Die anfangs als Ersatz für die „Maskennarkose“ verwendete Larynxmaske hat sich für viele Eingriffe in Allgemeinanästhesie fest etabliert und wird zur Ventilation bei den unterschiedlichsten chirurgischen Eingriffen eingesetzt [1]. Viele neuere Studien zeigen zudem, dass die Indikationen zur Verwendung einer Larynxmaske sehr viel großzügiger gestellt werden können [2]. Allerdings werden die Einsatzgebiete der Larynxmaske in vielen anästhesiologischen Lehrbüchern noch sehr konservativ dargestellt. Für den verantwortlichen Anästhesisten stellt sich damit nicht selten die Frage, wo die Grenze zwischen der Indikation für eine Larynxmaske und einen Endotrachealtubus tatsächlich verläuft. Vor allem im Hinblick auf gutachterliche Beurteilung, ob ein ärztlicher Behandlungsfehler vorliegt oder nicht, kann dies eine wichtige Rolle spielen. Ist es also an der Zeit, neue Indikationen zu benennen und einen größeren Handlungskorridor zu definieren, in dem die Anwendung der Larynxmaske „nach Datenlage“ vorteilhafter ist? Oder ist dieser Zeitpunkt schon verpasst, wenn heute gutachterlich festgestellt wird, dass durch den primären Einsatz einer Larynxmaske die Schäden durch eine Intubation hätten vermieden werden können?

Bei aller Euphorie und Aufbruchsstimmung muss beachtet werden, dass „Larynxmaske“ nicht gleich „Larynxmaske“ ist.

„Larynxmaske“ ist nicht gleich „Larynxmaske“

Neben verschiedenen Typen, die in 1. und 2. Generation unterteilt werden können, differieren die Instrumente in Bezug auf Material, Form und Beschaffenheit von Hersteller zu Hersteller z. T. erheblich. Spontan drängt sich ein Vergleich mit der Automobilindustrie auf: Unbestreitbar existieren Unterschiede zwischen den Produkten der verschiedenen Hersteller, obwohl alle „Autos“ produzieren. Zusätzlich verfügt jeder Hersteller über eine ganze Palette von unterschiedlichen Fahrzeugtypen, sodass nicht unmittelbar ein Auto mit einem anderen direkt verglichen werden kann. Dies ist auch bei der Verwendung von Larynxmasken zu bedenken. Der Markt ist in den letzten Jahren so stark gewachsen, dass selbst „Insider“ den Überblick verlieren.

Doch bleiben wir bei der Automobilindustrie: Für jeden Fahrzeugtyp eines Herstellers werden verschiedene Tests durchgeführt, um Sicherheit und Zuverlässigkeit zu überprüfen. Dabei lassen sich die Ergebnisse nur selten auf ähnliche Produkte eines anderen Herstellers übertragen. Dies ist auch bei der Bewertung von Studien zur Anwendung von Larynxmasken zu beachten. Eine suffiziente Abdichtung der Larynxmaske von Hersteller X bei bestimmten Eingriffen lässt sich nur eingeschränkt auf das Produkt des Herstellers Y übertragen. Zudem stellt sich immer wieder die Frage, ob Studienergebnisse weiterhin zutreffen, wenn der Hersteller – natürlich in bester Absicht – das Produkt verändert und beispielsweise die „Cuff“-Form überarbeitet oder das Material wechselt. Aber auch grundsätzlich sind Empfehlungen und Studienergebnisse oftmals nicht direkt auf die eigene Situation und alle Patienten übertragbar: Häufig werden klinische Studien von Enthusiasten mit hoher klinischer und akademischer Kompetenz durchgeführt – nur selten werden Erfahrungen und Daten aus dem breiten klinischen Alltag erhoben und publiziert. Zudem können die Ergebnisse einer Larynxmaskenstudie an normgewichtigen Patientinnen im mittleren Alter nicht ohne Weiteres auf andere Patientengruppen übertragen werden. Platzierbarkeit und Effektivität bei z. B. kachektischen, zahnlosen Patienten im höheren Alter können sich mit dem gleichen Maskenmodell völlig unterschiedlich darstellen.

Die bisher weitläufig gelebte Praxis interpretiert die Larynxmaske als ein Anfängerinstrument, bei dem man nicht viel falsch machen kann. Es ist sicher richtig, dass Platzierung und Ventilation bei vielen Patienten hervorragend gelingen und die Lernkurve steil ist. Doch ist nach erfolgreicher Platzierung der geplante chirurgische Eingriff längst noch nicht durchgeführt: Eine insuffiziente Anästhesietiefe kann intraoperativ zu erheblichen Problemen mit der Ventilation führen. Neben dem sicheren Umgang mit dem jeweiligen Instrument ist ebenfalls eine klare Vorstellung über die Operation und deren Verlauf für den erfolgreichen Einsatz notwendig. Ob es also sinnvoll ist, beispielsweise das publizierte laparoskopische „gastric banding“ mit Larynxmaske [3] auf die eigenen Gegebenheiten zu übertragen, ist von verschiedenen Faktoren abhängig: Wichtigste Aspekte sind dabei eine sehr hohe klinische Expertise im Umgang mit dem jeweiligen Instrument und eine frühzeitige kritische Einschätzung vor Beginn des chirurgischen Eingriffs, ob die gewählte Larynxmaske tatsächlich der richtige Weg ist. Zusätzlich spielt die Akzeptanz der chirurgisch tätigen Kollegen eine wichtige Rolle. Wird das Verfahren abgelehnt, wird eine hohe intraoperative Misserfolgsrate die Folge sein [4].

Die verfügbaren Studienergebnisse und die Erfahrung von vielen Anästhesisten zeigen, dass der Einsatz der Larynxmaske heute anders erfolgen kann als noch vor wenigen Jahren. In einigen Fällen kann – v. a. nach entsprechender Lagekontrolle – ein Vorteil gegenüber dem Tubus angenommen werden. Dennoch muss die Auswahl der Patienten für dieses Verfahren immer sorgfältig sein. Gemäß dem Bericht des britischen 4th National Audit Project (NAP4) ist ein schlechter Versorgungsstandard ein Hauptfaktor für schwere Atemwegskomplikationen: Alle Patienten, die während der Versorgung mit einer Larynxmaske aspirierten, hatten ein vorbestehendes erhöhtes Aspirationsrisiko [5].

Die vorliegende Publikation von Timmermann et al. befasst sich mit der Generation Larynxmaske, die über einen integrierten Kanal zu Lagekontrolle und Platzierung einer Magensonde verfügt. In der Übersicht werden neben den verschiedenen Instrumenten sowohl die Möglichkeiten der Lagekontrolle als auch die aktuelle Studienlage für die „erweiterten Indikationen“ zum Einsatz der Larynxmaske 2.0 beschrieben. Nach wie vor müssen jedoch Indikationen und Kontraindikationen sorgfältig überprüft werden. Keinesfalls darf es zu einem übertriebenen, heroischen Einsatz von Larynxmasken bei Patienten kommen. Vielmehr kann nach Absolvierung der eigenen Lernkurve und hoher klinischer Expertise das bisherige Vorgehen mit extraglottischen Instrumenten kritisch geprüft und hinterfragt werden.

R. Noppens

T. Piepho