Zusammenfassung
Seit der Einführung der intraoperativen Echokardiographie in die Klinik Mitte der 1970er Jahre sind deren Anwendung und Nutzen im perioperativen Bereich stetig gewachsen. Die intraoperative Echokardiographie spielt vor allem bei herzchirurgischen Patienten eine bedeutende Rolle. Hier stehen dem Untersucher mit der transösophagealen Echokardiographie (TEE) und der epiaortalen Sonographie (EUS) zwei wichtige diagnostische Untersuchungstechniken zur Verfügung. Mit der intraoperativen TEE können Befunde erhobenen werden, die Einfluss auf das chirurgische Management haben und somit das Outcome eines Patienten beeinflussen können. Aber auch bei nichtkardiochirurgischen Patienten kann der Einsatz der TEE sinnvoll sein und zu einer Verbesserung des intraoperativen Managements bei Hochrisikopatienten beitragen. Zudem kann die TEE bei Patienten, die intraoperativ hämodynamisch instabil werden oder kardiopulmonal reanimiert werden müssen, zur Klärung der Ursache beitragen. Durch den in der TEE erhobenen Befund kann so möglicherweise eine weiterführende Therapie veranlasst werden. Ein Vorteil der TEE ist hierbei, dass diese ohne Unterbrechung der chirurgischen Versorgung des Patienten durchgeführt werden kann.
Abstract
Since the introduction of intraoperative echocardiography into clinical practice in the 1970’s its use and utility in the perioperative period has become increasingly more evident. Especially in patients undergoing cardiac surgical procedures intraoperative echocardiography has gained great diagnostic importance. Intraoperative transesophageal echocardiography (TEE) and epiaortic ultrasound are two important and complementing diagnostic modalities in this patient population. The clinical information obtained with intraoperative TEE in certain cases might have a direct impact on surgical decision-making and therefore may positively influence patient outcome. In patients undergoing non-cardiac surgical procedures, TEE can be a valuable tool in high-risk patients, in patients experiencing hemodynamic instability or in those suffering intraoperative cardiac arrest. Intraoperative TEE might allow a primary diagnosis of the underlying etiology and facilitate the institution of further therapeutic interventions. In addition TEE can be performed during ongoing cardiopulmonary resuscitation and does not interfere with patient management. This review introduces the clinician to the current evidence of the impact of intraoperative echocardiography on intraoperative surgical decisions during surgical procedures. It helps the clinician to identify indications and realize the potential applications of intraoperative echocardiography.
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Die vorliegende Übersichtsarbeit fasst den Einfluss der intraoperativen Echokardiographie auf das chirurgische Management zusammen. Der Stellenwert eines routinemäßigen Einsatzes der intraoperativen Echokardiographie wird anhand der wichtigsten zu diesem Thema vorliegenden Studien beleuchtet und dem Leser eine Übersicht der wichtigsten Indikationen zum Einsatz der intraoperativen transösophagealen Echokardiographie (TEE) vermittelt.
Stellenwert und Aussagekraft
Seit Einführung der Echokardiographie in die anästhesiologische und intensivmedizinische Praxis in der Mitte der 1970er Jahre sind ihre Anwendung und ihr Nutzen bei operativen Patienten stetig gewachsen [1]. Dem Untersucher stehen intraoperativ mit der TEE, der epiaortalen Sonographie (EUS) und der transthorakalen Echokardiographie (TTE) mehrere echokardiographische Untersuchungstechniken zur Verfügung. Die intraoperative TEE besitzt von diesen die beste Anwendbarkeit, da sie ohne Unterbrechung und Beeinträchtigung des chirurgischen Vorgehens eingesetzt werden kann. Dies hat dazu geführt, dass die TEE vor allem bei kardiochirurgischen Patienten einen hohen Stellenwert erlangt hat. Durch einen routinemäßigen Einsatz der TEE kommt es bei einem nicht unerheblichen Anteil der Patienten zu einer Beeinflussung klinischer Entscheidungen und des chirurgischen Managements [2, 3, 4]. Zudem kann die intraoperative TEE bis dato unbekannte pathologische Befunde des Herzens (wie z. B. einen intrakardialen Tumor, eine Dissektion der Aorta oder eine Perikardtamponade) identifizieren und hilft, die funktionellen Folgen dieses Befundes zu beurteilen. Bei Patienten, die intraoperativ einen Herzstillstand erleiden, kann mithilfe der TEE möglicherweise die zugrunde liegende Ursache des Herzstillstands schnell erkannt und so eine frühe therapeutische Intervention eingeleitet werden [5].
Bei operativen Eingriffen am eröffneten Thorax steht dem Untersucher durch die EUS ein zusätzliches Hilfsmittel zur Verfügung. Bei der EUS wird durch das direkte Auflegen des Schallkopfes auf die zu untersuchenden kardialen oder thorakalen Strukturen eine äußerst genaue Beurteilung dieser Strukturen möglich. Dabei ist die EUS der TEE im Bereich des Aortenbogens deutlich überlegen und wird deshalb oft zur Beurteilung von Kalzifikationen der Aorta und des Aortenbogens herangezogen [6, 7].
Transthorakale Echokardiographie
Die TTE ist die am meisten genutzte echokardiographische Methode, um Patienten präoperativ kardial abzuklären. Eine wichtige Rolle spielt die TTE auch in der Intensivmedizin und kann bei der Beurteilung von hämodynamisch instabilen Patienten zur Diagnosefindung beitragen [8, 9]. Die TTE wird perioperativ eingesetzt, um das kardiale Risiko eines Patienten zu beurteilen. Dabei ist vor allem die funktionelle Leistungsstärke des Herzens, gemessen an der linksventrikulären Ejektionsfraktion, oder das Risiko einer intraoperativen Ischämie, beurteilt durch eine Stressechokardiographie, von Interesse. Zudem sollte die Funktion der Herzklappen beurteilt werden, da diese vor allem bei kardiochirurgischen Patienten von größter Wichtigkeit ist.
Vereinzelte Fallberichte haben den Einsatz der TTE im intraoperativen Umfeld beschrieben. Dabei handelt es sich aber meist um Patienten, die während allgemeinchirurgischer Eingriffe einen intraoperativen Herzstillstand erlitten hatten [10]. Die TTE ist zudem hilfreich, wenn ein Einsatz der TEE kontraindiziert ist, wie z. B. bei Patienten mit schweren Gerinnungsstörungen oder bei Patienten mit vorherigen Ösophaguseingriffen [11]. Varriale u. Maldonado [12] konnten anhand von 20 Patienten, die während ihres stationären Aufenthalts einen Herzstillstand erlitten hatten, zeigen, dass eine TTE-Untersuchung während kardiopulmonaler Reanimation technisch möglich ist. Bei 8 dieser Patienten kam es durch den TTE-Befund zu einer spezifischen Therapie, um die zugrunde liegende Ursache zu beheben. Dies unterstreicht den Stellenwert der Echokardiographie als primäre diagnostische Methode während der kardiopulmonalen Reanimation.
Intraoperativ ist der Zugang des Untersuchers zum Thorax des Patienten bei einer Vielzahl von chirurgischen Eingriffen aber nur schwer möglich und in der Kardiochirurgie ausgeschlossen. Dieser Nachteil der TTE und eine gegenüber der TTE überlegene Bildqualität der TEE haben dazu geführt, dass sich die TTE als intraoperatives Routine-Monitoring nicht durchgesetzt hat [5].
Transösophageale Echokardiographie
Bei der TEE befindet sich der Schallkopf am distalen Ende einer beweglichen Sonde, die in den Ösophagus eingeführt und dort belassen wird. Für den routinemäßigen Einsatz der intraoperativen TEE haben die American Society of Anesthesiologists (ASA) und die Society of Cardiovascular Anesthesiologists (SCA) Leitlinien erstellt, die den Einsatz nach dem bisherigen klinischen Kenntnisstand einteilen ([13, 14]; Infobox 1). Diese Leitlinien sind in drei Kategorien, basierend auf dem vorliegenden Kenntnisstand („evidence“) und der Meinung eines Expertengremiums, eingeteilt. Dabei sollte der Untersucher beachten, dass sich diese Einteilung auf eine klinische Problematik und nicht auf individuelle Patienten bezieht. So kann z. B. ein Patient, der zunächst nur eine Indikation der Kategorie III für den Einsatz der intraoperativen TEE besitzt, während eines operativen Eingriffs hämodynamisch instabil werden und somit eine Indikation der Kategorie I aufweisen.
Bereits 1995 setzten mehr als 90% aller Ausbildungsprogramme in den USA die TEE intraoperativ ein und hatten ein strukturiertes Curriculum zur Ausbildung in der TEE in ihre ärztliche Weiterbildung integriert [1]. Diese hohe Zahl des perioperativen Einsatzes der TEE wurde auch in einer Studie unter kanadischen Anästhesisten reflektiert, bei der 92% aller befragten Anästhesisten angaben, dass sie die TEE in ihrer Klinik intraoperativ routinemäßig einsetzen [15]. Diese routinemäßige intraoperative Anwendung dient vor allem bei kardiochirurgischen Patienten dazu, wichtige Informationen vor und nach dem Einsatz der Herz-Lungen-Maschine (HLM; [1, 16, 17, 18, 19]) zu gewinnen. Dabei hat aber nur eine geringe Anzahl von Studien den Einfluss der intraoperativen TEE auf das perioperative chirurgische Vorgehen systematisch evaluiert [2, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26]. Obwohl einige dieser Studien durch eine geringe Patientenzahl limitiert sind, liegen aber auch aussagekräftige Untersuchungen mit großen Patientenzahlen vor, die Rückschlüsse auf den routinemäßigen Einsatz der TEE und deren Auswirkungen auf das chirurgische Management zulassen [2, 4]. Die intraoperative TEE ist mittlerweile zudem wichtiger Teil des Managements von Patienten in der Allgemeinchirurgie, der Neurochirurgie und der Orthopädie.
Epiaortale Sonographie
Die EUS wurde Mitte der 1970er Jahren als erste echokardiographische Methode intraoperativ eingesetzt, um den Erfolg der Rekonstruktion einer Mitralklappe („mitral valve“, MV) intraoperativ zu überprüfen [35]. Durch den raschen technischen Fortschritt der TEE setzte sich die EUS zunächst nicht durch. Ihre Überlegenheit bei der Beurteilung der Aorta führte aber schließlich doch zu einer Verbreitung dieser Technik [36, 37].
Kardiochirurgische Eingriffe
Aortokoronare-Venenbypass-Operation
Die TEE bietet bei Patienten, die sich einer Aortokoronaren-Venenbypass- (ACVB-)Operation unterziehen, zunächst einmal die Möglichkeit, eine unzureichende präoperative kardiale Diagnose zu ergänzen. Dies kann vor allem bei Notfalleingriffen ohne systematische präoperative Abklärung hilfreich sein. Der Untersucher kann mithilfe der intraoperativen TEE die systolische und die diastolische Funktion des Myokards beurteilen und dabei pathologische Veränderungen dem zugehörigen koronaren Versorgungsgebiet zuordnen. Zusätzlich ermöglicht die TEE die Beurteilung der dynamischen Klappenfunktion und des operativen Vorgehens (z. B. Kanülierung der großen Gefäße). Die TEE kann die korrekten Lagen eines retrograden Kardioplegiekatheters im Koronarsinus (Abb. 1) und einer intraaortalen Gegenpulsation (intraaortale Ballonpumpe, IABP; Abb. 2) nach deren Anlagen identifizieren und bestätigen. Sollte eine Kanülierung der femoralen Gefäße zum Anschluss der HLM erfolgen, lässt sich die korrekte Lage sowohl der venösen als auch der arteriellen Kanüle bestätigen, indem diese in den großen thorakalen Gefäßen abgebildet werden, und eine Fehllage vor Institution der HLM verhindern (Abb. 3). Der Untersucher sollte weiterhin beurteilen, ob ein intraatrialer Septumdefekt vorliegt, ob es während der Phase der extrakorporalen Zirkulation zu einem Überdehnen der Ventrikel kommt und ob durch die Anlage der aortalen Kanüle möglicherweise eine Aortendissektion verursacht wurde.
Eine Reihe von Studien konnte zeigen, dass durch eine systematische intraoperative TEE-Untersuchung Informationen gewonnen werden können, die über die Beurteilung einer Ischämie des Myokards hinausgehen. Anhand von 474 Patienten zeigten Quaddoura et al. [3], dass es bei 10% der Patienten, die sich einer ACVB-Operation unterziehen mussten, intraoperativ zur Erhebung eines oder mehrerer nichtbekannter kardialer Befunde kam. Bei 4,4% dieser Patienten wurde ein zusätzlicher chirurgischer Eingriff durch den TEE-Befund notwendig; bei 1,7% der Betroffenen war ein Eingriff an einer Herzklappe notwendig. In einer kürzlich vorgestellten retrospektiven Studie von Eltzschig et al. [4] an 3935 Patienten wurden diese Zahlen bestätigt. In dieser Studie wurden bei 5,4% der Patienten, die sich einer Routine-ACVB-Operation unterzogen, durch die intraoperative TEE Informationen erhoben, die Auswirkungen auf das chirurgische Vorgehen hatten. Zu diesen Befunden zählten die Identifikation einer interventionsbedürftigen MV, einer interventionsbedürftigen Aortenklappe („aortic valve“, AV) und der Neubefund eines Vorhofseptumdefektes (Foramen ovale oder Ostium secundum). Nach Beendigung der HLM kam es bei 1,5% aller Patienten zu einem klinisch wichtigen Neubefund durch die intraoperative TEE. Aufgrund der starken Myokardwandbewegungsstörungen war bei 0,8% der Patienten ein erneuter Anschluss der extrakorporalen Zirkulation notwendig, um eine Revision des aortokoronaren Bypasses vorzunehmen. Eine Reihe weiterer Studien hat die Auswirkungen der intraoperativen TEE auf das chirurgische Vorgehen in dieser Patientengruppe untersucht. Diese Studien sind dadurch limitiert, dass sie entweder eine gezielte Hochrisikopatientengruppe untersuchten oder nur eine geringe Anzahl von Patienten aufgenommen haben [23, 27, 28]. Sie zeigen einen sehr hohen Einfluss der TEE auf das chirurgische Vorgehen (bis zu 33%), der aber angesichts des selektierten Patientenkollektivs nicht überbewertet werden darf. Eine Übersicht über die wichtigsten Studien zum Einfluss der TEE auf das Patientenmanagement während ACVB-Operationen gibt Tab. 1.
Eingriffe an der Mitralklappe
Die intraoperative TEE spielt bei Eingriffen an der MV eine besonders wichtige Rolle. Priorität hat hierbei zunächst die Beurteilung der zugrunde liegenden pathologischen Befunde der MV, da hierdurch wichtige Informationen für den Operateur und die Planung des operativen Eingriffs gewonnen werden können. Mithilfe der 2D-Echokardiographie können die Ätiologie und das Ausmaß der pathologischen Veränderung der Mitralsegel gut beurteilt werden. Dabei muss der Untersucher beurteilen, ob eine Kalzifikation der Segel und/oder des Klappenrings, eine restriktive Störung (Abb. 4) oder ein Prolaps der Mitralsegel (Abb. 5) vorliegt und welches Segment der Mitralsegel betroffen ist. Diese Informationen können zur Entscheidung beitragen, ob eine MV-Rekonstruktion oder ein MV-Ersatz vorgenommen wird [29]. Nach der extrakorporalen Zirkulation ist es mit der intraoperativen TEE möglich zu evaluieren, ob das operative Ergebnis zufriedenstellend ist, ob ein perivalvuläres Leck (Abb. 6) oder eventuell das Phänomen der „systolic anterior motion“ (SAM) vorliegt, bei dem es durch das Schleifen eines langen anterioren Mitralsegels zu einer Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstraktes kommt (Abb. 7).
Eine Reihe von Studien hat den Einfluss der intraoperativen TEE auf das chirurgische Vorgehen bei Eingriffen an der Mitraklappe untersucht. Die wichtigsten Arbeiten hierzu sind in Tab. 1 zusammengestellt. Stewart et al. [30] untersuchten den Einfluss der TEE anhand von 92 Patienten nach Beendigung der HLM und fanden bei 6 dieser Patienten, dass eine sofortige MV-Revision notwendig war. Bei 3 Patienten wurde diese Revision nicht vorgenommen, war aber innerhalb der folgenden 5 Tage erforderlich. In einer weiteren Studie von Sheikh et al. [31] konnte mithilfe der TEE bei 14% der Patienten ein klinisch geringfügiger Befund vor Institution der HLM festgestellt werden. Bei 11% der Patienten wurde aber ein Befund erhoben, der das chirurgische Management beeinflusste. Click et al. [2] konnten anhand von 1265 Patienten zeigen, dass die intraoperative TEE bei 12% der Patienten zu einer Veränderung des chirurgischen Vorgehens vor Beginn der HLM und bei 6% nach Beendigung der HLM führte. In einem Kollektiv von 3660 Patienten zeigten Mishra et al. [24], dass bei Patienten, die sich operativen Eingriffen an der MV unterziehen mussten, eine Veränderung des chirurgischen Vorgehens nach Einsatz der TEE in 20% der Fälle vorkam. Wichtigster Befund in der Studie von Click et al. [2] und Mishra et al. [24] war eine Revision der vorangegangenen MV-Rekonstruktion/des MV-Ersatzes nach Beendigung der HLM. Die wohl bisher umfangreichste Studie zu diesem Thema wurde von Eltzschig et al. [4] durchgeführt. In diese Studie wurden 1823 Patienten mit MV-Eingriff aufgenommen. Hier kam es bei 5,4% der Patienten vor Beginn der extrakorporalen Zirkulation zu einer Beeinflussung des chirurgischen Vorgehens. Wichtigste Befunde waren eine gleichzeitig interventionsbedürftige Läsion an der Trikuspidalklappe, eine zusätzlich interventionsbedürftige AV und ein neu identifizierter Vorhofseptumdefekt. Nach Beendigung der extrakorporalen Zirkulation kam es bei 1,5% der Patienten zu einer Beeinflussung des chirurgischen Vorgehens; hierbei war eine operative Revision des vorangegangenen MV-Eingriffs die häufigste Intervention [4]. Eine Übersicht über die wichtigsten Studien, die den Einfluss der TEE auf die MV-Chirurgie untersucht haben, findet sich in Tab. 1.
Eingriffe an der Aortenklappe
Die häufigste pathologische AV-Veränderung ist die durch eine Kalzifikation bedingte Stenose (Abb. 8). Eine Insuffizienz der AV kann im Zusammenhang mit einer solchen AV-Stenose durch die beeinträchtigte Beweglichkeit der Klappensegel auftreten (Abb. 8). Bei operativen Eingriffen an der AV sollte der vorhandene pathologische Zustand bestätigt werden. Die Lage der arteriellen oder der venösen Kanülen sollte vor allem bei einem minimalinvasiven operativen Zugangsweg überprüft werden. Hierbei wird der Thorax nur partiell eröffnet und die Lage der venösen Kanüle, die durch die V. femoralis eingeführt wird, muss durch die TEE dargestellt werden. Nach erfolgter operativer Korrektur wird die korrekte Implantation der Klappe beurteilt, aber auch, ob es zu einer Schädigung anatomisch nahe liegender Strukturen (z. B. des anterioren Segels der Mitraklappe) gekommen ist (Abb. 9). Zudem ist es mit der TEE möglich, Luft innerhalb des linken Ventrikels darzustellen und somit ein ausreichendes Entlüften zu ermöglichen, da eine manuelle Entlüftung des linken Ventrikels bei einem minimalinvasiven Zugangsweg schwierig ist.
Der Einfluss der intraoperativen TEE auf das chirurgische Management bei Eingriffen an der AV wurde von Nowrangi et al. [32] anhand von 386 Patienten untersucht. In dieser Studie kam es bei 13% aller Patienten zu einer Veränderung des chirurgischen Vorgehens durch den Einsatz der intraoperativen TEE vor extrakorporaler Zirkulation: So wurde ein geplanter Eingriff an der MV nicht durchgeführt, ein neu nachgewiesenes offenes Foramen ovale („patent foramen ovale“, PFO) wurde verschlossen, und es kam zum Zufallsbefund eines intrakardialen Thrombus. Zudem konnten die Untersucher durch die TEE die aortalen Strukturen vermessen und damit die Größe eines für die Korrektur verwendeten aortalen „homograft“ vorab bestimmen. Dies führte zwar nicht zu einer Änderung des chirurgischen Managements, die Dauer der extrakorporalen Zirkulation wurde jedoch deutlich reduziert. In der Studie von Mishra et al. [24] wurden bei 520 Patienten bis dato nichtbekannte pathologische Befunde bei 4,8% der Patienten vor dem operativen Eingriff festgestellt. Nach operativer Korrektur wurden durch die TEE zusätzliche Veränderungen festgestellt. So kam es zur Diagnose von perivalvulären Lecks und neu aufgetretener ischämiebedingter myokardialer Wandbewegungsstörungen, die durch eine Obstruktion der Koronarostien verursacht worden waren. In der bis dato umfangreichsten Studie wurden 1610 Patienten retrospektiv evaluiert [4]. Bei 6,6% dieser Patienten kam es zu einer Beeinflussung des chirurgischen Managements vor extrakorporaler Zirkulation. Dabei wurde bei 1,1% der Patienten auf den zuvor geplanten Eingriff an der MV verzichtet. Bei 2,2% der Patienten wurde das chirurgische Vorgehen nach Beendigung der HLM geändert; 0,7% davon entfielen auf eine Revision der zuvor eingesetzten AV.
Auch in diesem Patientenkollektiv wurde eine Reihe von Studien zum Einfluss der intraoperativen TEE auf das chirurgische Management durchgeführt, die aber aufgrund der geringen Patientenzahl als nichtrepräsentativ einzuschätzen sind [33, 34]. Eine Übersicht über die wichtigsten Studien bei Eingriffen an der AV zeigt Tab. 1.
Beurteilungen der Aorta
Bei der epikardialen und epiaortalen Sonographie kommt es durch das direkte Aufsetzen der Ultraschallsonde auf die kardialen und aortalen Strukturen zu einer präzisen Bildgebung und einer guten Beurteilung der untersuchten Strukturen. Die Ultraschallsonde wird hierfür in einer sterilen Plastikhülle vom Chirurgen direkt auf die zu untersuchenden Strukturen aufgesetzt; der Anästhesist und der Chirurg beurteilen dann gemeinsam die visualisierte Struktur. Dabei können an der Aorta der Grad der atherosklerotischen Veränderungen, die Stelle einer möglichen aortalen Kanülierung und Klemmung beurteilt sowie Kalzifikationen identifiziert werden. Eine Manipulation der Aorta an Stellen, die starke Kalzifikationen aufweisen, sollte vermieden werden, um eine Verschleppung in die systemische Zirkulation zu verhindern (Abb. 10; [38, 39, 40]).
Eine Reihe von Studien hat den Zusammenhang zwischen EUS, chirurgischem Vorgehen und klinischem Patienten-Outcome untersucht. Royse et al. [37] konnten demonstrieren, dass die EUS der TEE und auch der manuellen Palpation der Aorta zur Identifikation von Atheromen überlegen ist. In einer weiteren Studie von Bolotin et al. [41] zeigte sich, dass die EUS das chirurgische Vorgehen bei 28% aller Patienten, die sich einer ACVB-Operation unterzogen, beeinflusste, und belegte ebenso die Überlegenheit zur Beurteilung von Atheromen gegenüber der Palpation der Aorta. Hammon et al. [42] fanden 2006, dass eine echokardiographiebasierte chirurgische Vorgehensweise bei der Manipulation der Aorta das postoperative kognitive Outcome der untersuchten Patienten verbesserte. Die bisher größte Patientenzahl konnten Rosenberger et al. [7] mit mehr als 6000 Patienten untersuchen. Es kam in dieser Studie zu einer Beeinflussung des chirurgischen Vorgehens bei mehr als 4% der Patienten während kardiochirurgischer Eingriffe. Die veränderte chirurgische Vorgehensweise beinhaltete dabei eine Änderung der Kanülierungsstelle und eine veränderte Platzierung der aortalen Klemme. Diese Beeinflussung des chirurgischen Vorgehens korrelierte mit einem besseren neurologischen Outcome in der Gruppe der EUS-Patienten. Eine Übersicht über die wichtigsten Studien, die den Einfluss der EUS auf das intraoperative Patientenmanagement untersucht haben, ist in Tab. 2 gegeben.
Nichtkardiochirurgische Eingriffe
Die intraoperative Echokardiographie wird bei nichtkardiochirurgischen Eingriffen nicht regelhaft eingesetzt und ist deswegen bisher nicht ausreichend systematisch evaluiert. Die bis dato durchgeführten Studien sind durch eine geringe Patientenzahl limitiert. Es kann jedoch während nichtherzchirurgischer Eingriffe intraoperativ, z. B. durch hämodynamische Instabilität des Patienten, jederzeit eine Situation entstehen, die in die Kategorie I für die Indikation der TEE gemäß den Leitlinien der SCA fällt und deren sofortigen Einsatz erforderlich macht.
Gefäßchirurgische Eingriffe
Operative Eingriffe in der Gefäßchirurgie sind mit einer erhöhten Letalität behaftet. Dies trifft nicht nur auf große abdominal-gefäßchirurgische, sondern auch auf peripher-gefäßchirurgische Eingriffe zu [43, 44]. Die intraoperative TEE ist ein hervorragendes Instrument zum kardialen Monitoring während dieser Eingriffe, da dynamische Veränderungen der kardialen Funktion sofort beurteilt werden können [45, 46]. In einer Studie von Roizen et al. [47] an 24 gefäßchirurgischen Patienten konnte die Überlegenheit der TEE gegenüber dem Standardmonitoring zur Beurteilung der kardialen Funktion gezeigt werden. Die Untersucher konnten bei Eingriffen an der deszendierenden Aorta und vor allem oberhalb des Truncus coeliacus zeigen, dass es zu großen Veränderungen der endsystolischen und enddiastolischen Fläche des linken Ventrikels und der Ejektionsfraktion kam. Der Einfluss der Echokardiographie auf das chirurgische Management und das Patienten-Outcome wurde in dieser Studie aber nicht weiter untersucht. In einer weiteren Studie von Godet et al. [48] an 17 Patienten ließen sich mithilfe der TEE Pulsationen des thorakalen Rückenmarks gut darstellen. Über einen möglichen Einfluss der TEE auf das operative Vorgehen bei Patienten, die an der deszendierenden thorakalen Aorta operiert werden, liegen jedoch bislang keine Studiendaten vor.
Rapezzi et al. [49] sowie Swaminathan et al. [50] belegten den Einfluss der intraoperativen TEE bei endovaskulärer Stentanlage an der Aorta bei 33% von 22 Patienten. So konnte mithilfe der TEE eine Fehllage des Führungsdrahtes im falschen aortalen Lumen identifiziert werden. Nach Anlage des endovaskulären Stents identifizierte die intraoperative TEE ein Leck, das durch die Stenteinlage entstanden war, häufiger als eine Angiographie der Aorta.
Orthopädische Eingriffe
Operative Eingriffe in der Orthopädie, vor allem aber der Einsatz einer Hüftgelenkendoprothese, können mit arterieller Hypotension, Hypoxämie und pulmonaler Hypertension einhergehen. Die intraoperative Letalitätsrate wird mit 0,6–10% angegeben [51, 52]. Eine Erklärung hierfür ist, dass es während dieser Eingriffe zu einer Verschleppung von Mikroemboli in die pulmonale Strombahn kommt. Das Ausmaß dieser Verschleppung hängt von der Höhe des ausgeübten intramedullären Druckes ab [53]. Vor allem während der Phase des „reaming“ (Einsetzen der Hüftgelenkendoprothese) und der Luxation des Hüftgelenks wird vermehrt Zement in die venösen Gefäße embolisiert [54]. Dieser Zusammenhang konnte von Murphy et al. [55] in einer experimentellen Studie eindeutig demonstriert werden. Mithilfe der intraoperativen TEE lassen sich die Auswirkungen dieser Embolisationen auf die kardiale Funktion wie z. B. ein sich entwickelndes Rechtsherzversagen erkennen [56]. Diese Embolisationen sind aber meist klinisch nicht bedeutsam und bleiben daher auch unbemerkt.
Systematische Untersuchungen über den Einsatz der TEE während orthopädischer Eingriffe und den Einfluss der Echokardiographie auf das Patienten-Outcome liegen nicht vor.
Allgemein- und Transplantationschirurgie
Die TEE kann während einer Laparoskopie hilfreich sein, um kardiovaskuläre Veränderungen infolge der Insufflation des Peritoneums zu identifizieren [57, 58]. Die Insufflation des Peritoneums mit Kohlendioxid (CO2) erhöht die Nachlast bei gleichzeitiger Reduktion der Vorlast und kann die Hämodynamik des Patienten erheblich beeinträchtigen [59]. Diese hämodynamischen Veränderungen lassen sich hervorragend mithilfe der TEE beurteilen [57].
Ein weiteres Einsatzgebiet der TEE ist die Transplantationschirurgie, hier vor allem während einer orthotopen Lebertransplantation oder einer Lungentransplantation, da die betroffenen Patienten präoperativ meist schwer kardiopulmonal beeinträchtigt sind. Während einer Lungentransplantation kann ein intrakardialer oder intrapulmonaler Shunt auftreten; die TEE ist durch ihre retrokardiale Lage dazu geeignet, intrakardiale Shunts zu beurteilen [60]. Des Weiteren kann die Qualität der Anastomose der rechten Pulmonalarterie in nahezu 100% der Fälle und der linken Pulmonalarterie in bis zu 71% der Fälle mithilfe der TEE beurteilt werden [61]. Die Obstruktion der pulmonalen Strombahn ist einer der wichtigsten Gründe für eine persistierende Hypoxämie nach Lungentransplantation. Die intraoperative TEE erlaubt auch hier die Beurteilung der pulmonalen Strömungsverhältnisse und kann somit zur Entscheidung für eine sofortige operative Korrektur beitragen [62].
Während einer orthotopen Lebertransplantation entwickelt sich in 2–5% der Fälle eine Thrombose der V. cava inferior (Abb. 11) mit der Folge eines frühzeitigen Transplantatversagens [63]. Zudem kann es zu einer Beeinträchtigung der rechtsventrikulären Funktion und dem Auftreten paradoxer thromboembolischer Komplikationen kommen, dies vor allem während der Phase der Reperfusion nach Entfernen der suprahepatischen Klemme [64, 65]. Die TEE ist ein hervorragendes Instrument zur Beurteilung der kardialen Funktion während dieser Phase. Es liegen jedoch keine systematischen Studien über ihren Einsatz während Lebertransplantationen und ihren Einfluss auf das Patienten-Outcome vor.
Neurochirurgische Eingriffe
In der Neurochirurgie wird die TEE eingesetzt, um Luftembolien während Eingriffen in sitzender oder halbsitzender Lagerung frühzeitig zu erkennen. Die Inzidenz dieser Embolien wird bei Eingriffen an der Fossa posterior mit 12% in liegender Patientenposition und mit 25–45% in sitzender Position angegeben [66]. Ohne adäquate Therapie ist die ausgeprägte, schwere Luftembolie mit einer Letalitätsrate von bis zu 93% behaftet [67]. Dabei sind wichtigsten Faktoren zur Reduktion der Letalität eine frühzeitige Diagnose und die sofortige therapeutische Intervention. Die TEE eignet sich hervorragend, um eine venöse Luftembolie zu identifizieren, jedoch liegen keine systematischen Untersuchungen vor, die den Einfluss der TEE auf das Patienten-Outcome in der Neurochirurgie untersucht haben.
Nichtkardiochirurgischer intraoperativer Notfall
Die Inzidenz intraoperativer kardialer Notfälle ist bei nichtkardiochirurgischen Patienten wesentlich geringer als im kardiochirurgischen Patientengut. Die Diagnose einer zugrunde liegenden Ursache ist in einer Notfallsituation oft nicht einfach; die intraoperative TEE kann aber wichtige Informationen liefern, die zur Diagnosefindung beitragen können und damit in nicht wenigen Fällen zu einer zielgerichteten Therapie führen.
In einer Studie von Memtsoudis et al. [5], in die 22 nichtkardiochirurgische Patienten mit intraoperativ erfolgtem Herzstillstand aufgenommen wurden, zeigten die Untersucher, dass bei 16 dieser Patienten eine weiterführende therapeutische Intervention durch den Befund der intraoperativen TEE eingeleitet werden konnte. Die häufigsten Diagnosen waren hierbei eine intraoperativ aufgetretene Lungenembolie, Zeichen einer myokardialen Ischämie und eine inadäquate Volumentherapie des Patienten. Die Überlebensrate in dem untersuchten Patientenkollektiv betrug 32%; dies muss im Vergleich zu anderen Studien als positiv bewertet werden [68]. In der Studie von van der Wouw et al. [68] wurden 48 Patienten untersucht, die einen Herzstillstand während des stationären Krankenhausaufenthalts erlitten hatten. Die sofort nach dem Eintreffen des Reanimationsteams vorgenommene TEE führte bei 27 dieser Patienten (87%) während der kardiopulmonalen Reanimation zu einer korrekten Diagnose der zugrunde liegenden Ursache. Die TEE-Diagnose wurde durch eine Autopsie an verstorbenen Patienten oder während eines folgenden operativen Eingriffs bestätigt.
Bei Patienten, die intraoperativ eine Lungenembolie erleiden, kann die TEE durch eine direkte Visualisierung des thromboembolischen Materials zur Diagnose führen ([56, 69]; Abb. 12). In der Regel ist dies nur schwer möglich, jedoch können sekundäre Zeichen einer akut aufgetretenen Rechtsherzbelastung dann zur Diagnosefindung beitragen [70, 71, 72]. Anhand einer definitiven Diagnose, der Schwere der hämodynamischen Beeinträchtigung und der Grunderkrankungen des Patienten kann vom Herzchirurgen direkt entschieden werden, ob eine pulmonale Embolektomie erfolgversprechend ist und durchgeführt werden sollte [73, 74].
Die intraoperative TEE kann, wenn auch in seltenen Fällen, zur primären Diagnose einer intraoperativen Verletzung wichtiger Organstrukturen führen (z. B. Verletzung vaskulärer Strukturen nach Einführung von Operationstrokaren; Abb. 13). Eine Übersicht über die wichtigsten Studien, die einen Einfluss der TEE auf das chirurgische Vorgehen bei intraoperativen Notfallsituationen zeigt, ist in Tab. 3 aufgeführt.
Fazit für die Praxis
Die intraoperative Echokardiographie hat in sich in den letzten 20 Jahren stark weiterentwickelt und ist zu einer wichtigen intraoperativen diagnostischen Methode gereift. Mit der TEE lassen sich intraoperativ zuverlässig und jederzeit die Myokard- und Klappenfunktion beurteilen. Außerdem liefert die TEE vor allem bei kardiochirurgischen Eingriffen wichtige neue Befunde, die sofort in das Patientenmanagement eingehen können. Mit der EUS steht im Bereich der Herzchirurgie eine weitere echokardiographische Untersuchungsmethode zur Verfügung, die einen direkten Einfluss auf das chirurgische Management haben kann und eventuell bei kardiochirurgischen Patienten das postoperative Outcome verbessert. Bei Patienten mit hohem perioperativen kardialen Risiko und nichtkardiochirurgischen Eingriffen kann die TEE, aber auch die TTE das intraoperative Monitoring erweitern. Der Untersucher übernimmt damit aber auch die Verantwortung für eine kompetente Beurteilung der kardialen Strukturen und ihrer Veränderungen. Er muss daher zuvor gute echokardiographische Kenntnisse erwerben und sich mit den zu erwartenden pathologischen Veränderungen vertraut gemacht haben.
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Schmid, E., Nowak, M., Unertl, K. et al. Intraoperative Echokardiographie. Anaesthesist 58, 1123–1135 (2009). https://doi.org/10.1007/s00101-009-1620-2
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