Zusammenfassung
Die Erholungsfunktion des Schlafes ist für die Schlafmedizin von wesentlichem Interesse. Zur Erfassung dieser Funktion werden verschiedene Faktoren herangezogen, unter denen der Schlafdauer und Schlafqualität eine besondere Bedeutung zukommt. Beide Begriffe stehen im Zentrum des Schlaferlebens, das letztlich die Zufriedenheit des Individuums mit der im Schlaf verbrachten Zeit ausdrückt. Die Schlafmedizin und Schlafforschung haben in den letzten Jahrzehnten Methoden entwickelt, die sowohl eine Erfassung der subjektiven als auch objektiven Dimension ermöglichen. Im subjektiven Bereich ist dies vor allem die schlafmedizinisch fokussierte Anamnese. Unterstützend werden standardisierte und validierte Fragebögen eingesetzt. Objektive Methoden sind zum Beispiel die Abschätzung der Schlaf- und Wachzeiten durch die Aktigraphie und Polygraphie. Die Polysomnographie ist unverändert der Goldstandard insbesondere bei multimorbiden Patienten. Eine wesentliche Tendenz der letzten Jahre ist es, die Messungen für den Betroffenen so störungsfrei wie möglich zu halten und von der stationären Überwachung zur Untersuchung im häuslichen Umfeld zu gelangen.
Abstract
Restorative functions of sleep are of special interest for sleep medicine. For the assessment of these restorative functions, various parameters are taken into account, among which sleep duration and sleep quality play the most important roles. Both terms are essential for sleep perception, expressing the subjective satisfaction of the individual with the time spent asleep. In recent decades, sleep medicine and sleep research have developed methods for the assessment of both objective and subjective dimensions of sleep. Among subjective methods, taking of the medical history focusing on the patient’s sleep is important. Standardized and validated questionnaires play a supportive role. Objective methods are, for example, estimation of the sleep–wake cycle by means of actigraphy and polygraphy. Especially in multimorbid patients, polysomnography is still the gold standard method for diagnostics. An important approach during recent years is shifting from bothering overnight examinations into less disturbing procedures for patients that include performing ambulatory, outpatient examinations in the patients’ home rather than inpatient surveillance within sleep centers.
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Schlaf ist Alltagserfahrung – oder nicht? Erfahrung setzt bewusstes Erleben voraus, und gerade dieses ist per Definition im Schlaf abwesend. Praktisch jeder Mensch schläft jeden Tag, aber der Schlaf selbst entzieht sich der direkten Selbstbeurteilung. Wenn wir „gut geschlafen“ haben, so werden darunter meist die Abwesenheit von Wachzeiten in der ausreichend langen Ruhephase und zum Beispiel fehlende Erinnerung an unangenehme Träume verstanden. Weiterhin ist für guten Schlaf auch die erlebte Erholung entscheidend. Nach dem Erwachen beziehungsweise im Lauf der Aktivitätsphase entscheiden wir retrospektiv, ob die letzte Nacht „gut“ war. Während es diese Art der Schlafbeurteilung wohl so lange gibt wie die menschliche Selbsterkenntnis, ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Schlaf in großen Teilen ein Produkt der technischen Entwicklungen des letzten Jahrhunderts.
Erst seit den 1930er-Jahren gibt es Messungen der menschlichen Gehirnströme; in den 1950er-Jahren begann die systematische Messung physiologischer Parameter im Schlaf. Letzteres führte zur Entdeckung des Rapid-Eye-Movement (REM)-Schlafs, der mit teils bizarren Eigenschaften überraschte. Neben den namensgebenden schnellen Augenbewegungen hinter geschlossenen Lidern sind dies zum Beispiel die „Lähmung“ der Willkürmotorik, die fehlende Temperatur- und instabile Atmungs- und Kreislaufregulation, die Erektion beim Mann und eine verstärkte Klitorisdurchblutung bei der Frau. Die in der Folge exponentiell zunehmende wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Schlaf führte auch zur Entdeckung beziehungsweise präzisen Beschreibung von im Schlaf auftretenden Störungen, wie zum Beispiel von schlafbezogenen Atmungsstörungen und Bewegungsstörungen, zur technischen Objektivierung von Erholung und Schläfrigkeit in der Aktivitätsphase und damit zur Etablierung der modernen klinischen Schlafmedizin, die sich seit den späten 1970er-Jahren dynamisch entwickelt.
Neben diesen „technischen“ Aspekten zur Beurteilung des Schlafs ist aber weiterhin das subjektive Erleben des Schlafs klinisch und wissenschaftlich bedeutsam. Der größte Teil der häufigsten schlafmedizinischen Störungen, das heißt die Ein- und Durchschlafstörungen (Insomnien), definiert sich ausschließlich über die Zufriedenheit mit dem eigenen Schlaf. Hier ist weder für die Diagnose noch zur Verlaufsbeurteilung eine technische Messung erforderlich. Um dieses „Schlaferleben“ möglichst gut zu objektivieren, wurden im letzten Jahrhundert standardisierte Methoden wie Fragebögen zur Erfassung von Schlafqualität, Schlafquantität und Erholungsfunktion des Schlafs entwickelt.
Im vorliegenden Beitrag versuchen wir, einen Überblick über die subjektiven und technischen Methoden zur Erfassung der Güte des Schlafs sowie zur Objektivierung des Schlaf- und Erholungserlebens zu geben.
Das Konstrukt Schlaf – Schlafdauer und Schlafqualität
Menschen mit einer Schlafdauer, die gegenüber der für industrialisierte Länder typischen durchschnittlichen Schlafdauer von sieben Stunden [1, 2] deutlich verkürzt oder verlängert ist, haben ein signifikant erhöhtes Mortalitätsrisiko [3]. Während bei einer kurzen Schlafdauer deutliche Hinweise auf pathogenetische Faktoren vorliegen (wie erhöhter Sympathikotonus, erhöhte Kortisolspiegel, erniedrigte Glukosetoleranz und wohl durch erniedrigte Leptin- und erhöhte Ghrelinspiegel vermittelte Adipositas [4, 5]), gibt es für die verlängerte Schlafdauer keine nachgewiesenen pathophysiologischen Korrelate. Hier wird vielmehr davon ausgegangen, dass die gesteigerte Schlafmenge nicht Ursache, sondern Folge von Erkrankungen ist, die sowohl zu einer verlängerten Schlafdauer als auch zur erhöhten Mortalität beitragen [3].
Zur Aufdeckung solcher Zusammenhänge sind große epidemiologische Untersuchungen erforderlich. Schon aus Praktikabilitätsgründen wird die Schlafdauer in diesem Kontext üblicherweise per Fragebogen erfasst. In kleineren experimentellen oder klinischen Studien kommt zur direkten Messung der Schlafdauer üblicherweise die Polysomnographie (PSG) zum Einsatz, während die Aktigraphie – eine weniger aufwendige technische Methode zur indirekten Erfassung der Schlafdauer mittels Aktivitätsaufzeichnung – zum Beispiel bei Weltraumflügen genutzt wird [6].
Die Erfassung der Schlafdauer mittels Fragebögen gilt in der Anwendung bei größeren Gruppen als recht verlässlich [3]. In Untersuchungen mit einem parallelen Einsatz von Polysomnographie und Fragebögen zeigt sich bei Populationsstudien meist eine leichte Überschätzung der tatsächlichen Schlafzeit durch Fragebogenangaben [7], während Insomniepatienten ihre tatsächlichen Schlafzeiten oft unterschätzen [8]. Trotz der guten Übereinstimmung zwischen PSG und Fragebogenangaben auf Gruppenbasis muss beachtet werden, dass in der Einzelfallbetrachtung zwischen beiden sehr große Unterschiede auftreten können [7]. Beim Vergleich einer einmaligen Befragung per Fragebogen mit der mehrfachen Erfassung der Schlafdauer mittels Schlaf-Wach-Protokollen zeigte sich eine höhere Variabilität der Angaben bei der einmaligen Befragung: Probanden, die in der einmaligen Befragung besonders kurze Schlafzeiten angaben, schliefen gemäß einwöchigem Schlaf-Wach-Protokoll im Mittel etwas länger; Probanden mit sehr langer angegebener Schlafzeit in der einmaligen Befragung schliefen im Mittel über sieben Schlaf-Wach-Protokolle kürzer [9].
Bei der Aktigraphie hängt die Genauigkeit der Einschätzung der Schlafdauer stark von der Schwelle der motorischen Aktivität ab, die die Einstufung „Schlaf“ bestimmt. Hohe Grenzwerteinstellungen für diese Schwelle, bei denen trotz relativ viel motorischer Aktivität bei der Einstufung „Schlaf“ geblieben wird, führen gemäß Aktigraphie zu langen Schlafzeiten, niedrigere Grenzwerteinstellungen dementsprechend zu eher kurzen Schlafzeiten [10]. Bei längerer Schlafdauer und eher ungestörtem Schlaf ist die Übereinstimmung mit der Polysomnographie recht gut, bei kürzeren Schlafdauern und besonders bei krankheitsbedingt gestörtem Schlaf wird sie schlechter [11]. Allerdings gilt auch für die Aktigraphie, dass sie für die Einzelfallbeurteilung der Schlafdauer nicht an die Genauigkeit der Polysomnographie heranreicht, dass sie aber besser als Fragebogenerhebungen ist [6, 10].
Bei der Erfassung der Schlafdauer von großen Gruppen mit gesunden Probanden sind also Fragebogenerhebungen sinnvoll und ökonomisch. Die aufwendigere und teurere Erfassung der Schlafdauer mittels Aktigraphie (siehe Kapitel „Objektive Methoden“) ist hier aber im Mittel etwas genauer und hat den Vorteil, naturgemäß robuster gegen Verfälschungstendenzen zu sein als offene, augenscheinvalide Fragebogenerhebungen. Ihre besondere Stärke hat die Aktigraphie bei Untersuchungen zur zirkadianen Rhythmik, da sie eine relativ einfache Erfassung der Aktivitäts- und Ruhephasen über längere Zeiträume ermöglicht [12]. Für die Einzelfalldiagnostik und zur Charakterisierung von Kollektiven mit gestörtem Schlaf ist die PSG trotz des Vorhandenseins alternativer Methoden zur Bestimmung der Schlafdauer empfehlenswert beziehungsweise notwendig [13].
Zur Beurteilung des Schlafes ist nicht nur die Bestimmung der Schlaflänge von Bedeutung, auch der Parameter Schlafqualität wird hierbei oft genannt. Die Erfassung und Beurteilung der Schlafqualität stellt den Schlafmediziner jedoch vor einige Probleme, da für sie keine einheitliche Definition vorliegt. Anders als zur Schlafstruktur, die als messbare Einheit (zum Beispiel als Verteilung der Schlafstadien über die Nacht) beschrieben werden kann, finden sich zur Schlafqualität nur uneinheitliche Beschreibungen. Ein weithin akzeptierter Ansatz ist die Messung der Schlafqualität durch den sogenannten Pittsburgh-Schlafqualitätsindex (PSQI, siehe Kapitel „Subjektive Methoden“). Jedoch basiert der PSQI ausschließlich auf der subjektiven Einschätzung durch den Patienten und berücksichtigt somit keinerlei objektive Schlafparameter. Der PSQI ist also kein objektives Maß für die Schlafqualität, da er nur zwischen „guten“ und „schlechten“ Schläfern unterscheidet [14].
Eine Definition der Schlafqualität über objektiv mittels Polysomnographie gemessene Parameter (siehe Kapitel „Objektive Methoden“) haben Krystal et al. vorgeschlagen [15]. Eine Kombination von Parametern der Schlafkontinuität könnte demnach eine objektive Beurteilung der Schlafqualität ermöglichen. Solche Parameter wären zum Beispiel die Häufigkeit von Weckreaktionen (Arousal Index) [16], die im Wachzustand verbrachte Zeit nach Schlafbeginn (Wake After Sleep Onset, WASO) und die Zahl der Wachübergänge pro Stunde Schlaf (Wake Transition Index, WTI).
Subjektive Methoden
Eine subjektive Methode zur Beschreibung und Messung von Schlafqualität und Schlafdauer ist in erster Linie die ausführliche schlafmedizinisch fokussierte Anamnese. Aus ihr und der klinischen Symptomatik ergibt sich meist eine Verdachtsdiagnose, die durch die Antworten in verschiedenen Fragebögen zur Selbstbeurteilung gestützt werden kann. Strukturierte Interviews und auch vom Patienten über mehrere Tage auszufüllende Schlaf-Wach-Protokolle kommen ebenfalls zum Einsatz. Zu unterscheiden sind hierbei subjektive Erfassungsinstrumente, welche die Schlafqualität und Schlafdauer direkt erfragen, von solchen, die über die Erfassung der Tagesschläfrigkeit und des Befindens am Tage, die von der Schlafqualität und Schlafdauer beeinflusst werden, einen indirekten Hinweis geben.
Zur Gruppe der Instrumente mit direkter Erfassung von Schlafqualität und Schlafdauer gehören zum Beispiel die visuelle Analogskala (VAS, Erfassung der Schlafqualität), der PSQI, das Landecker Inventar für Schlafstörungen (LISST) sowie Schlaftagebücher und Abend-Morgen-Protokolle. Eine indirekte Beurteilung der Schlafqualität und Schlafdauer durch die Erfassung der Tagesschläfrigkeit und des Befindens am Tage erfolgt über Fragebögen wie die Epworth-Sleepiness-Scale (ESS), die Karolinska-Sleepiness-Scale (KSS) und die Stanford-Sleepiness-Scale (SSS).
Diese subjektiven Methoden verfügen über eine gewisse Augenscheinvalidität. Studien zur psychometrischen Evaluation liegen nur zu den wenigsten Methoden (PSQI, ESS) vor. Im Folgenden werden die einzelnen Instrumente kurz vorgestellt.
VAS
Bei der VAS wird dem Proband eine 10 cm lange, waagrechte Linie mit den beiden Endpunkten „schlecht“ und „gut“ vorgelegt. Er wird gebeten, die Schlafqualität der vorangegangenen Nacht mit einem senkrechten Strich zu markieren. Gemessen wird die Strecke in Millimetern vom rechten Ende der Linie bis zur Markierung. Je kleiner der Wert in mm, desto besser wurde die Schlafqualität der letzten Nacht empfunden [17, 18].
Abend-Morgen-Protokolle
Dieser Fragebogen erfasst ausführlich das Schlaf-Wach-Verhalten eines 24-h-Tages [19].
PSQI
Der Pittsburgh-Sleep-Quality-Index ist ein international anerkannter und häufig eingesetzter Fragebogen zur Erfassung der Schlafqualität. Retrospektiv werden Angaben zu schlafstörenden Ereignissen, Schlafqualität, Schlafzeiten, Einschlaflatenz, Schlafdauer, Schlafmittelgebrauch und Tagesmüdigkeit erfragt. Es kann nur eine Einteilung in „gute“ und „schlechte“ Schläfer vorgenommen werden (Gesamtscore größer 5) [14, 20].
LISST
Bei dem Landecker Inventar für Schlafstörungen handelt es sich um ein Screening-Verfahren zur differenzialdiagnostischen Erfassung von Schlafstörungen. Anhand zweier faktorenanalytisch erhobener Skalen können Aussagen zum subjektiven Leistungsvermögen und zur subjektiven Schlafqualität getroffen werden [21]. Eine explizite quantitative oder qualitative Bewertung des Schlafes findet nicht statt [22].
ESS
Die Epworth-Sleepiness-Scale ist ein kurzer Fragebogen zur Erfassung der Schläfrigkeit beziehungsweise der Einschlafneigung. Die Patienten werden über ihre Einschlafwahrscheinlichkeit in acht typischen Alltagssituationen befragt. Die Wahrscheinlichkeit kann von „0 = gar“ nicht bis „3 = hoch“ eingeschätzt werden. Die Einzelergebnisse werden zu einem Gesamtscore aufsummiert; ab einem Score von 12 spricht man von ausgeprägter Tagesschläfrigkeit [23, 24].
SSS
Die Stanford-Sleepiness-Scale findet nicht nur in der klinischen Routine, sondern auch in zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen Anwendung. Die Patienten schätzen in regelmäßigen Zeitabständen auf einer siebenstufigen Skala den Grad ihrer Wachheit ein [25]. Aufgrund ihrer Konstruktion ist die SSS besonders für intraindividuelle Vergleiche und Interventionsstudien geeignet. Sie wird häufig in pharmakologischen Studien eingesetzt.
TSS
Die Tiredness-Symptoms-Scale, die in klinischen und wissenschaftlichen Untersuchungen eher selten zum Einsatz kommt, fasst in einer Liste 14 charakteristische Müdigkeitssymptome (zum Beispiel Brennen der Augen, schwere Beine, Gähnen oder Konzentrationsmangel) zusammen [26]. Ihr Vorliegen soll vom Befragten mit ja/nein beantwortet werden. Sie erfasst damit nicht die Einschlafwahrscheinlichkeit oder Schläfrigkeit, sondern die Begleiterscheinungen einer reduzierten Wachheit, denen der umgangssprachliche Begriff „Müdigkeit“ recht gut entspricht.
Schlaftagebücher
Schlaftagebücher gibt es in unterschiedlichen Formen (Anzahl und Formulierung der Fragen). Auch zur Dauer der Tagebuchführung gibt es keine standardisierte Regeln. Daher wird an dieser Stelle auf die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin verwiesen: „Schlaftagebücher werden meist in Form eines Wochenprotokollblattes dem Patienten nach Hause mitgegeben, in das er jeden Abend und jeden Morgen seine Zubettgeh- und Aufstehzeit, die geschätzte Einschlafdauer, Aufwachhäufigkeit, nächtliche Wachdauer, Gesamtschlafdauer und subjektives Erholt sein am Morgen einträgt. Zusätzlich können Tagesbefindlichkeit und Leistungsfähigkeit, Mittagsschlaf und Alkoholkonsum erfasst werden. Dieser Fragebogen soll vom Patienten 14 Tage lang ausgefüllt werden, um eine valide Verlaufsmessung zu erhalten.“[19]
Objektive Methoden
Bei den objektiven Methoden unterscheidet man zwischen solchen, die den Schlaf beziehungsweise die Ruhephasen direkt messen, und solchen, die die Erholungsfunktion des Schlafes messen und somit indirekt über die Schlaflänge und Schlafqualität Auskunft geben.
Polysomnographie
Die kardiorespiratorische Polysomnographie (kurz Polysomnographie, PSG) ist der Versuch, den Schlaf und die mit ihm assoziierten somatischen Phänomene zu erfassen. Bei der PSG werden Biosignale, die über Sensoren erfasst, verstärkt und gefiltert werden, analog oder heute überwiegend digital aufgezeichnet. Wesentlicher Bestandteil der PSG ist das Elektroenzephalogramm (EEG). Grundlegend waren hierfür die Arbeiten von Caton [27] und vor allem von Berger [28], der die elektrische Aktivität des Gehirns erstmals durch die intakte Schädeldecke ableitete. Schon Berger beschrieb eine Veränderung der Hirnströme beim Übergang von Wach zu Schlaf. Eine erste Klassifizierung des Schlafes wurde von Loomis 1937 [29] vorgestellt; die ersten konsentierten Richtlinien zur Schlafauswertung datieren auf das Jahr 1968 [30] und wurden erst kürzlich überarbeitet [31]. Neben den EEG-Signalen werden die Augenbewegungen (Elektrookulogramm, EOG) und der Muskeltonus am Kinn (Elektromyogramm, EMG) zur Beurteilung des Schlafes herangezogen [32]. Der Schlaf von Kindern unterscheidet sich erheblich von dem des Erwachsenen, sodass jeweils separate Auswerteregeln zur Anwendung kommen [33].
Die Polysomnographie gilt heute international als Standard und Referenz in der Schlafforschung und Schlafmedizin [13]. Mit ihrer Hilfe lassen sich sehr differenzierte Aussagen über den Schlaf und mit ihm assoziierte Störungen treffen. Diagnostische Kriterien der verschiedenen schlafbezogenen Störungen greifen oft auf die PSG-Befunde zurück [34].
Die PSG wird überwiegend überwacht im stationären Umfeld durchgeführt. Von der prinzipiellen Möglichkeit, diese ambulant (unüberwacht) anzubieten, wird in Deutschland nur selten Gebrauch gemacht. Abb. 1 zeigt ein ambulantes Polysomnographiegerät. Neben den Regeln zur Auswertung einer PSG enthalten die neuen Richtlinien [31] auch Verfahrensanweisungen zu ihrer Durchführung. Der bereits erwähnten Bedeutung des EEG wird dahingehend Rechnung getragen, dass für eine PSG mittlerweile sechs diesbezügliche Ableitungen empfohlen werden. Dabei werden die einzelnen Elektroden so auf der Kopfoberfläche verteilt, dass im Rahmen der nächtlichen Untersuchung sowohl beide Hirnhemisphären als auch frontale, zentrale und okzipitale Hirnbereiche abgebildet werden, da sich je nach Schlafstadium in den einzelnen Hirnarealen unterschiedliche Aktivitätszustände beziehungsweise Graphoelemente zeigen.
Neben dem EEG werden mittels PSG auch weitere wichtige Körperfunktionen im Schlaf untersucht (Abb. 2). Die wichtigsten Schlafparameter, die aus der Analyse dieser Biosignale gewonnen werden, sind in einer aktuellen Arbeit von Ohayon et al. [2] beschrieben (Tab. 1). Referenzwerte für die PSG existieren für die alten Kriterien nach Rechtschaffen und Kales [30] und sind, mit Einschränkungen, auf die neuen AASM-Kriterien von 2007 übertragbar. Die hierzu bisher vorliegenden Studien sind jedoch mit Blick auf ihre Fallzahl eingeschränkt, sodass diese Referenzwerte mit einer gewissen Zurückhaltung genutzt werden sollten. Abb. 3 zeigt einen Ausschnitt aus einer klinischen PSG.
Polygraphie
Neben der PSG stehen portable Systeme, sogenannte Polygraphiegeräte, zur Verfügung. Diese haben durch die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschuss zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinie) [35] zum frühen Erkennen schlafbezogener Atmungsstörungen an Bedeutung gewonnen. Nach den BUB-Richtlinien werden bei schlafbezogenen Atmungsstörungen (SBAS) mindestens acht Kanäle bei den Screening-Geräten (Polygraphiegeräte) gefordert. Erfasst werden die Sauerstoffsättigung, der Atemfluss, Schnarchgeräusche, die Atemanstrengung (abdominal und thorakal), die Herz- oder Pulsfrequenz und die Körperlage ohne Messung des Schlaf-EEGs. Polygraphiesysteme können zur Diagnostik der obstruktiven Schlafapnoe unter genau umrissenen Bedingungen (anamnestische Vorauswahl der Patienten, Auswahl der Biosignale, visuelle Auswertung) empfohlen werden [36]. Für andere Schlafstörungen (zum Beispiel zentrale Atmungsstörungen, Bewegungsstörungen im Schlaf) ist die Polygraphie nicht zu empfehlen [13, 37]. Polygraphiesysteme zeichnen kein Schlaf-EEG auf und sind daher auch nicht geeignet, um eine valide Aussage zur Schlafdauer und Schlafqualität zu treffen.
Aktigraphie
Die Aktigraphie ist eine Methode zur Bestimmung des Aktivitäts-Ruhe-Rhythmus. Körperbewegungen werden über ein kleines Gerät, das üblicherweise am Handgelenk angebracht wird, detektiert und in unterschiedlicher zeitlicher Auflösung aufgezeichnet. Die Aufzeichnungsdauer sollte zwischen zehn und 14 Tagen liegen. Es wird empfohlen, die Aktigraphie mit einem Schlaftagebuch zu kombinieren und den Hell-Dunkel-Wechsel mit zu erfassen [12]. Die Aktigraphie erlaubt bei gesunden Erwachsenen eine ausreichend gute Abschätzung von Schlafvariablen [38]. Wenn eine Polysomnographie nicht durchgeführt werden kann, ist es möglich, die Schlafzeit durch die Aktigraphie abzuschätzen [38].
Die Aktigraphie ist auch zur Diagnostik von Insomnien und/oder Schlafrhythmusstörungen eine wichtige Methode [39]. Ein Vergleich zwischen Aktigraphie und Schlaftagebüchern führt zu folgenden Ergebnissen: Die Aktigraphie zeigt eine kürzere Schlaflatenz, eine frühere Sleep-Onset-Zeit, vermehrte und verlängerte nächtliche Wachzeiten, spätere Sleep-Offset-Zeit, erhöhte Gesamtschlafzeiten und eine erhöhte Zahl und Dauer von Naps am Tage [40]. Detaillierte Angaben zu den Parametern, die durch die Aktigraphie gut abgebildet werden, und die Limitationen dieser Methode sind in der S3-Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen“ nachzulesen [13].
Vigilanz- und Schläfrigkeitstests
Die folgenden Messmethoden geben nur indirekt Informationen über die Schlaflänge und Schlafqualität, da sie Tagesfunktionen wie Wachheit messen, die außer von der Schlafqualität und -quantität auch von Faktoren, wie zum Beispiel vom individuellen Schlafbedürfnis, dem Grad der Aktivierung während des Tages, der Motivation usw., beeinflusst werden. Ausführlichere Informationen zu den vorgestellten Methoden finden sich bei Peter et al. [41] und Schulz et al. [42].
Pupillographischer Schläfrigkeitstest
Bei diesem Test wird über eine Dauer von elf Minuten unter standardisierten Bedingungen der Pupillendurchmesser kontinuierlich aufgezeichnet. Bei wachen Probanden ist die Spontanvariation des Pupillendurchmessers hochfrequent und niederamplitudig. Bei zunehmender Verringerung der Vigilanz kommt es zu selteneren, aber höher amplitudigen Schwankungen des Pupillendurchmessers [43, 44]. Vorteil dieses Verfahrens ist das Vorliegen einer Eichstichprobe, die allerdings an nur 349 Personen erhoben wurde [45].
Mehrfacher-Schlaf-Latenz-Test
Der Mehrfache-Schlaf-Latenz-Test (MSLT) beruht auf der Annahme, dass sich die Einschlaflatenz mit zunehmender Schläfrigkeit verkürzt [43]. Er dient der Messung der Tagesschläfrigkeit und ist ein weltweit anerkanntes Standardverfahren. Der MSLT wird unter polysomnographischen Bedingungen in zweistündigen Intervallen 1,5 bis drei Stunden nach dem morgendlichen Erwachen über vier bis fünf Messzeitpunkte durchgeführt. Der Patient wird aufgefordert, sich entspannt hinzulegen, die Augen zu schließen und zu versuchen einzuschlafen.
Vierfach-Wahl-Reaktionszeit-Test
Bei diesem 60- bis 90-minütigen Verfahren hat der Patient die Aufgabe, nach dem Verschwinden von einer von vier Rauten am Bildschirm durch Druck auf die korrespondierende Taste einer Vierertastatur diese Raute „zurückzuholen“. Ort und Interstimulusintervall (10 bis 50 Sekunden) sind randomisiert, sodass der Patient keinen Aufgabenrhythmus erlernen kann. Falls 10 Sekunden nach Verschwinden der Raute keine Reaktion erfolgt ist, ertönt ein akustisches Signal, um den Patienten wieder zu wecken. Erfasst und ausgewertet werden die Reaktionszeiten und der Anteil der ausgelassenen oder versäumten Reaktionen [46].
Mehrfacher-Wachbleibe-Test
Der Mehrfach-Wachbleibe-Test (MWT) wurde aus dem MSLT entwickelt und stellt eine Abwandlung desselben dar. Ihm liegt die Annahme zugrunde, dass in der Schlafmedizin, insbesondere bei Hypersomnien, weniger die Fähigkeit einzuschlafen als vielmehr die Fähigkeit wach zu bleiben interessiert. Aus diesem Grunde wird die Untersuchung in Abwandlung zum MSLT im Sitzen durchgeführt, und der Patient wird instruiert, wach zu bleiben und die Augen offen zu halten.
Neue Ansätze zur Bestimmung und Beschreibung der Schlafqualität
Bei polysomnographischen Aufzeichnungen ist in den letzten Jahren eine klare Tendenz hin zu einer computergestützten Auswertung zu beobachten. Die aufwendige Messtechnik wird reduziert, die computergestützte Auswertetechnik durch automatische Signalanalysen ergänzt, um die für die Schlafdiagnostik erforderliche Information aus weniger Biosignalen oder sogar aus einem einzigen Signal zu extrahieren. So konnte gezeigt werden, dass die Detektion schlafbezogener Atmungsstörungen aus einem Einkanal-EKG mit hoher Sicherheit möglich ist [47]. Kürzlich wurde eine EKG-basierte Schlafstadienanalyse beschrieben [48].
Eine Methode, die in mehreren Studien zur Bewertung der Schlafqualität herangezogen wurde, ist die Bestimmung der Cyclic-Alternating-Pattern (CAP)-Rate, mit der sich mikrostrukturelle Veränderungen im Schlaf-EEG erfassen lassen. Als CAP-Sequenz bezeichnet man periodisch auftretende EEG-Aktivierungen, die spontan im non-REM-Schlaf auftreten. Bei Schlafstörungen wie der Schlafapnoe oder bei periodischen Beinbewegungen wurde eine erhöhte Zahl an CAP-Sequenzen beobachtet. Das vermehrte Auftreten von CAP-Sequenzen wurde als Hinweis auf eine zunehmende Schlafinstabilität interpretiert [49].
Ein in der Lärmwirkungsforschung entwickelter neuer Ansatz, um die Schlafqualität mit einem einzigen Parameter zu beschreiben, ist der sogenannte Sleep-Disturbance-Index (SDI). Der Index wird aus polysomnographischen Standardparametern berechnet. Erste Ergebnisse zur Validität des SDI liegen für Gesunde (Lärmexposition) und Patienten mit Schlafapnoe und Restless-Legs-Syndrom vor [50, 51]. Danach erscheint der SDI als vielversprechend, um unterschiedliche interne und externe Einflüsse auf die Schlafqualität miteinander zu vergleichen.
Fazit
Schlafdauer und Schlafqualität sind komplexe und nicht unabhängig voneinander zu betrachtende Konstrukte. Beide haben Einfluss auf die Erholungsfunktion des Schlafes. Sie werden sowohl durch externe als auch durch interne Regelmechanismen determiniert.
Die heute der Schlafmedizin zur Verfügung stehenden Messmethoden erfassen den subjektiven und objektiven Aspekt der Schlafquantität und -qualität recht zuverlässig. Objektive Methoden sind für gutachterliche Fragestellungen besonders wichtig. Aus Abb. 4 wird die Eignung der hier vorgestellten Messverfahren für die Diagnostik verschiedener Schlafstörungen deutlich. Neben den technischen Weiterentwicklungen sind Validierungsstudien mit ausreichend großen Fallzahlen ein zentrales Thema zukünftiger Forschungsarbeit.
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Heitmann, J., Cassel, W., Ploch, T. et al. Messung von Schlafdauer und Schlafqualität. Bundesgesundheitsbl. 54, 1276–1283 (2011). https://doi.org/10.1007/s00103-011-1375-1
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