Die frühzeitige Differenzierung einer Sepsis von einer nichtinfektiös bedingten systemischen Entzündungsreaktion („systemic inflammatory response syndrome“, SIRS) ist therapeutisch wichtig. Während Patienten mit einem SIRS eher keine antibiotische Therapie benötigen, ist für Patienten mit einer Sepsis der rasche Beginn einer adäquaten Antibiotikatherapie für das Überleben entscheidend [11]. Eine unnötig lange Therapiedauer mit Antibiotika ist jedoch nicht nur kostenrelevant, sondern birgt v. a. für die Patienten ein erhöhtes Maß an Komplikationen.

Hintergrund

Trotz der scheinbar klaren Sepsisdefinitionen [1] ist eine frühe Differenzierung von SIRS und Sepsis in der klinischen Praxis nicht immer einfach und eindeutig möglich. SIRS-Kriterien wie z. B. Tachykardie und Tachypnoe sind bei Intensivpatienten schnell erfüllt. Das Vorhandensein von Fieber ist sehr unspezifisch und bei unterschiedlichsten Krankheitsbildern zu beobachten. Teilweise sind Fieber und Leukozytose selbst bei klinisch manifester Sepsis nicht vorhanden [20, 21].

Ein weiteres Problem ist der Nachweis einer Infektion für die Diagnose der Sepsis. Bossinak et al. [2] konnten in einer prospektiven Untersuchung an 300 Krankenhauspatienten mit Fieber (≥38,0°C) zeigen, dass bei 95% der Patienten mindestens 2 SIRS-Kriterien vorlagen, bei 71% dieser Patienten der klinische Verdacht vorlag, aber nur 44% eine mikrobiologisch nachgewiesene Infektion hatten.

Es besteht neben klinischer Erfahrung der dringende Bedarf an Biomarkern, die es frühzeitig gestatten, SIRS von einer Sepsis zu unterscheiden. Mit Prokalzitonin (PCT) scheint jetzt ein laborchemischer Marker verfügbar zu sein [4]. Erhöhte PCT-Werte können mit einer hohen Sensitivität systemische bakterielle Infektionen anzeigen. Harbarth et al. [9] und Oberhoffer et al. [20] bestätigten in ihren Untersuchungen übereinstimmend, dass mit der PCT-Bestimmung eine Differenzierung zwischen SIRS und Sepsis möglich ist. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass die Bestimmung von PCT zur Therapieentscheidung über eine Antibiotikatherapie beitragen kann [4, 5, 19].

Über die Dauer einer Antibiotikatherapie bei Intensivpatienten mit schweren Infektionen gibt es in der Literatur keine gesicherten Erkenntnisse. In der klinischen Praxis werden Therapieintervalle zwischen 10 und 14 Tagen favorisiert [27]. Eine unnötig lange Antibiotikagabe ist nicht nur kostenrelevant, sondern birgt v. a. ein erhöhtes Maß an Komplikationen für die Patienten. Medikamentennebenwirkungen wie allergische Reaktion, antibiotikaassoziierte Kolitis und das Risiko von lebensbedrohlichen Infektionen mit multiresistenten Keimen sind deutlich erhöht [3, 23, 29]. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Antibiotikagebrauch und Antibiotikaresistenz ist seit Langem bekannt [8]. Die Häufigkeit von multiresistenten Erregern ist bei Patienten mit langen Antibiotikatherapien deutlich gesteigert [3]. Insbesondere haben in diesem Zusammenhang neu aufgetretene Pilzinfektionen schon bei Antibiotikatherapien über 7-Tage-Dauer, auch bei immunkompetenten Patienten, an Bedeutung gewonnen [12].

Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung sollte geprüft werden, inwieweit die tägliche PCT-Serum-Bestimmung zur Steuerung der Antibiotikatherapiedauer bei operativen Intensivpatienten geeignet ist.

Patienten und Methoden

Nach Genehmigung durch die Ethikkommission der medizinischen Fakultät der Christian-Albrecht-Universität Kiel (A 158/05) wurden Patienten von der operativen Intensivstation des Westküstenklinikums Heide beim Vorliegen von mindestens 2 SIRS-Kriterien [1] mit dem Start einer Antibiotikatherapie bei gesichertem oder hochgradigem Verdacht auf eine bakterielle Infektion in die Untersuchung aufgenommen.

Die Patienten wurden per Losverfahren entweder der PCT-gesteuerten Gruppe oder der Kontrollgruppe zugeteilt. Für beide Gruppen wurden bei gesichertem oder hochgradigem Verdacht auf eine bakterielle Infektion Antibiotika ausgewählt, die das zu erwartende Keimspektrum abdeckten. In den Gruppen wurden täglich mit der morgendlichen Routineblutentnahme Bestimmungen von Interleukin- (IL-)6, C-reaktivem Protein (CRP), PCT und der Leukozytenzahl durchgeführt. Zusätzlich erfolgte die tägliche Bestimmung des Sequential Organ Failure Assessment (SOFA) Scores [25] als Ausdruck der Erkrankungsschwere im Verlauf.

Beim Rückgang der klinischen Zeichen und Symptome einer Infektion und einem PCT-Wert von ≤1 ng/ml wurde die Antibiotikatherapie in der PCT-gesteuerten Gruppe beendet. Die Antibiotikatherapie wurde auch beendet, wenn der PCT-Wert >1 ng/ml, aber über 3 Tage auf 25–35% des Ausgangswerts gesunken war. Die Kontrollgruppe wurde mit einer standardisierten Therapiedauer von 8 Tagen mit Antibiotika behandelt. Der behandelnde Arzt hatte jederzeit die Möglichkeit, unabhängig von den Vorgaben für die Untersuchung, die Antibiotikatherapie bei klinischer Begründung fortzusetzen bzw. anzupassen.

Die Laboranalytik des IL-6 erfolgte mit dem ACCESS® Immunoassay (Beckman Coulter GmbH, Krefeld, Deutschland), des CRP mit dem Vitros Chemistry System® 5,1 FF (Ortho-Clinical Diagnostics GmbH, Neckargemünd, Deutschland) nach den jeweiligen Vorgaben des Herstellers. Die Leukozytenzahl wurde mit dem Sysmex Hämatologiegerät (Sysmex Deutschland GmbH, Norderstedt, Deutschland) bestimmt. Für die laborchemische Bestimmung von PCT wurde der Brahms PCT LIA® (B.R.A.H.M.S Aktiengesellschaft, Hennigsdorf, Deutschland) verwendet. Die Untersuchungen wurden nach der Empfehlung des Herstellers durchgeführt. Für die untersuchten Parameter werden vom Kliniklabor die folgenden Referenzbereiche angegeben: IL-6 <15 pg/ml, CRP <0,7 mg/dl, PCT <0,5 ng/ml, Leukozyten 4–10×103/µl.

Für die Studie wurden bei allen Patienten Alter, Geschlecht und der Simplified Acute Physiology Score (SAPS) II als Ausdruck für die Erkrankungsschwere bei Aufnahme in die Untersuchung sowie Diagnosen, Liegedauer auf der Intensivstation und Zeitdauer der Antibiotikatherapie erhoben. Zusätzlich wurden die verwendeten Antibiotikasubstanzklassen registriert und das Outcome untersucht.

Für die deskriptive Statistik wurde die Darstellung mithilfe des Mittelwerts und der Standardabweichung gewählt, wenn nicht anders angeführt. Die vergleichende Statistik erfolgte mit dem Mann-Whitney-Wilcoxon-U-Test. Nur die Verteilung von Geschlecht, Diagnosen und Antibiotikaklassen sowie klinischem Ergebnis hinsichtlich Überleben und Tod wurde mit dem χ2-Test geprüft. Ein p<0,05 wurde als statistisch signifikant angesehen.

Ergebnisse

Im Untersuchungszeitraum von Januar 2006 bis März 2007 erfüllten 110 von 395 untersuchten Patienten alle Kriterien zur Aufnahme in die Untersuchung. Bei diesen Patienten lagen mindestens 2 SIRS-Kriterien mit dem Start einer Antibiotikatherapie bei gesichertem oder hochgradigem Verdacht auf eine bakterielle Infektion vor. Patienten mit fehlender Einwilligung in die Untersuchung, mit außerhalb der Intensivstation gestarteter Antibiotikabehandlung und mit Therapiebegrenzungen wurden von vornherein ausgeschlossen. Per Losverfahren wurden 57 Patienten der PCT-gesteuerten Gruppe und 53 der Kontrollgruppe zugeteilt.

In der vorliegenden prospektiven, randomisierten und offenen Studie war die Gruppe mit der PCT-gesteuerten Antibiotikatherapiedauer mit der Kontrollgruppe hinsichtlich Alter, Geschlechtsverteilung, Diagnosen, Erkrankungsschwere, ausgedrückt mit dem SAPS II und Outcome, vergleichbar (Tab. 1). Die Verteilung der verwendeten Antibiotikasubstanzklassen war ebenfalls vergleichbar (Tab. 2). Die Behandlungsdauer mit Antibiotika war in der PCTgesteuerten Gruppe mit 5,9±1,7 Tagen im Vergleich zur Kontrollgruppe mit 7,9±0,5 Tagen signifikant kürzer (p<0,001) und zwar ohne nachteilige Auswirkungen auf den Behandlungserfolg (Tab. 1, Tab. 2). Dabei war in der PCT-Gruppe die Behandlungsdauer auf der Intensivstation mit 15,5±12,5 Tagen knapp signifikant kürzer als in der Kontrollgruppe mit 17,7±10,1 Tagen (p=0,046; Tab. 1).

Tab. 1 Demografische und klinische Daten
Tab. 2 Häufigkeit der verwendeten Antibiotika und Therapiedauer

Der SOFA-Score als Ausdruck der Erkrankungsschwere der Intensivpatienten, die Leukozytenwerte, sowie die IL-6-, CRP- und PCT-Konzentrationen unterschieden sich zu keinem der ausgewerteten Zeitpunkte signifikant zwischen der Gruppe mit PCT-gesteuerter Antibiotikatherapie und der Kontrollgruppe mit standardisierter Behandlungsdauer der Antibiotikatherapie über 8 Tage (Abb. 1, Abb. 2, Abb. 3, Abb. 4, Abb. 5). In der Gruppe mit PCT-gesteuerter Antibiotikatherapiedauer waren die PCT-Werte ab dem vierten Tag im Vergleich zum Ausgangswert signifikant niedriger (Abb. 6).

Abb. 1
figure 1

Sequential Organ Failure Assessment- (SOFA-) Score (Mittelwert ± Standardabweichung). Offene Kreise Gruppe mit prokalzitoningesteuerter Antibiotikatherapie; geschlossene Kreise Kontrollgruppe mit standardisierter Antibiotikatherapiedauer über 8 Tage

Abb. 2
figure 2

Leukozytenwerte (Mittelwert ± Standardabweichung). Offene Kreise Gruppe mit prokalzitoningesteuerter Antibiotikatherapie; geschlossene Kreise Kontrollgruppe mit standardisierter Antibiotikatherapiedauer über 8 Tage

Abb. 3
figure 3

Interleukin- (IL-)6-Konzentration (Mittelwert ± Standardabweichung). Offene Kreise Gruppe mit prokalzitoningesteuerter Antibiotikatherapie; geschlossene Kreise Kontrollgruppe mit standardisierter Antibiotikatherapiedauer über 8 Tage

Abb. 4
figure 4

C-reaktives-Protein- (CRP-)Konzentration (Mittelwert ± Standardabweichung). Offene Kreise Gruppe mit prokalzitoningesteuerter Antibiotikatherapie; geschlossene Kreise Kontrollgruppe mit standardisierter Antibiotikatherapiedauer über 8 Tage

Abb. 5
figure 5

Prokalzitonin- (PCT-)Konzentration (Mittelwert ± Standardabweichung). Offene Kreise Gruppe mit prokalzitoningesteuerter Antibiotikatherapie; geschlossene Kreise Kontrollgruppe mit standardisierter Antibiotikatherapiedauer über 8 Tage

Abb. 6
figure 6

In der Gruppe mit Prokalzitonin (PCT) gesteuerter Antibiotikatherapiedauer sind die PCT-Werte ab dem vierten Tag im Vergleich zum Ausgangswert signifikant niedriger (Box-Plots mit unterem Quartil, Median und oberem Quartil, 0,1- und 0,9-Quantile für die Whiskerlänge und Ausreißern als Punktdarstellung)

Diskussion

Erfüllte SIRS-Kriterien als Zeichen einer systemischen Inflammation müssen nicht immer Folge einer systemischen Infektion sein, sondern können aufgrund einer allgemeinen Schädigung des menschlichen Organismus auftreten [7]. Daher ist die klinische Differenzierung zwischen SIRS und Sepsis oftmals sehr schwierig. Laborchemische Marker, wie IL-6, und Akute-Phase-Proteine, wie das CRP, lassen sich nur eingeschränkt zur Infektionsdiagnose verwenden, da sie in erster Linie den Ausprägungsgrad der systemischen Inflammation widerspiegeln und nicht beweisend für eine Infektion sind [26]. Zusätzlich weist das CRP ein Profil auf, das bei bekannter Trägheit ein ungeeigneter Parameter zur Beurteilung der Dynamik einer Inflammation ist [13]. Gleiches gilt für die Leukozytenzahl [20].

Die Sepsis ist nach wie vor die wesentlichste Ursache von Morbidität und – in ihrer schweren Verlaufsform (schwere Sepsis, septischer Schock und Multiorgandysfunktion) – auch der Mortalität von Intensivpatienten [6]. Die Therapie ist in der Regel am effektivsten, wenn sie ohne Zeitverzug nach den gültigen Empfehlungen begonnen wird [27]. Damit ist eine rasche und sichere Infektionsdiagnose unverzichtbar.

Harbarth et al. konnten zeigen, dass PCT-Werte zwischen Patienten mit SIRS und Sepsis in ihren unterschiedlichen Ausprägungsformen differenzieren können. Des Weiteren korrelieren sie, wie auch IL-6, mit dem Schweregrad der systemischen Inflammation [9]. In derselben Arbeit wurde auch gezeigt, dass erfolgreich therapierte Patienten ein im Verlauf sich dem Referenzwert annäherndes PCT aufwiesen und Patienten mit einem SIRS ohne Infektion in der Regel PCT-Werte <1 ng/ml hatten.

Neuere Untersuchungsergebnisse legen die Vermutung nahe, dass ein PCT-basierter Algorithmus die Dauer einer Antibiotikatherapie ohne Nachteile auf den Behandlungserfolg verkürzen kann [5, 19].

Aufgrund der Literaturdaten wurde die Hypothese aufgestellt, dass die Antibiotikatherapiedauer bei Patienten einer operativen Intensivstation mithilfe der täglichen PCT-Bestimmung günstig beeinflusst und verkürzt werden kann. Zur optimalen Therapiedauer mit Antibiotika bei Sepsispatienten gibt es in der Literatur keine gesicherten Erkenntnisse. Chastre et al. [3] verglichen in einer Studie eine 8- und 15-tägige Therapie mit Antibiotika bei Patienten mit beatmungsassoziierter Pneumonie und septischen Krankheitsverläufen und konnten kein unterschiedliches Ergebnis zwischen beiden Gruppen hinsichtlich des Behandlungserfolgs finden. Allerdings war die Rückfallrate für Infektionen mit Pseudomonas aeruginosa in der Therapiegruppe mit 8 Tagen größer, wohingegen in der Patientengruppe mit 15 Therapietagen in 60% der Reinfektionen ein deutlich höherer Anteil an multiresistenten Erregern nachgewiesen wurde als in der Vergleichsgruppe. Micek et al. [18] untersuchten ebenfalls die Antibiotikatherapiedauer bei beatmungsassoziierter Pneumonie und postulierten, dass bei klinischem Ansprechen der Antibiotikatherapie eine Therapiedauer von 7–8 Tagen ausreichend sei. Christ-Crain et al. [5], die über 300 Patienten mit einer ambulant erworbenen Pneumonie untersuchten, konnten das Antibiotikatherapieintervall mithilfe eines PCT-basierten Algorithmus von 12 auf 5 Tage reduzieren. Nobre et al. [19] verkürzten die Dauer der Antibiotikatherapie bei Patienten mit Sepsis unter Verwendung eines PCT-basierten Algorithmus ohne Nachteile für die Patienten von im Median 10 auf 6 Tage. Aufgrund dieser Studiendaten und eigener Erfahrungen bei der Bewertung von PCT-Verläufen bei operativen Intensivpatienten mit Infektionen, bei denen das PCT bei adäquater Behandlung an Tag 8 und früher innerhalb des Referenzbereichs bestimmt wurde, erschien eine maximale Therapiedauer mit Antibiotika von 8 Tagen in der Kontrollgruppe als ausreichend und sicher.

Eine Schwierigkeit in der Intensivmedizin besteht darin, frühzeitig Patienten mit SIRS und Sepsis zu differenzieren. Dies gelingt häufig erst im klinischen Verlauf und oftmals nur durch zusätzliche Untersuchung von Inflammations- und Infektionsmarkern. Trotzdem darf dieser Umstand nicht zu einem verzögerten Start der Antibiotikatherapie führen. Eine Studie aus den USA konnte an Patienten mit einer ventilatorassoziierten Pneumonie zeigen, dass die Patienten, die erst 24 h nach Diagnosestellung eine Antibiotikatherapie erhielten, eine ungefähr 7-fach höhere Mortalitätsrate aufwiesen als Patienten, die früher adäquat therapiert wurden [10]. Kumar et al. [11] zeigten in ihrer Studie, dass die Hospitalsterblichkeit von Patienten mit septischem Schock mit jeder Stunde einer verspäteten Antibiotikagabe um ca. 7% zunahm.

Die zunehmende Entstehung von Resistenzen gegenüber Standardantibiotika drängt dazu, das Handeln bezüglich Indikationsstellung und Therapiedauer regelmäßig zu überprüfen. Aktuelle Daten belegen, dass es seit Jahren eine drastisch zunehmende Resistenzentwicklung der infizierenden Keimspezies gegen Antibiotikagruppen gibt [16]. Es gibt in der Literatur Hinweise dafür, dass eine Antibiotikatherapie, die länger als 7 Tage vorgenommen wird, das Risiko von Pilzinfektionen [12] und länger als 10 Tage die Resistenzentwicklung von Erregern signifikant steigert [27]. Einer der Hauptgründe für die steigende Resistenzrate ist der unkontrollierte Antibiotikaverbrauch mit zu langen Therapieintervallen auf den Intensivstationen. Ein direkter Zusammenhang zwischen dem Verbrauch und der Resistenz ist belegt [8, 28]. Die Resistenzbildung selber ist stark von den verwendeten Antibiotikaklassen an sich sowie dem Bakterium abhängig und dauert zwischen einem Tag und drei Jahrzehnten. Einmal aufgetretene Resistenzen sind auch nach Veränderungen des Selektionsdrucks nur langsam oder gar nicht mehr reversibel [8]. Deshalb wird postuliert, dass nicht nur die frühe Entscheidung für oder gegen eine Antibiotikatherapie, sondern auch die ständige Überprüfung der Notwendigkeit einer Weiterführung der antimikrobiellen Therapie im Verlauf einen vorteilhaften Einfluss auf diese Entwicklung hat. Singh et al. [23] untersuchten Intensivpatienten mit einer Pneumonie und konnten zeigen, dass ein Therapieabbruch nach 3 Tagen bei fehlendem Infektionsverdacht zu keiner Verschlechterung des Outcome führte. Auf diese Weise konnten Resistenzentwicklungen reduziert werden. Dabei können PCT-basierte Algorithmen helfen, die Dauer der Antibiotikatherapie ohne nachteilige Auswirkungen auf den Behandlungserfolg zu verkürzen; dies wird durch aktuelle Arbeiten und eigene Ergebnisse gut belegt [5, 19].

Die engmaschige Verlaufsbeobachtung der Patientengruppe mit PCT-gesteuerter Antibiotikatherapie zum frühzeitigen Erkennen möglicher nachteiliger Auswirkungen einer verkürzten Therapiedauer wirkte sich zusätzlich vorteilhaft auf die Dauer der Intensivbehandlung aus. Die PCT-Gruppe hatte bei vergleichbaren demografischen und klinischen Daten eine knapp signifikant kürzere Verweildauer auf der Intensivstation als die Kontrollgruppe. In der Publikation von Nobre et al. [19] konnte unter Verwendung eines PCT-basierten Algorithmus neben der Dauer der Antibiotikatherapie auch die mittlere Liegezeit auf der Intensivstation um 2 Tage reduziert werden.

Fazit für die Praxis

Eine verspätete Diagnosestellung und eine inadäquate Antibiotikatherapie haben nachteilige Auswirkungen auf den Behandlungserfolg von Patienten mit einer Sepsis [3, 11, 12, 23, 29]. Andererseits begünstigt eine nichtangemessene und zu lange Therapie die Resistenzentwicklung gegen Antibiotika [3, 8]. Die Therapiedauer richtet sich nach der Art der Infektion, den vermuteten bzw. nachgewiesenen Erregern und dem klinischen Verlauf mit Rückgang allgemeiner klinischer Zeichen und Symptome der Infektion. Die Behandlungsdauer sollte so kurz wie möglich gehalten werden [27]. PCT-Werte im Verlauf können bei der Entscheidung über die Therapiedauer mit Antibiotika eine wichtige Hilfestellung geben. Dabei sollten die PCT-Werte nur im klinischen Kontext interpretiert werden. Dies kann zu einer verkürzten Antibiotikatherapiedauer führen und zwar mit möglicherweise vorteilhaften Auswirkungen auf die Resistenzentwicklung und die Kosten in der Intensivmedizin.