Krikoiddruck ist als Angelpunkt („linchpin“) der mechanischen Prävention der pulmonalen Aspiration bezeichnet worden [81]. Entsprechend halten viele Anästhesisten weltweit die Ausübung von Krikoiddruck während der Schnelleinleitung einer Anästhesie für unverzichtbar und betrachten den Krikoiddruck als Versorgungsstandard („standard of care“). Dennoch gab es bisher ungeklärte Fragen, deren Beantwortung die Basis für die am Beitragsende gezogenen Schlussfolgerungen und Empfehlungen bilden.

Seit Langem besteht die Vorstellung, dass Krikoiddruck den Ösophagus am Übergang in den Pharynx komprimiert, dadurch den Übertritt von in den Ösophagus gelangtem Mageninhalt in den Pharynx verhindert und damit auch die Häufigkeit der pulmonalen Aspiration von Mageninhalt verringert. Die weit verbreitete Überzeugung, dass Krikoiddruck entscheidend zur Vermeidung der pulmonalen Aspiration bei aspirationsgefährdeten Patienten beiträgt, wirft folgende Fragen auf:

  • Aufgrund welcher Daten wurde Krikoiddruck in die klinische anästhesiologische Praxis eingeführt?

  • Reduziert er die Inzidenz pulmonaler Aspirationen?

  • Bewirkt Krikoiddruck eine Ösophaguskompression?

  • Verhindert Krikoiddruck den Reflux von in den Ösophagus gelangtem Mageninhalt in den Pharynx?

  • Sind Risiken mit der Ausübung von Krikoiddruck verbunden?

  • Wie, wann und bei wem sollte Krikoiddruck ausgeübt werden?

  • Wie gut sind theoretisches und praktisches Wissen in einer korrekten Ausübung vereint?

Historischer Hintergrund

Einem Schreiben von Dr. William Cullen an Lord Cathcart im Jahr 1776 ist zu entnehmen, dass der Chirurg Monroe bereits 1774 Krikoiddruck im Rahmen der Wiederbelebung von Ertrinkenden anwandte, die scheinbar tot waren, um eine Aufblähung des Magens während der künstlichen Beatmung per Mund oder per Blasebalg über ein in eines der Nasenlöcher eingeführtes hölzernes Röhrchen zu vermeiden [25, 85]. Dr. Monroe soll die Beobachtung gemacht haben, dass die eingeblasene Luft über die Speiseröhre in den Magen gelangt und dass dies verhindert werden kann, indem man den unteren Teil des Larynx nach hinten auf die Speiseröhre drückt. Er wies auch darauf hin, dass Druck nur auf den Krikoidknorpel ausgeübt werden sollte. Schon seit 1776 gibt es sogar eine Empfehlung zur Kraftausübung während des Krikoiddrucks. Der Druck müsse mit Umsicht ausgeübt werden, damit die Eingänge in Trachea und Larynx uneingeschränkt offen bleiben würden [46, 85]. Einer kurzen Abhandlung des historischen Hintergrunds des Krikoiddrucks im Jahr 1974 (mit Sellick als Koautor; [85]) ist nicht zu entnehmen, ob Sellick zum Zeitpunkt seiner Untersuchung von diesen Berichten wusste.

Einführung in die klinische anästhesiologische Praxis

In Jahr 1961 beschrieb Sellick die Technik der Kompression des oberen Ösophagusendes durch extern ausgelösten, nach posterior gerichteten Druck über den Krikoidknorpel auf die Halswirbelkörper zur Anästhesieeinleitung bei 26 stark aspirationsgefährdeten Patienten [93]. Bei 23 Patienten wurde keine Regurgitation während und nach Aufhebung des Krikoiddrucks nach erfolgter endotrachealer Intubation beobachtet; bei 3 Patienten kam es zur Regurgitation nach Aufhebung des Krikoiddrucks nach erfolgter endotrachealer Intubation. Sellick schlussfolgerte aufgrund dieser Beobachtungen, dass die durch Druck auf den Krikoidknorpel gegen die Halswirbelsäule ausgelöste Okklusion des Ösophagus genutzt werden kann, um die Regurgitation von Magen- oder Ösophagusinhalt während der Anästhesieeinleitung zu beherrschen oder um das Aufblähen des Magens während künstlicher Beatmung zu verhindern.

Eine Validierung der von Sellick gemachten Schlussfolgerungen ist ausgeschlossen

Wesentliche Probleme im Studienaufbau schließen eine Validierung der von Sellick gemachten Schlussfolgerungen gänzlich aus. Es handelte sich um eine unkontrollierte Fallstudie. Keine oder nur ungenügende Angaben lagen zu Patienteneigenschaften, Ausmaß der ausgeübten Kräfte während des Krikoiddrucks, Wahl des Anästhetikums während der Anästhesieeinleitung, Handhabung der Atmung/Beatmung während und nach Anästhesieeinleitung vor endotrachealer Intubation und zur Qualität von Laryngoskopie und Intubation vor. Jede dieser Variablen kann zwischen Patienten ohne und mit Regurgitation variiert haben und somit für das Ausbleiben oder Auftreten von Regurgitation verantwortlich gewesen sein, und zwar völlig unabhängig von der Ausübung von Krikoiddruck. Den Einfluss positiver Druckbeatmung auf die Magengröße hatte Sellick zudem überhaupt nicht untersucht. Deshalb ist seine Schlussfolgerung, Krikoiddruck verhindere den Übertritt von Luft in den Magen während der Beatmung, reine Spekulation.

Wegen der zahlreichen Einschränkungen, die keine validen Schlussfolgerungen zulassen, erschien Sellicks Publikation deshalb zu Recht unter der Rubrik „vorläufige Mitteilung“ („preliminary communication“). Und dennoch wurde diese Technik (von dann an als Sellick-Manöver oder Krikoiddruck bezeichnet) sehr schnell sowie ziemlich unkritisch in die anästhesiologische Praxis übernommen und weltweit zum fachlichen Standard („standard of care“) während einer Schnelleinleitung erklärt [98].

Klinische Relevanz der perioperativen pulmonalen Aspiration

Krikoiddruck wird in der Vorstellung ausgeübt, dass dadurch die Häufigkeit einer pulmonalen Aspiration von Mageninhalt während der Anästhesieeinleitung reduziert und das Outcome des Patienten verbessert wird. Deshalb ist es wichtig, zunächst einmal die klinische Relevanz der perioperativen Aspiration zu definieren. Genaue Angaben lassen sich nur schwer machen, da die Daten teilweise zwar auf großen, häufig aber retrospektiven Analysen von computergestützten Datenbanken basieren und Patientenkollektive, Definitionen einer Aspiration sowie Beobachtungszeiträume zwischen den einzelnen Untersuchungen teilweise beträchtlich variieren.

Die Angaben zur Häufigkeit der perioperativen Aspiration variieren bei Erwachsenen zwischen 0,03% [73, 82, 113] und bei Kindern zwischen 0,01 und 0,10% ([10, 101, 112]; Tab. 1). Notfalleingriffe (bei denen die Wahrscheinlichkeit der Verwendung von Krikoiddruck erhöht ist) erhöhen erwartungsgemäß das Risiko einer Aspiration. Bei Erwachsenen steigt die Häufigkeit einer Aspiration auf 0,11% (1:895; [113]) bzw. 0,22% (1:448; [82]), bei Kindern auf 0,19% (1:521; [10]) an. Unabhängig von der Dringlichkeit des chirurgischen Eingriffs nimmt die Häufigkeit von Aspirationen auch mit ansteigender Klassifizierung gemäß der American Society of Anesthesiologists (ASA) sowohl bei Erwachsenen [82, 113] als auch bei Kindern [10] zu.

Tab. 1 Inzidenz, Morbidität und Letalität der Aspiration unter Allgemeinanästhesie

Die Angaben zur pulmonalen Morbiditätsrate der Aspiration (d. h. die Anzahl der Patienten eines Gesamtkollektivs, die wegen einer Aspiration einer speziellen Behandlung bedürfen) schwanken um einen Faktor von 10 zwischen 0,004 und 0,03% ([10, 65, 73, 82, 112, 113]; Tab. 1). Die Letalitätsrate der Aspiration schwankt bei Erwachsenen zwischen 4,5 und 14,8% ([73, 82, 100, 113]; Tab. 1). In keiner der pädiatrischen Erhebungen gab es Todesfälle aufgrund von Aspirationen ([10, 101, 112]; Tab. 1).

Die großen epidemiologischen Studien zeigen, dass die Inzidenz perioperativer Aspirationen und die pulmonale Morbiditätsrate insgesamt niedrig sind. Die Häufigkeit von Aspirationen scheint bei Kindern nicht größer zu sein als bei Erwachsenen [28]. Notfalleingriffe und höherer ASA-Status gehen sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern mit einem höheren Risiko für eine Aspiration einher. Obwohl die Inzidenz einer pulmonalen Aspiration niedrig und deren Folgen im Allgemeinen weniger schwerwiegend sind als früher angenommen, beträgt die Letalitätsrate der stattgehabten Aspiration beim Erwachsenen im Durchschnitt immer noch ca. 5%. Im Zusammenhang der Diskussion über die Effektivität des Krikoiddrucks, Aspirationen zu verhindern, muss bedacht werden, dass in die Analysen nicht nur Aspirationen während der Anästhesieeinleitung eingingen und Aspirationen nicht nur bei Patienten mit erhöhtem Aspirationsrisiko auftraten (bei denen wahrscheinlich keine Indikation für eine Schnelleinleitung unter Ausübung von Krikoiddruck vorlag). Deshalb ist davon auszugehen, dass die Inzidenz von Aspirationen, die theoretisch durch Krikoiddruck vermeidbar sind, und die daraus resultierende Gesamtmorbiditäts- und Gesamtletalitätsrate noch wesentlich geringer sind. Angesichts der niedrigen perioperativen pulmonalen Morbiditäts- und Letalitätsraten und der unterschiedlichen Ätiologien der Aspiration ist a priori zu bezweifeln, dass eine einzige Intervention (wie die des Krikoiddrucks) das Outcome verbessern kann.

Bei insgesamt sehr niedrigen Inzidenzen einer pulmonalen Aspiration bei Anästhesieeinleitungen mit den klassischen Indikationen zum Krikoiddruck müssten Tausende von Patienten untersucht werden, um eine klinisch relevante, statistisch abgesicherte Aussage zum Einfluss von Krikoiddruck auf die Häufigkeit einer Aspiration zu erhalten. Man muss deshalb davon ausgehen, dass es zur Frage, ob Krikoiddruck die Häufigkeit von Aspirationen während einer Anästhesieeinleitung reduziert, nie eine randomisierte, kontrollierte Studie geben wird. Würden entsprechend die Kriterien des Oxford Center for Evidence Based Medicine angewendet werden (http://www.cebm.net/index.aspx?o=1025), wäre der Empfehlungsgrad für die Verwendung von Krikoiddruck zur Vermeidung einer pulmonalen Aspiration lediglich D (mit A als höchstem und D als niedrigstem Empfehlungsgrad), da die Empfehlung lediglich auf Evidenzgrad V basiert (mit Ia als höchstem und V niedrigstem Evidenzgrad; Evidenzgrad V: Evidenz basierend auf Expertenmeinung ohne ausdrücklich kritische Bewertung oder auf physiologischen Untersuchungen oder auf am Experimentiertisch gewonnenen Ergebnissen; [72]).

Nutzen-Risiko-Analyse

Potenzieller Nutzen

Ösophaguskompression

Wenn der Nachweis der Effektivität des Krikoiddrucks hinsichtlich der Häufigkeit einer Aspiration aufgrund niedriger Inzidenz nicht erbracht werden kann, stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit des Krikoiddrucks auf Variablen, die als Surrogatmarker herangezogen werden können. Kritisch für den Hinweis auf eine mögliche Effektivität des Krikoiddrucks wäre die Dokumentation, dass

  • Krikoidknorpel, Ösophagus und Halswirbelkörper physiologischerweise in der Vertikalebene auf einer Linie liegen,

  • an dieser Stelle physiologischerweise die Gesamtfläche des Ösophagus zwischen Krikoidknorpel und Halswirbelkörper liegt und

  • Krikoiddruck zuverlässig zur Okklusion des Ösophagus führt.

Sellicks Schlussfolgerung, dass Druckausübung auf den Ringknorpel das Lumen des Ösophagus auf Höhe des fünften Halswirbelkörpers komprimieren würde, basierte auf einer einzelnen lateralen Röntgenaufnahme des Halses eines anästhesierten Patienten, dem ein Latexschlauch in den Ösophagus eingeführt worden war, der mit Kontrastmittel bis zu einem Druck von 100 cmH2O gefüllt war [93]. Nach Überstreckung des Kopfes und Anwendung von Krikoiddruck zeigte die laterale Röntgenaufnahme eine Obliteration des Schlauchlumens in Höhe des fünften Halswirbels. Zunächst erlaubt die alleinige laterale Röntgenaufnahme keine zuverlässigen Rückschlüsse auf das Gesamtlumen des Ösophagus. Zudem vermag die Röntgenaufnahme nicht die Frage zu beantworten, wie die Kompression des Ösophagus überhaupt zustande gekommen war. Denn während auf der Röntgenaufnahme die knöchernen Strukturen des Schädels, des Kiefers und der Halswirbelsäule deutlich sichtbar sind, fehlen diejenigen der Finger, die den Krikoiddruck ausgeübt haben müssen. Dieser Befund bleibt unkommentiert.

Im Gegensatz dazu zeigte eine computertomographische Aufnahme in Höhe des Krikoidknorpels bei einem wachen Patienten mit nasal platzierter Magensonde eine seitliche Verlagerung des Ösophagus unter festem Krikoiddruck („firm“; [109]). In Übereinstimmung mit diesem Befund zeigten eine retrospektive Auswertung von 51 zervikalen Computertomographien [96] und die prospektive Auswertung von 22 zervikalen Magnetresonanztomographien bei wachen Patienten [95], dass sich bei 49 bzw. 53% der Patienten ein gewisser Anteil der Ösophagusfläche schon normalerweise lateral der Mittellinie des Wirbelkörpers befand (Abb. 1). Unter Krikoiddruck stieg die Inzidenz der im Verhältnis zum Wirbelkörper lateralen Lage des Ösophagus von ursprünglich 53 auf 91% an [95]. Entsprechend lag die Gesamtfläche des Ösophagus bei 48% der Individuen ohne Krikoiddruck und bei 71% mit Krikoiddruck nicht vollständig zwischen Krikoidknorpel und Wirbelkörper. Bereits ohne Krikoiddruck lag der Atemweg bei 33% der Individuen lateral in Relation zur Mitte des Wirbelkörpers. Unter Krikoiddruck erhöhte sich dieser Anteil auf 67%.

Die vorliegenden Daten unterstützen weder die Annahme, dass Krikoidknorpel, Ösophagus und Halswirbelkörper physiologischerweise in der Vertikalebene auf einer Linie liegen noch dass Krikoiddruck zuverlässig zur Okklusion des Ösophagus führt.

Abb. 1
figure 1

Magnetresonanztomographie des Halses ohne (a) und mit Krikoiddruck (b). Krikoiddruck bewirkte eine seitliche Verschiebung des Ösophagus nach links um 12,1 mm. C Krikoidknorpel, E Ösophagus, VB = Wirbelkörper. ([95])

Verhinderung des Refluxes von Mageninhalt in den Pharynx

Kritisch für den Hinweis einer möglichen Effektivität des Krikoiddrucks wäre weiterhin der Nachweis, dass Krikoiddruck den Reflux von in den Ösophagus gelangtem Mageninhalt in den Pharynx verhindert. Beim Menschen stützt sich die Evidenz für einen solchen Mechanismus lediglich auf die von Sellick bei 3 der 26 Patienten beobachteten Regurgitationen nach Aufhebung des Krikoiddrucks [93], auf eine Untersuchung unter Verwendung einer sehr artifiziellen Methode [117] und auf einen einzelnen Fallbericht [71]. Ansonsten stammt die unterstützende Evidenz ausschließlich von Untersuchungen an menschlichen Leichen [27, 84, 86, 110] und Tierkadavern [27, 93, 110].

In seiner Erstpublikation [93] bezog sich Sellick auf eine Kadaverstudie (hierbei ist nicht klar, ob es sich um menschliche Leichen oder Tierkadaver handelte), in der gezeigt werden konnte, dass es nach Füllen des Magens mit Wasser unter festem („firm“) Krikoiddruck während steiler Lagerung nach Trendelenburg zu keiner Regurgitation von Flüssigkeit in den Pharynx kam und dass der Reflux von Wasser in den Pharynx durch Veränderung der Druckausübung auf den Krikoidknorpel beeinflusst werden konnte. Unklar ist, ob es sich um lediglich eine einzige Kadaveruntersuchung handelte. Quantitative Angaben zur Magenfüllung liegen nicht vor.

Die anderen 4 experimentellen Untersuchungen verwendeten eine vergleichbare Methode. Während der Infusion von Kochsalz oder Wasser über den Magen in den Ösophagus wurde der Pharynx auf ein Flüssigkeitsleck aus dem Ösophagus inspiziert. In allen 4 Untersuchungen verhinderte Krikoiddruck ein Flüssigkeitsleck vom Ösophagus in den Pharynx bei Ösophagusdrücken von bis zu 50–74 cmH2O [27], 100 cmH2O [84, 86] und 40 mmHg [110]. Da Magendrücke gewöhnlich geringer als 50 cmH2O sind, wurde aufgrund dieser Befunde geschlossen, dass Krikoiddruck eine Regurgitation zuverlässig verhindern könne. Die Übertragbarkeit dieser Ergebnisse in die klinische Praxis ist ungewiss, da ausnahmslos menschliche Leichen oder Tierkadaver unterschiedlichen Alters verwendet wurden und die Zahl der Untersuchungen gering war. Mit einer einzigen Ausnahme [110] wurde die Kraftausübung auf den Krikoidknorpel nicht quantifiziert.

Es gibt keine Daten für eine zuverlässige Verhinderung des Refluxes

Insgesamt liegen keine überzeugenden Daten dafür vor, dass Krikoiddruck beim Menschen zuverlässig den Reflux von Mageninhalt in den Pharynx verhindert. Dies sollte angesichts des Nachweises, dass Krikoiddruck beim Menschen den Ösophagus nicht zuverlässig komprimiert, nicht verwundern.

Potenzielle Risiken

Wenn keine überzeugende Evidenz für die Wirksamkeit von Krikoiddruck vorliegt, dann stellt sich Rahmen einer Risiko-Nutzen-Analyse die Frage nach möglichen oder tatsächlichen Risiken.

Verlegung/Obstruktion der Atemwege

Mehrere Untersuchungen haben über Verlegung der Atemwege bis hin zur Atemwegsobstruktion unter Ausübung von Krikoiddruck berichtet. Korrekt ausgeübter beidhändiger Krikoiddruck von 20–30 N (ca. 2–3 kg bei 1 N=0,10 kg) an gesunden wachen Freiwilligen verursachte Atemwegskompressionen (diagnostiziert anhand zervikaler Magnetresonanzuntersuchungen und definiert als Abnahme des anteroposterioren Durchmessers von mindestens 1 mm) bei 17 der 21 Individuen (81%; [95]). Eine computertomographische Aufnahme des Halses zeigte unter korrekt ausgeübtem Krikoiddruck bei einem wachen Individuum eine leichte Kompression und eine deutlich laterale Verlagerung des Larynx [105].

Bei einem durch einen gepolsterten Bügel ausgeübten Krikoiddruck von 20 N wurden eine okkludierende Deformierung des Ringknorpels (definiert als Berührung des anterioren mit dem posterioren Anteil des Ringknorpels) und ein teilweiser Stimmritzenverschluss (diagnostiziert mithilfe einer über eine Kehlkopfmaske eingeführten Fiberoptik) bei 7 (24%) resp. 12 (40%) der 30 anästhesierten Patienten beobachtet [60]. Unter einem Krikoiddruck von 30 N erhöhten sich diese Nebenwirkungen auf 43% resp. 50%. Unter Krikoiddrücken von 20 und 30 N war die Beatmung über eine Larynxmaske bei 15 (50%) resp. 21 (70%) der anästhesierten Patienten erschwert. Ohne Krikoiddruck konnten alle Patienten problemlos beatmet werden.

Bei 50 anästhesierten, muskelrelaxierten, über Gesichtsmaske kontrolliert beatmeten Patienten fiel das exspiratorische Atemzugvolumen unter Krikoiddruck im Mittel um 20% ab, und der inspiratorische Spitzendruck stieg im Mittel um 35% an [2]. In einem Viertel der 100 Krikoiddruckapplikationen sank das exspiratorische Atemzugvolumen um mehr als 50%. Die Einführung eines Guedel-Tubus änderte nichts an diesen Befunden. Bei 3 Patienten trat eine komplette Atemwegsobstruktion mit und ohne Guedel-Tubus auf. Vergleichbare Beobachtungen wurden während einer Maskenbeatmung von 52 [34] bzw. 50 anästhesierten Patienten [43] gemacht: Unter Krikoiddruck stiegen die inspiratorischen Atemwegsdrücke an, die exspiratorischen Atemzugvolumina fielen ab und es kam in mehreren Fällen zu kompletten Atemwegsobstruktionen. Ohne Krikoiddruck ließen sich alle Patienten problemlos beatmen.

Beeinträchtigung der Laryngoskopiequalität

Angesichts der beträchtlichen Unterschiede in der zugrunde liegenden Anatomie der Luftwege ist zu erwarten, dass die Auswirkungen des Krikoiddrucks auf die Qualität der Laryngoskopie komplex sind. Verschiedene randomisierte Studien haben sich mit diesem Thema beschäftigt. Erwartungsgemäß haben sie widersprüchliche Ergebnisse erbracht. Unter Krikoiddruck wurden eine Verbesserung [107], eine Verschlechterung [97] und keine Veränderung [12, 103] der laryngoskopischen Sicht oder sogar alle zusammen [36] beobachtet. Die meisten Untersucher benutzten zur Beurteilung der laryngoskopischen Sicht die Einteilung nach Cormack und Lehane [22], die allerdings recht subjektiv und wenig sensitiv ist.

Bei 50 nichtschwangeren Patientinnen (mittleres Alter 30 Jahre, mittleres Gewicht 61 kg) wurde die laryngoskopische Sicht nach Cormack und Lehane ohne Krikoiddruck, unter konventionellem Krikoiddruck sowie unter nach oben und rückwärts ausgeübtem Krikoiddruck beurteilt [107]. Aus Sicht der Autoren zeigten die Ergebnisse, dass die Wahrscheinlichkeit für eine bessere laryngoskopische Sicht sowohl unter konventionellem als auch unter nach oben und rückwärts ausgeübtem Krikoiddruck höher ist als ohne Krikoiddruck. Die genaue Analyse der Daten lässt einen solchen Schluss allerdings nicht zu. Es gab keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen in der Anzahl der Laryngoskopien mit Grad 1 nach Cormack und Lehane. Zudem lagen nicht genügend Laryngoskopien der Grade 2 und 3 vor, um eine valide statistische Auswertung zuzulassen. Deshalb räumten die Autoren ein, dass die Ergebnisse mit der Behauptung, dass Krikoiddruck keinen Einfluss auf die laryngoskopische Sicht hat, vereinbar sind. Die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf Patientenkollektive, die zu Schnelleinleitungen anstehen, ist allerdings nur sehr eingeschränkt möglich, denn es handelte sich um relativ junge, nichtübergewichtige Frauen, die zu gynäkologischen Elektiveingriffen anstanden. Die Tatsache, dass 95% aller laryngoskopischen Einstellungen Grad 1 nach Cormack und Lehane aufwiesen, zeigt, dass es sich hier um ein überdurchschnittlich leicht zu intubierendes Patientenkollektiv handelte. Die Ergebnisse widersprechen zudem einer neueren Untersuchung, die gezeigt hat, dass Krikoiddruck allein oder zusammen mit dem „BURP“-Manöver besonders bei Frauen die laryngoskopische Sicht verschlechtert [97]. Die „BURP“-Technik wurde eingeführt, um die Sicht auf die Glottis durch rückwärts („backwards“), nach oben („upwards“) und nach rechts ausgeübten Druck („rightwards pressure“) auf Schild- und Ringknorpel zu verbessern [49].

In einer großen randomisierten Untersuchung erhielten 700 Patienten während Laryngoskopie und Intubation entweder Krikoiddruck oder Scheinkrikoiddruck [103]. Zwischen beiden Gruppen gab es keinerlei Unterschiede in der Anzahl der Patienten, die nicht innerhalb von 30 s intubiert werden konnten, in der Qualität der laryngoskopischen Sicht und in der Häufigkeit von Intubationsschwierigkeiten. Diese Ergebnisse scheinen zunächst ebenfalls dem allgemeinen klinischen Eindruck zu widersprechen, dass Krikoiddruck bei einigen Patienten in unvorhersehbarer Weise die laryngoskopische Sicht beeinträchtigt und die Intubation erschwert, und sie scheinen mehreren Fallberichten sowie Untersuchungen zu widersprechen, die eine Verlagerung der Luftwege sowie vermehrte Schwierigkeiten beim Management der oberen Atemwege beschrieben haben. Mehrere Faktoren könnten das Ausbleiben ungünstiger Auswirkungen des Krikoiddrucks auf den Intubationserfolg erklären:

1. Die Ausgangsbedingungen für die Intubation wurden durch den Ausschluss nichtelektiver chirurgischer Eingriffe sowie schwangerer und extrem adipöser Patienten optimiert. Gerade in den beiden letzteren Patientengruppen ist mit erschwerten Intubationsbedingungen zu rechnen, und zusätzlicher Krikoiddruck könnte sehr wohl zu einer weiteren Verschlechterung dieser Bedingungen führen.

2. Die Ausgangsanatomie der oberen Luftwege war insgesamt günstig. Eingeschränkte Mundöffnung (<40 mm) und verminderter thyreomentaler (<65 mm) sowie sternomentaler Abstand (<125 mm) lagen in lediglich 4,2–4,4% resp. 2,9–4,2% resp. 0,3–1,4% aller Patienten vor. Die Mehrzahl der Patienten (76–78%) wies eine Mallampati-Klassifizierung von I oder II auf. Eine mediane Intubationszeit von etwas über 11 s (25.–75. Perzentile: 8,7–13,3 s) reflektiert diese für eine Intubation optimalen Ausgangsbedingungen.

3. Der Krikoiddruck wurde durch Anästhesieassistenten ausgeübt, die vor der Untersuchung täglich in der korrekten Identifizierung des Ringknorpels und mithilfe eines Simulators in der Anwendung einer Kraft von 30 N (ca. 3 kg) unterwiesen worden waren. Man kann die Ergebnisse deshalb auch dahingehend interpretieren, dass die Ausübung von Krikoiddruck durch hoch geschultes und überwachtes Personal die endotracheale Intubation bei Patienten mit normaler Anatomie der oberen Atemwege wahrscheinlich nicht behindert. In der klinischen Realität wird der Krikoiddruck jedoch häufig durch weniger oder in dieser Hinsicht kaum ausgebildetes Personal (s. Abschn. „Korrekte Ausübung“) sowie bei Patienten mit Risikofaktoren für eine schwierige Laryngoskopie und Intubation ausgeübt.

In neuerer Zeit konnte die laryngoskopische Sicht während Krikoiddrucks mithilfe der Fotografie des Blickfelds durch ein starres Endoskop, das in Sichtachse des Laryngoskopisten angebracht war, zum ersten Mal objektiviert werden [36]. Unter Verwendung dieser Methode waren die Ergebnisse komplex. In einigen Individuen verbesserte, in anderen verschlechterte sich die Sicht unter Krikoiddruck. Der Krikoiddruck, bei dem sich die Sicht verbesserte oder verschlechterte, variierte beträchtlich. Betrachtet man die Gruppe in ihrer Gesamtheit, so war lediglich die Erhöhung des Drucks von 0 auf 10 N mit der höheren Wahrscheinlichkeit einer Verbesserung (n=19) als einer Verschlechterung (n=12) der Sicht verbunden (unveränderte Sicht n=9). In dem empfohlenen Bereich der Kraftausübung zwischen 10 and 40 N verschlechterte sich jedoch die laryngoskopische Sicht häufiger, als dass sie sich verbesserte. Die Verschlechterung des laryngoskopischen Blicks kam durch kaudales Umklappen der Epiglottis, Adduktion der vestibulären Taschenfalten, Verlagerung pharyngealer Weichteile sowie Verschiebung und Rotation des Larynx zustande. Eine größere axiale Kraft mit dem Laryngoskop war nötig, um die ungünstigen Auswirkungen des Krikoiddrucks auf die Laryngoskopie auszugleichen und um die laryngoskopische Sicht teilweise oder komplett wiederherzustellen. Die Notwendigkeit für eine größere Kraftaufwendung sollte schon für sich genommen eine Intubation erschweren.

Zusammenfassend lässt sich zu den zur laryngoskopischen Sicht während der Ausübung von Krikoiddruck durchgeführten Untersuchungen Folgendes sagen: Mit einer Ausnahme [36] wurde die laryngoskopische Sicht nicht quantifiziert. Häufig war die Intervention nicht verblindet. Es wurden nur Patienten in die Untersuchungen eingeschlossen, die zu Elektiveingriffen anstanden und keinerlei Risikofaktoren für eine schwere Intubation oder Regurgitation aufwiesen. Das den Krikoiddruck ausübende medizinische Personal war in dessen Anwendung meist speziell geschult. Selbst unter derart günstigen klinischen Voraussetzungen war die Auswirkung von Krikoiddruck auf die laryngoskopische Sicht uneinheitlich und unvorhersehbar: Unter Krikoiddruck kann sich die Sicht verbessern, verschlechtern oder unverändert bleiben.

Patienten mit den klassischen Indikationen für eine Schnelleinleitung stellen allerdings kein derart selektioniertes Patientenkollektiv dar, und die Wahrscheinlichkeit für die Assistenz durch in der Ausübung von Krikoiddruck speziell geschultes Personal ist eher gering. In nicht wenigen Fällen ist eine ausreichende laryngoskopische Sicht nur durch unbehinderte externe Manipulation des Zungenbeins und des Schildknorpels durch die freie Hand des laryngoskopierenden Anästhesisten zu erreichen [7, 8]. Eine solche externe Manipulation kann sehr wohl den Unterschied zwischen fehlgeschlagener und erfolgreicher Intubation ausmachen. Da der Krikoidknorpel 2–3 cm kaudal von Zungenbein und Schildknorpel liegt, wird Krikoiddruck aus rein anatomischen Gründen nur selten mit dem optimalen externen Druckpunkt übereinstimmen. Man kann deshalb schon a priori erwarten, dass Krikoiddruck die laryngoskopische Sicht in vielen Fällen verschlechtern und somit auch die Inzidenz schwieriger sowie erfolgloser Intubationen erhöhen wird.

Weitere Komplikationen des Atemwegsmanagements

Zu den zahlreichen Nebenwirkungen des Krikoiddrucks auf das Atemwegsmanagement, von denen einige zu ernsthaften Komplikationen führen können, zählen neben den bereits diskutierten [2, 31, 34, 43, 60] auch die erschwerte Platzierung einer Larynxmaske [3, 5, 13, 58] und eines Larynxtubus [6], die erschwerte Beatmung über eine Larynxmaske [4, 5, 58] und einen Larynxtubus [6], die erschwerte Einführung eines Intubations-Bougie in die Trachea [62, 104], Larynxtrauma [39, 94] und Ösophagusruptur [55, 79, 110]. Wenn sowohl Beatmung als auch Intubation nicht möglich sind, kann der Einsatz einer Larynxmaske lebensrettend sein. Wenn die Einführung einer Larynxmaske durch Krikoiddruck behindert wird, sollte auf jeden Fall dem bereits bestehenden Risiko einer Hypoxämie und nicht dem eher theoretischen Risiko der Aspiration Rechnung getragen sowie der Krikoiddruck in einer solchen Situation sofort aufgehoben werden.

Abnahme des unteren Ösophagussphinktertonus

Der ösophageale Barrierendruck (Differenz zwischen unterem Ösophagussphinkter- und Mageninnendruck) ist eine entscheidende Determinante für die Regurgitation von Mageninhalt in den Ösophagus. Krikoiddruck senkt durchweg den ösophagealen Barrierendruck durch Verminderung des Tonus des unteren Ösophagussphinkters [30, 83, 99, 102].

Die neuronale Kontrolle des oberen und des unteren Ösophagussphinkters unterliegt dem Vagusnerv [80]. Die Schnelligkeit, mit der der Tonus des unteren Ösophagussphinkters unter Krikoiddruck abnimmt und nach dessen Aufhebung wieder auf Normalwerte ansteigt [83], lässt auf einen neuralen Reflexmechanismus schließen, der möglicherweise durch die Stimulation pharyngealer Mechanorezeptoren ausgelöst wird [67, 68, 78, 102]. Zwar lässt sich kein spezifischer ösophagealer Barrierendruck oder Druck des unteren Ösophagussphinkters definieren, bei dessen Unterschreitung es zum Reflux kommt; aber es ist zumindest eine Korrelation zwischen dem Druck des unteren Ösophagussphinkters und dem Reflux beschrieben worden [1, 33]. Eine Remifentanilinfusion und ein Propofolbolus verhinderten die Abnahme des Tonus des unteren Ösophagussphinkters während Krikoiddrucks [99].

Krikoiddruck kann mit zahlreichen, klinisch relevanten Nebenwirkungen verbunden sein

Zusammengenommen belegen die Daten, dass die Ausübung von Krikoiddruck mit zahlreichen, klinisch relevanten Nebenwirkungen verbunden sein kann. Die durch den Krikoiddruck ausgelöste Verdrängung und Verlegung pharyngealer sowie laryngealer Strukturen kann zur Atemwegsobstruktion führen und das Risiko für eine erschwerte Intubation sowie Beatmung erhöhen. Die Abnahme des Tonus des unteren Ösophagussphinkters begünstigt per se eine Regurgitation, besonders bei erhöhten Mageninnendrücken. Man könnte deshalb zu Recht argumentieren, dass über diese Mechanismen Regurgitationen gerade erst wegen und nicht trotz der Ausübung von Krikoiddruck zustande kommen können.

Durchführung

Einhändige Techniken

Die ursprünglich von Sellick beschriebene „klassische“ einhändige Technik kann zur Anteflexion im Halsbereich führen und damit die Sicht auf die Glottis behindern [24]. Die Platzierung der Handfläche auf dem Sternum und die Ausübung von Krikoiddruck lediglich durch die Zeige- und Mittelfinger sollen die Sicht auf die Glottis bei konventioneller Laryngoskopie verbessern [23], und die Ausübung des Krikoiddrucks mit der linken Hand von links soll das Einführen des Laryngoskops erleichtern [111]. Untersuchungen am Simulator legten nahe, dass Krikoiddruck zuverlässiger mit der rechten als der linken Hand ausgeübt wird [21]. Bei Kindern ist die einhändige Ausübung von Krikoiddruck mithilfe des kleinen und des Mittelfingers der die Maske haltenden Hand des Anästhesisten beschrieben worden [87].

Zweihändige Technik

Bei der zweihändigen Technik übt die eine Hand Krikoiddruck wie bei der einhändigen aus, während die andere Hand Gegendruck im Nackenbereich erzeugt [23]. Obwohl einige Anästhesisten die beidhändige Technik vorzuziehen scheinen [118], kann die Sicht auf die Glottis auch unter dieser Technik behindert sein [20]. Bezeichnenderweise sind auch unterschiedliche zweihändige Techniken beschrieben worden [116, 117]. Letztlich besteht jedoch keine Einigkeit, ob der ein- oder beidhändige Krikoiddruck die besseren Intubationsbedingungen schafft und hinsichtlich des Patienten-Outcome ein Unterschied besteht [20, 21, 24, 107, 118].

Druckstärke

Die maximalen intragastralen Drücken bei nüchternen Patienten in Rückenlage betragen 25 mmHg [53, 59]. Eine Magenfüllung von 750 ml erhöht den Druck um 10 mmHg [44]. Man kann somit davon ausgehen, dass der Mageninnendruck bei vollem Magen in Rückenlage in Ruhe ungefähr 35 mmHg beträgt. In einer Untersuchung an 10 menschlichen Erwachsenenleichen verhinderte eine Krikoidkraft von 30 N zuverlässig eine Regurgitation in den Phayrnx bei intraösophagealen Drücken von bis zu 40 mmHg [110]. Deshalb galt lange Zeit eine Kraftausübung von 40–44 N auf den Krikoidknorpel als der Goldstandard zur Vermeidung einer Regurgitation bei Erwachsenen [108, 117]. Allerdings kann eine solche Kraftausübung zur Kompression des Larynx und zu Intubationsschwierigkeiten führen [56]. Auch 30 N scheinen auszureichen, um eine Regurgitation zu verhindern [110].

Die Empfehlungen für die unter Krikoiddruck aufzubringenden Kräfte variieren zwischen 10 N (ca. 1 kg) und 20 N (ca. 2 kg) beim wachen sowie zwischen 30 N (ca. 3 kg) und 40 N (ca. 4 kg) beim schlafenden Patienten [50, 106, 117]. Die Empfehlung, beim wachen Patienten nicht mehr als 20-N-Krikoidkraft auszuüben und diese nach Eintritt der Bewusstlosigkeit auf 30 N zu erhöhen, basiert wiederum auf Untersuchungen an menschlichen Erwachsenenleichen [110]. In einem Editorial heißt es, dass 20 N wahrscheinlich genügend („probably enough“) und 30 N mehr als genügend („more than enough“) sind, um eine Regurgitation in den Pharynx zu verhindern, und es sei vernünftig zu empfehlen („reasonable recommendation“), 10 N beim wachen und 30 N beim gerade eingeschlafenen Patienten anzuwenden [106]. Derart unscharfe Formulierungen reflektieren die fehlende wissenschaftliche Grundlage für solche Empfehlungen.

Zeitpunkt

Unter Anästhesieeinleitung mit Thiopental beginnt die Abnahme des oberen ösophagealen Sphinkterdrucks einige Sekunden vor Verlust des Bewusstseins [108]. Da der Krikoiddruck dieser Druckabnahme entgegenwirken soll, wurde empfohlen, bereits beim noch wachen Patienten Krikoidkräfte von 10–20 N (ca. 1–2 kg; [50, 106, 117]) auszuüben. Zwar wurde eine Krikoidkraft von 20 N von allen 22 gesunden, relativ jungen Freiwilligen für 20 s toleriert, allerdings empfanden mehr als die Hälfte dies als unangenehm, einige sogar als schmerzhaft [105]. Beim wachen Patienten ausgeübter Krikoiddruck kann unkontrolliertes Husten, Würgen, Regurgitation und Erbrechen auslösen und damit per se zur Aspiration führen [115]. Da bisher nicht nachgewiesen werden konnte, dass Krikoiddruck die Inzidenz pulmonaler Aspirationen während einer Schnelleinleitung reduziert, wird sich auch nicht die Richtigkeit einer Empfehlung für oder gegen die Ausübung von Krikoiddruck beim noch wachen Patienten verifizieren lassen.

Management während Schnelleinleitung

Einige der Empfehlungen zum Management des Krikoiddrucks während der Schnelleinleitung reflektieren die Ungewissheit auf diesem Gebiet. Empfohlen wurde, einen Krikoiddruck von 20 N im noch wachen Patienten und von 30 N nach Eintritt der Bewusstlosigkeit auszuüben [11]. Interessanterweise wird das weitere Vorgehen bei initial schlechten laryngoskopischen Sichtverhältnissen oder fehlgeschlagenem Intubationsversuch vom Verhalten der peripheren Sauerstoffsättigung (SpO2) abhängig gemacht. Bei unveränderter SpO2 wurde empfohlen, den Krikoiddruck zwar aufrechtzuerhalten, aber auf 20 N zu reduzieren. Fällt dagegen die SpO2 schon beim ersten Intubationsversuch ab, soll der Krikoiddruck gänzlich aufgehoben werden. Die Empfehlungen, den Krikoiddruck bei schwierigen Intubationsbedingungen zu reduzieren und unter kritischen Bedingungen sogar gänzlich aufzuheben, implizieren, dass der Krikoiddruck per se die Maskenbeatmung und die Intubation aus Sicht der Autoren nicht nur erschweren, sondern sogar unmöglich machen kann.

Die von der Difficult Airway Society (DAS) publizierten Richtlinien für die unerwartet schwierige Intubation während einer Schnelleinleitung im nichtgeburtshilflichen Bereich empfehlen einen Krikoiddruck von 10 N beim wachen Patienten (im Gegensatz zu den zuvor erwähnten 20 N) und von 30 N beim anästhesierten Patienten [40]. Während der Laryngoskopie wird bei Bedarf eine externe laryngeale Manipulation durch den laryngoskopierenden Anästhesisten empfohlen. (Es sei dahingestellt, wie gleichzeitig Krikoiddruck und externe Manipulation am Larynx ausgeübt werden können.) Ist die laryngoskopische Sicht schlecht, wird eine Reduzierung des Krikoiddrucks empfohlen. Schlägt der Intubationsversuch fehl, wird die Aufrechterhaltung des Krikoiddrucks mit 30 N empfohlen. Gestaltet sich die anschließende Maskenbeatmung unter aufrechterhaltenem Krikoiddruck schwierig oder beginnt die SpO2 abzufallen, wird (lediglich) die Reduzierung des Krikoiddrucks empfohlen (im Gegensatz zu der zuvor erwähnten Empfehlung zur kompletten Aufhebung des Krikoiddrucks unter gleichen Bedingungen). Bedenkt man die durch den Krikoiddruck ausgelöste Abnahme des Tonus des unteren Ösophagussphinkters und den Anstieg der inspiratorischen Beatmungsdrücke bei gleichzeitig inkompletter Okklusion des Ösophagus, ist die Empfehlung der Maskenbeatmung unter aufrechterhaltenem Krikoiddruck als äußerst problematisch anzusehen, da sie das Potenzial der Magenüberblähung in sich birgt. Nach gescheiterter Intubation kann die Oxygenierung bei aufrechterhaltenem Krikoiddruck unmöglich werden [34, 60].

Besondere Patientengruppen

Kinder

Obwohl eingeräumt wurde, dass Krikoiddruck nur schwer korrekt ausgeübt werden kann und eventuell unnötig sowie potenziell gefährlich ist [14], wird seine Anwendung bei Kindern von einigen Autoren weiterhin empfohlen [14, 54]. Dabei sollen Krikoidkräfte von 10 N im Wachzustand und eine Erhöhung der Kraft auf 30 N nach Verlust des Bewusstseins ausgeübt werden [54].

In neuester Zeit wird die Ausübung von Krikoiddruck bei Kindern allerdings zunehmend kritisch betrachtet. Krikoiddruck wird als kontraproduktiv angesehen, da er per se eine Aspiration durch Auslösen von Husten, Pressen und erschwerten Atemwegsverhältnissen geradezu provozieren kann [48, 90, 114]. In den aktuellen Handlungsempfehlungen des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Kinderanästhesie der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) zur „rapid sequence induction“ im Kindesalter wird Krikoiddruck ausdrücklich nicht mehr empfohlen [90]. Die wesentlichen Gründe für diese Empfehlung sind der fehlende Nachweis des Nutzens von Krikoiddruck, die inkorrekte Ausübung in den meisten Fällen und die möglichen Nebenwirkungen, insbesondere die Behinderung des Atemwegsmanagement sowie das Auslösen von Würgen und Erbrechen.

Patientinnen in der Spätschwangerschaft

Neben vollem Magen, Magenausgangsstenose und Ileus gilt die Schwangerschaft im dritten Trimenon als eine der klassischen („harten“) Indikationen für die Ausübung von Krikoiddruck während einer Anästhesieeinleitung. Ein deutsches [32] und ein amerikanisches Anästhesielehrbuch [9] fordern übereinstimmend die Ausübung von Krikoiddruck während Schnelleinleitung für einen Kaiserschnitt, obwohl eingeräumt wird [32], dass Intubationsschwierigkeiten bei Schwangeren mit 1:300 [88] überdurchschnittlich häufig auftreten und dass Krikoiddruck die Laryngoskopie weiter erschweren kann. Beide Lehrbücher fordern, dass der Krikoiddruck nach fehlgeschlagener Intubation während eventuell notwendig werdender Maskenbeatmung fortgesetzt wird [9, 32].

Die Indikationsstellung zur Ausübung von Krikoiddruck bei Schwangeren bedarf besonderer Überlegungen. Schwangere am Termin entwickeln die höchsten Mageninnendrücke [59], die durch die Gabe von Succinylcholin noch weiter ansteigen können [53]. Deshalb sind theoretisch bei Schwangeren höhere Krikoidkräfte notwendig als bei Nichtschwangeren. Je stärker jedoch der Krikoiddruck ist, desto wahrscheinlicher wird eine Verschlechterung der Intubationsbedingungen durch Verschlechterung der laryngoskopischen Sicht [36] und der größeren Anfälligkeit von Frauen zur Deformation des Krikoidknorpels unter höherem Krikoiddruck [60]. Nun sind die Intubationsbedingungen aufgrund der Gewichtszunahme, vergrößerten Brüsten und Ödembildung im Bereich von Oropharynx, Larynx und Trachea ohnehin schon ganz grundsätzlich erschwert. Wiederholte Intubationsversuche können bei der zugrunde liegenden Ödemneigung im Schleimhautbereich sehr rasch zur Verlegung der oberen Atemwege führen. Da Schwangere aufgrund der reduzierten funktionellen Residualkapazität („functional residual capacity“, FRC) wesentlich schneller desaturieren als Nichtschwangere, ist eine zuverlässig rasche endotracheale Intubation unmittelbar nach Eintritt der Bewusstlosigkeit essenziell. Das erfordert optimale Ausgangsbedingungen. Es wäre nur dann gerechtfertigt, eine mögliche Verschlechterung der Intubationsbedingungen unter Krikoiddruck in Kauf zu nehmen, wenn dadurch das Outcome insgesamt nachweislich verbessert würde.

Im Rahmen einer vor wenigen Jahren durchgeführten Pro- und Kontradebatte der britischen Vereinigung geburtshilflicher Anästhesisten zur These, die traditionelle Schnelleinleitung bei Kaiserschnitt sei überholt und sollte deshalb modifiziert werden, gingen die Meinungen der Diskutanten hinsichtlich der Ausübung von Krikoiddruck auseinander. Der für die Modifizierung der traditionellen Schnelleinleitung Plädierende ließ offen, ob Krikoiddruck mehr Probleme verursacht als er löst [57]. Dagegen vertrat der für die Beibehaltung der traditionellen Schnelleinleitung Plädierende die Ansicht, man müsse akzeptieren, dass Krikoiddruck von Nutzen sein (wenn auch nicht quantifizierbar) und es zurzeit keine zwingenden Gründe geben würde, auf ihn zu verzichten [63]. Es blieb allerdings offen, auf welchen Daten die Behauptung eines Nutzens von Krikoiddruck basierte.

Die pulmonale Aspiration von Mageninhalt war mit 8 von 22 anästhesiebedingten Todesfällen bei geburtshilflichen Eingriffen die häufigste Todesursache [69]. Allerdings war in 6 der 8 aspirationsbedingten Todesfälle Krikoiddruck vor der Intubation ausgeübt worden. Drei der Aspirationen wurden durch schwierige Intubationen ausgelöst. Über einen Beobachtungszeitraum von 11 Jahren (1979–1990) wurden den Centers for Disease Control and Prevention in den USA insgesamt 129 anästhesiebedingte geburtshilfliche Todesfälle gemeldet [37]. Es ereigneten sich 106 der 129 Todesfälle (82%) während Kaiserschnitten. Unter Allgemeinanästhesie traten 67 der 129 Todesfälle (52%) auf. Von den 67 Todesfällen waren 49 (73%) auf Atemwegsprobleme und 15 (22%) auf Herzstillstand während der Anästhesie zurückzuführen. In 3 Fällen (5%) ließen sich die Ursachen nicht ermitteln. Von den 49 durch Atemwegsprobleme verursachten Todesfällen waren 22 (45%) auf pulmonale Aspiration, 15 (31%) auf Probleme bei der Einleitung und Intubation, 10 (20%) auf ungenügende Beatmung und 2 (4%) auf Lungenversagen zurückzuführen. Insgesamt starben mehr Frauen (n=27) durch Probleme bei der Einleitung und der Intubation, ungenügende Beatmung und Lungenversagen als durch eine Aspiration (n=22). Man kann davon ausgehen, dass höchstwahrscheinlich alle Allgemeinanästhesien unter Ausübung von Krikoiddruck eingeleitet worden waren, da dies dem Versorgungsstandard („standard of care“) in den USA entspricht. Die 22 tödlichen Aspirationen traten also höchstwahrscheinlich trotz Ausübung von Krikoiddruck auf. Vor dem Hintergrund zahlreicher Daten, die eine Verschlechterung der Intubationsbedingungen unter Krikoiddruck beschrieben haben, stellt sich zwangsläufig die Frage, inwieweit Krikoiddruck zu den 27 nichtaspirationsbedingten Todesfällen durch weitere Verschlechterung der ohnehin schon erschwerten Intubationsbedingungen in dieser Population beigetragen haben mag.

Über einen Beobachtungszeitraum von 17 Jahren wurden in einer geburtshilflichen Abteilung 23 erfolglose Intubationen registriert [38]. Krikoiddruck wurde während der Intubationsversuche aufrechterhalten. Bei 14 Frauen (60%) war die Beatmung über eine Gesichtmaske unproblematisch, bei 7 (30%) schwierig und bei 2 (9%) unmöglich. Es ist nicht auszuschließen, dass der Krikoiddruck zu den erfolglosen Intubationsversuchen und den anschließenden Beatmungsschwierigkeiten beigetragen hatte. In voller Erkenntnis dieser Möglichkeit wurde entsprechend empfohlen, Krikoiddruck dann aufzuheben, wenn die Beatmungsschwierigkeiten zur Hypoxämie führen könnten [106]. Es lässt sich nicht widerlegen, dass es möglicherweise ohne Ausübung von Krikoiddruck weniger häufig zu erfolglosen Intubationen gekommen wäre.

Man muss ernsthaft hinterfragen, ob es gerechtfertigt ist, durch das Bestehen auf der Ausübung von Krikoiddruck wissentlich das Risikos einer Verschlechterung der Intubationsbedingungen in einer Situation in Kauf zu nehmen, in der eine zuverlässig rasche Intubation von großer Bedeutung ist und gleichzeitig keinerlei Daten vorliegen, dass Krikoiddruck das Outcome in diesem Patientenkollektiv verbessert. Gerade bei Schwangeren im dritten Trimenon, bei denen die Intubationsbedingungen ohnehin schon erschwert sind und es aufgrund der reduzierten FRC zu einer raschen Hypoxämie von Mutter sowie Fetus kommen kann, spricht Vieles dafür, gänzlich auf die Ausübung von Krikoiddruck zu verzichten.

Notfallmedizin

In der Notfallmedizin wird die Anwendung von Krikoiddruck wegen des fehlenden Nachweises von Nutzen bei gleichzeitig hohem Potenzial für klinisch relevante Nebenwirkungen zunehmend kritisch betrachtet [26].

Korrekte Ausübung

Zahlreiche Umfragen und Untersuchungen haben wiederholt und übereinstimmend gezeigt, dass anästhesiologisches sowie nichtanästhesiologisches Pflege- und ärztliches Personal unterschiedlichster Praxiserfahrung generell nur unzureichende theoretische Kenntnisse über Krikoiddruck besitzen [19, 51, 64, 77, 89] und diesen oft inkorrekt ausüben [18, 19, 41, 45, 51, 61, 70, 74, 75, 77, 89]. Vorgegebene Krikoiddrücke werden meistens nur ungenügend reproduziert und entsprechen häufig nicht den Empfehlungen [18, 41, 45, 61, 70, 75, 77]. Dies steht in deutlichem Widerspruch zur regelmäßigen Anwendung von Krikoiddruck während Schnelleinleitungen und zur Überzeugung der meisten Anästhesisten, dass die Ausübung von Krikoiddruck während einer Schnelleinleitung für die Sicherheit des Patienten unabdingbar ist. So gaben beispielsweise alle 220 auf eine Umfrage antwortenden Ärzte (40% Fachärzte, 60% Ärzte in Ausbildung) an, Krikoiddruck routinemäßig während einer Schnelleinleitung zu verwenden [70]. Doch trotz der generellen Anwendung von Krikoiddruck variierten die Angaben zu den auszuübenden Kräften beachtlich: zwischen 1 und 44 N beim wachen sowie zwischen 2 und 80 N beim anästhesierten Patienten. Viele machten überhaupt keine oder lediglich deskriptive Angaben zur Kraftausübung. Selbst die Befürworter des Krikoiddrucks räumen ein, dass die falsche Ausübung mehr Schaden anrichtet als Nutzen bringt [11, 42, 106]. Theoretisches und praktisches Wissen lassen sich zwar durch entsprechende Schulung deutlich verbessern [45, 50, 61, 75, 89]. Da jedoch der Übungseffekt gewöhnlich nicht lange anhält [29, 77], wäre nur durch regelmäßig wiederholte Schulungen eine korrekte Ausübung von Krikoiddruck zu gewährleisten.

Anwendung erfolgt zumeist fehlerhaft

Insgesamt muss davon ausgegangen werden, dass trotz der weiten Verbreitung und des hohen Stellenwerts, der dieser Technik in der klinischen Praxis eingeräumt wird, die Anwendung zumeist fehlerhaft erfolgt und ausreichende theoretische sowie praktische Grundkenntnisse in allen Fachgruppen nicht vorhanden sind.

Schlussfolgerungen

Krikoiddruck wurde auf der Basis einer einzigen, nichtrandomisierten, nichtkontrollierten, nur wenige Patienten umfassenden klinischen Beobachtungsstudie [93] und auf der Basis von Untersuchungen an Kadavern [27, 84, 86, 93, 110] in die klinische Praxis eingeführt. In den meisten Teilen der Welt werden der Krikoiddruck seit der Publikation von Sellick als obligatorischer Bestandteil einer Schnelleinleitung und dessen Nichtanwendung bei Patienten mit erhöhtem Aspirationsrisiko von vielen, wenn nicht sogar von den meisten Anästhesisten als Kunstfehler angesehen.

Als Sellick die Technik des Krikoiddrucks beschrieb, herrschte allgemeine Besorgnis über vermehrte Todesfälle aufgrund pulmonaler Aspirationen, die während der Anästhesieeinleitung nicht nur im allgemein-chirurgischen, sondern ganz besonders im geburtshilflichen Patientengut auftraten [66]. Deshalb musste das vorgeschlagene Vorgehen zum damaligen Zeitpunkt attraktiv erscheinen. Doch die anästhesiologische Praxis hat sich seither entscheidend weiterentwickelt und ist mit der des Jahres 1961 nicht vergleichbar. Sellick lagerte den Kopf des Patienten während der Anästhesieeinleitung wie zur Tonsillektomie, und eine unbekannte Zahl von Patienten wurde per inhalationem eingeleitet sowie vor der Intubation mit Maske beatmet. Ein solches Vorgehen widerspricht heutigen Standards.

Die Auswertung der zum jetzigen Zeitpunkt vorliegenden Daten zum Thema Krikoiddruck stellt die Empfehlung zur routinemäßigen Ausübung von Krikoiddruck während jeder Schnelleinleitung ernsthaft infrage. Nach derzeitigem wissenschaftlichen Standard kann der Krikoiddruck nicht als evidenzbasierte Technik angesehen werden [15, 72, 76, 93]. Einiges spricht sogar dafür, dass die Ausübung von Krikoiddruck nicht nur überflüssig, sondern potenziell gefährlich ist. Hinzu kommt, dass Probleme mit dem Atemwegsmanagement wesentlich häufiger zu Morbidität und Mortalität beitragen als eine pulmonale Aspiration [16, 17].

Die postulierte Effektivität des Krikoiddrucks basiert seit Sellicks Bericht auf der Vorstellung, dass Krikoiddruck den Ösophagus zuverlässig komprimiert und damit den Reflux von in den Ösophagus gelangtem Mageninhalt in den Pharynx verhindert. Der entsprechende Nachweis konnte jedoch nicht nur nie erbracht werden, sondern es konnte gezeigt werden, dass selbst korrekt applizierter Krikoiddruck den Ösophagus nicht zuverlässig okkludiert [95]. Damit fällt die anatomisch-physikalische Grundlage für den postulierten Wirkmechanismus des Krikoiddrucks fort. Entsprechend liegen auch keine überzeugenden Daten dafür vor, dass Krikoiddruck die Regurgitation von Mageninhalt in den Pharynx beim Menschen zuverlässig verhindert. Schon aus rein anatomischen und physikalischen Überlegungen heraus erscheint es eher unwahrscheinlich, dass ein auf den Krikoidknorpel (starrer, tubulärer Körper) ausgeübter, streng definierter Druck zur zuverlässigen Kompression des Ösophagus (teilweise beweglicher, verformbarer, tubulärer Körper unterschiedlicher Dicke) zwischen Krikoidknorpel und Halswirbel (starrer Körper mit runder Oberfläche) führen soll, besonders wenn die intraluminalen Ösophagusdrücke aufgrund von Regurgitation oder Erbrechen großen Schwankungen unterliegen können.

Pulmonale Aspirationen sind trotz Ausübung von Krikoiddruck beobachtet worden [37, 69, 70, 82, 92, 113, 115]. Unsachgemäße Anwendung ist dafür als einer der Gründe genannt worden [52, 91]. Bedenkt man die allgemein unzureichende Ausübung von Krikoiddruck, ist diese Möglichkeit nicht gänzlich auszuschließen. Es ist aber auch denkbar, dass Aspirationen nicht trotz, sondern gerade wegen Krikoiddrucks auftreten. Krikoiddruck per se könnte die Regurgitation begünstigen, indem er den unteren ösophagealen Sphinktertonus erniedrigt, eine Magenaufblähung während Maskenbeatmung nach gescheitertem Intubationsversuch begünstigt und zur Sympathikusstimulation durch wiederholte Intubationsversuche sowie eine sich möglicherweise ausbildende Hypoxämie beiträgt. Es ist durchaus möglich, dass durch das generelle Bestehen auf der Ausübung von Krikoiddruck während jeder Schnelleinleitung mehr Patientenleben durch Behinderung des Atemwegsmanagements gefährdet als durch die lediglich postulierte, aber durch nichts bewiesene Vermeidung einer pulmonalen Aspiration gerettet werden.

Zweifel an der Wirksamkeit von Krikoiddruck sind in der Vergangenheit wiederholt geäußert worden. So ist angemerkt worden, dass hier einer Technik ein Ausmaß an Bedeutung beigemessen wird, die ungenügend untersucht, ungenügend gelehrt und schlecht ausgeübt wird [35]. Es ist kritisiert worden, dass eine Technik zum Versorgungsstandard erklärt wird, deren klinische Wirksamkeit überhaupt nicht erwiesen ist. Dies sei nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht unvertretbar, sondern öffne Prozessen Tür und Tor [52]. Es ist gefordert worden, Wirksamkeit und Sicherheit jener Techniken wissenschaftlich neu zu beurteilen, die bei Patienten mit erhöhtem Aspirationsrisiko während Schnelleinleitungen traditionell angewandt werden [47]. Eine Menge der zum Thema Krikoiddruck publizierten Literatur beschäftigt sich mehr mit der Suche nach der „optimalen“ Kraft als nach dem klinischen Nutzen des Krikoiddrucks.

Bei fehlendem Nachweis für die Wirksamkeit des Krikoiddrucks und gleichzeitigen Belegen für die Beeinträchtigung des Atemwegsmanagements durch Krikoiddruck ist es höchst fragwürdig, eine solche Technik gerade in einer Patientenpopulation mit erhöhter Aspirationsgefahr zu empfehlen, in der optimale Intubationsbedingungen von entscheidender Bedeutung sind. Es könnte gefährlich sein, Krikoiddruck für wirksam zu halten und gleichzeitig die vielen anderen Faktoren, die zur Regurgitation und Aspiration beitragen, zu vernachlässigen. Zur Prävention pulmonaler Aspirationen während einer Schnelleinleitung sind die Vermeidung von Husten und Würgen sowie die Schaffung optimaler Intubationsbedingungen durch großzügige Dosierung des Hypnotikums und des Muskelrelaxans sicherlich effektiver als die Ausübung von Krikoiddruck.

Die vorliegende Datenlage berechtigt zu der Empfehlung, auf die generelle Anwendung von Krikoiddruck während einer Schnelleinleitung zu verzichten. Es besteht keine wissenschaftliche Grundlage für diesbezüglich unterschiedliche Empfehlungen für Kinder (kein Krikoiddruck; [90]) und Erwachsene (Krikoiddruck obligat). Eine Revision der diesbezüglichen Empfehlungen sollte deshalb in Betracht gezogen werden.

Fazit für die Praxis

Die Ausübung von Krikoiddruck scheint nicht nur überflüssig, sondern möglicherweise sogar schädlich zu sein. Die vorliegende Datenlage berechtigt zu der Empfehlung, auf die generelle Anwendung von Krikoiddruck während einer Schnelleinleitung zu verzichten. Es ist durchaus denkbar, dass durch das Bestehen auf der Ausübung von Krikoiddruck während jeder Schnelleinleitung mehr Patientenleben gefährdet als durch die lediglich postulierte, aber durch nichts bewiesene Vermeidung einer pulmonalen Aspiration gerettet werden. Zur Prävention pulmonaler Aspirationen während einer Schnelleinleitung tragen sicherlich das zuverlässige Vermeiden von Husten und Würgen während der Anästhesieeinleitung sowie die Schaffung optimaler Intubationsbedingungen durch großzügige Dosierung des Hypnotikums und unverzügliche Gabe des Muskelrelaxans mehr bei als die Ausübung von Krikoiddruck.