Das Management der Influenzapandemie auf kommunaler Ebene hängt ganz wesentlich von Vorgaben der Landesbehörden und Empfehlungen des Robert Koch-Institutes (RKI) ab. Darüber hinaus sind Regelungen und Entscheidungen auf kommunaler Ebene zu treffen, die nicht nur das Einzelfallmanagement betreffen. Das stimmige Zusammenspiel aller Regelungen und Maßnahmen entscheidet letztlich über den Erfolg der Pandemiebekämpfung.

Nach einem ersten Erfahrungsaustausch zur H1N1-Pandemie [1] auf den verschiedensten Ebenen sollen im Folgenden am Beispiel von Frankfurt am Main die Entscheidungen und Maßnahmen auf kommunaler Ebene und Schlussfolgerungen für die Zukunft beschrieben werden.

Auch wenn die verschiedenen Maßnahmen ineinandergreifen und sich gegenseitig beeinflussen, lassen sich Konsequenzen für künftige Pandemien leichter ziehen, wenn die Erfahrungen von kommunaler Seite in folgende Bereiche gegliedert dargestellt werden:

  • Öffentlichkeitsarbeit,

  • Risikokommunikation,

  • Surveillance,

  • seuchenhygienische Maßnahmen inklusive Maßnahmen an Flughäfen und Durchführung von Impfaktionen.

Öffentlichkeitsarbeit auf kommunaler Ebene

Durch Öffentlichkeitsarbeit sollen die Bürger in die Lage versetzt werden, rational mit einer Gefahr umgehen zu können, Informationen anderer Stellen einordnen und bewerten zu können. So können sie sich und ihre Umgebung entsprechend den Möglichkeiten schützen und dadurch Infektions- und Übertragungsrisiken verringern. Ohne Öffentlichkeitsarbeit lassen sich seuchenhygienische Maßnahmen in der Praxis nicht umsetzen.

Informationen über den globalen und nationalen Pandemieverlauf, über Eigenschaften des Erregers und allgemeine Verhaltensregeln werden von überregionalen Informationsquellen, wie zum Beispiel vom RKI, gegeben. Regional sind die Gesundheitsämter ein unverzichtbarer Ansprechpartner für Medien, Bürger und besonders betroffene Gruppen. Die Wahl des geeigneten Informationsmediums ist entscheidend für das Erreichen der verschiedenen Alters- und Zielgruppen und bestimmt den Zeit- und Personalaufwand (Tab. 1).

Tab. 1 Medien der Öffentlichkeitsarbeit

Information über die Medien

In Frankfurt am Main fand gleich nach Ausrufung der Pandemie am 29.4.2009 die erste Pressekonferenz statt. Später, in der Hochphase der Pandemie von Mitte November bis Mitte Dezember, wurden wöchentliche Pressekonferenzen abgehalten. Zusätzlich zum Bericht über die aktuelle Entwicklung auf lokaler Ebene wurden jeweils unter Hinzuziehung von Experten aktuelle Schwerpunktthemen behandelt, wie zum Beispiel die stationäre Versorgung (unter Beteiligung von Klinikleitern) oder die Situation in Kindergemeinschaftseinrichtungen (mit Vertreterinnen der Schulämter). Zusätzlich wurden Lageberichte als Pressemitteilungen herausgegeben, um den Bedarf an Informationen zu decken und gleichzeitig den Zeitaufwand für Anfragen und Interviews zu reduzieren.

Direkte Bürgerberatung

Darüber hinaus wurde für die direkte individuelle Beratung von Bürgern eine Hotline geschaltet und eine E-Mail-Adresse eingerichtet. Die entsprechende Telefonnummer und die E-Mail-Adresse wurden über Pressemitteilungen und Internet bekannt gemacht.

Der rasche Aufbau eines Callcenters ist nur dann möglich, wenn die technischen, räumlichen und personellen Voraussetzungen erfüllt sind. Gerade zu Beginn der Pandemie fördert ein gemeinsamer Raum den Erfahrungsaustausch unter den Mitarbeitern. Aufgrund des großen Geräuschpegels sind jedoch Headsets erforderlich.

Die Dokumentation der Anruferzahl erlaubte es, den Personalaufwand der Nachfrage anzupassen. Die Zusammenstellung der Fragen ermöglichte es, eine Fragen-Antwort-Sammlung zu erstellen, die der Schulung des Personals und externer Mitarbeiter (Medizinstudenten) diente. Mit sinkender Nachfrage nach telefonischen Informationen konnten die externen Kräfte eingespart werden, da Mitarbeiter des Amtes an ihrem Arbeitsplatz zusätzlich zu ihrer Arbeit die Telefonsprechstunde aufrechterhielten.

Internet

Alle Berichte und Informationen, wie zum Beispiel die Frage-Antwort-Sammlung, wurden gleichzeitig über das Internet zugänglich gemacht. Das Internet bot darüber hinaus die Chance, Empfehlungen für verschiedene Zielgruppen in Form von Merkblättern zusammenzufassen, die ausgedruckt und rasch weiterverbreitet werden konnten. Internetseiten bedürfen allerdings der intensiven Pflege, da die Informationen schnell veralten.

Information der Mitarbeiter

Neben der Bevölkerung müssen auch die Mitarbeiter des eigenen Amtes und anderer Ämter konsequent informiert werden. Einerseits muss deren Ängsten, sich durch die Berufstätigkeit einem höheren Ansteckungsrisiko auszusetzen, begegnet und dem Sicherheitsbedürfnis durch Empfehlungen und Hygienemaßnahmen Rechnung getragen werden. Andererseits sind gut informierte Mitarbeiter leichter und schneller mit Aufgaben der Pandemiebekämpfung zu betrauen.

Information der Ärzte

Durch insgesamt zehn Sonderausgaben eines etablierten Informationsblattes des Amtes für Gesundheit für niedergelassene Ärzte („Infekt-Info“) wurde über wichtige Änderungen im Meldesystem und im Management von Patienten informiert. Zusätzlich stand ein Telefon- und E-Mail-Service für konkrete Probleme der niedergelassenen Kollegen zur Verfügung. Ein ähnliches Angebot bestand für die Krankenhäuser und den Rettungsdienst. Diese Informationen wurden von den Ärzten sehr begrüßt und stärkten das Vertrauensverhältnis zum Gesundheitsamt.

Information der Schulen

Mit Ende der Sommerferien und Beginn der ersten, kleineren Influenzawelle durch zurückkehrende Urlauber aus der Mittelmeerregion wurden Schulen und Kitas in Zusammenarbeit mit dem Stadtschulamt über einen Fax- und E-Mail-Verteiler mittels Rundschreiben und Elternbriefen informiert, die auch im Internet abrufbar waren. Anfragen zu Schulschließungen und die Erörterung akuter Probleme im Zusammenhang mit Erkrankungen von Kindern wurden telefonisch, per Mail oder auch über den Fax- und E-Mail-Verteiler des Schulamtes beantwortet.

Informationen für Risikogruppen

Besonders betroffene Risikogruppen, wie zum Beispiel HIV-infizierte Personen, wurden über deren Selbsthilfegruppen und über Schwerpunktpraxen informiert, und es wurden Empfehlungen zum persönlichen Schutz im Internet bereitgehalten.

Fazit: Öffentlichkeitsarbeit

Öffentlichkeitsarbeit auf kommunaler Ebene ist die Basis, um Vertrauen der Bevölkerung in den öffentlichen Gesundheitsdienst zu schaffen und damit den Erfolg seuchenhygienischer Maßnahmen zu sichern. Die verschiedenen Möglichkeiten der Informationsvermittlung ergänzen sich und unterscheiden sich mit Blick auf die Erreichbarkeit verschiedener Alters- und Personengruppen sowie im erforderlichen Zeit- und Personalaufwand. Pressekonferenzen, Pressemitteilungen und über das Internet verbreitete Nachrichten erzielen einen hohen Wirkungsgrad und sparen Zeit.

Die Einbindung von Medienverantwortlichen entlastet die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes. Durch die Nutzung aller Medienformate und offene, transparente und widerspruchsfreie Information lassen sich Medienvertreter als Partner gewinnen.

Risikokommunikation auf kommunaler Ebene

Um seuchenhygienische Maßnahmen effektiv umzusetzen, bedarf es einer Abstimmung unter allen Akteuren zur Erzielung eines gleichen Informationsstandes. Diese Risikokommunikation unterscheidet sich durch den bidirektionalen Informationsfluss und Meinungsaustausch von der Öffentlichkeitsarbeit. Andere Kommunikationswege, wie persönliche Treffen und Telefonkonferenzen, und eine klar definierte Vernetzung spielen hier eine wichtige Rolle [2].

Die Risikokommunikation baut auf die im kommunalen Influenzapandemieplan beschriebenen Strukturen der Katastrophen- und Krisenpläne und des regionalen Krankenhauseinsatzplans auf.

Krisenstäbe

Der Krisenstab der Stadt Frankfurt am Main wurde schon mit der Ausrufung der Pandemiestufe 4 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über die aktuelle Lage und wesentliche Änderungen informiert und mit Erreichen der Pandemiewelle in Frankfurt aktiviert.

Wesentliche Entscheidungen wurden im internen Krisenstab des Amtes für Gesundheit, bestehend aus der Amtsleitung und den Mitarbeitern der verschiedenen Abteilungen, getroffen. Dieser Stab tagte anfangs mehrfach täglich, auch an den Wochenenden, bis die aktuelle Situation überschaubarer wurde und interne Koordinierungsstrukturen aufgebaut waren. In der Folge fanden wöchentliche Sitzungen statt.

Eine Arbeitsgruppe Flughafen, bestehend aus Mitarbeitern des Flughafenbetreibers (Fraport AG), der Sicherheitskräfte und des Gesundheitsamtes, legte das Vorgehen mit dem Hessischen Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit (HMAFG) am Flughafen in der frühen Containmentphase fest.

Vertreter aller Frankfurter Krankenhäuser wurden kurzfristig eingeladen, um Regelungen zur Versorgung der Influenzapatienten nach dem Eskalationsstufenplan (siehe unten), zur Krankenhaussurveillance und zur Planung der Impfaktion über die Betriebsärzte umzusetzen beziehungsweise zu treffen.

Anlassbezogene Treffen mit den Leitern der verschiedenen städtischen Ämter dienten dazu, Hygieneempfehlungen für städtische Mitarbeiter zu kommunizieren und die mögliche Rekrutierung von Mitarbeitern aus anderen Ämtern zur Verstärkung des Personals des Amtes für Gesundheit zu bahnen.

Vertreter von Unternehmen der sogenannten kritischen Infrastruktur (Strom, Wasser, Gas, Müllentsorgung, Nahverkehr, Deutsche Bahn AG et cetera) wurden eingeladen, um sie über die Strategie der Kommune zu informieren, Probleme im Falle von Personalengpässen zu diskutieren und auf die Aktivierung der Pandemiepläne hinzuweisen.

Die Kommunikation mit der oberen Landesbehörde erfolgte über Telefonkonferenzen. In der Hauptphase der Pandemie fanden diese wöchentlich statt, um die Probleme der Gesundheitsämter bei der Umsetzung der landesweiten Empfehlungen, Verordnungen und Erlasse zu diskutieren und ein möglichst einheitliches Vorgehen festzulegen. Die Erfahrung zeigte, dass gerade hier die Verlässlichkeit der Informationen und die Disziplin bei Absprachen essenziell sind, um dem Bürger die Maßnahmen der Pandemiebekämpfung glaubwürdig zu vermitteln (Tab. 2).

Tab. 2 Möglichkeiten der Risikokommunikation

Fazit: Risikokommunikation

Risikokommunikation ist extrem zeitaufwendig und bindet beträchtliche Personalkapazität. Daher ist es wichtig, die Anzahl der Treffen auf das nötige Maß zu reduzieren, die Sitzungen stringent zu führen, zeitlich zu begrenzen und konsequent Protokolle zu führen.

Es ist sinnvoll, vorab einen sogenannten „Sharepoint“ zu schaffen, der als geschützte elektronische Informationsplattform allen Akteuren den gleichen aktuellen Informationsstand ermöglicht. Hier werden unter anderem die Kommunikationsstrukturen abgebildet und Verantwortliche und deren Vertreter für bestimmte Funktionen benannt. Damit zusammenhängend, werden die Funktion der einzelnen Gruppen, die Frequenz ihrer Zusammenkünfte und ihr Verhältnis zueinander festgelegt sowie die Aufgaben voneinander abgegrenzt. Ein Logbuch dient dazu, die aktuell geltenden Vorgehensweisen und diesbezüglichen Änderungen zu dokumentieren. Auf diese Weise wird der Pandemieverlauf in seinen verschiedenen Facetten von den jeweils Verantwortlichen dokumentiert. Das Logbuch wird von der Stabsleitung des kommunalen Krisenstabs geführt.

Neben der Dokumentation des Verlaufs besteht ein wesentliches Ziel des Logbuchs darin, die Kommunikation zu verbessern sowie abgestimmt und vorausschauend handeln zu können. Gleichzeitig ermöglicht es, die Anzahl der Sitzungen auf das notwendige Maß zu reduzieren.

Surveillance

Für die Einrichtung eines Frühwarnsystems und die Überwachung des Pandemieverlaufs sind die oberen Landes- und Bundesbehörden zuständig. Da die Pandemie in verschiedenen Regionen zeitlich versetzt auftrat, war eine lokale Datenerfassung und -auswertung als Grundlage für Entscheidungen über den Zeitpunkt und die Art der Präventionsmaßnahmen unverzichtbar. Überregionale Daten sind gepoolt und daher für lokale Situationen nur eingeschränkt aussagefähig. Darüber hinaus ermöglicht eine lokale Datenerfassung die Kontrolle und Steuerung der Patientenversorgung während der Pandemiewelle und erlaubt eine Anpassung des Angebotes an die Nachfrage der Bürger (zum Beispiel nach Information).

Meldedaten

Die Erkrankungswelle setzte in Frankfurt später ein als in anderen Kommunen und verlief in den Sommermonaten 2009 vergleichsweise mild. Erst Anfang November 2009 trat ein deutlicher Anstieg der täglichen Meldezahlen in den zweistelligen Bereich ein (Abb. 1). Der dramatische Anstieg der Meldezahlen war Anlass für die Ausrufung der Pandemie in Frankfurt am Main durch die Oberbürgermeisterin. Entsprechend wurde die Öffentlichkeit über eine Pressekonferenz informiert. Der lokale Krisenstab trat zusammen, und Vertreter aller Krankenhäuser wurden zu einem Treffen eingeladen.

Abb. 1
figure 1

Meldezahlen zur Neuen Influenza A/H1N1 2009/2010; Vergleich zwischen Frankfurt am Main und München

Medizinische Versorgung

Unter Nutzung der Internetplattform des Krankenhauseinsatzplanes wurde eine Online-Datenerfassung für stationäre Patienten durch alle Frankfurter Krankenhäuser aufgebaut. Hierdurch wurde die Basis geschaffen, um die Bettenzahl und die Beatmungsplätze nach dem vom Amt für Gesundheit der Stadt Frankfurt am Main (AfG) entwickelten Eskalationsstufenmodell [3] rechtzeitig an eine steigende Belastung anzupassen. Aufgrund der guten Koordination der Krankenhäuser untereinander, der intensivmedizinischen Versorgung beatmungspflichtiger Patienten und des insgesamt kurzen Verlaufs der Pandemiewelle konnte die niedrigste Eskalationsstufe ohne Beeinträchtigung der medizinischen stationären Versorgung aufrechterhalten werden.

Ähnlich wurde eine tägliche Meldepflicht für Krankentransporte eingeführt, um frühzeitig Engpässen durch eine zentrale Steuerung nach dem Pandemiestufenplan begegnen zu können.

Aufgrund dieser Datenerfassung auf lokaler Ebene war es möglich, bereits Anfang Januar 2010 Entwarnung zu geben und die Krankenhäuser zu entlasten.

Krankenstand

Um die Auswirkungen der Pandemie auf das öffentliche Leben abzuschätzen, wurde der Krankenstand bei Kindern und Personal städtischer Kindertagesstätten erfasst. Später standen zusätzlich Daten des Hessischen Kultusministeriums zu Fehlzeiten von Lehrern und Schülern zur Verfügung. Diese Daten erlaubten eine rationale Diskussion mit Eltern und Leitern der Kindergemeinschaftseinrichtungen, sodass voreilige Schließungen von Einrichtungen, außer in Einzelfällen, vermieden werden konnten. Dadurch wurde verhindert, dass Arbeitskapazitäten von Eltern durch die häusliche Betreuung ihrer Kinder gebunden wurden.

Fazit: Surveillance

Eine Erfassung und Auswertung von Meldedaten, Daten zur Versorgungskapazität und Daten zur Abschätzung der Beeinträchtigung des öffentlichen Lebens auf kommunaler Ebene ist unverzichtbar. Sie erlauben es, unverzüglich und situationsgerecht seuchenhygienische Maßnahmen zu steuern und diese auf eine rationale und glaubwürdige Ebene zu stellen.

Für zukünftige Pandemien wäre es wünschenswert, aktuelle und anonymisierte Informationen über den Krankenstand der Personengruppen zu gewinnen, die für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens entscheidend sind. In Frankfurt am Main wird daher erwogen, den Krankenstand großer städtischer Ämter, die in der Pandemiebekämpfung eine besondere Rolle spielen oder die starken Kundenverkehr haben, bei entsprechender Gefahrensituation anonymisiert zu erfassen. Die Beratung zur Aufrechterhaltung von Kernfunktionen in Ämtern und Betrieben kann so auf eine solidere Basis gestellt werden.

Von Vorteil wäre, wenn alle Kommunen die gleichen Datenbanken für ihre lokale Surveillance nutzen könnten. Von überregionaler Stelle zur Verfügung gestellte Datenbanken böten gleichzeitig die Möglichkeit einer Auswertung auf Landes- und Bundesebene als Basis zur Beurteilung der Gesamtsituation und für allgemeine Empfehlungen.

Seuchenhygienische Maßnahmen

Die Anordnung und Durchführung seuchenhygienischer Maßnahmen ist die Kernaufgabe des öffentlichen Gesundheitsdienstes auf kommunaler Ebene.

Die Erfahrungen mit der Neuen Influenza A/H1N1 zeigten jedoch, dass ein von der Bevölkerung und den Ärzten akzeptiertes Maßnahmenpaket nur dann erfolgreich umgesetzt werden kann, wenn nationale Empfehlungen und Regelungen rechtzeitig und verständlich kommuniziert werden. Nur so können die verschiedenen Kommunen in gleicher Weise und glaubwürdig agieren und die Vorgaben erfolgreich umsetzen.

Isolierungs- und Quarantänemaßnahmen

In Frankfurt am Main, das im Vergleich zu anderen Kommunen bis Mitte November 2009 von der Influenzapandemie geringer betroffen war, wurde mit seuchenhygienischen Einschränkungen zurückhaltend umgegangen: In enger Anlehnung an die Empfehlungen des RKI wurden Erkrankte und Verdachtsfälle anfangs ausschließlich in Kliniken mit entsprechender medizinischer Überwachung isoliert. Später wurde bei leichten Verläufen sowie zur Quarantäne auch eine häusliche Isolierung durchgeführt. Zur Absonderung von Transitreisenden wurde ein Vertrag mit einem Frankfurter Hotel geschlossen, das sich bereit erklärte, Ansteckungsverdächtige und Erkrankte aufzunehmen.

Diese Maßnahmen waren sehr effizient, aber für das Amt für Gesundheit zeit- und personalintensiv. Die Kollegen in den Kliniken konnten über die häufigen Veränderungen bei der Vorgehensweise nur schwer auf dem Laufenden gehalten werden.

Seuchenhygienische Maßnahmen am Flughafen Frankfurt

Die internationalen Flughäfen waren in der Frühphase der Pandemie als potenzielle Eintrittspforten für Erkrankte von besonderer Bedeutung und standen im Zentrum des öffentlichen Interesses. Dank eines bestehenden, gemeinsam erarbeiteten detaillierten Krisenplans konnte rasch gehandelt werden. Bereits am 25.4.2009, einen Tag nach der Meldung erster gesicherter Fälle von Neuer Influenza A/H1N1 aus Mexiko und den USA, trat der Krisenstab des Flughafens, bestehend aus Vertretern des Flughafenbetreibers Fraport, der Bundespolizei, der Fluggesellschaften, des Zolls und des Amtes für Gesundheit, zusammen. In Abstimmung mit dem HMAFG wurde am 28.4.2009 ein Entry-Screening für alle Passagiere aus Mexiko eingeführt: Nach einer kurzen Ansprache an die Passagiere auf Deutsch und Englisch gingen zwei Ärzte durch die Reihen des auf Sonderposition geparkten Flugzeugs und überprüften den Gesundheitszustand aller Reisenden. Bei entsprechendem Verdacht erfolgte eine Temperaturmessung mittels Ohrthermometer. Nach weiterer Abklärung in der Flughafenklinik wurden die Verdachtsfälle obligat auf der Infektionsstation des Universitätsklinikums Frankfurt am Main isoliert. Als Alternative zum visuellen Screening wurden mobile und stationäre Infrarotkameras getestet, die sich jedoch erneut als unbrauchbar erwiesen.

Ein dreisprachiges Poster mit Hinweisen zu den Krankheitssymptomen und den Hygienemaßnahmen zur Neuen Influenza A/H1N1 (deutsch, englisch, spanisch) wurde am 29.4.2009 an 50 markanten Orten auf dem Flughafengelände aufgestellt, um Ein- und Ausreisende in gleicher Weise auf die Erkrankung aufmerksam zu machen. Ein inhaltsgleiches Merkblatt in Din-A4-Format in Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch erhielten alle Passagiere aus Endemiegebieten nach Verlassen des Flugzeugs. Symptome der Neuen Influenza wurden darin ebenso aufgeführt wie Verhaltensmaßnahmen zum Schutz vor Weiterverbreitung, eine Nachricht an den behandelnden Arzt sowie Kontaktdaten des Amtes für Gesundheit. Zudem wurde auf die Flughafenklinik als medizinische Einrichtung auf dem Flughafengelände hingewiesen. Beides wurde dem Flughafenbetreiber Fraport zur Verfügung gestellt. Das anfängliche Verteilen von Aussteigerkarten an alle Mitpassagiere im Falle eines krankheitsverdächtigen Reisenden wurde in der Folge aufgegeben. Die von den Passagieren angegebenen Kontaktdaten waren häufig unvollständig und eine Kontaktaufnahme nicht oder zu spät möglich, um eine Ausbreitung zu verhindern. Abgesehen von Selbstmeldern, die sich in der Flughafenklinik vorstellten, konnten durch die Maßnahmen keine Erkrankten identifiziert und isoliert werden. Auch die Begleitung von Flugzeugen aus Mexiko bis zum 13.5.2009 durch Ärzte der Deutschen Lufthansa führte nicht zu einer Identifizierung von Erkrankten.

Die geringe Effektivität des Screenings und die nach den Erfahrungen in den USA veränderte Einschätzung der Bedrohung durch die Pandemie führten am 11. Mai 2009, in Abstimmung mit dem HMAFG, zur Aufgabe der regelhaften Begehungen von Flugzeugen aus Mexiko. Weitere Flugzeugbegehungen durch Ärzte des AfG und der Flughafenklinik fanden danach nur noch bei Verdachtsmeldungen durch den Piloten statt. Eine Begehung der zirka 50 aus Nordamerika in Frankfurt am Main pro Tag landenden Flugzeuge (zirka 13.000 Passagiere) hätte den Flugverkehr in einer nicht zu rechtfertigenden Weise beeinträchtigt.

Zusammenfassend zeigen die Erfahrungen mit den Maßnahmen zur Infektionskontrolle am Frankfurter Flughafen, dass die Erwartungen der Öffentlichkeit in Bezug auf Kontrollen hoch sind. In Frankfurt am Main wurde bei der visuellen Kontrolle von zirka 8000 Passagieren aus Mexiko kein an der pandemischen Influenza Erkrankter identifiziert. Das Eingangsscreening am Flughafen Frankfurt hat sich im Einklang mit allgemeinen Empfehlungen [4] als sehr ressourcenbindend und als nicht effektiv erwiesen. Dass dies nicht für jeden Flughafen zutrifft, zeigen die Erfahrungen aus Düsseldorf [5].

Impfkampagne auf kommunaler Ebene

Durch unterschiedliche räumliche und personelle Gegebenheiten der Kommunen waren die Planungen der Impfaktion von Amt zu Amt sehr unterschiedlich. Zur Vorbereitung der Impfkampagne in Frankfurt am Main konnte auf einer Reihe von Szenarien zurückgegriffen werden, die im kommunalen Pandemieplan bereits beschrieben waren. Anfang September 2009 kristallisierte sich heraus, dass chronisch Kranke von ihren Hausärzten und prioritäre Berufsgruppen über das Gesundheitsamt geimpft werden sollen. Für niedergelassene Ärzte, Apotheker und ambulante Pflegekräfte wurde die Impfung im Amt für Gesundheit angeboten. Unter den 200 Frankfurter Ärztinnen und Ärzten im Ruhestand, die sich auf einen Aufruf der Landesärztekammer Hessen als Impfärzte zur Verfügung gestellt hatten, wurden 60 geschult. Von diesen führten 18 – unterstützt durch Medizinstudenten – in den Abendstunden und samstags die Impfungen in maximal sieben parallel arbeitenden Teams durch. Hierdurch konnten Personalkapazitäten hauseigener Mitarbeiter geschont und der reguläre Betrieb des Amtes während der Impfaktion weitestgehend uneingeschränkt aufrechterhalten werden.

In Ermangelung einer überregionalen Datenbank wurde Anfang September 2009 eine eigene, professionelle Impfdatenbank entwickelt, die rechtzeitig zu Beginn der Impfaktion (26.10.2009) zur Verfügung stand. Diese Datenbank ermöglichte es, dass auch externe Impfstellen bei den Betriebsärzten der Krankenhäuser ihre Daten unter Einhaltung des Datenschutzes unmittelbar dokumentieren konnten. Über eine telefonische Hotline wurden die Impfwilligen registriert und Termine vergeben, sodass die Impfung ohne längere Wartezeiten durchgeführt werden konnte. Die Kapazität der Datenbank war von vornherein so ausgelegt, dass auch Massenimpfungen für die gesamte Bevölkerung hätten dokumentiert werden können. Insgesamt wurden in der Zeit vom 26.10 bis zum 12.12.2009 über 10.000 Patienten (davon über 4000 im Amt für Gesundheit) geimpft. Die Zahl der Teams wurde sukzessive an die Nachfrage angepasst, sodass die Personalkosten für externe Kräfte so gering wie möglich gehalten werden konnten. Mit dieser flexiblen Regelung hätten die Kapazitäten auch einer deutlich stärkeren Nachfrage nach Impfungen standgehalten.

Die Impfdatenbank hat sich sehr bewährt. Sie ermöglicht die Registrierung einer nahezu unbegrenzten Datenmenge auf einem datengeschützten Onlineportal, auf das eine große Zahl von Zugriffsberechtigungen erteilt werden kann. Neben der gesamten Fakturierung und der Dokumentation lässt sich über die Datenbank durch Terminvergabe zukünftig auch eine kontrollierte, koordinierte und bürgerfreundliche Impfaktion von großen Bevölkerungsgruppen durchführen.

Dennoch war die Impfkampagne gegen die Neue Influenza A/H1N1 insgesamt nicht erfolgreich. Dies lag daran, dass der Impfstoff trotz der raschen Entwicklung und Produktion erst zur Verfügung stand, als die Pandemiewelle schon begonnen hatte. Außerdem wurden die Bevölkerung und auch die Ärzteschaft durch Fehlinformationen selbst ernannter „Experten“ bei einer zu spät einsetzenden öffentlichen Aufklärungsaktion verunsichert.

Auf kommunaler Ebene wurde die Planung der Impfaktion dadurch erschwert, dass Verschiebungen beim Lieferbeginn und Unwägbarkeiten hinsichtlich der zur Verfügung stehenden wöchentlichen Impfstoffmenge bestanden. Die Konfektionierung in 10er-Dosen muss an anderer Stelle diskutiert werden.

Fazit

Zusammenfassend waren einschneidende, das öffentliche Leben beeinträchtigende seuchenhygienische Maßnahmen bei der Neuen Influenza A/H1N1 aufgrund des weitgehend milden Verlaufs der Pandemie und ausreichender Kapazitäten der medizinischen und allgemeinen Versorgung nicht notwendig.

Um lokalen Besonderheiten und einem zeitlich unterschiedlichen Pandemieverlauf auf lokaler Ebene gerecht werden zu können, wäre es wünschenswert, wenn Empfehlungen beziehungsweise Anordnungen seuchenhygienischer Maßnahmen des Bundes und der Länder nicht zeitlich vorgegeben, sondern den Bedingungen und Situationen angepasst werden. So können die Gesundheitsämter mit Berufung auf ex ante festgelegte Regelungen flexibel und adäquat auf lokal unterschiedliche Situationen reagieren. Dies gilt insbesondere für seuchenhygienische Maßnahmen, die einschneidende Auswirkungen auf die persönlichen Freiheiten und Mobilität der Bürger und auf das öffentliche Leben haben.

Andererseits ist eine rasche Abstimmung unter den Ländern, verknüpft mit einer entsprechenden Durchführungsdisziplin bei den einzelnen Verantwortlichen in den Ländern und Kommunen, notwendig. Beispielsweise ist ein koordiniertes Vorgehen der Kommunen unter konsequenter Beachtung der allgemeinen Empfehlungen bei der Schließung von Kindergemeinschaftseinrichtungen oder bei Maßnahmen an den internationalen deutschen Flughäfen entscheidend für die Glaubwürdigkeit und damit auch den Erfolg staatlicher Maßnahmen. Wichtig erscheint in diesem Kontext insbesondere eine rasche Anpassung der Kontrollmaßnahmen, wenn sich diese als ineffizient erweisen.

Isolations- und Quarantänemaßnahmen während der Containment-Phase sind aufgrund des Personalaufwandes zahlenmäßig und zeitlich nur begrenzt durchführbar. Klare Kommunikationswege mit den Verantwortlichen der Kliniken im Vorfeld sind wichtig für eine gute Kooperation mit den Mitarbeitern der Ambulanzen und Notaufnahmen. Veränderungen bei der Vorgehensweise im Umgang mit Erkrankten, Krankheitsverdächtigen und Kontaktpersonen müssen unverzüglich allen Beteiligten, am besten durch einen eingeschränkten Zugang zum Logbuch des Krisenstabes, zugänglich gemacht werden. Häusliche Isolierung und Quarantäne lassen sich nur bei Einsicht der Betroffenen realisieren. Für Reisende müssen vorab Unterkunftsmöglichkeiten – zum Beispiel in Hotels oder vergleichbaren Einrichtungen – vereinbart werden. Für die Umsetzung von Regelungen für Gemeinschaftseinrichtungen ist eine gute Kommunikation des Gesundheitsamtes mit den Trägern ausgesprochen hilfreich.

Für zukünftige Impfkampagnen empfiehlt sich eine einheitliche Online-Datenbank, mit der die Impfung an verschiedenen Orten dokumentiert und später ausgewertet werden kann. Diese Datenbank sollte über die Daten des Einwohnermeldeamtes wie bei Wahlen terminierte Benachrichtigungskarten erstellen können. Die Impfstoffkonfektionierung und Impfstoffverteilung sollten auf die Planung der Impfkampagne abgestimmt werden. Im Vorfeld ist eine professionell angelegte Aufklärungsaktion der Bevölkerung und Ärzteschaft unabdingbar.