Die venoarterielle extrakorporale Membranoxygenierung (va-ECMO) stellt aufgrund der kombinierten Herz- und Lungenunterstützung ein potenziell lebensrettendes Organersatzverfahren dar, ist jedoch mit einigen Nachteilen bzw. potenziellen Risiken behaftet. Die Erweiterung auf eine veno-venoarterielle (vva-)ECMO kann jedoch bei kombiniertem Herz-Lungen-Versagen eine sinnvolle Alternative darstellen.

Falldarstellung

Anamnese

Ein 30-jähriger Patient stellte sich 10 Tage nach der Rückkehr aus einem Türkeiurlaub in einem Krankenhaus der Grundversorgung mit hochfieberhaftem Infekt, respiratorischer Partialinsuffizienz und neu aufgetretenem Delir vor. An Vorerkrankungen waren ein kurativ therapiertes Medulloblastom und eine Hypothyreose bekannt. Die durchgeführte radiologische und laborchemische Diagnostik bestätigte den hochgradigen Verdacht einer ambulant erworbenen Pneumonie („community-acquired pneumonia“, CAP). Die CAP wurde, initial kalkuliert, mit Ampicillin/Sulbactam und Clarithromycin behandelt. Zum Ausschluss einer zusätzlichen meningoenzephalen Ursache bei Delir sowie aufgrund einer weiteren respiratorischen Verschlechterung wurde der Patient am nächsten Tag in ein Krankenhaus der Maximalversorgung verlegt. Ein pathologisches intrakranielles Geschehen konnte ausgeschlossen werden. Im weiteren Verlauf wurde der Patient intubationspflichtig und entwickelte innerhalb von wenigen Stunden ein konventionell nicht mehr beherrschbares „acute respiratory distress syndrome“ (ARDS), sodass Kontakt zum nächstgelegenen ARDS-/ECMO-Zentrum aufgenommen wurde.

Befund

Bei Ankunft des ECMO-Teams war die Oxygenierung des Patienten trotz invasiver mechanischer Ventilation mit erhöhten Beatmungsdrücken mit einem paO2/FIO2-Index von 73 mmHg deutlich kompromittiert (Horowitz- bzw. P/F-Index; paO2: arterieller Sauerstoffpartialdruck; FIO2: inspiratorische Sauerstoffkonzentration; Tab. 1). Zudem bestand ein septischer Schock mit Multiorganversagen. Der Kreislauf wurde hochdosiert mit Noradrenalin und Adrenalin unterstützt. In der transösophagealen Echokardiographie (TEE) zeigte sich eine hochgradig eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion (PF) mit einer Ejektionsfraktion (EF) von ca. 10 %.

Tab. 1 Beatmungsparameter, ECMO-Einstellungen und Gasaustausch im Verlauf der Therapie

Therapie und Verlauf

Bei drohender Hypoxämie wurde die Indikation zur Anwendung eines extrakorporalen Lungenunterstützungsverfahrens gestellt. Aufgrund der reduzierten linksventrikulären PF bei septischer Kardiomyopathie wurde eine venoarterielle Kanülierung gewählt. Hierzu wurde die linke V. femoralis mit einer 23-F-Kanüle kanüliert. Die Rückgabe des oxygenierten Bluts erfolgte über die linke A. femoralis mithilfe einer 17-F-Kanüle. Zur Durchblutung der arteriell-kanülierten Extremität wurde eine 8-F-Schleuse nach distal eingelegt und an die arterielle Linie der ECMO angeschlossen (Abb. 1).

Abb. 1
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Aufrechterhaltung der Beinperfusion mithilfe einer nach distal ausgerichteten 8-F-Schleuse. (Bildnachweis: R.M. Muellenbach)

Nach Beginn der venoarteriellen extrakorporalen Membranoxygenierung (va-ECMO) kam es zur kardiozirkulatorischen Stabilisierung bei gesichertem Gasaustausch (Tab. 1). Der Blutfluss über die va-ECMO betrug initial 3,2 l/min mit einem Frischgasfluss (FGF) von 2,5 l O2/min über die Membranlunge. Die Beatmung wurde im Sinne einer „ultraprotektiven“ Beatmung mit minimalen Tidalvolumina (VT) modifiziert: positiv-endexspiratorischer Druck (PEEP) 15 mbar, Spitzendruck (PIP) 25 mbar, Tidalvolumen (VT) 3 ml/kg idealisiertes Körpergewicht, Beatmungsfrequenz (AF) 6/min, inspiratorische Sauerstofffraktion (FIO2) 1,0 [1]. Der Transport in das ARDS/ECMO-Zentrum erfolgte mithilfe eines Intensivtransportwagens.

Bei Aufnahme ins ARDS/ECMO-Zentrum wurde ein Ganzköper-Computertomogramm zur weiteren Fokussuche angefertigt. Dieses erbrachte keinen Anhaltspunkt für einen extrapulmonalen Fokus bei ausgedehnten bilateralen pulmonalen Infiltraten und Konsolidierungen, die den Verdacht auf eine CAP radiologisch bestätigten. Die antimikrobielle Therapie wurde kalkuliert auf Meropenem, Ciprofloxacin und Vancomycin umgestellt. Zudem wurde bei anurischem akutem Nierenversagen eine kontinuierliche venovenöse Hämodiafiltration begonnen. Das hämodynamische Monitoring wurde um einen pulmonalarteriellen Katheter erweitert. Die bestehende Katecholamintherapie mit Noradrenalin- und Adrenalininfusion wurde um Enoximon ergänzt. Zur Verbesserung der kardialen und zerebralen Oxygenierung wurde am Folgetag die va-ECMO auf eine veno-venoarterielle (vva-)ECMO erweitert. Hierzu wurde in die rechtsseitige V. jugularis interna eine 19-F-Kanüle eingebracht. Die Rückgabe des oxygenierten Bluts erfolgte über einen Y-Konnektor sowohl arteriell als auch venös (Abb. 2). Zur Steuerung der Blutflüsse wurde die venöse Rückgabeleitung partiell okkludiert. Die Messung der Blutflüsse erfolgte via Ultraschallflusssensor des ECMO-Pumpenkopfs und einem weiteren Sensor an der okkludierten Rückgabekanüle (Abb. 3). Das Verhältnis von arteriellem und venösem Blutfluss wurde anhand hämodynamischer (arterieller und pulmonalarterieller Druck sowie linksventrikuläre PF) und Blutgasparametern justiert. Initial betrug der Gesamtblutfluss über die ECMO 4,2 l/min entsprechend einem arteriellen Blutfluss von 2,7 l/min, einem venösem Fluss von 1,5 l/min und einem FGF von 2 l/min. Unter dieser Therapie kam es zur Stabilisierung des Kreislaufs und zur Verbesserung des Gasaustauschs (Tab. 1). Die arterielle ECMO-Kanüle konnte aufgrund der raschen Erholung der kardialen PF (EF um 45 %) unter der breiten antimikrobiellen Therapie nach weiteren 24 h entfernt werden. Die extrakorporale Lungenunterstützung mithilfe der vv-ECMO wurde für 5 Tage fortgesetzt. Bei erwartet prolongierter Entwöhnung von der Beatmung wurde der Patient unter ECMO-Therapie tracheotomiert und die Beatmung fortan druckassistiert weitergeführt. Nach insgesamt 7-tägiger ECMO-Therapie konnte der Patient von der ECMO entwöhnt werden. Bei klinischer und laborchemischer Infektionsfreiheit wurde die antimikrobielle Therapie am 14. Tag beendet. Ein Keimnachweis gelang zu keinem Zeitpunkt. Bei stabilen respiratorischen und hämodynamischen Parametern wurde der Patient nach 22 Tagen zur endgültigen Entwöhnung vom Respirator zurück in die zuweisende Klinik verlegt. Das Weaning gelang dort vollständig nach weiteren 14 Tagen.

Abb. 2
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Y-Konnektor zur Teilung des Rückgabeblutflusses. (Bildnachweis: R.M. Muellenbach)

Abb. 3
figure 3

Drossel der venöse Kanüle, Ultraschallflussmesser. (Bildnachweis: R.M. Muellenbach, A. Gehrmann)

Diskussion

Aufgrund des schweren akuten Lungenversagens mit drohender Hypoxie trotz aggressiver mechanischer Beatmung wurde im dargestellten Fall die Indikation für ein extrakorporales Lungenunterstützungsverfahren gestellt [2]. Bei gleichzeitigem Vorliegen einer septischen Kardiomyopathie mit hochgradig eingeschränkter linksventrikulärer PF wurde entgegen der üblicherweise indizierten vv- eine periphere va-ECMO implantiert. Die va-ECMO stellt aufgrund der kombinierten Herz- und Lungenunterstützung ein potenziell lebensrettendes Organersatzverfahren dar, ist jedoch mit einigen Nachteilen bzw. potenziellen Risiken behaftet: Neben einer Ischämie der arteriell kanülierten Extremität besteht die Gefahr einer systemischen Embolie. Aufgrund einer verminderten pulmonalen Perfusion kann es unter va-ECMO zur einer weiteren Lungenschädigung kommen [4].

Im akuten Lungenversagen ist zudem das Risiko einer Sauerstoffminderversorgung der oberen Körperhälfte und damit der lebenswichtigen Organe Herz und Gehirn sehr hoch („Harlekin-Phänomen“). Dies hängt mit den konkurrierenden Blutströmen des Herzens und der va-ECMO zusammen. Das Herz wirft aufgrund der eingeschränkten Lungenfunktion schlecht oxygeniertes Blut in den Systemkreislauf aus. Der genaue Ort des Zusammentreffens mit dem gut oxygenierten Blut aus der unteren Körperhälfte (va-ECMO) ist sowohl von der kardialen PF als auch von den ECMO-Blutflüssen abhängig und schwer bestimmbar. Um ein Maß für die zerebrale und kardiale Oxygenierung zu erhalten, müssen die Proben für die Blutgasanalyse (BGA) aus der A. radialis dextra entnommen werden. Ist die Oxygenierung des Bluts an diesem Abnahmeort inadäquat, muss der Blutfluss der va-ECMO erhöht werden. Eine Erhöhung der ECMO-Blutflüsse geht jedoch mit einer Steigerung der linksventrikulären Nachlast und somit dem Risiko eines linksventrikulären Versagens einher [3].

Um das Risiko eines Sauerstoffmangels der oberen Körperhälfte zu reduzieren, wurde im dargestellten Fall zusätzlich zur arteriellen eine venöse Rückgabekanüle implantiert. Durch die venöse Rückgabekanüle kann folglich ein Teil des über die Membranlunge oxygenierten Blutes über die Lungenstrombahn in die systemische Zirkulation geführt werden. Hierdurch wird die Sauerstoffversorgung von Lungen, Herz und Gehirn verbessert. Des Weiteren ist aufgrund der erhöhten gemischtvenösen Sauerstoffsättigung und des reduzierten arteriellen Kohlendioxidpartialdrucks (paCO2) eine Reduktion des pulmonalarteriellen Drucks und der rechtsventrikulären Belastung zu erwarten [5]. Der venöse Rückgabefluss unter vva-ECMO wird über eine partielle Okklusion des Rückgabeschlauchs reguliert. Die Steuerung des arteriellen Rückgabeflusses hängt sowohl von der rechts- als auch linksventrikulären Funktion ab. Grundsätzlich sollte der arterielle Rückgabefluss so niedrig wie möglich gehalten werden, um eine Stauung des linken Herzens zu vermeiden. Im schlimmsten Fall kann dies aufgrund der erhöhten Nachlast zu einer kardialen Gefügedilation mit Linksherzversagen führen. Der rechte Ventrikel kann durch eine va-ECMO entlastet werden, da das Blut über die ECMO-Membranlunge von rechts nach links „geshuntet“ wird. Dies ist u. a. bei einer schweren pulmonalarteriellen Hypertonie, z. B. bei akutem Lungenversagen sowie einer fulminanten Lungenembolie indiziert. Grundsätzlich erfordert die vva-ECMO eine genaue Überwachung der rechts- und linksventrikulären Funktion sowie des Gasaustauschs. Dies kann durch bildgebende Verfahren wie transthorakale/transösophageale Echokardiographie sowie anhand von hämodynamischen Parametern wie dem arteriellen, zentralvenösen sowie pulmonalarteriellen Druck erfolgen. Die Überwachung des Gasaustauschs (periphere Sauerstoffsättigung und arterielle Blutgasüberwachung) muss auf jeden Fall an der rechten oberen Extremität, z. B. A. radialis oder axillaris dextra, angelegt werden. Eine distale Perfusion des arteriell kanülierten Beins kann das Ischämierisiko minimieren [6]. Es ist jedoch weiterhin eine engmaschige Überwachung der Extremität mithilfe der Pulsoxymetrie oder Dopplertechnik notwendig.

Die Datenlage zur vva-ECMO ist eingeschränkt. Ein Vergleich verschiedener ECMO-Konfigurationen (vv vs. va vs. vva) bei ARDS-Patienten konnte jedoch eine reduzierte Mortalität für Patienten im vva-Modus zeigen. Hierfür könnte eine Verbesserung des pulmonalen und systemischen Sauerstoffangebots während vva-ECMO verantwortlich sein [5]. Diese Konfiguration ist jedoch zum jetzigen Zeitpunkt lediglich bei kombiniertem pulmonalen und kardialen Versagen zu empfehlen. Bei ARDS-Patienten ohne rechts- oder linksventrikuläre Dysfunktion stellt die vv-ECMO weiterhin die Methode der Wahl dar.

Fazit für die Praxis

Aufgrund der nachteiligen Effekte einer alleinigen peripheren va-ECMO (Harlekin-Phänomen und verminderte pulmonale Perfusion) sollte die Indikation für eine periphere va-ECMO bei ARDS-Patienten mit rechts- und/oder linksventrikulärer Dysfunktion streng gestellt werden. Hier könnte die simultane Herz- und Lungenunterstützung mithilfe der vva-ECMO eine sinnvolle Alternative darstellen. Nichtsdestotrotz ist die Steuerung der Therapie unter vva-ECMO aufgrund der komplexen Pathophysiologie sehr schwierig und die Datenlage sehr begrenzt.