Die ventilatorassoziierte Pneumonie (VAP) ist eine häufige Komplikation der intensivmedizinischen Behandlung, die den Krankheitsverlauf und die Letalität der Patienten selbst bei optimaler Therapie wesentlich beeinflusst. Die in den letzten Jahren gewonnenen Erkenntnisse zur Pathophysiologie erlauben heute den evidenzbasierten Einsatz einer Vielzahl von Maßnahmen zur Prävention. So ist die Prophylaxe heute der Bereich der intensivmedizinischen Praxis mit dem größten Potenzial zur Optimierung. Aktuelle diagnostische Methoden und Strategien sollen die für eine adäquate Therapie so wichtige frühzeitige Erkennung der VAP gewährleisten. Für die Behandlung selbst ist die frühest mögliche adäquate Antibiotikatherapie von entscheidender Bedeutung, wobei die empirische Auswahl der Substanzen auf Grund zunehmender Resistenzen schwieriger wird.

Die Lektüre dieses Beitrags soll dem Leser die Möglichkeit geben, bekanntes Wissen zu rekapitulieren und an Hand aktueller Daten und Studienergebnisse aufzufrischen. Besonderer Wert wird dabei auf pathophysiologische Zusammenhänge und dem daraus erwachsenden Stellenwert präventiver Maßnahmen gelegt.

Epidemiologie

Nach Angaben des nationalen Referenzzentrums für Surveillance von nosokomialen Infektionen betrug die VAP-Inzidenz in einem Auswertungszeitraum von 2005–2007 unter Berücksichtigung von 466 deutschen Intensivstationen 5,46 pro 1000 Tage invasiver Beatmung [29]. Im Verhältnis zur Beatmungsdauer war die VAP damit weitaus häufiger als katheterassoziierte Infektionen im Verhältnis zur Katheterliegerdauer. Harnwegsinfektionen und durch zentrale Venenkatheter ausgelöste Infektionen etwa waren mit 2,15 bzw. 1,63 Infektionen pro 1000 Tagen Liegedauer deutlich seltener.

In epidemiologischen Analysen einzelner Intensivstationen finden sich je nach Patientengut mitunter noch sehr viel höhere Raten von über 35 Pneumonien pro 1000 Beatmungstage. Derartig große Unterschiede in der Inzidenz der VAP sind jedoch nicht zuletzt die Folge der oft schwierigen Diagnostik und Abgrenzung zu anderen Atemwegsinfektionen wie etwa der infektiösen Tracheobronchitis. In jedem Fall ist die VAP die häufigste aller nosokomialen Infektionen, wobei das Risiko einer nosokomialen Pneumonie bei invasiver Beatmung 6- bis 20-fach höher ist als ohne Beatmung [2]. Der Einsatz nicht-invasiver Beatmung hingegen, etwa zur Entwöhnung von der Beatmung, ist in Metaanalysen kontrollierter klinischer Studien im Vergleich zu invasiver Beatmung mit einer Risikoreduktion verbunden [7].

Nicht nur die invasive Beatmung per se, sondern v. a. die Beatmungsdauer korreliert mit dem Risiko für eine VAP. So nimmt das Risiko mit jedem Beatmungstag um mindestens 1% zu, nach einzelnen Untersuchungsergebnissen erhöht sich das Risiko jedoch gerade in den ersten 5 Tagen maschineller Beatmung um bis zu 3% pro Tag [11]. Insgesamt entstehen etwa 90% aller ventilatorassoziierten Pneumonien innerhalb der ersten 10 Tage maschineller Beatmung [21].

Die Optimierung von Prävention, Diagnostik und Therapie der VAP hat in der Intensivmedizin inzwischen höchste Priorität, da die Folgen für die Patienten immer deutlicher werden: So zeigen klinische Untersuchungen regelhaft eine Verlängerung der Beatmungs-, Intensivtherapie- und Krankenhausaufenthaltsdauer, womit zwangsläufig auch ein erheblicher Anstieg der Behandlungskosten verbunden ist. Aber auch die Letalität der Patienten kann bis auf das Doppelte erhöht sein, sodass die VAP als unabhängiger Risikofaktor für das Versterben auf der Intensivstation angesehen werden muss [21, 33]. Für die Letalität der Patienten ist es unerheblich, ob es sich hierbei um Early-onset-Pneumonien handelt, die definitionsgemäß innerhalb der ersten 96 h nach Aufnahme auf die Intensivstation entstehen, oder um Late-onset-Pneumonien , die sich erst nach 96 h entwickeln [22].

Pathophysiologie

Dem Begriff entsprechend ist die Entstehung einer VAP mit der Anwendung maschineller Ventilation als solches verknüpft, womit im Hinblick auf die Pathophysiologie sowohl die invasive als auch die nicht-invasive Beatmung zu berücksichtigen wäre. Allerdings steht nach heutiger Vorstellung der Endotrachealtubus und damit die invasive Beatmung im Mittelpunkt der Genese der VAP. Nach den Kriterien der US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) ist die VAP deshalb definiert als Pneumonie im Rahmen invasiver Beatmung mittels Endotrachealtubus oder Trachealkanüle [9].

Ventilatorassoziierte Lungenschädigung

Dennoch darf nicht vergessen werden, dass eine maschinelle Beatmung auch unabhängig von der Applikationsform zu einer ventilatorassoziierten Lungenschädigung beitragen kann und diese Verletzung von Lungengewebe selbst als Risikofaktor für die Entstehung einer Pneumonie angesehen werden muss (Abb. 1).

Diese ventilatorassoziierte Lungenschädigung ist besonders ausgeprägt, wenn bereits etwa im Rahmen eines akuten Lungenversagens Belüftungsstörungen der Lunge vorliegen, die mit einer ausgeprägten Reduktion der Compliance einhergehen. In dieser Situation ist das Ziel der maschinellen Beatmung die Eröffnung kollabierter, atelektatischer Lungenbezirke und das Offenhalten dieser Areale. Allerdings kommt es hierbei zwangsläufig zu einer Schädigung sowohl der atelektatischen als auch der bis dahin möglicherweise noch gesunden Lungenareale: Zum einen führen die zur Eröffnung kollabierter Alveolen benötigten Atemwegsdrucke gleichzeitig zu einer Überdehnung dieser gesunden Alveolen (Barotrauma ), zum anderen entstehen bei Beatmung mit hohen Tidalvolumina Scherkräfte, die das Alveolarepithel zusätzlich schädigen (Volutrauma ). Weiterhin wird das Alveolarepithel durch den zyklischen Kollaps instabiler Alveolen im Rahmen eines Atemhubs geschädigt (Atelekttrauma ). Schließlich kommt es bei hohen inspiratorischen Sauerstoffkonzentrationen rasch zur Ausbildung von Resorptionsatelektasen sowie zur Bildung von toxischen Sauerstoffradikalen. Diese Effekte der maschinellen Beatmung beschränken sich jedoch nicht auf eine isolierte Schädigung der Lunge. Vielmehr zeigen retrospektive Untersuchungen, dass die Mehrzahl der Patienten mit akutem Lungenversagen nicht an einer Hypoxie, sondern im Rahmen eines Multiorganversagens verstirbt. Diese Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass mit der ventilatorassoziierten Lungenschädigung auch eine Schädigung anderer Organe verbunden ist.

Abb. 1
figure 1

Ventilatorassoziierte Lungenschädigung

Infektion über Endotracheltubus

Von größerer Bedeutung für die Entstehung einer ventilatorassoziierten Pneumonie ist jedoch wahrscheinlich der endotracheale Tubus als Leitschiene für potenziell infektöses Sekret aus dem Oropharynx, das sich im Verlauf der invasiven Beatmung bildet. Neben der physiologischen Sekretproduktion im Oropharynx selbst ist die wiederholte Regurgitation von Magensaft für die Zusammensetzung dieses Sekrets bestimmend. Für die Pathogenität des Sekrets ist von Bedeutung, dass sich die physiologische Keimflora im Oropharynx mit der Zeit durch Kolonisation mit oft fakultativ pathogenen Keime verändert, aber auch eine Keimbesiedlung des Magens zustande kommen kann. Infektiologisch sind die durch dieses Sekret ausgelösten Infektionen also endogene Infektionen mit häufig fakultativ pathogenen Erregern.

Auch bei optimal geblocktem Tubus kann es zu einer kontinuierlichen Aspiration geringer Mengen dieses Sekrets insbesondere durch die Längsfurchen des Cuffs in die Trachea kommen. Bei intubierten Patienten kann das Sekret zunächst eine Tracheobronchitis und bei fortgesetzter Aspiration eine Bronchiolitis, Bronchopneumonie und schließlich eine Pneumonie hervorrufen. Typisch ist eine wiederholte Aspiration in vornehmlich abhängige Lungenareale, wodurch letztlich eine diffuse Infektion dieser Bezirke hervorrufen wird. Solche Befunde unterschiedlicher Infektionsstadien in ein und derselben Lunge lassen sich bei Obduktionen von Intensivpatienten nachweisen [14].

Auch bei gesunden Menschen kommt es im Schlaf regelmäßig zu Mikroaspirationen, ohne dass sich eine Pneumonie entwickelt. Deshalb müssen neben der Mikroaspiration selbst noch andere Faktoren an der Entstehung einer VAP beteiligt sein. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die mangelnde Funktion der körpereigenen Schutzmechanismen, die bei gesunden, nicht intubierten Menschen aspiriertes Sekret so effektiv unschädlich machen und eliminieren, dass die unteren Atemwege gesunder Menschen in der Regel nahezu keimfrei sind: Hierzu zählen Schluck- und Hustenreflexe , die mukoziliäre Clearance durch das Bronchialepithel, die antiinfektiösen Eigenschaften des Bronchial- und Trachealsekrets sowie zelluläre und humorale Abwehrstrukturen wie Alveolarmakrophagen und Immunglobuline. Diese Schutzmechanismen sind bei kritisch Kranken durch zahlreiche Faktoren wie Co-Morbidität und Malnutrition generell gestört. Insbesondere bei intubierten Patienten kommt es zu einer weitergehenden Reduktion des Hustenreflexes und der mukoziliären Clearance und es entstehen zusätzlich Verletzungen des Trachealepithels. Deshalb ist das Risiko einer Pneumonie als Folge solcher Mikroaspirationen bei invasiv beatmeten Intensivpatienten deutlich erhöht.

Die Mikroaspiration von Sekret am Cuff des Endotrachealtubus vorbei ist jedoch nur einer der möglichen Infektionswege. So ist der Tubus nicht nur Leitschiene für infektiöses Material aus dem Oropharynx, sondern stellt auch selbst ein Keimreservoir als weitere potenzielle Quelle einer Pneumonie dar. Innerhalb kurzer Zeit bildet sich auf der Oberfläche der Tuben ein Biofilm mit häufig hochresistenten Keimen, die in klinischen Studien in einem hohen Prozentsatz als Erreger ventilatorassoziierter Pneumonien isoliert werden können [1]. Ob der Endotrachealtubus damit auch immer als primäre Infektionsquelle angesehen werden muss, bleibt allerdings fraglich, da solche Untersuchungen auch zeigen, dass eine bakterielle Besiedlung des Tubus zeitlich erst nach der Besiedlung der unteren Luftwege zustande kommt. In jedem Fall ist die Kontamination des Endotrachealtubus ein weiterer Risikofaktor für die Entwicklung einer VAP, der nicht direkt mit maschineller Beatmung, sondern mit deren Anwendung als invasives Verfahren verknüpft ist.

Weitere Infektionswege

Neben den bislang beschriebenen sind grundsätzlich auch andere Infektionswege als Ursache nosokomialer Pneumonien zu berücksichtigen:

Hierzu zählt vor allem die Inhalation infektiösen Materials . Als Infektionsquelle lassen sich hier meist Schlauchsysteme, Vernebler, Befeuchtungssysteme oder Bronchoskope identifizieren, deren Aufbereitung, Desinfektion und/oder Handhabung nicht den empfohlenen Hygienestandards entspricht. Derartige Infektionen treten meist gehäuft in einzelnen Versorgungseinheiten mit unzureichenden Hygienemaßnahmen auf und können durch strategische Maßnahmen wie Schulungen und systematische Überwachung der nosokomialen Infektionen (Surveillance) reduziert werden.

Natürlich können nosokomiale Pneumonien auch per continuitatem, z. B. bei Ausbreitung einer infektiösen Pleuritis oder hämatogen bei Sepsis anderweitiger Genese entstehen. Im engeren Sinne handelt es sich hier jedoch nicht um ventilatorassoziierte Pneumonien, weshalb die jeweilige Pathophysiologie hier nicht näher diskutiert werden soll.

Schlussfolgerungen

Zusammenfassend ist die Entwicklung einer VAP also weniger von der maschinellen Beatmung als solcher, sondern vielmehr von deren Invasivität abhängig. Die wesentlichen Probleme hierbei sind die Mikroaspiration, die Keimbesiedlung des Tubus sowie eine Funktionsstörung der natürlichen Schutzmechanismen des Patienten (Abb. 2). Als Beleg für diese tubusassoziierten Risiken kann die geringere Pneumonierate bei Anwendung nicht-invasiver Beatmungsverfahren gewertet werden [7]. Schließlich wird bei invasiver maschineller Beatmung in der Regel auch ein invasiveres Monitoring des Patienten für erforderlich gehalten. Dies erklärt womöglich am besten die Ergebnisse einer klinischen Studie, bei der die invasive im Vergleich zur nicht-invasiven Beatmung zusätzlich mit einer höheren Rate an katheterassoziierten Infektionen vergesellschaftet war [19].

Abb. 2
figure 2

Pathomechanismen der „tubusassoziierten“ Pneumonie

Insgesamt wäre statt des Begriffs der ventilatorassoziierten Pneumonie eine Umschreibung als „tubusassoziierte“ Pneumonie im Hinblick auf die Pathophysiologie wohl treffender.

Risikofaktoren

Nach den heute vorliegenden Erkenntnissen ist der wichtigste variable und somit zumindest partiell beeinflussbare Risikofaktor für die Entwicklung einer VAP die invasive Beatmung mittels eines Endotrachealtubus. Insbesondere innerhalb der ersten 96 h nach Aufnahme auf die Intensivstation steigt das Risiko hierbei täglich um mehr als 1% [11]. Für die Early-onset-VAP, die definitionsgemäß innerhalb dieser 96 h entsteht, konnte in einer Studie die Re-Intubation als wichtigster Risikofaktor identifiziert werden. Für die Late-onset-Variante nach 4 Tagen stellte in derselben Untersuchung die Tracheotomie das größte Risiko dar [22]. Auch diese Ergebnisse lassen sich mit der Annahme, dass Mikroaspirationen der entscheidende Mechanismus bei der Entstehung von VAP sind, gut vereinbaren. Besteht die Indikation zur invasiven Beatmung, sollte nach Möglichkeit zumindest eine nasotracheale Intubation vermieden werden, da hiermit die Gefahr von Sinusitiden verbunden ist, die als Keimreservoir als ein zusätzliches Risiko für Pneumonien anzusehen sind.

Da die Mikroaspiration bei intubierten Patienten ein entscheidender Faktor für die Entwicklung einer Pneumonie ist, lässt sich vermuten, dass die enterale Ernährung durch vermehrte Regurgitation aus dem Magen zu einer erhöhten Rate an ventilatorassoziierter Pneumonien beitragen könnte. Tatsächlich gibt es in klinischen Studien Hinweise für ein erhöhtes Pneumonierisiko bei totaler enteraler Ernährung ab dem 1. Tag maschineller Beatmung im Vergleich zum Beginn der enteralen Ernährung ab dem 5. Tag [20]. Auf der anderen Seite kann die Integrität der intestinalen Mukosa durch enterale Ernährung aufrechterhalten und hierdurch eine Infektion durch bakterielle Translokation aus dem Darm vermieden werden. Weitere Vorteile der enteralen Ernährung sind ein homogeneres Blutzuckerprofil und niedrigere Behandlungskosten im Vergleich zu parenteraler Ernährung, die zudem mit einer erhöhten Inzidenz katheterassoziierter Infektionen verbunden ist. Schließlich können Lagerungsmaßnahmen (Oberkörperhochlagerung) und die Nutzung von postpylorischen Ernährungssonden das Risiko für Regurgitationen aus dem Magen deutlich reduzieren. Auf den frühzeitigen Beginn einer zumindest partiellen enteralen Ernährung sollte deshalb nicht verzichtet werden.

Der normalerweise niedrige pH-Wert des Magensafts stellt einen Schutzmechanismus gegen eine Keimbesiedlung des Magens dar. Andererseits sind kritisch kranke Patienten durch die Entwicklung von Stressulzera gefährdet, weshalb verschiedene Maßnahmen zur Anhebung des Magensaft-pH-Werts empfohlen wurden. Somit stellt die Stressulkusprophylaxe einen möglichen Risikofaktor für die Kolonisation des Magens und damit für die Entwicklung einer VAP dar [22]. Die Ergebnisse entsprechender klinischer Studien sind allerdings widersprüchlich und rechtfertigen keine eindeutige Empfehlung zum Management der Stressulkusprophylaxe bei beatmeten Patienten [2]. Letztlich muss deshalb das Risiko einer Ulkusblutung mit dem einer Pneumonie individuell gegeneinander abgewogen werden.

Zu den weiteren modifizierbaren Risikofaktoren für die Entstehung ventilatorassoziierter Pneumonien gehören zum einen alle Maßnahmen und Bedingungen, welche die Entwicklung jedweder nosokomialer Infektion begünstigen, also die Anlage von Blasen- und zentralen Venenkathetern, die Transfusion von Fremdblutprodukten, die Vorbehandlung mit Antibiotika sowie die Hyperglykämie. Nicht-beeinflussbare Risikofaktoren sind das Alter der Patienten, bestehende Lungenerkrankungen, Herzinsuffizienz, vorangegangene Infektionen anderer Art und das Multiorganversagen. Wahrscheinlich müssen einige dieser Variablen jedoch eher als Marker des Krankheitsschweregrads denn als unabhängiger Risikofaktor verstanden werden.

Prävention

Entsprechend der Pathophysiologie sind grundsätzlich alle Maßnahmen zu Minimierung der invasiven Beatmungsdauer geeignet, die VAP-Inzidenz zu reduzieren. Hierzu gehört die Kontrolle und Überwachung der Sedierung und die möglichst rasche Entwöhnung von der Beatmung, zum Beispiel mit Hilfe von Protokollen. Nicht-invasive Beatmungsverfahren sollten mit diesem Ziel ebenfalls wann immer möglich berücksichtigt werden.

Ob eine frühzeitige Tracheotomie ebenfalls positive Effekte hat, konnte bis heute nicht nachgewiesen werden. Im Gegenteil war die Tracheotomie in einer klinischen Studie der größte Risikofaktor für eine VAP [21]. Ob dies allerdings eher auf den Krankheitsschweregrad und die schwierige Entwöhnung von der Beatmung bei diesen Patienten zurückzuführen ist, als auf die Tracheotomie als solches, bleibt vorerst unklar [12]. Vieles spricht jedoch dafür, dass der Vorteil der Tracheotomie im Hinblick auf eine raschere Entwöhnung von der Beatmung gegenüber möglichen Nachteilen überwiegt.

Auch eine lungenprotektive Beatmungseinstellung mit niedrigen Tidalvolumina, PEEP und frühzeitiger Implementierung von Spontanatmungsverfahren hat wahrscheinlich positiven Einfluss auf die Infektionsrate [27].

Bei Patienten mit akutem Lungenversagen kann die wiederholte Bauchlagerung möglicherweise durch Optimierung der pulmonalen Ventilationsverteilung zu einer Senkung der Inzidenz nosokomialer Pneumonien führen und wird deshalb in den aktuellen S3-Leitlinien zur Lagerungstherapie empfohlen [5]. Während der invasiven Beatmung in Rückenlage sollte der Oberkörper 45° hochgelagert werden [5]. Dies führt wahrscheinlich zu einer verminderten Rate an Regurgitationen von Magensaft und war in einer randomisierten, kontrollierten Studie mit einer signifikanten Reduktion der Inzidenz der VAP verbunden. Ob und in welchem Ausmaß die Oberkörperhochlagerung die mukosale Clearance beeinflusst, ist allerdings noch unklar [4].

Die Art und Durchführung der Stressulkusprophylaxe hat wie oben beschrieben möglicherweise Einfluss auf die Entstehung der VAP, welche Substanzen hier jedoch eventuell Vorteile bieten, ist nicht bekannt. So bietet Sucralfat anscheinend keinen Vorteil gegenüber H2-Blockern. Interessant ist allerdings, dass die Gabe von Protonenpumpenblockern in einer größeren klinischen Studie im Vergleich zu H2-Blockern effektiver im Hinblick auf eine dauerhafte Anhebung des gastralen pH-Werts war, gleichzeitig aber nicht mit einer erhöhten Rate an VAP einherging [10].

Eine Option zur Reduktion der Mikroaspiration bei intubierten Patienten bietet die subglottische Sekretdrainage, bei der das Sekret oberhalb des Cuffs durch ein zusätzliches Lumen spezieller Endotrachealtuben abgesaugt werden kann. Diese Technik war in ersten Untersuchungen effektiv und erfolgreich im Hinblick auf eine Reduktion vor allem der Early-onset-VAP [25]. Obwohl noch keine großen randomisierten Studien vorliegen, wird der Einsatz dieser Tuben für Patienten mit zu erwartender Beatmungsdauer von mehr als 72 h mitunter schon heute empfohlen [2, 28]. Diese zeitliche Einschränkung macht die Umsetzung einer solchen Empfehlung allerdings schwierig, da der Zeitraum der Beatmung meist nicht leicht abzuschätzen ist und der Einsatz dieser Spezialtuben mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. In Kombination mit einem ultradünnen Polyurethran-Cuff , bei dem im geblockten Zustand keine Längsfurchen mehr entstehen, durch die Sekret in die Trachea laufen könnte, scheinen solche Tuben allerdings noch effektiver auch im Hinblick auf Late-onset-VAP zu sein [26].

Eine automatische Cuffdruckkontrolle allein bietet im Gegensatz dazu keine Vorteile bei der Prävention der VAP, allerdings sollte der Cuffdruck zumindest regelmäßig überprüft werden, um einen Druck unter 20 cmH2O zu vermeiden und damit die Gefahr einer Mikrosapiration nicht noch zu erhöhen. In jedem Fall sollte die orotracheale der nasotrachealen Intubation vorgezogen werden, um die Entstehung von Sinusitiden zu vermeiden.

Für das weitere Management der maschinellen Beatmung gilt, dass im Hinblick auf das Risiko für die Entstehung einer VAP heute keine Unterschiede mehr zwischen geschlossener und offener Absaugung oder zwischen passiver und moderner aktiver Befeuchtung bestehen [28]. Ein Schlauchsystemwechsel wird meist nicht mehr regelmäßig, sondern nur noch patientenbezogen empfohlen. Eine alleinige systemische Antibiose zur Prophylaxe der VAP kann heute aus Gründen der Resistenzbildung nicht allgemein empfohlen werden, auch eine Antibiotikaprophylaxe für jeden Patienten innerhalb von 24 h nach Intubation ist nicht indiziert. Ob sich dies für spezielle Patientengruppen wie solche mit schweren neurologischen Defiziten ändern wird, bleibt abzuwarten. Obwohl kleinere Studien hier Vorteile zeigen konnten, ist die Gefahr der Resistenzentwicklung wahrscheinlich zu groß. Ebenso verhält es sich mit der alleinigen topischen Antibiotikabehandlung des Oropharynx, z. B. mit Polymyxin B oder Gentamycin. Hiermit kann zwar die Kolonisation reduziert werden, in entsprechenden Studien fand sich jedoch gleichzeitig eine Zunahme der resistenzbedingten Letalität. Die selektive Darmdekontamination, bei der eine Kombination von topischer und systemischer Antibiotikatherapie zum Einsatz kommt, wird hingegen immer häufiger empfohlen, da die Effektivität zur VAP-Prävention und Reduktion der Letalität von kritisch kranken Patienten ohne ein gleichzeitiges Auftreten von Resistenzen gesichert scheint [13]. Sollte sich letzteres in Zukunft nicht bewahrheiten, könnte die alleinige topische desinfizierende Behandlung des Oropharynx mit antiseptischen Substanzen wie Chlorhexidin eine effektive und sicherere Alternative darstellen [24].

Klinische Empfehlungen

Studien, bei denen ein solcher Katalog von präventiven Maßnahmen ähnlich den Empfehlungen zur Sepsistherapie gebündelt in die klinische Routine implementiert wird, konnten eine deutliche Reduktion der Inzidenz der VAP nachweisen [31]. Nicht zuletzt ist die strikte Einhaltung von Hygienevorschriften wie z. B. die Händedesinfektion eine wesentliche Vorraussetzung zur Vermeidung von Infektionen und damit natürlich auch zur Prävention der VAP. Neben der Surveillance nosokomialer Infektionen und Isolationsmaßnahmen bei Infektion oder Kolonisation mit resistenten Erregern gehört deshalb auch die regelmäßige Schulung und Überwachung der Hygieneleitlinien zu den wichtigsten allgemeinen Präventionsmaßnahmen.

Die zurzeit aktuellsten Empfehlungen zur Prävention und Therapie der VAP wurden im Jahre 2005 durch die American Thoracic Society (ATS) veröffentlicht [2]. In diesen ATS-Guidelines werden die verschiedenen Maßnahmen nach den Regeln evidenzbasierter Medizin bewertet: Liegen Ergebnisse randomisierter kontrollierter Studien vor, führt dies zu einem hohen Empfehlungsgrad (Level I), beruhen die Empfehlungen auf nicht-randomisierten klinischen Studien, ist der Grad der Empfehlung moderat (Level II). Die Empfehlungen, die im Wesentlichen auf Expertenmeinung beruhen, werden mit dem niedrigsten Grad der Evidenz (Level III) gekennzeichnet. Die möglichen Maßnahmen zur Prävention der VAP nach diesen ATS-Guidelines sind in Tab. 1 zusammengefasst und bewertet.

Tab. 1 Maßnahmen zur Prävention der ventilatorassoziierten Pneumonie (VAP) nach den Guidelines der American Thoracic Society [2] mit Empfehlungsgrad (Level I–III)

Diagnose

Die VAP ist definiert als eine nosokomiale Pneumonie, die sich mindestens 48 h nach dem Beginn invasiver Beatmung klinisch manifestiert [9]. Zur Diagnose der nosokomialen Pneumonie wird wie etwa bei den aktuellen CDC-Definitionen eine Kombination radiologischer und klinischer Befunde gefordert. Hierzu gehören neue oder zunehmende Infiltrate, Verdichtungen, Kavernen oder Pneumatozelen in der Röntgenthoraxaufnahme in Kombination mit Fieber, Leukozytose oder dem Verdacht auf septische Enzephalopathie und dem Anhalt für die Bildung von eitrigem Bronchialsekret mit einer Störung des pulmonalen Gasaustauschs ([9]; Tab. 2).

Tab. 2 Diagnose und Definition der Pneumonie Erwachsener nach klinischen Kriterien der Centers for Disease Control (CDC; [9])

Die Sensitivität dieser Kombination klinischer Kriterien ist zwar hoch, die Spezifität insbesondere bei gleichzeitig bestehenden anderen Lungenerkrankungen wie dem akuten Lungenversagen allerdings gering: So zeigen histologische Befunde im Rahmen der Sektion von ARDS-Patienten eine Übereinstimmung mit der klinischen Beurteilung in nur 64%, während bei 20% der Patienten die zuvor klinisch diagnostizierte Pneumonie histologisch nicht bestätigt werden konnte [3].

Erregernachweis

Aus diesem Grund ist der zusätzliche direkte Nachweis des Pneumonieerregers im Tracheal- bzw. Bronchialsekret, in der Pleuraflüssigkeit oder im Blut, aber auch der indirekte Nachweis etwa durch Antigen- bzw. Antikörperdarstellung in Blut oder Urin eine wertvolle Ergänzung zur Sicherung der Diagnose ([9]; Tab. 3). Auch andere Diagnosealgorithmen wie das National Nosocomial Infection Surveillance System NNIS oder der Clinical Pulmonary Infection Score CPIS bzw. der modifizierte CPIS können durch solche zusätzlichen Untersuchungen in ihrer Spezifität verbessert werden und werden deshalb heute meist in Kombination eingesetzt.

Tab. 3 Diagnose und Definition der Pneumonie Erwachsener nach klinischen und mikrobiologischen Kriterien der CDC [9]

Während die Gewinnung von Pleuraflüssigkeit, Blut oder Urin zum direkten oder indirekten Keimnachweis in der Regel kein Problem darstellt, ist die optimale Art der Probengewinnung aus der Lunge zur Diagnostik der Pneumonie bis heute unklar. Hier sind zum einen der Ort der Materialgewinnung und zum anderen die Art der Materialentnahme umstritten:

Grundsätzlich kann Sekret aus der Trachea oder den Bronchien gewonnen werden. Während Trachealsekret mittels eines einfachen Absaugers entnommen werden kann, bedarf es bei der Gewinnung von Bronchialsekret in der Regel der Bronchoskopie. Hier kann das Sekret sofort oder im Rahmen einer bronchoalveolären Lavage (BAL) nach Spülung mit 20–50 ml Kochsalzlösung abgesaugt werden. Um bei der Bronchialsekretgewinnung ohne BAL eine Kontamination des Materials zu verhindern, wurde 1979 erstmalig die Entnahme mittels einer geschützten Bürste (Protected Specimen Brush, PSB) vorgeschlagen. Bis heute konnte sich jedoch keines der Verfahren zur Diagnose der VAP eindeutig gegenüber den anderen durchsetzen.

So ist Trachealsekret zwar am einfachsten, nicht invasiv und damit ohne Risiko zu gewinnen, allerdings finden sich hier häufig Keime, die nicht in Zusammenhang zu einer Pneumonie stehen müssen, sondern Ausdruck einer Kolonisation ohne aktuellen Krankheitswert sein können. Deshalb sind insbesondere nicht-quantitative Trachealsekretbefunde häufig falsch positiv und lassen sich post mortem histologisch nicht bestätigen.

Bei quantitativer Analyse mit einem Cut-off-Wert von 104 koloniebildenden Einheiten („colony forming units“, cfu) /ml für die BAL und 103 cfu/g für die PSB liefern beide Verfahren vergleichbare Ergebnisse [38, 40], deren diagnostische Qualität im Vergleich zur Analyse des Trachealsekrets v. a. im Hinblick auf die Spezifität höher ist. Zusätzlich ist der Gehalt an Zellen mit intrazellulären Organismen diagnostisch wertvoll. Nach einer Metaanalyse von 23 Studien muss allerdings zumindest für die BAL in Abhängigkeit von der Qualität der Durchführung und der Wahl der Cut-off-Werte bei einer Sensitivität zwischen 22–93% (73±18) und einer Spezifität zwischen 45–100% (82±19) mit einer sehr unterschiedlichen diagnostischen Qualität gerechnet werden [39]. Außerdem müssen mögliche Risiken solcher invasiver Verfahren berücksichtigt werden.

In einer randomisierten Studie konnte mit einem kombinierten Vorgehen bestehend aus PSB und BAL im Vergleich zu nicht-invasiver Analyse von Trachealsekret eine Reduktion der Letalität am Tag 14 und ein geringerer Antibiotikaverbrauch erzielt werden [15]. Eine später veröffentlichte Metaanalyse konnte für invasive Verfahren jedoch keine Effekte auf die Letalität nachweisen [36]. Allerdings zeigten sich auch hier Vorteile im Hinblick auf die Antibiotikatherapie, die häufiger entsprechend der mikrobiologischen Ergebnisse umgestellt werden konnte. In einer weiteren größeren randomisierten Studie wiederum konnten zwischen quantitativer BAL und qualitativer Trachealsekretanalyse keinerlei Unterschiede weder im Hinblick auf Mortalität noch auf das Therapieregime nachgewiesen werden [8]. Ausgeschlossen waren in dieser Studie allerdings sowohl immunkompromittierte Patienten sowie alle mit Pseudomonaden oder MRSA kolonisierten oder infizierten Patienten.

In den letzten Jahren wurden mit der Mini-BAL sowie den Verfahren zur „blinden“ BAL, PSB und Bronchialaspiration weniger invasive Methoden entwickelt, die bei entsprechender Erfahrung eine Alternative zu den invasiveren Verfahren darstellen können [16]. Da bei den Techniken ohne Bronchoskopie die anatomische Lokalisation des eingeführten Katheters in der Regel jedoch nicht verifiziert wird, kann das gewonnene Sekret nur bei bilateraler Pneumonie als repräsentativ beurteilt werden. Große randomisierte Studien zum Vergleich zu invasiven Techniken liegen jedoch nicht vor, wenngleich kleinere Untersuchungen keine Unterschiede vermuten lassen [32, 34, 37]. Von Bedeutung bei der Auswahl des Verfahrens ist auch immer die individuelle personelle und technische Ausstattung der Intensivstation: Sind beispielsweise bronchoskopische Verfahren nicht ohne Zeitverzug von erfahrenem Personal durchführbar, ist eine entsprechende Empfehlung unsinnig und nicht-invasivere Verfahren müssen erwogen werden. Diese Entscheidung sollte also immer individuell nach den Möglichkeiten und der Erfahrung erfolgen.

Zusammenfassend fehlen letztlich für alle hier vorgestellten invasiven und nicht-invasiven Methoden bis heute die notwendigen klinischen Studienergebnisse, die eine eindeutige Empfehlung zulassen würden. Unabhängig von der Methode kann eine sofortige mikroskopische Befundung des Sekrets frühzeitig noch vor der Anzüchtung von Kulturen zu einer ersten Verdachtsdiagnose beitragen und die Auswahl der initialen Antibiotikatherapie positiv beeinflussen.

Weitere diagnostische Möglichkeiten

Eine mögliche Optimierung der Diagnostik stellt die Analyse von biologischen Markern in der BAL dar: So zeigte die Bestimmung des löslichen Phagozytenrezeptors sTREM („soluable triggering receptor expressed on myloid cells“), der bei Infektionen vermehrt exprimiert wird, mit einer Sensitivität von 98% und einer Spezifität von 90% viel versprechende Ergebnisse [18]. Andere Marker wie das C-reaktive Protein oder das Pro-Calcitonin sind zwar nicht spezifisch, können jedoch zur Beurteilung der Prognose und des Therapieerfolgs hilfreich sein.

Blutkulturen korrelieren bei VAP zwar nicht gut mit Ergebnissen der BAL oder dem Outcome der Patienten, sollten aber wie Pleuraergüsse immer vor Therapie abgenommen werden, um mögliche andere Infektionen nachweisen zu können.

Therapie

Grundsätzlich entspricht die Therapie der VAP der jeder anderen nosokomialen Pneumonie. Neben der maschinellen Beatmung zur Aufrechterhaltung eines suffizienten pulmonalen Gasaustauschs steht die Antibiotikatherapie im Mittelpunkt.

Maschinelle Beatmung

Der Einsatz protektiver Beatmungsstrategien mit niedrigen Tidalvolumina, PEEP und frühzeitiger Implementierung von Spontanatmung kann wahrscheinlich durch die Minimierung ventilatorassoziierter Lungenschädigungen das Risiko für die Entstehung einer VAP verringern. Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche Hinweise dafür, dass ventilatorassoziierte Lungenschädigungen v. a. dann entstehen, wenn schon ein erster schädigender Stimulus vorausgegangen ist oder bereits eine Infektion besteht. Deshalb ist die richtige Beatmungseinstellung bei VAP von besonderer Bedeutung. Entsteht auf dem Boden einer VAP ein akutes Lungenversagen, wird bei schwerer Hypoxie zusätzlich die Bauchlagerung für mindestens 12 h täglich empfohlen [5].

Spezielle Therapie

Die wichtigsten Regeln einer adäquaten Antibiotikatherapie bei VAP sind in der sog. Tarragona-Strategie zusammengefasst, so benannt nach der spanischen Küstenstadt, in der im Mai 2000 eine Expertenkonferenz zur Diagnose und Therapie der VAP tagte. Mit dieser Strategie wurden in kurzer und prägnanter Form die wichtigsten Grundsätze der Therapie hervorgehoben ([35]; Infobox 1). So ist die frühzeitige, hoch dosierte und intravenöse Gabe eines Breitspektrumantibiotikums für den Therapieerfolg entscheidend („Hit hard“), wobei mit den eingesetzten Antibiotika ausreichende Wirkspiegel im Lungengewebe erreichbar sein müssen („Get to the point“). Im weiteren Verlauf sollte der mikrobiologische Keimnachweis im Sinne einer Deeskalationsstrategie zu einer Umstellung der Antibiotikatherapie führen, um unnötige Resistenzbildungen zu vermeiden („Focus, focus, focus“). Bei der Auswahl der Antibiotika müssen ferner mögliche lokale Resistenzen berücksichtigt werden, weshalb die systematische Surveillance von Krankenhausinfektionen wichtig ist („Listen to your hospital“). Schließlich müssen bei der Therapie die individuelle Co-Morbidität, die Beatmungsdauer und vorausgegangene Antibiotikabehandlungen berücksichtigt werden („Look at your patient“).

Für die Praxis bedeutet dies den Beginn der Therapie direkt nach klinischer Diagnose der VAP und nach Materialabnahme zur mikrobiologischen Diagnostik. In einer klinischen Studie, in die 107 Patienten mit VAP eingeschlossen worden waren, führte die verzögerte adäquate Antibiotikagabe zur Erhöhung der Letalität von 28,4% bei Gabe nach 12,5±4,2 h auf 69,7% bei Gabe nach 28,6±5,8 h [23]. Auch die Korrektur einer initial inadäquaten Antibiotikatherapie nach Keimnachweis kann das Outcome dieser Patienten nicht verbessern.

Gründe für eine initial inadäquate Therapie der VAP sind Problemkeime wie Pseudomonaden und antibiotikaresistente Erreger , die als Ursache der VAP immer häufiger werden [2]. Weil in einigen Studien die Beatmungsdauer mit der Häufigkeit von Problemkeimen und resistenten Erregern korrelierte, galt zunächst die Empfehlung, resistente Keime bei der Antibiotikatherapie der Late-onset-, nicht aber der Early-onset-VAP zu berücksichtigen. Solche Problemkeime als Ursache der Late-onset-VAP können in mehr als 60% der Fälle nachgewiesen werden, allerdings fanden sich in einigen Studien auch als Ursache der Early-onset-VAP in mehr als 40% Pseudomonaden oder resistente Staphylokokken [22]. In einer griechischen, monozentrischen Studie, in der über einen Zeitraum von 3 Jahren bei 408 Patienten eine VAP mittels Erregernachweis in der BAL nachgewiesen werden konnte, fanden sich sogar in 79% der Early-onset- und in 85% der Late-onset-VAP potenziell resistente Erreger, deren Häufigkeitsverteilung in Tab. 4 dargestellt ist [17].

Bei der Bewertung dieser Daten muss allerdings berücksichtigt werden, dass sich die Einteilung der Early- und Late-onset-VAP mit einer Beatmungsdauer von weniger bzw. mehr als 7 Tagen deutlich von der gängigen Definition unterscheidet. Weiterhin ist die Inzidenz von Antibiotikaresistenzen in südeuropäischen Ländern generell höher als in Deutschland. Eine exakte Hochrechnung der Daten auf die Verhältnisse deutscher Intensivstationen ist also nicht erlaubt, dennoch lassen solche Ergebnisse den Schluss zu, dass Problemkeime zumindest bei Patienten mit einem oder mehreren Risikofaktoren bei der Antibiotikawahl berücksichtigt werden sollten. Zu diesen Risikofaktoren gehören eine antibiotische Vortherapie in den letzten 90 Tagen, die Hospitalisation seit mindestens 5 Tagen, eine bekannte hohe Prävalenz multiresistenter Erreger für die Region bzw. das Krankenhaus sowie eine immunsupprimierende Erkrankung oder Therapie [2].

Tab. 4 Erreger der Early-onset- und Late-onset-Pneumonie nach den Ergebnissen einer monozentrischen griechischen Studie [17]

Wird eine MRSA-Pneumonie nachgewiesen, sollte mit Linezolid behandelt werden, da die Gewebegängigkeit für die Lunge besser ist als die von Vancomycin. Bei Pseudomonaden kann eine Kombinationstherapie synergistisch wirken und einer Resistenzentwicklung entgegenwirken. Eine Metaanalyse zeigte für die Kombination eines β-Laktamantibiotikums mit einem Aminoglykosid im Vergleich zur Monotherapie mit dem β-Laktamantibiotikum keine Vorteile bei der Behandlung von Pseudomonas, allerdings war die Nephrotoxizität erhöht [30]. In einer weiteren Metaanalyse fanden sich zudem keine positiven Effekte auf die Resistenzentwicklung [6]. Der entscheidende Vorteil einer Kombinationstherapie liegt also v. a. in der Erhöhung der Wahrscheinlichkeit für eine adäquate empirische Therapie. Im Gegensatz zu früheren Studien werden Aminoglykoside heute einmal täglich hochdosiert über einen Zeitraum von wenigen Tagen gegeben, um eine Resistenzbildung zu verhindern. Ob mit dieser Strategie eine Kombinationstherapie möglicherweise doch Vorteile bietet, ist bis heute jedoch unbekannt.

Die aktuellen Empfehlungen der American Thoracic Society zur empirischen Initialtherapie der nosokomialen Pneumonie mit und ohne Risikofaktoren sind in modifizierter Form in den Tab. 5 und Tab. 6 zusammengefasst. Mit dieser Anpassung der Therapieempfehlung nach Welte [41] wird der Umstand berücksichtigt, dass die Inzidenz resistenter Keime wie MRSA und ESBL (Extended Spectrum β-Lactamase) in Deutschland zunimmt, jedoch bislang immer noch niedriger ist als in den Vereinigten Staaten.

Tab. 5 Therapieempfehlungen der ventilatorassoziierten Pneumonie ohne Risikofaktoren nach den Empfehlungen der American Thoracic Society. (Mod. nach [41])
Tab. 6 Therapieempfehlungen der ventilatorassoziierten Pneumonie mit Risikofaktoren nach den Empfehlungen der American Thoracic Society. (Mod. nach [41])]

Grundsätzlich sollte jede Antibiotikatherapie an Hand des klinischen Verlaufs und möglicher mikrobiologischer Ergebnisse nach 48–72 h reevaluiert werden. Bei adäquater Antibiotikatherapie und Therapieerfolg, der sich zu diesem Zeitpunkt andeuten sollte, kann heute nach Studienlage eine Therapiegesamtdauer von 7 Tagen empfohlen werden, solange keine Pseudomonaden oder multiresistente Keime vorliegen. Bei klinischer Besserung ohne Keimnachweis mittels PBS oder BAL und ohne Anhalt für das Vorliegen von resistenten Erregern kann die Antibiotikatherapie bereits am 3. Tag beendet werden [15]. Entsprechende Daten für mikrobiologische Befunde aus dem Trachealsekret liegen allerdings nicht vor.

Zeigt sich hingegen keine klinische Verbesserung, müssen sowohl ein anderer Keim als Erreger der Pneumonie als auch eine Komplikation zum Beispiel in Form eines Pleuraempyems in Betracht gezogen werden. Grundsätzlich gilt, dass eine Wiederholung von Antibiotikaklassen vermieden werden sollte, da Klassenresistenzen auftreten können. Ein Versagen der Antibiotikatherapie kann aber auch bedeuten, dass die Diagnose Pneumonie per se falsch ist. Es müssen dann andere Ursachen wie ein akutes Lungenversagen nicht-infektiöser Genese in Betracht gezogen werden.

In der klinischen Routine finden aerosolierte Antibiotika auf Grund klinischer Untersuchungen bis heute keine Verwendung bei der Behandlung der VAP. Bei multiresistenten gramnegativen Keimen kann deren Einsatz als adjunktive Maßnahme jedoch erwogen werden, wenn ein Therapieerfolg mit systemischer Antibiose nicht zu erzielen ist.

Fazit für die Praxis

Da die VAP selbst bei optimaler Therapie einen erheblichen Einfluss auf den Krankheitsverlauf und die Mortalität der Patienten hat, ist für die klinische Praxis die Prävention von entscheidender Bedeutung. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehört hier grundsätzlich die Minimierung der invasiven Beatmungsdauer. Die invasive Beatmung selbst sollte über einen orotrachealen Tubus unter Berücksichtigung der Strategien der lungenprotektiven Beatmung durchgeführt werden. Eine einfache und effektive Maßnahme zur Prävention stellt die 45° Oberkörperhochlagerung aller invasiv beatmeten Patienten dar. Ferner ist die strikte Einhaltung von Hygienemaßnahmen essenziell. Weitere wahrscheinlich sinnvolle spezielle Maßnahmen zur Prävention der VAP sind die subglottische Sekretdrainage sowie die oropharyngeale Keimreduktion durch lokale antiseptische Behandlung. Eine systemische oder lokale prophylaktische Antibiotikabehandlung kann demgegenüber für die klinische Routine zurzeit nicht empfohlen werden. Schließlich hat die systematische Überwachung der nosokomialen Infektionen und der genannten Präventionsmaßnahmen sowie deren Schulung einen positiven Einfluss auf das Management und damit die Inzidenz der VAP.

Die Diagnostik der VAP ist mitunter schwierig, wobei initial klinische Parameter in Kombination mit radiologischen Befunden im Vordergrund stehen. Besonders die frühzeitige Abnahme von Tracheal- oder Bronchialsekret ist für die Diagnosesicherung im Verlauf, aber auch für eine mögliche De-Eskalationstherapie unerlässlich. Auf eine zusätzliche Abnahme von Blutkulturen sollte jedoch allein aus differenzialdiagnostischen Überlegungen nie verzichtet werden.

Die Qualität der Therapie ist v. a. von dem frühest möglichen Einsatz einer adäquaten, intravenösen Antibiose unter Berücksichtigung lokaler und individueller Risikofaktoren abhängig. Die Dauer der Therapie sollte jedoch bei Therapieerfolg in der Regel auf 7 Tage begrenzt werden, solange keine antibiotikaresistenten Keime Ursache der Pneumonie sind.

CME-Fragebogen

Welche Aussage zur Epidemiologie der ventilatorassoziierten Pneumonie (VAP) trifft am wenigsten zu?

Die Inzidenz der VAP ist höher als die katheterassoziierter Infektionen.

Das Risiko für die Entstehung einer VAP ist in den ersten 5 Tagen maschineller Beatmung besonders hoch.

90% aller ventilatorassoziierten Pneumonien entstehen innerhalb der ersten 10 Tage maschineller Beatmung.

Die Letalität ist bei Early-onset-VAP meist niedriger als bei Late-onset-VAP.

Die VAP ist ein unabhängiger Risikofaktor für das Versterben auf der Intensivstation.

Welcher der folgenden Faktoren gilt nicht als Risikofaktor für die Entstehung einer ventilatorassoziierten Pneumonie?

Hyperglykämie

Transfusion von Fremdblutprodukten

Re-Intubation

Tracheotomie

Bauchlage

Welche Aussage zur ventilatorassoziierten Pneumonie (VAP) trifft am ehesten zu?

In den ersten 24 h nach Intubation sollte bei allen Patienten eine systemische Antibiose zur VAP-Prophylaxe durchgeführt werden.

Patienten mit invasiver Beatmung entwickeln häufiger katheterassoziierte Infektionen.

Die nasotracheale Intubation sollte gegenüber der orotrachealen Intubation wegen der geringeren Sinusitisrate bevorzugt werden.

Bei adäquat geblocktem Tubus ist eine Mikroaspiration nahezu ausgeschlossen.

Um ventilatorassoziierte Pneumonien zu verhindern, sollte bei beatmeten Patienten auf eine Stressulkusprophylaxe grundsätzlich verzichtet werden.

Welche Aussage zur Prävention der ventilatorassoziierten Pneumonie (VAP) trifft am wenigsten zu?

Eine zumindest partielle frühe enterale Ernährung kann empfohlen werden.

Die subglottische Sekretdrainage ist möglicherweise sinnvoll.

Der Cuffdruck sollte regelmäßig bestimmt werden, um einen Druck unter 20 cmH2O zu vermeiden.

Die Oberkörperhochlagerung ist nur bei vollständiger enteraler Ernährung indiziert.

Es scheint keine deutlichen Vorteile geschlossener gegenüber offener Absaugsysteme zu geben.

Welche Aussage zur Diagnostik der ventilatorassoziierten Pneumonie (VAP) trifft am wenigsten zu?

Die Ergebnisse der mikrobiologische Untersuchungen von Blutkulturen korrelieren hervorragend mit den Ergebnissen der BAL.

Eine VAP lässt sich klinisch definieren durch das Auftreten einer nosokomialen Pneumonie nach mindestens 48 h Beatmungsdauer.

Zum direkten Nachweis von Pneumonieerregern sollte Trachealsekret oder Bronchialsekret abgenommen werden.

Der mikrobiologische Keimnachweis sollte zur Deeskalation der antibiotischen Therapie genutzt werden, um die Entwicklung von Resistenzen zu vermeiden.

Die Untersuchung von Urin kann sinnvoll sein.

Welche Aussage zum Erregernachweis im Tracheal- oder Bronchialsekret bei einer ventilatorassoziierten Pneumonie (VAP) trifft am ehesten zu?

Ein Vorgehen, das sich bei Patienten mit einer VAP auf die mikrobiologische Untersuchung von Bronchialsekret stützt, bedingt eine geringere Letalität als ein Vorgehen, das die Diagnostik aus Trachealsekret berücksichtigt.

b)Die mikrobiologische Diagnostik aus Bronchialsekret, das mittels einer geschützten Bürste entnommen wurde, ist der Diagnostik von Bronchialsekret aus einer BAL eindeutig überlegen.

Eine sofortige mikroskopische Untersuchung des Bronchialsekrets kann die Auswahl der initialen Antibiotikatherapie positiv beinflussen.

Das C-reaktive Protein ist ein hochspezifischer Marker in der Diagnostik einer VAP.

Die Bestimmung des Prokalzitoninwerts ist für die Beurteilung der Prognose und des Therapieverlaufs bei einer VAP ohne Bedeutung.

Welche Aussage zur Therapie der ventilatorassoziierten Pneumonie (VAP) trifft am wenigsten zu?

Lungenprotektive Beatmung ist bei VAP besonders wichtig.

Pseudomonaden spielen bei der Early-Onset VAP keine Rolle.

Die Antibiotikatherapie muss initial hoch dosiert erfolgen.

Die Antibiotikatherapie sollte im Verlauf der Behandlung auf ihre Effektivität hin überprüft werden.

Individuelle Komorbiditäten und die Beatmungsdauer müssen bei der Therapie berücksichtigt werden.

Welcher der folgenden Faktoren ist kein Risikofaktor für die Entstehung von Resistenzen?

Vorbestehende Antibiotikatherapie in den letzten 90 Tagen

Hospitalisation seit mindestens 5 Tagen

Hohe Prävalenz resistenter Erreger im Krankenhaus

Stressulkusprophylaxe

Immunsupprimierung

Welche Antibiotika bzw. welche Antibiotikakombination ist für die Initialbehandlung der ventilatorassoziierten Pneumonie (VAP) bei Patienten ohne Risikofaktoren für Resistenzen nicht indiziert?

Amoxycillin/Clavulansäure

Ampicillin/Sulbactam

Cefuroxim

Ceftriaxon

Meropenem

Welche Aussage zur Therapie der ventilatorassoziierten Pneumonie (VAP) trifft am ehesten zu?

Bei der Therapie der VAP müssen multiresistente Keime in jedem Fall berücksichtigt werden.

Eine MRSA-Pneumonie sollte auf Grund der guten Gewebegängikeit mit Linezolid behandelt werden.

Inhalative Antibiotika sind intravenös applizierten überlegen.

Wenn ESBL oder Acinetobacterspezies vermutet werden, sollten Carbapeneme nicht eingesetzt werden.

e) Ceftazidim zeichnet sich durch eine sehr gute Kokkenwirksamkeit aus.