Hintergrund

Die variante Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK) wurde erstmals 1995 im Vereinigten Königreich beobachtet und im Jahr 1996 als neue Form einer transmissiblen spongiformen Enzephalopathie (TSE) bei Menschen beschrieben [1, 2]. Es handelt sich dabei um eine neurodegenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems, die bisher nicht kausal behandelt werden kann und stets tödlich verläuft.

Ursächlich für vCJK ist ein unkonventionelles übertragbares Agens, das der Erregerklasse der Prionen zugerechnet wird. Daher werden transmissible spongiforme Enzephalopathien häufig auch als Prionkrankheiten bezeichnet. Nach dem aktuellen Stand der Forschung sind Prionen infektiöse Eiweißpartikel, die hauptsächlich – wenn nicht ausschließlich – aus einer fehlgefalteten und pathologisch aggregierten Isoform des wirtseigenen Prionproteins (PrP) bestehen [3]. Das zelluläre Prionprotein wird als PrPC und seine krankheitsassoziierte Isoform als PrPSc [3] oder PrPTSE [4] bezeichnet. Die Replikation von Prionen erfolgt mutmaßlich durch „keiminduzierte Polymerisation“ des Prionproteins (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Postulierter Mechanismus der Prion-Replikation durch keiminduzierte Polymerisation des Prionproteins. Das Prionprotein (PrP) kann verschiedene Raumstrukturen einnehmen. Normales Prionprotein (PrPC) hat einen relativ großen Anteile an α-Helix-Struktur, steht aber in einem Konversionsgleichgewicht mit PrP-Konformationen, die stark erhöhte Anteile von β-Faltblättern aufweisen [61]. β-Faltblattreiche PrP-Monomere können sich potenziell zu größeren intermolekularen β-Faltblattstrukturen zusammenlagern (primäre Nukleation). Entstehen solche PrP-Aggregate spontan (wie zum Beispiel mutmaßlich bei sporadischen Formen menschlicher TSE) oder erblich bedingt (etwa infolge von Mutationen im humanen Prionprotein-Gen) beziehungsweise werden sie von außen in den Körper eingebracht (Infektion), wirken sie wie Keime für die weitere, nunmehr relativ schnell ablaufende Anlagerung von β-faltblattreichen PrP-Monomeren (Elongation). Bei Erreichen einer kritischen Größe fragmentieren die „gewachsenen“ PrP-Aggregate und bilden neue Tochterkeime (sekundäre Nukleation). Die Strukturen von PrPC und fehlgefaltetem PrP wurden reproduziert aus: [61]

Weltweit wurden bisher insgesamt 219 vCJK-Fälle aus sieben europäischen und vier außereuropäischen Ländern gemeldet, davon 172 aus dem Vereinigten Königreich und 25 aus Frankreich [5]. Für die Mehrzahl dieser Fälle und die initiale Entstehung der vCJK sind nach Maßgabe des heutigen Kenntnisstandes zoonotische Infektionen mit Erregern der bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE) aus dem Rind verantwortlich [1, 2, 6, 7]. Nach Abschätzungen sind allein im Vereinigten Königreich, das zuerst – und mit über 180.000 klinisch erkrankten [8] beziehungsweise zirka 900.000 infizierten Tieren [9] auch am weitaus stärksten – von der BSE-Epidemie betroffen war, mehr als 700.000 infizierte Rinder in die menschliche Nahrungskette gelangt [9]. Als Vehikel für die Erregerübertragung auf Menschen kommen unter anderem Risikomaterialen wie Hirn und Rückenmark sowie Separatorenfleisch aus der Verarbeitung von Wirbelsäulen in Betracht.

Gegen die BSE und ihre Übertragung auf den Menschen sind umfangreiche Vorsorge- und Schutzmaßnahmen ergriffen worden [7, 10]. Dies hat zu einem starken Rückgang der BSE-Fallzahlen geführt, und das von BSE ausgehende Infektionsrisiko für Menschen erscheint nach Unterbrechung der Infektionsketten zwischen Rindern beziehungsweise vom Rind auf Menschen inzwischen als sehr gering. Ungeachtet dessen ist es gegenwärtig weiterhin nicht möglich, sicher vorherzusagen, wie viele bereits mit BSE infizierte Menschen noch an vCJK erkranken werden.

Unsicherheit besteht, nicht zuletzt wegen der unbekannten Zahl asymptomatischer Träger, auch im Hinblick auf das mögliche Risiko sekundärer Übertragungen der vCJK zwischen Menschen – etwa über Blut und Blutprodukte, Organe und Gewebe oder über kontaminierte chirurgische Instrumente und Medizinprodukte. Bisher wurden aus dem Vereinigten Königreich vier Fälle einer wahrscheinlichen vCJK-Übertragung durch Blut in Transfusionsempfänger [11, 12, 13, 14] und ein Fall einer mutmaßlichen Infektion durch ein Plasmapräparat berichtet [15, 16].

Obwohl die vCJK bisher nur in relativ geringen Fallzahlen aufgetreten ist, stellt sie aufgrund spezifischer Besonderheiten und Risikomerkmale komplexe Herausforderungen an das Gesundheits- und insbesondere Blutspendewesen. Vor diesem Hintergrund beleuchtet der folgende Beitrag die epidemiologische Situation bei der vCJK sowie deren Überwachung, Gefährdungsabschätzung und Risikomanagement.

Surveillance menschlicher Prionkrankheiten

Nach dem Auftreten der BSE unterliegen im Vereinigten Königreich seit 1990 auch die menschlichen Prionkrankheiten einer systematischen epidemiologischen Überwachung, um eventuelle Veränderungen ihres Vorkommens und ihrer Erscheinungsformen möglichst frühzeitig erkennen zu können [1]. 1993 wurde ein internationales CJK-Überwachungsprogramm („EUROCJD“, teilnehmende Länder: Australien, Deutschland, Italien, Kanada, Frankreich, Niederlande, Österreich, Schweiz, Slowakei, Spanien, Vereinigtes Königreich) initiiert, das 1998 auf weitere Länder (Belgien, Dänemark, Finnland, Griechenland, Island, Israel, Irland, Norwegen und Portugal) ausgedehnt wurde („NEUROCJD“) (http://www.eurocjd.ed.ac.uk). EUROCJD and NEUROCJD werden ebenso wie die CJK-Überwachung im Vereinigten Königreich von der National CJD Surveillance Unit in Edinburgh koordiniert. Auch in anderen Ländern, wie etwa den USA und Japan, erfolgt in unterschiedlicher Form seit Längerem eine systematische Überwachung humaner TSE.

In Deutschland sind der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an humaner spongiformer Enzephalopathie (außer familiär-hereditärer Formen) nach dem Infektionsschutzgesetzt (IfSG) dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden. Das Robert Koch-Institut (RKI) überwacht auf Grundlage der übermittelten Meldungen aus den Gesundheitsämtern die Erkrankungssituation. Daneben erfolgt durch das Nationale Referenzzentrum (NRZ) für die Surveillance Transmissibler Spongiformer Enzephalopathien an der Neurologischen Klinik der Universitätsmedizin Göttingen und am Zentrum für Neuropathologie und Prionforschung der Ludwig-Maximilians-Universität München eine aktive Fallerfassung. Die CJD Surveillance Unit Göttingen untersucht Verdachtsfälle der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) und anderer humaner Prionkrankheiten im Hinblick auf klinische und laborchemische Parameter der betreffenden Patienten. Sie kontaktiert bundesweit regelmäßig neurologische und psychiatrische Kliniken mit der Bitte um die Meldung von TSE-Verdachtsfällen. Anhand der erhobenen klinisch-laborchemischen Befunde (und gegebenenfalls unter Einbeziehung bildgebender Verfahren) wird schließlich beurteilt, ob es sich bei einem Verdachtsfall um eine mögliche oder wahrscheinliche Prionkrankheit oder um eine andere (das heißt nicht TSE-assoziierte) Erkrankung handelt. Am Zentrum für Neuropathologie und Prionforschung in München werden die Verdachtsfälle in einer Datenbank erfasst und, soweit anhand verfügbarer bioptischer oder autoptischer Gewebeproben möglich, neuropathologisch untersucht. Ergänzend dazu erfolgen gegebenenfalls der biochemische Nachweis des pathologischen Prionproteins PrPTSE und Untersuchungen zur Genetik des Prionproteins. Auf Grundlage der resultierenden labordiagnostischen Befunde erfolgt dann gegebenenfalls die Bestätigung eines Verdachtsfalls als definitive TSE. Identifizierte Verdachts- oder bestätigte Fälle (Falldefinition siehe: [17]) werden zum Teil einer weitergehenden Fein- beziehungsweise Subtypisierung unterzogen, um unter anderem untypische Krankheitsbilder abzuklären oder das eventuelle Auftreten neuer Formen menschlicher Prionkrankheiten zu erkennen.

Epidemiologische Situation bei vCJK

Die vCJK wurde erstmals 1995 im Vereinigten Königreich diagnostiziert. Sie unterscheidet sich mit ihrer distinkten Ätiologie, Pathophysiologie und Symptomatik klar von der klassischen CJK und stellt eine neuartige, eigenständige Erkrankung innerhalb des Formenkreises der TSE dar [1, 2, 6, 7]. Die Krankheit betrifft vorwiegend jüngere Menschen und führt in der Regel innerhalb von zwei Jahren nach Ausbruch zum Tode. Der Median des Alters bei Erkrankung liegt bei 26 Jahren, derjenige des Sterbealters bei 28 Jahren. Der jüngste Patient war bei Krankheitsbeginn zwölf Jahre alt, der älteste 74 Jahre (die entsprechenden Sterbealter betrugen 14 beziehungsweise 75 Jahre [18, 19]. Die Ursache für das gehäufte Vorkommen der vCJK in relativ jungen Patienten ist unbekannt, doch der anhaltend relativ konstante Median des Erkrankungsalters sowie mathematische Modellabschätzungen weisen auf eine altersabhängige BSE-Exposition oder -Suszeptibilität vor allem von Teenagern oder jungen Erwachsenen hin.

Vorkommen der vCJK im Vereinigten Königreich und anderen Ländern

Weltweit wurden bisher insgesamt 219 Fälle, in denen Menschen an vCJK erkrankt oder verstorben sind, gemeldet: neben 172 Fällen aus dem Vereinigten Königreich, 25 weitere Fälle aus Frankreich, fünf aus Spanien, vier aus Irland, je drei aus den USA und den Niederlanden, je zwei aus Portugal und Italien sowie je ein Fall aus Kanada, Saudi-Arabien und Japan [5]. Aus Deutschland ist bisher kein vCJK-Fall bekannt. Bei je zwei Fällen aus Irland und den USA sowie bei den beiden Fällen aus Kanada und Japan wird eine BSE-Exposition der betroffenen Patienten im Vereinigten Königreich in den 1980er- oder frühen 1990er-Jahren angenommen. Der dritte Patient aus den USA soll sich als Kind in Saudi-Arabien infiziert haben [20].

Im Vereinigten Königreich wurde eine weiträumige Verteilung der vCJK-Fälle beobachtet mit einem statistisch signifikant höheren Vorkommen im Norden als im Süden des Landes. Bis auf einen Cluster von fünf Fällen in Leicestershire konnte jedoch kein geografischer Zusammenhang zwischen weiteren vCJK-Fällen gefunden werden [18].

In Abb. 2 ist die Anzahl der jährlichen Todesfälle aufgrund varianter CJK im Vereinigten Königreich seit 1995 wiedergegeben. Die Anzahl der Todesfälle pro Jahr erreichte im Jahr 2000 ihren höchsten Wert mit 28 Fällen und hat danach tendenziell kontinuierlich abgenommen. In den Jahren 2008 und 2009 wurden noch ein Todesfall beziehungsweise drei Todesfälle aufgrund von vCJD beobachtet [21].

Abb. 2
figure 2

Todesfälle aufgrund bestätigter oder wahrscheinlicher vCJK im Vereinigten Königreich. Quelle: National CJD Surveillance Unit (Stand: Februar 2010 [21])

Polymorphismus am Kodon 129 des Prionproteingens (PRNP)

Die CJD Surveillance Unit in Edinburgh weist in ihrem Bericht 2008 allerdings darauf hin, dass es zukünftig möglicherweise wieder zu einem Anstieg der Fallzahlen kommen kann, etwa bei Personen mit anderen PrP-Genotypen [18]. Bis zum Dezember 2009 wiesen alle an vCJK erkrankten Patienten, von denen genetische Daten verfügbar waren, einen bestimmten Polymorphismus am Kodon 129 des Prionproteingens (PRNP) auf, nämlich den Genotyp Methionin/Methionin (M/M). Dieser Genotyp kommt bei 39% der Normalbevölkerung des Vereinigten Königreiches vor, während 50% der Bevölkerung am PRNP-Kodon 129 den Genotyp Methionin/Valin (M/V) und 11% den Genotyp Valin/Valin (V/V) tragen. Mutmaßlich beeinflusst der Polymorphismus am PRNP-Kodon 129 die Suszeptibilität für vCJK-Infektionen und/oder die Inkubationszeit bis zur klinischen Manifestation der Krankheit [2, 22]. Kürzlich wurde nun erstmals ein Fall von klinisch manifester vCJK bei einem Patienten mit M/V-heterozygotem PRNP-Kodon 129 berichtet [23]. Die Frage, ob und gegebenenfalls wie viele Fälle von vCJK zukünftig bei Menschen mit diesem oder einem V/V-homozygoten Genotyp am PRNP-Kodon 129 auftreten, ist gegenwärtig ebenso wenig sicher zu beantworten wie die Frage, ob beziehungsweise wie konsistent diese dem klinisch-pathologischen Bild der bisherigen Fälle entsprechen würden. Dass vCJK-Infektionen auch bei Menschen mit der genetischen Konstellation V/V am PRNP-Kodon 129 vorkommen können, legt ein Survey zur Prävalenz asymptomatischer vCJK-Träger aus dem Jahr 2004 nahe: Bei der Untersuchung von 11.109 archivierten Appendixproben wurde in Präparaten aus drei klinisch unauffälligen Spendern eine abnormale Akkumulation von Prionprotein in lymphoiden Follikeln gefunden [24]. Zwei dieser Spender waren homozygot für Valin am PRNP-Kodon 129, was als Hinweis für eine vCJK-Suszeptibilität auch dieses Genotyps gewertet wurde [25].

Sekundäre vCJK-Infektionen

Zusätzliche Unsicherheit über die zukünftige epidemiologische Entwicklung resultiert nicht nur aus der Ungewissheit über die Anzahl an prä- beziehungsweise subklinischen vCJK-Infektionen, sondern auch aus der Möglichkeit einer sekundären Erregerübertragung zwischen Menschen. Bisher wurden aus dem Vereinigten Königreich vier Fälle einer sekundären Infektion durch Blut und ein mutmaßlicher Fall einer sekundären Übertragung durch ein Plasmaprodukt berichtet. Drei der betroffenen Transfusionsempfänger sind an vCJK erkrankt [12, 13, 14], in den beiden anderen Fällen sind der Empfänger der Transfusion [11] beziehungsweise des Plasmaproduktes (eines Faktor VIII-Konzentrates) [15, 16] ohne vCJK-Symptome an einer anderen Ursache verstorben.

Risikoparameter für die vCJK-Übertragung von Mensch zu Mensch

Wichtige Risikoparameter für eine Übertragung von vCJK zwischen Menschen sind die Infektionskraft und Dosis des Erregers, die Inkubationszeit und das Zeitfenster, in dem asymptomatische Träger die Infektion weitergeben können, die möglichen Arten und Wege einer Erregerübertragung sowie die Prävalenz prä- beziehungsweise subklinisch infizierter Träger.

Das vCJK-Agens

BSE beim Rind und vCJK beim Menschen werden vom gleichen, zuvor nicht beobachteten TSE-Erregerstamm, dem BSE-/vCJK-Agens verursacht [6, 7]. Dieses Agens hat allein in der Rinderpopulation des Vereinigten Königreiches eine BSE-Epidemie mit insgesamt mehr als 180.000 Fällen klinisch erkrankter Tiere ausgelöst, und das, obwohl es vermutlich vorwiegend über eine sehr ineffiziente Infektionsroute, nämlich peroral weitergegeben wurde. Das Ausbreitungspotenzial dieses neuen Prionstammes wird durch seinen Übergang vom Rind auf den Menschen unterstrichen, bei dem das Agens eine prinzipiell schützende Speziesbarriere (die bei sekundären Transmissionen nicht mehr zum Tragen kommt) offenbar ebenfalls per os überwinden konnte. Demgemäß ist die Übertragung von vCJK-Erregern zwischen Menschen ersichtlich mit einem Infektionsrisiko für den Empfänger verbunden [6].

Erregerverteilung im Körper

In Patienten mit klinisch manifester vCJK finden sich die höchsten Infektiositätstiter beziehungsweise Konzentrationen an PrPTSE, dem biochemischen Marker für das infektiöse Agens, im Hirn, Rückenmark und Auge. Weniger konsistent und in geringeren Mengen weisen Tonsillen- und Milzgewebe sowie anderen Komponenten des lymphatischen Systems (Lymphknoten, Thymus, darmassoziiertes lymphatisches Gewebe) Infektiosität und PrPTSE auf [4]. Daneben konnte PrPTSE auch in Teilen des peripheren Nervensystems, in Nebennieren und im Rektum nachgewiesen werden [26] sowie in der Skelettmuskulatur [4] und in weiteren Organen beziehungsweise Geweben (Leber, Pankreas, Niere, Uterus und Haut) [27]. Auch Blut kann, wie schon ausgeführt, kritische Dosen an vCJK-Erregern enthalten und die Krankheit übertragen.

Inkubationszeit und Ansteckungsfähigkeit

In welchem Zeitfenster können Erreger von infizierten Trägern weitergegeben werden? Eine abschließende Antwort auf diese Frage kann noch nicht gegeben werden, da unter anderem die mittlere Inkubationszeit von vCJK unbekannt ist. Grundsätzlich hängt die Inkubationszeit bei Prioninfektionen von verschiedenen Faktoren wie dem Erregerstamm, der Wirtsart, dem Weg der Erregeraufnahme, dem PrP-Genotyp und der Erregerdosis ab. In Analogie zur kürzesten beobachteten Inkubationszeit bei iatrogener CJD nach peripherer Infektion wird für primäre BSE-Infektionen von Menschen eine Inkubationszeit von mindestens 4,5 Jahren angenommen [2]. Mutmaßlich dürfte die Inkubationszeit aber länger sein, da primäre vCJK-Infektionen anders als die iatrogene CJK über eine Speziesgrenze hinweg erfolgen. Mathematische Modellabschätzungen kamen unter bestimmten, notwendigerweise zum Teil ungesicherten Annahmen, zu dem Schluss, dass die mittlere Inkubationszeit bei Trägern mit dem Genotyp M/M am PRNP-Kodon 129 bei primären vCJK-Infektionen zirka 15 Jahre beträgt [28, 29]. In drei Fällen einer sekundären Übertragung durch Transfusion nicht-leukodepletierter Erythrozyten lagen die Inkubationszeiten, das heißt die Zeiträume zwischen der Transfusion und dem Auftreten von vCJK-Symptomen, bei den erkrankten Transfusionsempfängern, die alle M/M homozygot am PRNP-Kodon 129 waren, bei sechs bis 8,5 Jahren [12, 13, 14]. Wie bereits oben ausgeführt, geht dieser Genotyp – verglichen mit dem M/V- beziehungsweise V/V-Genotyp – offenbar mit einer höheren Suszeptibilität und/oder kürzeren Inkubationszeit für vCJK-Infektionen einher.

Verschiedene Befunde zeigen, dass eine Erregerweitergabe durch infizierte Träger grundsätzlich offenbar bereits Monate bis Jahre vor dem Auftreten von Symptomen möglich ist. So konnte in archivierten Appendixproben, die acht beziehungsweise 24 Monate vor dem Auftreten einer klinisch manifesten vCJK aus zwei Patienten entnommen wurden, PrPTSE nachgewiesen werden [30, 31]. Außerdem wurde vCJK in vier Fällen offenbar durch Blut und in einem weiteren Fall möglicherweise durch Plasma übertragen, das 17 Monate bis 3,5 Jahre (Blut) [11, 12, 13, 14] beziehungsweise sechs Monate (Plasma) vor der Erkrankung der Spender gesammelt worden war [15].

Routen der Erregerweitergabe

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass vCJK bei üblichen sozialen oder pflegerischen Kontakten oder über die Luft übertragen werden kann. Vielmehr muss der Erreger iatrogen oder akzidentiell in den Empfänger eingebracht werden. Ob sich im Empfänger anschließend tatsächlich eine Infektion etabliert und nach welcher Zeit diese zur Entwicklung einer klinischen vCJK führt, hängt unter anderem außer von der übertragenen Erregermenge auch von der Expositionsroute ab. Der effizienteste Übertragungsweg für Prionen ist die intrazerebrale Inokulation. Nach Befunden aus Tiermodellen ist die intravenöse, intraperitoneale, subkutane oder perorale Erregereinbringung im Vergleich dazu zirka 101-, 102-, 104- bzw. 105-fach weniger effektiv [6, 7].

Prävalenz sub- oder präklinischer vCJK-Infektionen

Um die Prävalenz klinisch unauffälliger vCJK-infizierter Träger im Vereinigten Königreich als weiteren Risikoparameter genauer abschätzen zu können, wurden in einem umfangreichen anonymisierten Survey 11.109 Appendixproben aus routinemäßig durchgeführten Appendektomien auf pathologische Ablagerungen des Prionproteins untersucht [24, 32]. Diesem Vorgehen liegt die Erfahrung zugrunde, dass bei allen untersuchten Fällen einer klinisch manifesten vCJK eine ausgeprägte abnormale PrP-Akkumulation in lymphoretikulärem Gewebe vorlag. Bei der Untersuchung der Appendixproben, die im Zeitraum von 1995 bis 2000 gesammelt worden waren, fand sich für drei Spender aus der Geburtskohorte 1961–1985 eine abnormale Ablagerung von Prionprotein. Falls die nachgewiesene abnormale PrP-Akkumulation in diesen Fällen ein zuverlässiger Indikator für das Vorliegen einer prä- oder subklinischen vCJK-Infektion ist, hätte die vCJK-Prävalenz in der Bevölkerung des Vereinigten Königreichs nach Berechnungen der Studienautoren zwischen 1995 und 2000 bei 237 Infektionen pro 1 Million Einwohner (95%-Konfidenzintervall: 49–692 pro 1 Million) gelegen. Schätzt man aus den Studienergebnissen die Häufigkeit prä-/subklinischer vCJK-Infektionen in der Altersgruppe der 10- bis 30-Jährigen (die zirka 83% der Stichprobe ausmachten) ab, wäre zu erwarten, dass in dieser Gruppe 3808 Personen (95%-Konfidenzintervall: 785–11.128) vCJK inkubierten. Eine weitere Untersuchung von bisher 63.007 Tonsillenproben (aus elektiven, in England und Schottland während des Zeitraums von Januar 2004 bis September 2008 durchgeführten Tonsillektomien) ergab jedoch keine bestätigten positiven Befunde [33]. Bei der Interpretation dieser Studienergebnisse muss berücksichtigt werden, dass die Wahrscheinlichkeit beziehungsweise der Zeitpunkt des Befalls von Appendix- beziehungsweise Tonsillengewebe im sub- oder präklinischen Stadium einer vCJK-Infektion für unterschiedliche Infektionsrouten und PRNP-Kodon-129-Polymorphismen, wie auch die Sensitivität der verwendeten Tests für den Nachweis solcher asymptomatischer Infektionen unklar sind. Bemerkenswerterweise fanden sich bei allen bisher berichteten Fällen prä- oder subklinischer vCJK-Infektionen abnormale PrP-Ablagerungen im Appendix oder in der Milz (Tab. 1), nicht jedoch durchgehend in der Tonsille. Im Februar 2008 hat das Spongiform Encephalopathy Advisory Committee (SEAC) eine Stellungnahme zu den augenscheinlich kontrastierenden (wenn auch innerhalb der Konfidenzintervalle formal noch konsistenten) Ergebnissen der Appendix- beziehungsweise Tonsillenstudie abgegeben. Demnach sieht das SEAC die Ergebnisse der Appendixuntersuchung von Hilton et al. [24] als gegenwärtig robustesten Indikator für die vCJK-Prävalenz an [32, 34].

Tab. 1 Weltweit berichtete vCJK-Fälle und fallassoziierte Genotypen am PRNP-Kodon 129

Modellbasierte Risikoabschätzungen

In den vergangenen Jahren wurden mehrere Modellabschätzungen zum Risiko sekundärer Übertragungen von vCJK durch Blut und Blutprodukte oder Operationen publiziert. Dabei gelangten Clarke et al. [35] zu der Schlussfolgerung, dass ein epidemisches Auftreten von vCJK infolge der Krankheitsübertragung durch Blut zwar möglich, aber nach Maßgabe verschiedener Annahmen unwahrscheinlich sei. Dietz et al. [36] schlossen auf Grundlage ihrer Modellbetrachtung, dass eine Infektionskrankheit wie vCJK, die alimentär in die Bevölkerung eingetragen wurde, allein durch Bluttransfusionen nicht endemisch werden könnte. Mit Blick auf chirurgische Instrumente stellten die Häufigkeit der Wiederverwendung, die Infektiosität anhaftender Kontaminationen sowie die Wirksamkeit der Reinigung noch erhebliche Unsicherheitsfaktoren für eine detailliertere Risikomodellierung dar [37].

Maßnahmen zur Vermeidung der vCJK-Übertragung von Mensch zu Mensch

Aufgrund der relativ frühen und weiträumigen Verteilung des vCJK-Erregers im Körper klinisch unauffälliger Träger besteht ein potenzielles Risiko, dieses infektiöse Agens bei ärztlichen Maßnahmen durch Blut- und Blutprodukte, Transplantate, Arzneimittel oder andere Materialien menschlichen Ursprungs sowie durch chirurgische (oder zahnärztliche) Instrumente und Medizinprodukte zu übertragen. Des Weiteren kann ein hypothetisches Infektionsrisiko im Rahmen beruflicher Tätigkeiten etwa in Krankenhaus und Praxis, Forschungslaboratorien, der Anatomie, Pathologie und Rechtsmedizin sowie im Bestattungswesen bestehen. Entsprechend wurden auf internationaler und nationaler Ebene zum Teil umfangreiche Empfehlungen und Richtlinien zur Prävention akzidentieller und iatrogener Übertragungen der vCJK erarbeitet [38, 39]. Es versteht sich, dass die empfohlenen Sicherheitsmaßnahmen nicht statischer Natur sind, sondern mit fortschreitenden wissenschaftlichen Erkenntnissen oder einer Veränderung von Rahmenbedingungen aktualisiert und der jeweiligen neuen Situation angepasst werden müssen. Dabei ist stets sorgfältig zu prüfen, inwieweit Schutzmaßnahmen gegen vCJK zu Problemen in anderen Bereichen des Gesundheitswesens führen können und der erwartete Nutzen mögliche oder vorhersagbare nachteilige Auswirkungen und Kosten rechtfertigt. Hierzu leistet die TSE-Forschung als Grundlage für eine evidenzbasierte Entscheidungsfindung einen wichtigen Beitrag.

Im Folgenden werden Grundprinzipien und zentrale Bausteine der prophylaktischen Maßnahmen gegen iatrogene Übertragungen der vCJK durch chirurgische Instrumente und Medizinprodukte sowie in der Transplantations- und Transfusionsmedizin genauer vorgestellt. Diese Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Weitergehende Einzelheiten sind der angegebenen Literatur und zusätzlichen Informationsquellen (etwa im Internet) zu entnehmen.

Chirurgische Instrumente und Medizinprodukte

Aufgrund ihrer ungewöhnlichen Toleranz gegenüber konventionellen Inaktivierungs- und Reinigungsverfahren stellen Prionen, und somit auch vCJK-Erreger, eine besondere Herausforderung für die Aufbereitung von chirurgischen Instrumenten und Medizinprodukten dar [40, 41]. Die Präventivmaßnahmen zur diesbezüglichen Risikominimierung beruhen unter anderem auf einer Risikostratifikation von Patienten, Geweben/Organen und der Art medizinischer Intervention. Sie umfassen differenzierte Leitlinien zum Risikomanagement und konkrete, je nach Risiko abgestufte Anleitungen zur Dekontamination und Aufbereitung chirurgischer Instrumente und Medizinprodukte. Für das Vereinigte Königreich sind in diesem Zusammenhang insbesondere die „Guidance from the ACDP TSE Working Group“ (Fokus: Patienten mit erkennbarem vCJK-Risiko) [42] und die Leitlinie „Patient safety and reduction of risk of transmission of Creutzfeldt-Jakob diseases (CJD) via interventional procedures“ (Fokus: Allgemeinbevölkerung) [43] sowie der Bericht 2006 des Engineering & Science Advisory Committee „The decontamination of surgical instruments with special attention to the removal of proteins and inactivation of any contaminating human prions“ [44] zu nennen.

In Deutschland (wo bisher kein vCJK-Fall aufgetreten ist) hat die „Task Force vCJK“ im Jahr 2002 vorsorglich Empfehlungen zur Minimierung des Risikos einer Übertragung der vCJK durch chirurgische Instrumente und Medizinprodukte herausgegeben [45]. Darin wurden frühere Richtlinien zur „Desinfektion und Sterilisation von chirurgischen Instrumenten bei Verdacht auf Creutzfeldt-Jakob-Erkrankungen“ [46] und zur „Krankenversorgung und Instrumentensterilisation bei CJK-Patienten und CJK-Verdachtsfällen“ [47] dahingehend verschärft, dass Instrumente und Medizinprodukte, die an Patienten mit einem erkennbaren Risiko für vCJK (klinischer Verdacht auf wahrscheinliche beziehungsweise mögliche vCJK) angewandt wurden, soweit praktikabel grundsätzlich sicher zu entsorgen sind. Bei unklarer neurologischer Diagnose sollen Instrumente und Medizinprodukte zunächst sicher in Quarantäne genommen werden. Sofern eine Entsorgung in technischer und/oder ökonomischer Hinsicht, wie etwa bei flexiblen Endoskopen, ein besonderes Problem darstellt, wurde vorgeschlagen, für spezielle Eingriffe an vCJK-Patienten an geeigneten Zentren Gerätepools zu schaffen. Als zentrale Anlaufstation wurde in diesem Zusammenhang der bereits existierende Gerätepool am Institut für Neuropathologie der Universitätsmedizin Göttingen benannt.

Mit Blick auf das Problem möglicherweise unerkannter vCJK-Infektionen wurde von der Task Force vCJK angestrebt, ein generell anwendbares Dekontaminationsprocedere zu empfehlen, das dem theoretischen Risiko einer Übertragung durch prä- oder subklinisch infizierte Träger entgegenwirkt, ohne den üblichen Ablauf der Aufbereitung von chirurgischen Instrumenten und Medizinprodukten wesentlich zu verändern. Darüber hinaus sollte das empfohlene Verfahren die potenzielle Kreuzkontamination von Instrumenten während der Reinigung berücksichtigen und auch bei thermolabilen Medizinprodukten Anwendung finden können. Nach den Empfehlungen der Task Force vCJK soll die Aufbereitung von chirurgischen Instrumenten und Medizinprodukten dementsprechend grundsätzlich gemäß der gemeinsamen Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom November 2001 erfolgen [48] und zumindest zwei auch für die Dekontamination/Inaktivierung von TSE-Erregern wenigstens partiell geeignete Verfahren kombinieren. Hierzu gehören insbesondere die Reinigung in alkalischem Milieu und eine nachfolgende Dampfsterilisation bei 134°C. Für weitere Einzelheiten wird auf den Bericht der Task Force vCJK verwiesen.

In den vergangenen Jahren wurden unterschiedliche Ansätze zur Entwicklung neuer Verfahren beziehungsweise Formulierungen für die Priondesinfektion mit verbesserter Materialverträglichkeit, gesteigerter Reinigungsleistung (zur möglichst weitgehenden Entfernung von Proteinkontaminationen) und gleichzeitiger Aktivität gegen Bakterien, Viren, Pilze und Prionen verfolgt. Letztere Studien [49, 50] belegen, dass Prionen nicht nur ein Problem, sondern auch ein exzellentes Paradigma für die Aufbereitung von chirurgischen Instrumenten und Medizinprodukten darstellen.

Transplantationsmedizin

In Deutschland sind Patienten mit bestätigter vCJK oder klinischem Verdacht auf vCJK sowie an unklaren, nicht diagnostizierbaren Erkrankungen des ZNS (einschließlich Demenz unklarer Ätiologie) oder in psychiatrischen Anstalten Verstorbene grundsätzlich von Organ- und Gewebespenden auszuschließen [39]. Im Vereinigten Königreich werden eine bestätigte vCJK oder ein starker Krankheitsverdacht („high suspicion of any TSE“) gleichermaßen als Kontraindikation für Organ- und Gewebespenden (sowie für Zellspenden) angesehen. Personen mit einer progressiven Demenz oder degenerativen neurologischen Erkrankung (einschließlich solcher unbekannter Ätiologie) werden dort ebenfalls von der Organspende ausgeschlossen [20, 51, 52]. Weitere Vorsorgemaßnahmen, die im Hinblick auf bereits etablierte iatrogene Übertragungswege für vCJK (Blut) beziehungsweise klassische CJK (etwa Dura-mater- oder Cornea-Präparate) ergriffen worden sind [39, 51, 52], wirken ebenfalls dem Risiko sekundärer Übertragungen von vCJK in der Transplantationsmedizin entgegen. So sollte beispielsweise im Vereinigten Königreich Dura mater nicht mehr transplantiert werden [51]. Dort berät unter anderem das „Advisory Committee on the Microbiological Safety of Blood and Tissues for Transplantation“ (MSBT) das Department of Health bei der Abschätzung und dem Management von Risiken der vCJK-Übertragung durch Organe, Gewebe und Blut [53]. Auf seine Empfehlung hin wurden im April 2005 auch Spenden von Hüftgelenksköpfen („femoral heads“) aus lebenden Personen ausgeschlossen, die seit 1980 im Vereinigten Königreich definitiv eine Transfusion von Blut oder Blutkomponenten (einschließlich Plasma) erhalten haben [54]. Letztere Maßnahme ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass im Rahmen von Hüftoperationen entnommene Hüftgelenksköpfe häufig als Quelle für allogene Knochentransplantate dienen. Sie enthalten Blut und Knochenmark, von dem im Falle sub- oder präklinisch infizierter Spender ein potenzielles Übertragungsrisiko ausgehen könnte. Seit Februar 2008 wird ferner Haut zur Behandlung von Patienten im Vereinigten Königreich, die nach dem Januar 1996 geboren wurden, importiert [20].

Transfusionsmedizin

Die Spenderauswahl sowie die Testung auf und die Elimination von Pathogenen sind klassische Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Krankheitsübertragungen durch Blut oder Blutprodukte. Vor dem Hintergrund, dass es bisher keine Testverfahren zur Untersuchung von Blutspendern oder Blutspenden auf vCJK-Erreger gibt, werden in Deutschland Patienten mit bestätigter vCJK oder klinischem Verdacht auf vCJK sowie Personen, die sich im Zeitraum zwischen 1980 und 1996 insgesamt länger als sechs Monate im Vereinigten Königreich aufgehalten haben, von der Blutspende ausgeschlossen. Dasselbe gilt für Personen, die dort nach dem 1. Januar 1980 operiert wurden oder eine Transfusion erhalten haben. Gleichzeitig dürfen nur leukozytendepletierte Blutkomponenten in Verkehr gebracht werden. Die Leukozytendepletion wird als eine geeignete Maßnahme zur teilweisen Entfernung von zellgebundenen Prionen angesehen, die gleichzeitig auch die Qualität und immunologische Verträglichkeit von Blutkomponenten erhöht [55, 56]. Vorsorglich sind vom Arbeitskreis Blut im Jahr 2006 außerdem Maßnahmen formuliert worden, die bei einem Auftreten von vCJK in Deutschland im Zusammenhang mit Blut, Plasma und Blutprodukten zu befolgen sind [57].

Im Vereinigten Königreich wurden entsprechend dem größeren Infektionsrisiko verschiedene, zum Teil weitergehende Schutzmaßnahmen implementiert [20, 58]:

  • Patienten mit bestätigter vCJK oder klinischem Verdacht auf vCJK sowie Personen, die seit dem 1. Januar 1980 im Vereinigten Königreich eine Transfusion von Blutkomponenten erhalten haben, werden von der Blutspende (oder Apharesespende) ausgeschlossen.

  • Seit 1997 werden alle Fälle von wahrscheinlicher oder bestätigter vCJK, die der National CJD Surveillance Unit gemeldet wurden, mit den erfassten Blutspendern abgeglichen. Falls ein vCJK-Patient Blut gespendet hat, werden davon noch ungenutzte Teile sofort aus dem Verkehr gezogen. Der Verbleib aller verwendeten Komponenten wird nachvollzogen. Noch lebende Transfusionsempfänger dieser Komponenten werden über ihren Risikostatus („At risk of vCJD for public health purposes“) informiert und sollen ihrerseits zukünftig unter anderem kein Blut spenden.

Bisher wurden 18 Blutspender identifiziert, die nach der Spende vCJK entwickelt haben. 66 Empfänger haben Transfusionen von Blutkomponenten dieser Spender erhalten. Im März 2009 lebten noch 23 dieser Empfänger (davon 21 bereits länger als fünf Jahre seit der Transfusion). Ferner haben elf später an vCJK erkrankte Personen zu 25 Plasmapools beigetragen, aus denen 191 Plasmaprodukt-Batches hergestellt wurden [20].

  • Seit Herbst 1999 werden nur noch leukozytendepletierte Blutkomponenten in Verkehr gebracht.

  • 1998 gab das Department of Health bekannt, dass Plasma zur Herstellung von Blutprodukten zukünftig aus dem Ausland importiert wird (vollständige Umsetzung seit Oktober 1999).

  • Für Patienten, die nach dem Januar 1996 geboren worden sind, wird Gefrierfrischplasma („fresh forzen plasma“) importiert. Diese Maßnahme wurde nach ihrer Einführung auf alle Patienten, die im Juli 2005 jünger als 16 Jahre alt waren, ausgedehnt.

  • Die angemessen indizierte Anwendung von Blut- und Blutprodukten sowie jeweils möglicher Alternativen wird gezielt gefördert.

Verschiedene Forschungsgruppen und Firmen arbeiten an der Entwicklung von Verfahren und Filtern, die mögliche Prionkontaminationen in Blutkomponenten selektiv abreichern beziehungsweise entfernen sollen [58]. Vor dem Einsatz dieser neuen Verfahren zur Erregereliminierung müssen sie allerdings auf ihre Wirksamkeit und Sicherheit validiert werden. Unabhängig davon legen in Deutschland alle Hersteller von Plasmaprodukten dem Paul-Ehrlich-Institut Untersuchungen und Berechnungen zum Ausmaß der Abreicherung von Prionen mit dem jeweils verwendeten Herstellungsverfahren zur Bewertung vor [59].

Bisher gibt es keinen Bluttest auf vCJK beziehungsweise keinen praxisfähigen Test zur Identifizierung sub- oder präklinisch infizierter vCJK-Träger. Allerdings befinden sich verschiedene Testtypen in der Entwicklung [58], die zum Teil bereits in unabhängigen Validierungsstudien relativ weit fortgeschritten sind [20]. Es ist vor diesem Hintergrund gut vorstellbar, dass in absehbarer Zeit Tests zur gezielten Untersuchung oder sogar zum Screening von Blutproben oder Blutspendern verfügbar sein werden. Zur Verhinderung der Übertragung von vCJK über Bluttransfusionen wäre ein geeigneter vCJK-Screeningtest für Blutspender und/oder für Blutproben von großem Wert, und zur genaueren Bestimmung der Prävalenz sub- oder präklinischer vCJK-Träger könnte er ebenfalls einen erheblichen Beitrag leisten. Auf der anderen Seite würde ein solcher Test jedoch auch komplexe ethische, rechtliche und ökonomische Fragen sowie verschiedene grundsätzliche und praktische Probleme aufwerfen [34, 60]. Im Hinblick auf diese Fragen und Probleme und die bisherige epidemiologische Situation in der Bundesrepublik erscheint der Arbeitsgruppe „Gesamtstrategie Blutversorgung angesichts vCJK“ die Einführung von vCJK-Tests in Deutschland derzeit nicht geboten [60]. Im Vereinigten Königreich, wo sich die Situation anders darstellt, wurde diesbezüglich noch keine Empfehlung abgegeben. Das Department of Health hat jedoch bereits einen Plan für die zukünftige Entscheidungsfindung zu vCJK-Screening-Tests veröffentlicht [34].

Fazit

Infolge der BSE-Epidemie haben BSE-Prionen als zuvor unbekannte Krankheitserreger die Artengrenze zum Menschen übersprungen und bisher weltweit 219 Fälle der varianten CJK verursacht sowie eine nicht bekannte Zahl asymptomatischer Träger vor allem im Vereinigten Königreich prä- oder subklinisch infiziert. Daraus ergibt sich ein theoretisches Risiko für sekundäre Übertragungen der vCJK zwischen Menschen, insbesondere über Blut und Blutpräparate, Organe und Gewebe oder über kontaminierte chirurgische Instrumente und Medizinprodukte. Vier Fälle einer wahrscheinlichen vCJK-Übertragung durch Blut in Transfusionsempfänger und ein Fall einer mutmaßlichen Infektion durch ein Plasmapräparat haben das grundsätzliche Gefährdungspotenzial durch sekundäre vCJK-Übertragungen in den vergangenen Jahren erhärtet. Andererseits ist vCJK im Vergleich zu anderen übertragbaren Krankheiten des Menschen insgesamt bisher nur in relativ geringen Fallzahlen aufgetreten. Die in diesem gesundheitspolitischen Spannungsfeld inzwischen ergriffenen Vorsorgemaßnahmen sollten nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand einer unerwünschten und unvorhersehbaren Ausbreitung der vCJK effektiv entgegenwirken. Erkenntnisfortschritte aus der Überwachung humaner Prionkrankheiten und der TSE-Forschung werden zukünftig zur weiteren Austarierung beziehungsweise Absicherung des evidenzbasierten Risikomanagements beitragen.