriff auf Proben und Daten nur möglich sein, wenn dies zur Abwehr von Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder zur Abwehr einer allgemeinen Gefahr notwendig ist [34]. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung [35].

Fazit

Trotz fehlender spezifischer Regelungen in der Biobankenforschung besteht kein rechtsfreier Raum und es bedarf derzeit keines besonderen Biobankgesetzes. Das geltende Recht trägt schon jetzt dem Spannungsverhältnis zwischen Forschern und Spendern hinreichend Rechnung und sollte allenfalls durch wenige flankierende Regelungen, insbesondere zur Etablierung eines Biobankgeheimnisses, erweitert werden. Dort, wo das geltende Recht auslegungsbedürftig ist, helfen Empfehlungen, Leitlinien und Mustertexte von einschlägigen Fachorganisationen, sodass unerträgliche Rechtsunsicherheiten nicht bestehen. Es ist auch sehr gut, dass auf dem dynamischen Feld der Etablierung von Biobanken noch nicht alle Fragen einer spezialgesetzlichen Regelung zugeführt wurden, sondern vielmehr ein Wettbewerb der Ideen und der praxisgerechten Lösungen im Gange ist. Die an Biobanken Beteiligten und die mit Biobankmaterialien und -daten arbeitenden Forscher sollten allerdings alles daran setzen, dass sie dem offenkundig in sie gesetzten Vertrauen gerecht werden, mit den ihnen überlassenen Proben und Daten nicht missbräuchlich umzugehen. Sie laufen sonst Gefahr, dass sich der Gesetzgeber genötigt sieht, forschungsfeindliche Regelungen zu erlassen.