Die Sepsis, Bestandteil des „systemic inflammatory response syndrome“, ist die systemische Antwort auf eine mikrobiologische Infektion. Die durchschnittliche Mortalitätsrate beträgt 40% [17]. Pathophysiologisch kommt es bei einer Sepsis durch die Abnahme der endothelialen Schrankenfunktion und Verminderung des peripheren Widerstands, durch die Induktion einer disseminierten intravasalen Gerinnung mit Ausbildung von Mikrothromben sowie durch die unkontrollierte Zellinfiltration zu schweren hämodynamischen Veränderungen mit Störungen des Sauerstofftransportes [6, 34]. Für diese Störungen ist die Aktivierung komplexer, interaggierender humoraler und zellulärer Mediatorsysteme verantwortlich. Dazu zählen neben den Stoffwechselprodukten der Entzündungszellen, wie z. B. den Zytokinen, Chemokinen, Adhäsionsmolekülen, Proteasen und toxischen Sauerstoffspezies v. a. Bradykin, Histamin, Serotonin und die Katecholamine [49].

Um die vasomotorische Dysregulation in der Sepsis kompensieren zu können, wird das sympathische Nervensystem aktiviert und eine verstärkte Katecholaminsynthese induziert [64]. Dopamin als Katecholaminvorstufe und die beiden klassischen Katecholamine Noradrenalin und Adrenalin spielen dabei eine Schlüsselrolle. Die hämodynamischen Effekte dieser Katecholamine sind ausführlich untersucht und eine große Menge an „Pro- und Kontraarbeiten“ in Bezug auf ihren klinischen Einsatz publiziert worden [26, 27, 55, 82]. Mögliche Effekte auf das Immunsystem unter verschiedensten Stimulationsbedingungen wurden aber hauptsächlich von Noradrenalin und Adrenalin untersucht. Auch dazu können zahlreiche Übersichtsarbeiten eingesehen werden [31, 34, 50, 68]. Studien über die immunmodulatorischen Effekte von Dopamin unter Sepsisbedingungen sind dagegen wesentlich seltener. Die bisher bekannten Wirkungen sind in dieser Übersichtsarbeit zusammengestellt (Tabelle 1, 2).

Tabelle 1 Effekte von Dopamin auf die Produktion von Mediatoren und Hormonen
Tabelle 2 Effekte von Dopamin auf Zellfunktionen

Endogene Dopaminsynthese

Dopamin wird aus den Aminosäuren Phenylalanin bzw. Tyrosin in den chromaffinen Zellen von Nebennierenmark, Hypothalamus, Substantia nigra und in anderen Teilen des Nervensystems synthetisiert (Abb. 1). Es fungiert selbst als Neurotransmitter, ist aber ein Zwischenprodukt der Synthese von Adrenalin und Noradrenalin. Im ersten Schritt der Dopaminsynthese wird aus Tyrosin mithilfe der Tyrosinhydroxylase 3,4-DOPA. Danach decarboxyliert die DOPA-Decarboxylase das entstandene Molekül zu Dopamin. Es kann nach Ausschüttung wieder in den synaptischen Spalt aufgenommen oder enzymatisch aktiviert werden.

Abb. 1
figure 1

Biosynthese von Katecholaminen

Die Serum-Dopamin-Spiegel schwanken beim Gesunden zwischen 8–10 pM/ml [25], die Konzentration in den Synapsen liegt zwischen 0,3–1 mM [62]. Unter Sepsisbedingungen steigen diese Werte sehr schnell auf das 103Fache an und bleiben, wahrscheinlich durch zusätzliche Freisetzung aus zytoplasmatischen Vesikeln von Lymphozyten, PMN und Monozyten, über einen langen Zeitraum erhöht [14, 42].

Therapeutische Dopaminapplikation

Durch zusätzliche Applikation können die Serum-Dopamin-Spiegel um weitere 103fache Werte erhöht werden [83]. Die letztendlich gemessenen Konzentrationen bei Sepsispatienten korrelieren aber nur wenig mit der Infusionsrate von Dopamin. Sie unterliegen ohne bekannte Ursache interindividuellen Schwankungen und variieren abhängig vom Krankheitsstadium [24]. Insbesondere Sepsispatienten haben aufgrund hepatischer und renaler Dysfunktionen eine verminderte Dopaminclearance und dadurch bereits endogen erhöhte Dopaminspiegel [45].

Die Dopamininfusion kann in verschiedenen Konzentrationen erfolgen:

a):

niedrige Konzentrationen („low dose“) <5 µg/kgKG/min;

b):

mittlere Konzentrationen von 5–10 µg/kgKG/min und

c):

hohe Konzentrationen („high dose“) >10 µg/kgKG/min.

Je nach Konzentration werden unterschiedliche Rezeptoren aktiviert und damit unterschiedliche Effekte erzielt. Die hämodynamischen Effekte und ihre klinische Bedeutung werden in der Literatur ausreichend diskutiert [55, 82] und sollen in dieser Arbeit nicht berücksichtigt werden. Kurz zusammengefasst wird der Dopamineinsatz heute empfohlen, wenn durch eine Erhöhung der kardialen Auswurfleistung eine Anhebung oder Aufrechterhaltung des mittleren arteriellen Druckes angestrebt wird und dies mithilfe intensiver Volumentherapie nicht erreicht werden kann. Die „Low-dose“-Dopamintherapie wird heute allgemein abgelehnt [7, 27, 44, 53, 82].

Wirkmechanismen

Rezeptorabhängige Mechanismen

Low-dose-Dopamin führt zur Aktivierung der 5 dopaminergen Rezeptoren, die aufgrund struktureller und funktioneller Ähnlichkeit der D1- oder D2-Rezeptorgruppe zugeordnet werden. D1- und D2-Rezeptoren kommen, außer wahrscheinlich auf Monozyten/Makrophagen, auf der Oberfläche fast aller entzündungsaktiven Zellen vor [63]. D2-Rezeptoren sind zusätzlich auf autonomen Ganglien und sympathischen Nervenendigungen zu finden [70]. Die Aktivierung der Dopaminrezeptoren induziert über die Aktivierung der Adenylatzyklase die Bildung von cAMP. Zyklisches Adenosinmonophosphat aktiviert hauptsächlich durch eine Modifikation seiner C-terminalen Aktivierungsdomäne die cAMP-abhängige PKA, die dann in den Kern wandert und dort die Aktivierung einer Reihe wichtiger Transkriptionsfaktoren beeinflussen kann [1, 58]. Proteinkinase A aktiviert CREB [18] und inhibiert die Aktivierung des, für die Transkription der meisten proinflammatorischen Mediatoren verantwortlichen, Transkriptionsfaktors NF-κB. Zusätzlich hemmt aktivierte PKA die nukleäre Translokation von NF-κB durch Degradierung seines physiologischen Inhibitors IκB [58]. Beide genannten Transkriptionsfaktoren, CREB und NF-κB, können die Transkription nur beeinflussen, wenn sie am Koaktivator CBP binden [1]. Da aber beide um die gleiche Bindungsstelle am CBP konkurrieren, führt die dopamininduzierte Aktivierung von CREB gleichzeitig zur verminderten Aktivierung von NF-κB. Nur D2-Rezeptoren können einige Effekte auch über eine Aktivierung von NF-κB und eine Hemmung der cAMP-Bildung induzieren [86].

In steigenden Konzentrationen stimuliert Dopamin β- und nachfolgend auch α-Rezeptoren [40]. Die über β-Rezeptoren vermittelten Effekte beruhen ebenfalls auf einer cAMP-abhängigen Aktivierung von PKA und CREB und der folgenden Hemmung der NF-κB-Aktivierung. Über den α1-Rezeptor wird hauptsächlich der Vasotonus reguliert, sodass nur der α2-Rezeptor über Interaktionen mit der Adenylatzyklase immunologische Effekte vermittelt. Diese werden durch Proteinkinase-C-Aktivierung mit Degradierung von IκB und anschließender NF-κB-Aktivierung induziert [52].

Rezeptorunabhängige Mechanismen

Dopamin kann als einziges Katecholamin seine Effekte auch rezeptorunabhängig induzieren. Es wird unter Bildung von H2O2 enzymatisch durch MAO abgebaut. Wasserstoffperoxid kann dann in Gegenwart von Eisen (Fe2+) durch die Fenton-Reaktion in Hydroxylradikale (HO) umgewandelt werden. Beide Stoffwechselprodukte beeinflussen konzentrationsabhängig und in Abhängigkeit des Wirkungsmediums intrazelluläre Transkriptions- und Signalprozesse [19]. In geringer Konzentration verbessern sie die antioxidativen Schutzmechanismen durch Stimulierung der endogenen Synthese physiologischer Antioxidanzien, wie SOD, HO-1 und Ferritin. In hohen Konzentrationen dagegen führen sie zu irreversiblen Schäden fast aller zellulärer Strukturen [76].

Neben dem aktiven Abbau durch MAO unterliegt Dopamin aufgrund seines instabilen Katecholringes auch autooxidativen Prozessen. Dabei entstehen Semoquinone und Quinone, die ebenfalls zyto- und gentoxische Effekte bis zur Apoptose induzieren [2].

Immunmodulatorische Effekte

Synthese proinflammatorischer Mediatoren

Zytokine und Chemokine

Die Sepsis ist durch eine vermehrte Synthese proinflammatorischer Mediatoren, darunter der frühe Aktivator TNF-α, gekennzeichnet. In In-vitro- [59, 66] und in In-vivo-Studien [41, 54, 81] konnte gezeigt werden, dass Dopamin zu einer signifikanten Reduktion der monozytären TNF-α-Freisetzung unter Stimulationsbedingungen führt. Weiterhin konnte eine dopamininduzierte vermehrte Synthese des antiinflammatorischen Zytokins IL-10 nachgewiesen werden [42]. Die In-vitro-Synthese von IL-12 p40, ein essenzielles Zytokin zur Induktion von Zytotoxizität, Proliferation und Interferon-γ-Freisetzung in T-und natürlichen Killerzellen, wird ebenfalls von Dopamin beeinflusst. In Makrophagen konnte nicht nur eine konzentrationsabhängige Hemmung der IL-12-p40-Freisetzung, sondern auch der IL-12-p40-mRNA-Expression gefunden werden. Diese Wirkungen waren durch β-Rezeptoraktivierung vermittelt [42].

Endothelzellen mit hohem Potenzial zur Mediatorsynthese steuern ebenfalls den Sepsisverlauf. In eigenen Untersuchungen konnten wir zeigen, dass Dopamin über oxidative Prozesse die basale und LPS-induzierte Synthese der Chemokine Gro-α und ENA-78 signifikant vermindert, die IL-8-Synthese aber erhöht (Abb. 2 und 3). In proximalen Tubulusepithelzellen war dagegen auch eine Hemmung der IL-8-Produktion nachzuweisen [5, 46]. In anderen Arbeiten konnte über eine signifikante Reduktion des chemotaktischen Effektes von IL-8 und der Migration stimulierter PMN durch das Endothel berichtet werden [74].

Abb. 2
figure 2

Effekte von Dopamin auf die IL-8, Gro-α- und ENA-78-Synthese unstimulierter und LPS-stimulierter Endothelzellen. HUVEC wurden mit unterschiedlichen Dopaminkonzentrationen in An- oder Abwesenheit von LPS stimuliert. Nach 24 h wurde die IL-8-Produktion im Überstand dieser Zellen mit der ELISA-Technik bestimmt

Abb. 3
figure 3

Einfluss von Dopamin auf die IL-8-Produktion in Endothelzellen. HUVEC wurden mit Dopamin in An- oder Abwesenheit unterschiedlicher Konzentrationen von NAC stimuliert. Nach 24 h wurde die IL-8-Produktion im Überstand dieser Zellen mit der ELISA-Technik bestimmt

Bei T-Zellen führt Dopamin in pharmakologischen Dosierungen zur verminderten Freisetzung der Zytokine IL-2, Interferon-γ und IL-4 und wahrscheinlich durch Hemmung selektiver Signalfaktoren zur Hemmung der T-Zell-Rezeptorkaskade [36].

Adhäsionsmoleküle

Nicht nur die Migration, sondern auch die Adhäsion aktivierter PMN am Endothel wird durch Dopamin reduziert. Es konnte gezeigt werden, dass Dopamin die Expression des granulozytären Oberflächenmarkers CD11b/CD18 sowie der korrespondierenden endothelialen Adhäsionsmoleküle E-Selectin und ICAM-1 signifikant inhibiert [74].

Stickstoffmonoxid

Stickstoffmonoxid, synthetisiert durch NOS und verantwortlich für die pathologische Vasodilatation, wird unter Sepsisbedingungen vermehrt freigesetzt. Dopamin bewirkt D1-Rezeptor-vermittelt bereits bei unstimulierten Endothelzellen und Monozyten eine Steigerung der induzierbaren NOS-2-mRNA-Expression und eine erhöhte NO-Synthese [71, 72]. Die nach Endotoxinstimulation endogen gesteigerte NO-Synthese wird durch Dopamin zusätzlich erhöht. Es wird diskutiert, dass dieser Steigerungseffekt durch Dopamin einen Einfluss auf die hohe Gesamt-NO-Synthese bei Sepsispatienten hat [20].

Dopamin reduziert die Synthese proinflammatorischer und induziert die Synthese antiinflammatorischer Mediatoren. Dopamin steigert die NO-Synthese.

Hormonsynthese von Hypothalamus und Hypophyse

Die Synthese der für den normalen Metabolismus, Wachstum und Immunabwehr essenziellen Glukokortikoide, Prolaktin-, Wachstums- und Thyroidhormone schwankt im Verlauf einer Sepsis [21]. In der Frühphase kommt es kurzzeitig zur gesteigerten Synthese aller Hormone. Im protrahierten Verlauf dagegen werden alle Hormone mit Ausnahme der Glukokortikoide deutlich vermindert synthetisiert [13]. Letztere bleibt unverändert erhöht.

Hypophyse und Anteile des Hypothalamus exprimieren Dopaminrezeptoren, und unter Vermittlung dieser Rezeptoren reduziert Dopamin die für die Frühphase typische Syntheseerhöhung und inhibiert im späteren Sepsisverlauf die bereits endogen verminderte Hormonsynthese zusätzlich und nachhaltig [8, 37].

Eine Ausnahme bildet die Regulation der Glukokortikoidsynthese. Obwohl die Synthese von Kortisol durch Dopamin nicht beeinflusst wird [9], kommt es doch zu einer deutlichen Hemmung der Synthese androgener Hormone [11].

Durch die Aktivierung von Monozyten, Lymphozyten und Makrophagen bewirkt Prolaktin im Rahmen einer Sepsis eine Steigerung der zellulären Abwehr [69]. Diese Aktivierung wird durch Dopamin inhibiert. Es konnte gezeigt werden, dass bereits Low-dose-Dopamin die Prolaktinsynthese bei Kindern und Erwachsenen auf Intensivstationen deutlich reduziert [3, 10, 87]. Mittlere Dopaminkonzentrationen führten sogar zu einer 90%igen Reduktion der Serum-Prolaktin-Spiegel, Unterdrückung der T-Zell-Funktion und Reduktion der Lymphozytenzahlen [29]. In einem Ratten-LPS-Model konnte ein direkter Zusammenhang zwischen der Prolaktinsuppression und der SIRS-assoziierten Hyporeaktivität der Makrophagen hergestellt werden [88]. Allein diese verminderte Immunabwehr mit einer folgenden erhöhten Infektanfälligkeit sehen verschiedene Autoren als Grund, den Dopamineinsatz kritisch zu bewerten [3, 57].

Wachstumshormone sind wegen ihrer anabolen und lipolytischen Wirkungen für die Realisierung einer adäquaten Stressantwort, aber auch wegen ihrer abwehrstimulierenden Eigenschaften essenziell [61]. Dopamin inhibiert die zu Beginn der Sepsis deutlich vermehrte und später verminderte Wachstumshormonsynthese [9]. Diese zusätzliche Suppression kann im Verlauf der Sepsis zu auffälligem Fettabbau und Eiweißsynthesestörungen führen [43, 77].

Thyroidhormone sind für den Glukose- und Lipidmetabolismus sowie die Wachstumshormonsynthese verantwortlich und beim Intensivpatienten nach kurzzeitiger Synthesesteigerung im weiteren Verlauf der Erkrankung dramatisch reduziert („low T3 syndrome“) [12, 84]. Es konnte gezeigt werden, dass Dopamin direkt die TSH-Freisetzung inhibiert und somit die Thyroidfunktion beeinflusst [10]. Dies führt zu zusätzlichen Beeinträchtigungen der kardialen Funktionen mit verminderter Inotropie und Nachlasterhöhung [30]. Weiterhin kommt es durch den T3-Mangel zur Unterstützung der katabolen Kreislaufsituation mit nichttherapierbarer gestörter Proteinsynthese und Muskelabbau, zur Induktion einer Reihe psychischer und weiterer vegetativer Störungen, die in ihrer Komplexität die Rekonvaleszenz verzögern oder verhindern können [67].

Dopamin hemmt die Synthese von Prolaktin, Wachstums- und Thyreoidhormonen.

Lymphozyten- und Makrophagenproliferation

In In-vitro-Studien konnte gezeigt werden, dass Dopamin und/oder seine Agonisten die Lymphozytenproliferation signifikant hemmen [22, 23]. Hoch dosiertes Dopamin wird durch die Zellmembran geschleust und wirkt dort toxisch auf die Mitochondrien und auf intranukleäre Regulationsmechanismen [14]. Dieser Prozess scheint enzymatisch über Autooxidation oder β-Rezeptor-vermittelt zu sein [60, 70]. Auch bei Sepsispatienten, die mit Dopamin therapiert wurden, war in späteren In-vitro-Versuchen diese Hemmung der T-Zell-Proliferation zu beobachten.

Im Gegensatz dazu konnte in In-vivo-Experimenten an der Maus nach Dopamin- oder Dopaminagonisttherapie eine Steigerung der basalen und auch der LPS-induzierten B-und T-Zell-Proliferation beschrieben werden [79]. Die dafür verantwortlichen Mechanismen sind nicht klar definiert. Sowohl die Dopaminrezeptoraktivierung als auch der indirekte Einfluss von Milieuveränderungen werden diskutiert [4, 80]. In weiteren Studien sind auch Effekte auf die Makrophagenproliferation beschrieben worden. Konzentrationen >100 µM führen oxidativ vermittelt zur Hemmung des Makrophagenwachstums [16].

Dopamin in mittleren und hohen Dosierungen hemmt die Zellproliferation.

Thrombozytenaggregation

Thrombozyten exprimieren Dopamin-, α- und β-Rezeptoren [47, 48], und somit kann Dopamin über eine Vielzahl von Mechansimen die Thrombozytenaggregation beeinflussen. Dopamin hemmt in vitro D1-Rezeptor-vermittelt die ADP-induzierte Thrombozytenaggregation und fördert über α-Rezeptor-Stimulation deren Aggregation [15].

Auch in vivo konnten gegenteilige Effekte von Dopamin auf die thrombininduzierte Thrombozytenaggregation gefunden werden [32]. High-dose-Dopamin inhibiert die Aggregation hauptsächlich über D1-Rezeptoren, und Low-dose-Dopamin potenziert die thrombininduzierte Thrombozytenaggregation über α-Rezeptoren [33].

Dopamin in mittleren und hohen Dosierungen hemmt die Thrombozytenaggregation.

Phagozytose

In In-vitro-Studien konnte gezeigt werden, dass Dopamin in therapeutischen Serumkonzentrationen (150 µg/ml) die Phagozytoseaktivität neutrophiler Granulozyten gegenüber Bakterien signifikant vermindert [85]. Dieser Effekt war bei Granulozyten von Sepsispatienten gegenüber Granulozyten gesunder Spender noch verstärkt [73]. In In-vivo-Studien an Mäusen konnte bestätigt werden, dass durch eine inhibierte Dopaminsynthese eine erhöhte Phagozytoseaktivität induziert werden kann [28]. Verantwortlich scheint die Dopaminrezeptoraktivierung zu sein, obwohl deren Anwesenheit auf PMN nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte. Als rezeptorunabhängiger Mechanismus wurde dagegen die Induktion der interferonvermittelten Phagozytose in Knochenmarkmakrophagen beschrieben [75].

Therapeutische Dopaminkonzentrationen reduzieren die Phagozytoseaktivität neutrophiler Granulozyten.

Apoptose

Dopamin hat konzentrationsabhängig gegensätzliche Wirkungen auf die Apoptose. In niedrigen Dosierungen (1 µM) hemmt Dopamin D1-Rezeptor-vermittelt Apotose in humanen Monozyten, in Konzentrationen von 500 µM wird Apoptose über oxidative Mechanismen induziert [22]. Auch in Granulozyten und Makrophagen gesunder Spender führt Dopamin ab 100 µM zur Induktion der Apoptose [16, 73]. Diese Apoptoserate ist bei Granulozyten septischer Patienten nochmals signifikant erhöht [73]. Die Apoptoseinduktion durch Dopamin ist oxidativ-vermittelt. Es kommt zur Aktivierung und Translokation von Transkriptionsfaktoren, wie NF-kB, p53 und c-Jun, sowie zur Aktivierung von Caspase-3 [51, 65].

Dopamin induziert in mittlerer bis hoher Dosis Apoptose.

Fazit für die Praxis

Die kontroversen Diskussionen über den Einsatz von Dopamin zur hämodynamischen Stabilisierung bei Sepsis sind nach wie vor nicht abgeschlossen. Daher wird Dopamin auch heute noch, wenn auch wesentlich kritischer, verwendet [56, 82]. Es sollte aber zusätzlich beachtet werden, dass Dopamin auch verschiedene funktionelle Parameter des Immunsystems komplex verändert. Die in dieser Übersicht dargestellten Daten geben einen Einblick in mögliche neue dopaminvermittelte Pathomechanismen bei Sepsis. Durch therapeutische Dopaminapplikation kommt es trotz Hemmung der proinflammatorischen Mediatorproduktion zu einer überwiegenden Suppression des Immunstatus. Dabei scheinen insbesondere die Effekte auf die hypothalamisch-hypophysäre Hormonsynthese klinische Auswirkungen für den Sepsisverlauf zu haben. Es sollte aber beachtet werden, dass die Dopamineffekte konzentrationsabhängig gegensätzlich sein können.

Ob und in welchem Umfang weitere Dopaminwirkungen klinisch relevant sind, ist vom heutigen Stand der Untersuchungen noch nicht abzuschätzen. Es sind zusätzliche In-vitro- und In-vivo-Studien nötig, um mögliche komplexe Zusammenhänge zwischen Dopamin und Sepsispathophysiologie ableiten zu können.