Der deutsche Krankenhausmarkt erwirtschaftet mit einem Marktvolumen von EUR 80 Mrd. und über 12.000 Versorgungseinrichtungen etwa 5% des Bruttoinlandproduktes (BIP) [32]. Davon entfällt ein Umsatz von fast EUR 50 Mrd. auf die ca. 2250 Akutkrankenhäuser [2, 12, 13, 32]. Unter den Akutkrankenhäusern nehmen die 34 Universitätskliniken eine besondere Position ein. Sie repräsentieren lediglich 1,5% aller Krankenhäuser, beschäftigen jedoch 20% aller Krankenhausärzte und versorgen 10% aller Patienten in Deutschland. Darüber hinaus stellen sie fast 20% der Intensivbetten bereit [41, 43, 44]. Neben der Krankenversorgung sind Forschung und Lehre weitere Aufgabenfelder, für die im Jahre 2001 insgesamt EUR 2,7 Mrd. an staatlichen Zuschüssen bereitgestellt worden sind. Insgesamt wurden im Jahre 2002 annähernd EUR 53,3 Mrd. für Forschung- und Entwicklung (F&E) von Bund, Wirtschaft und anderen Förderern zur Verfügung gestellt [4, 41, 43, 44]. Dies entspricht etwa 2,5% des BIP [4, 41, 43, 44]. Damit belegt Deutschland laut Bericht der OECD (Organization for Economic Cooperation and Development) bei den Ausgaben für F&E weltweit Platz 8. Schweden und die USA liegen vor Deutschland (Abb. 1) [21].

Abb. 1
figure 1

Öffentliche Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) in Prozent des BIP für ausgewählte Länder im Jahre 2002; GB Großbritannien, BIP Bruttoinlandsprodukt. (Bundesministerium für Bildung und Forschung [4], Steiner u. Elbert [36])

Die Arbeitsaufteilung deutscher Ärzte an Universitätskliniken weicht jedoch erheblich von denen in den USA ab (Abb. 2). So verbringt ein amerikanischer Hochschulmediziner seine Zeit zu 30% mit Krankenversorgung (Klinik), zu 10% mit Lehre und 60% mit Forschung. Ein deutscher Hochschulmediziner dagegen hat folgende Zeitaufteilung: 70% Krankenversorgung, 15% Lehre und nur 15% Forschung [36]. Aufgrund dieser Aufteilung lässt sich auch die im internationalen Vergleich unterdurchschnittliche Produktivität an wissenschaftlichen Publikationen im Verhältnis zu eingesetzten Forschungsmitteln erklären, die in Abb. 3 beschrieben wird [35, 36, 39].

Abb. 2
figure 2

Aufteilung der Arbeitsinhalte in Prozent von Ärzten an universitären Krankenhäusern in den USA und Deutschland. (Steiner u. Elbert [36])

Abb. 3
figure 3

Wissenschaftliche Veröffentlichungen im Verhältnis zur Forschungsförderung in ausgewählten Ländern; GB Großbritannien. (Bundesministerium für Bildung und Forschung [4], Steiner u. Elbert [36]). (Basierend auf dem Herkunftsland des korrespondierenden Autors für den Zeitraum 1/1996–8/2001. Mittlere jährliche Anzahl an Veröffentlichungen in Nature, Cell, Science pro Mrd. eingesetzte öffentliche F&E-Ausgaben in den biomedizinischen Wissenschaften in 1999)

Nach einer Untersuchung der Boston Consulting Group spielt Deutschland daher für die pharmazeutische Industrie als Forschungsstandort eine immer geringere Rolle: Es fehle einerseits an einer grundlagenorientierten biomedizinischen Forschung in kritischer Größe; zum anderen habe Deutschland Defizite in der patientenorientierten Forschung [1, 7, 36]. Bestätigt werden diese Ergebnisse durch Untersuchungen des Center for Science and Technology Studies der Universität Leiden [39]. Die Aufteilung dieser Prioritäten hinterfragt auch der deutsche Wissenschaftsrat und empfiehlt eine stärkere Fokussierung der Universitätskliniken auf die Forschung. Dringend empfiehlt er daher, bis 2010 den Anteil der Forschungs- und Entwicklungsausgaben am BIP auf 3% zu erhöhen [41, 43, 44]. Das erfordere eine jährliche Steigerungsrate der Forschungsausgaben von 6–7%. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) entspricht dieser Empfehlung im Bundesbericht Forschung 2004 und kündigt Steigerungen der Forschungsausgaben auf 3% des BIP bis zum Jahre 2010 an [4]. Um in Universitätskliniken Forschungsgelder optimal einsetzen zu können, wurden in zahlreichen Bundesländern Maßnahmen ergriffen, die beispielsweise Trennungsrechnungen (Aufteilung der Mittel für Krankenversorgung und Forschung) oder die leistungsorientierte Vergabe von Forschungsmitteln beinhalteten [42]. Ob diese das Grundproblem verbessern können, bleibt abzuwarten. Dies ist umso wichtiger, da Studien zeigen, dass ein Zusammenhang zwischen öffentlicher Forschungsförderung und industrieller Forschung besteht. Dabei korrelieren öffentliche Ausgaben für die biomedizinischen Wissenschaften und die Anzahl an F&E-Mitarbeiter in den pharmazeutischen Unternehmen positiv miteinander. Je aktiver ein Land die biomedizinische Grundlagenforschung fördert, desto mehr Forschungsabteilungen der pharmazeutischen Unternehmen — gemessen an den im F&E-Bereich tätigen Mitarbeitern — werden sich in diesem Land mit entsprechendem Multiplikatoreffekt ansiedeln [7, 36].

Entwicklungen im Krankenhausmarkt aus Sicht der Universitätskliniken

In den letzten Jahren hat sich der deutsche Krankenhausmarkt dramatisch gewandelt. Als Ursachen lassen sich vier wesentliche Faktoren ausmachen:

  1. 1.

    Die zunehmende Technisierung bei den Medizinprodukten, die durch die große Zahl an Innovationen, insbesondere in der Diagnostik, zur Kostensteigerung der Behandlung geführt hat [31, 32, 40].

  2. 2.

    Die demographische Entwicklung der Bevölkerung, die mit einer zunehmenden Anzahl älterer Menschen einhergeht. Bezogen auf die Alterstruktur der Patienten im Krankenhaus, stellen Patienten mit 65 Jahren und älter heute einen Anteil von über 40% dar [12, 31, 32, 40]. Dabei kommt hinzu, dass die aktuelle Entwicklung der Lebenserwartung von derzeit etwa 77 Jahren weiter ansteigen wird. Als Folge ist mit einem zukünftig ansteigenden Bedarf von medizinischer Versorgung zu rechnen, dem jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nur begrenzte Ressourcen gegenüberstehen [12, 40].

  3. 3.

    Schließlich sind der fortschreitende Bettenabbau und

  4. 4.

    die Einführung in die diagnosebezogene Vergütung („diagnosis related group“, DRG) zu nennen [32, 33, 41].

Von allen Faktoren hat die Einführung der DRGs, insbesondere für Universitätskliniken, weit reichende Folgen, denn diese müssen als Forschungs- und Lehreinrichtungen mit ungünstigeren Kostenstrukturen als Versorgungshäuser arbeiten [21, 32, 28, 29, 36, 37]. Dieser Wettbewerbsnachteil wird durch die gesetzlich vorgegebene Verpflichtung zur Sicherung der Maximalversorgung der Bevölkerung verschärft. Sie führt zusätzlich zu einer ungünstigen Erlössituation [32, 37].

Im Zuge der Budgetverhandlungen wurde im Jahr 2004 ein Basisfallwert für jedes Krankenhaus vereinbart, der das „historische“ Kostenniveau der Einrichtung reflektierte. Dieses ergab sich als Resultat des bisherigen Pflegesatzrechts und lag bei Universitätskliniken in der Regel über dem von reinen Versorgungshäusern [16]. Seit 01.01.2005 werden landesweite Basisfallwerte ermittelt, die sich an die Einzelfallwerte schrittweise annähern sollen. Dieser Fallwert lag beispielsweise in Schleswig-Holstein für das Jahr 2004 bei etwa EUR 2500–2650. Bis Ende 2008 sollen per Gesetz alle Krankenhäuser auf den jeweiligen Landesdurchschnitt gebracht werden, der als Grundlage für die Vergütung der DRGs herangezogen wird [2, 16]. Vor diesem Hintergrund ist insbesondere in Universitätskliniken mit Einnahmeverlusten zu rechnen [40, 41, 43]. Abbildung 4 stellt die Basisfallwerte einzelner Universitätskliniken und den Landesdurchschnitt Schleswig-Holstein gegenüber. Als Folge prognostiziert der Wissenschaftsrat eine Reduktion der universitären Bettenkapazitäten um 20–30% und einen Personalrückgang von 10.000–15.000 Angestellten, der von einem 15%igen Umsatzrückgang (~EUR 1 Mrd.) in allen Krankenhäusern begleitet wird. Allein für die Universitätskliniken ist daher mit Einnahmeverlusten von etwa EUR 20 Mio./Klinik zu rechnen. Diese Situation wird durch die angespannte Haushaltslage vieler Länder und den daraus resultierenden Investitionsstau von derzeit EUR 50 Mrd. im Krankenhausmarkt noch verschärft [36, 40, 41, 43, 44].

Abb. 4
figure 4

DRG-Basisfallwerte („baserates“) ausgewählter Universitätskliniken für 2003/2004. (http://www.dkgev.de)

In einigen Universitätskliniken sind die Verluste noch dramatischer, wie eine Berechnung des Klinikums der Universität München verdeutlicht: Nach Kalkulation der Behandlungskosten für Patienten aus dem Jahr 2003 an den Standorten Großhadern und Innenstadt und Gegenüberstellung zu den zu erwartenden Erlösen nach DRG-Kriterien betrug das errechnete Defizit 21,5% der Kosten; dies entspricht EUR 76,5 Mio. [26]. Die Hauptgründe lagen in der überdurchschnittlich hohen Anzahl an Intensivpatienten und Notfällen sowie den vergleichsweise hohen Vorhaltekosten. Zusammenfassend bestätigen die Münchener Universitätsklinken, dass eine Maximalversorgung zum Preis der Grundversorgung so nicht anzubieten ist [26].

Über die besondere Situation der Universitätskliniken als Maximalversorger wird im Rahmen der DRG-Einführung derzeit noch mit den Krankenkassen verhandelt. Dabei sollen laut Bundesgesundheitsministerin Schmidt auch Forschung und Lehre berücksichtigt werden [4].

Besonders problematisch wirkt sich die Reduktion der Verweildauern bei steigender Anzahl der Krankenhausbehandlungen aus. Seit 1990 ist eine Verringerung der Anzahl von Krankenhausbetten um fast 17% zu verzeichnen; im selben Zeitraum hat sich die Anzahl der Krankenhäuser jedoch nur um 7% verringert [12, 13, 32]. Parallel zu dieser Entwicklung erhöhte sich die Anzahl der stationären Behandlungsfälle um über 2,6 Mio. Behandlungen (19%) auf 16,5 Mio. Fälle/Jahr. Gleichzeitig hat sich die durchschnittliche stationäre Verweildauer in den letzten 10 Jahren um fast ein Drittel von 14,6 auf 9,6 Tage verkürzt [12, 13, 32]. Dieser Trend ist in fast allen OECD-Ländern nachzuweisen und im Wesentlichen auf die Einführung von fallbezogenen Vergütungssystemen zurückzuführen [21]. Hierbei weist Deutschland im europaweiten Vergleich die längsten Verweildauern auf. Studien haben jedoch gezeigt, dass kürzere Liegezeiten im stationären Bereich pro Tag personal- und kostenintensiver sind und dafür adäquate Ressourcen in der ambulanten Nachbehandlung vorgehalten werden müssen [32]. Um also mit weniger Betten mehr Patienten in kürzerer Zeit zu behandeln, besteht die Notwendigkeit von Investitionen in umfassende infrastrukturelle, personelle und organisatorische Maßnahmen. Diese starke Arbeitsverdichtung kann daher nur mit einer Optimierung der Prozessabläufe (Infrastruktur) oder einem mehr an Personal aufgefangen werden [28, 29, 32, 34]. Demnach erscheint insbesondere der durch die Einführung der DRGs prognostizierte Personalabbau im ärztlichen und pflegerischen Bereich äußerst kontraproduktiv. Problematisch stellen sich darüber hinaus die sinkende Anzahl von Medizinstudenten, die sich für einen Arztberuf entscheiden, sowie die konsequente Umsetzung des Arbeitszeitschutzgesetzes dar [14, 23, 24, 25, 27]. Außerdem verhindert der Bundesangestelltentarif (BAT) Anreizsysteme für Leistungsträger, die dadurch schwerer zu rekrutieren und zu halten sind. Vor diesem Hintergrund kommt der Personalplanung und Entwicklung in Universitätskliniken eine besondere Bedeutung zu, um wettbewerbsfähig zu bleiben [31].

Folgen der Marktentwicklung für Universitätskliniken

Als Folge dieser Entwicklung ist in den letzten Jahren ein Trend zur Ökonomisierung und damit zur Intensivierung des Wettbewerbs zwischen Krankenhäusern entstanden [3, 9, 17, 18, 22, 38]. Da der Investitionsbedarf im Krankenhausmarkt aufgrund demographischer, politischer und technologischer Rahmenbedingungen groß ist und von öffentlichen Trägern kaum bedient werden kann, gewinnen private Investoren (private Klinikketten, Finanzinvestoren und strategische Investoren) zunehmend an Bedeutung [32, 38, 40]. In den vergangenen 10 Jahren ist deshalb eine zunehmende Privatisierung öffentlich getragener Krankenhäuser in Deutschland zu beobachten, die neuerdings auch Universitätskliniken, wie Marburg und Gießen, betrifft. Hierbei ist eine Konzentration der privaten Krankenhausketten auf bestimmte Regionen zu beobachten [31, 32]. Abbildung 5 zeigt die Universitätskliniken in Deutschland und Abb. 6 regionale Präferenzen privater Krankenhausketten bei der Übernahme von Klinken. Dabei wird deutlich, dass einige Krankenhausketten im Wettbewerb mit Universitätskliniken nur regional operieren, größere Krankenhausbetreiber dagegen bundesweit.

Abb. 5
figure 5

Universitätskliniken mit Anzahl der Betten in Deutschland. (http://www.dkgev.de, Arnold et al. [2], Wissenschaftsrat [41, 42, 44])

Abb. 6
figure 6

Private Krankenhausketten und Übernahme von Akutkliniken als Cluster; berücksichtigt wurden Privatisierungen von 1999-2004. (Arnold et al. [2], Schmidt et al. [31], Strehl [38])

Diese Wettbewerbssituation zwischen Universitätskliniken und privaten Krankenhausbetreibern ist jedoch unterschiedlich zu bewerten: Private Krankenhausketten unterliegen nicht dem öffentlichen Dienst-, Bau- und Einkaufsrecht und können daher durch flexiblere Spielräume bei Vergütung, Einkauf und Baumaßnahmen wettbewerbsfähige Infrastrukturen und Personalbestände vorhalten [21, 31, 32, 38]. Diese Möglichkeit haben Universitätskliniken häufig nicht. Daher führen private Klinkketten heute etwa die Hälfte aller Instandhaltungen im Klinikbereich durch, obwohl sie nur etwa 10% der Klinikbetten in Deutschland betreiben [31]. Weitere Vorteile privater Krankenhausbetreiber liegen in der Zentralisierung des Einkaufs und wichtiger Kernkompetenzen, wie z. B. Management, Controlling, Qualitätssicherung und Öffentlichkeitsarbeit [2, 31, 38]. Hier können sich Universitätskliniken jedoch aufgrund ihrer Größe besser positionieren als beispielsweise allein stehende Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft. In einigen Regionen, wie z. B. in Schleswig-Holstein und Hamburg, wurden bereits Einkaufsverbünde zwischen Universitätskliniken gebildet, um dieses Synergiepotenzial zu realisieren. Auch die oben genannten Kernkompetenzen werden zunehmend von Universitätskliniken zentralisiert. Ob diese Stellen jedoch mit derselben Effektivität, Effizienz und Erfahrung agieren wie bei privaten Betreibern, bleibt abzuwarten. Zumindest ist dieser Wettbewerbsvorteil privater Krankenhausbetreiber gegenüber Universitätskliniken nicht in dem Maße tragend, wie bei allein stehenden öffentlichen Krankenhäusern. Selbiges gilt für Vertragsverhandlungen mit Krankenkassen über Komplexpauschalen oder Verträge nach der integrierten Versorgung. Universitätskliniken können konkurrenzfähig agieren, wenn sie jede Versorgungsstufe der Behandlung abbilden und Kooperationen mit den vor- und nachgelagerten Versorgern eingehen [15].

Obwohl im Krankenhausmarkt in den vergangenen Jahren zahlreiche Verkäufe vollzogen wurden, konnten private Krankenhausbetreiber noch keine Universitätskliniken übernehmen, da diese bisher nicht zur Disposition standen. Dennoch darf aufgrund des Fortschritts bei der Privatisierung des Krankenhausmarktes davon ausgegangen werden, dass der Anteil von Krankenhausbetten in privater Trägerschaft von heute etwa 10% auf rund 40–45% im Jahre 2015 wächst (Abb. 7) [28, 29, 31, 38]. Ob auch Universitätskliniken in diese Entwicklung miteinbezogen werden, ist jedoch fraglich, da sie in einigen Segmenten der Versorgung konkurrenzfähig sind. Hauptgrund für eine Privatisierung werden in Zukunft eher knappe Finanzmittel der Länder sein, wie beispielsweise in Nordrhein-Westfalen; hier wurden Fusionen und Verkauf der Universitätskliniken aufgrund struktureller Haushaltsprobleme des Landes geprüft. Eine Studie des Landes Berlin untersuchte die medizinischen Einrichtungen der Campi der Charité-Universitätsmedizin, Berlin, und schlug eine Trennung von Krankenversorgung und Fakultät im Rahmen einer Veräußerung vor. Ein Privatisierungsverfahren wurde jedoch bisher nicht eingeleitet [15, 42]. In Baden-Württemberg hatte das Wirtschaftsministerium im Jahre 2001 einen Vorstoß unternommen, die Universitätskliniken des Landes zu privatisieren. Dieser Vorschlag wurde seither immer wieder diskutiert; ein Verkauf der Kliniken jedoch nicht eingeleitet [41]. Einzig Hessen hat mit der Fusion und dem Verkauf der Universitätskliniken Marburg und Gießen erstmals eine Privatisierung begonnen. Dieser Verkauf könnte auch andere Bundesländer dazu veranlassen, erneut über die Privatisierung ihrer Universitätskliniken nachzudenken.

Abb. 7
figure 7

Anteil an öffentlich, freigemeinnützig und privat getragenen Krankenhäusern von 1990–2015. (Schmidt et al. [32])

Lösungsstrategien

Die Privatisierung von Universitätskliniken stellt nicht die einzige Möglichkeit dar, um am Markt zu bestehen. Dabei sind der Rechtsformwandel, die vollständige und teilweise Privatisierung sowie die strategische Neuausrichtung als wichtige Optionen zu nennen [6, 15, 17, 19, 43, 45]. Auf diese wird im Folgenden detailliert eingegangen.

Rechtsformwandel

Auf die Möglichkeit des Rechtsformwandels von Universitätskliniken in eine Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH, AG) ist bereits mehrfach in Publikationen hingewiesen worden, und Vor- und Nachteile sind skizziert worden [19, 31, 32]. Bisher unerwähnt blieb die Möglichkeit einer Umwandlung von Universitätskliniken in Stiftungen öffentlichen Rechts nach amerikanischen, schwedischen oder niederländischen Vorbildern. Einige Beispiele aus Deutschland, wie an der Georg-August-Universität, Göttingen, sind bereits vorhanden, die im Niedersächsischen Gesetzesblatt Nr. 37 vom Dezember 2002 verankert wurden. Die Folgen sind erheblich. Die Hochschule ist nach dem Wandel in eine Stiftung kein Landesbetrieb mehr, und die Beschäftigten sind folglich über die Stiftung angestellt. Die gesetzlichen Bestimmungen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und in den Stiftungsgesetzen der Länder festgelegt. Die Stiftungsaufsicht wird durch die Landesregierungen wahrgenommen.

Mittelzuflüsse erhält die Stiftung aus ihrem Vermögen, zu dem in der Regel der Gebäudebestand gehört. Weitere Zuflüsse ergeben sich durch jährliche Finanzhilfen, Erträge des Vermögens, Spenden und sonstige Zuwendungen Dritter. Ergänzt werden die Einkünfte durch Mittel der Hochschulbauförderung sowie aus zentralen Förderungsprogrammen und Zuschüssen für bauliche Investitionen. Die jährlichen Finanzhilfen des Landes richten sich üblicherweise nach zuvor getroffenen Zielvereinbarungen. Die Höhe dieser Finanzhilfen ergibt sich normalerweise aus den erreichten Entwicklungs- und Leistungszielen [41, 44].

Die Stiftungsoption eröffnet die Chance für die Hochschule, flexibler auf die immer kürzer werdenden Innovationszyklen der Wissenschaft zu reagieren. Damit kann sich eine Universitätsklinik stärker als zuvor zu einer lernenden Organisation entwickeln. Durch die juristische Verselbstständigung erhält sie die notwendigen eigenverantwortlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Auch eröffnen sich Möglichkeiten einer größeren Identifikation der Studenten mit der Universitätsklinik und der Fakultät, wie die amerikanische „Alumni-Kultur“ zeigt. Auf diese Weise ergeben sich weitere Möglichkeiten, Stiftungskapital für Forschung und Lehre einzuwerben [41, 44]. Nachteile des Rechtsformwandels in eine Stiftung öffentlichen Rechts können sich durch den Personalübergang und die für die neue Gesellschaft entstehenden Pensionsverpflichtungen ergeben [32].

Vollständige Privatisierungen

Vollständige Privatisierungen von Universitätskliniken sind in Deutschland bisher noch nicht vollzogen worden. Beispiele aus den USA zeigen, dass auch bei privatisiertem Krankenhausbetrieb Forschung und Lehre nicht benachteiligt werden müssen [4, 37, 39]. So sind die in die Krankenversorgung eingebundenen Ärzte über den Träger angestellt, die für Forschung eingeteilten Kollegen über die Universität. In beiden Bereichen sind Rotationen möglich, die sich nach dem Grad des Ausbildungsstandes richten. Wie in Deutschland, werden für die Leiter der jeweiligen Einrichtung sowohl ein Lehrvertrag als auch ein Chefarztvertrag für die Krankenversorgung ausgehandelt. Dabei können sich insbesondere durch die Vertragsgestaltung sinnvolle Kooperationen von Forschung und klinischer Tätigkeit ergeben. Ob die Privatisierung von Universitätskliniken in Deutschland vergleichbare wirtschaftliche Unabhängigkeit bringt, wie in den USA, wird der Prozess in Marburg und Gießen zeigen. Dabei wird insbesondere zu vergleichen sein, wie sich die wissenschaftlichen Leistungen nach einer eventuellen Privatisierung entwickeln.

„Public private partnerships“

Public private partnerships (PPPs) beinhalten die Übertragung öffentlicher Aufgaben, wie z. B. Infrastrukturmaßahmen oder Bau und Betrieb öffentlicher Gebäude, auf einen privaten Unternehmer [10, 11, 30, 43]. Dieser erhält seine Vergütung langfristig und in Abhängigkeit der Nutzungsauslastung der Einrichtung. Ziel solcher Projekte ist, ihre Wirtschaftlichkeit durch Einbeziehung von privatem Kapital und „know how“ zu garantieren [45]. Im Bereich der Hochschulmedizin gibt es bereits seit Jahrzehnten Kooperationen mit privaten Einrichtungen sowohl in der Lehre, wie mit akademischen Lehrkrankenhäusern oder im Bereich Krankenversorgung, wie z. B. an der Universitätsklinik, Bochum, und in der angewandten klinischen Forschung [43]. Seit der deutschen Wiedervereinigung wurden, vor dem Hintergrund Investitionskosten einzusparen, vermehrt einzelne Fachgebiete aus den Hochschulklinika ausgegliedert und in gewerbliche Einrichtungen verlagert, z. B. die Herzchirurgie in Dresden, Leipzig und Greifswald. Der Wissenschaftsrat empfiehlt jedoch, solche Veränderungen der Organisation von Universitätskliniken nicht ausschließlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten der Krankenversorgung zu tätigen [41, 43]. Public private partnerships sollten nur unterstützt werden, wenn Forschungsleistungen und Lehrbetrieb nicht beeinträchtigt werden [43]. Angesichts einer verstärkten Ausgliederung auch im Bereich von Forschung und Lehre hat der Wissenschaftsrat eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die im Juni 2003 ihre Arbeit aufgenommen hat. Sie wird einen ersten Teil ihrer Empfehlungen zu PPPs in der Hochschulmedizin im Jahr 2006 vorlegen [43].

Public Private Partnerships in der Wissenschaft sind in Europa keine Seltenheit. Im OECD-Raum entfällt ein wachsender Anteil der für F&E aufgebrachten Mittel auf PPPs [4, 21, 36]. In Frankreich vereinigten PPPs im Jahr 2002 78% aller wettbewerblich vergebenen Forschungsmittel auf sich, gegenüber 37% im Jahr 1998 [36]. In den Niederlanden werden im Zeitraum 2003–2010 für PPPs in strategischen Bereichen EUR 805 Mio. bereitgestellt. Weiterhin wurden in Australien, Österreich und Schweden bereits bestehende öffentlich-private Partnerschaftsprogramme durch zusätzliche Finanzmittel gestärkt [36]. Auch in Irland, in der Schweiz, der Tschechischen Republik und Ungarn wurden zahlreiche PPPs von akademischen Zentren mit privaten Investoren ins Leben gerufen [36]. Bei vielen dieser öffentlich-privaten Partnerschaften handelt es sich zwar um gemeinsame Forschungszentren, doch sind Länder, wie Belgien, Dänemark, Frankreich, Neuseeland, die Niederlande, die Schweiz und England, bemüht, Netzwerke zwischen Forschern in verschiedenen Zentren einzurichten, um die Koordination und die Qualität der Arbeit zu verbessern. Universitätskliniken sind hier integraler Bestandteil der Netzwerke [36, 39].

Diese sich im wissenschaftlichen Bereich bewährte Kooperation lässt sich vielerorts auch auf den Klinkbetrieb übertragen. Dabei erscheinen die Segmente Labor und bildgebende Diagnostik als besonders geeignete Bereiche, um PPPs einzugehen. Hier betragen die Investitionszyklen im Durchschnitt 5 Jahre und können aufgrund der öffentlichen Investitionsplanung nur im 10-Jahres-Rhythmus bedient werden. Einige Universitätskliniken in Nordrhein-Westfalen verhandeln z. B. bereits mit privaten Anbietern am Markt über PPPs im Laborbereich. Bei Kliniken mit Zentrumsstruktur sind PPPs einzelner Leistungszentren, wie z. B. der Chirurgie, denkbar. Die erwähnten Beispiele aus Dresden, Leipzig und Greifswald bestätigen dies. Ein Erfolgsfaktor für erfolgreiche Zusammenarbeit von Hochschulmedizin und Privatwirtschaft liegt jedoch in der Ausgestaltung der Verträge und bei der Definition der Zielvorgaben.

Strategische Neuorientierung

Vor dem Hintergrund knapper Mittel öffentlicher Träger und den Entwicklungen im Krankenhausmarkt stellen Privatisierungen und PPPs mögliche Lösungen für Universitätskliniken dar, wettbewerbsfähig zu bleiben [3, 17]. Alternativen liegen in der strategischen Neuorientierung einer Universitätsklinik [17, 22, 32]. Hierzu bedarf es einer Analyse der Unternehmenssegmente und ihrer Positionierung am Markt [3]. Fokussiert werden können z. B. die Bereiche medizinische Versorgung, Forschung und Lehre sowie Personal.

Im Segment der medizinischen Versorgung können durch die Zusammenfassung von einzelnen Kliniken zu medizinischen Leistungszentren (z. B. Kopfklinik) bereits in kleinem Umfang Synergiepotenziale in Organisation, Versorgung und Beschaffung realisiert werden. Wird die Zentrenbildung auch baulich realisiert, ergeben sich weitere Rationalisierungsmöglichkeiten, die vom Betreiben einer gemeinsamen Ambulanz oder eines gemeinsamen Bereitschaftsdienstes (Personal) bis zur Reduzierung des medizinischen Artikelkatalogs gehen. Anzumerken ist jedoch, dass für diese Art der Rationalisierung zunächst Investitionen in eine effiziente Infrastruktur unerlässlich sind [3, 8, 9, 33].

Im Segment Forschung können vor allem durch die Intensivierung der klinischen Forschung neue Einnahmequellen erschlossen werden. Die Einrichtung von Probandenstationen, die Durchführung auftragsgebundener klinischer Studien für pharmazeutische Unternehmen oder die Medizinproduktindustrie bieten Möglichkeiten, externe Mittel zu akquirieren [20, 36, 41]. Entscheidend ist dabei, die ethischen und rechtlichen Belange der Patienten sowie die Werte des Universitätsklinikums vertraglich zu fixieren. Auch muss ein solches Zentrum für klinische Studien durch klare Standards vor jeglicher Form von Interessenskonflikten geschützt werden [5, 8, 36].

Die Lehre steht vielerorts vor der Problematik, dass sich heute jeder dritte Medizinstudent für eine Tätigkeit außerhalb der Medizin entscheidet [25, 27, 44]. Krankenkassen, Beratungsunternehmen und Pharmaindustrie stellen attraktive Alternativen zur Universitätsmedizin dar. Für Universitätskliniken eröffnen sich hier Chancen und Risiken gleichermaßen. Gerade Unternehmen, die sich in einer Umstrukturierung und wirtschaftlichen Neuorientierung befinden, sind auf Mitarbeiter angewiesen, die medizinisches Fachwissen mit betriebswirtschaftlichen Kenntnissen verbinden können [3]. Die neue Approbationsordnung schafft durch die Einführung von Fächern, die Management- und Ökonomieaspekte beinhalten, die ersten fachlichen Voraussetzungen für junge Mediziner, sich fortan mit solchen Tätigkeiten auseinander setzen zu müssen. Sehr zu begrüßen sind daher universitäre Studiengänge, wie beispielsweise in Köln und Mannheim, die Wissen im Bereich Krankenhausmanagement vermitteln. Andere Universitäten, so beispielsweise in Kiel, sind in der letzten Planungsphase, spezielle Masterstudiengänge für Krankenhausmanagement anzubieten.

Fazit für die Praxis

Die Situation für Universitätskliniken stellt sich unter den Bedingungen der fallbezogenen Vergütung ungünstig dar [21, 22, 32, 33, 37]. Die in diesem Beitrag beschriebenen Optionen: Privatisierung, PPPs und strategische Neuausrichtung haben Vor- und Nachteile, die je nach wirtschaftlicher Ausgangssituation der Universitätsklinik zum Tragen kommen. Dabei stößt insbesondere die Veräußerung von öffentlichen Krankenhäusern an private Klinikketten mittlerweile an ihre Grenzen: In diesem Jahr wurde der Verkauf des Krankenhauses Bad Kissingen an die Rhön-Kliniken AG aufgrund kartellrechtlicher Bedenken untersagt. Interessant ist auch, dass strategische Investoren, wie die Fresenius AG mit dem Tochterunternehmen Fresenius Proserve, sich aus dem Geschäftsbereich Großkrankenhäuser mit der Wittgensteiner Klinken AG zurückziehen. Dies lässt Raum für Spekulationen offen, ob das Betreiben von Großkrankenhäusern, zu denen auch Universitätskliniken gehören, überhaupt vergleichbare Gewinnmargen erbringen kann wie bei kleineren Krankenhäusern.

Public private partnerships erscheinen vor diesem Hintergrund als solide Lösung, privates Kapital an Universitätskliniken zu binden, ohne auf Mitspracherechte beim Betrieb des Krankenhauses zu verzichten [45]. Erfolgreiche Beispiele im öffentlichen Sektor und im Krankenhausbereich, wie in Dresden, Leipzig und Greifswald, sprechen für solche Partnerschaften. Zu bedenken ist jedoch, dass in solchen Fällen der wissenschaftliche Ertrag, gemessen an Publikationen, im Vergleich zu anderen Universitätskliniken deutlich geringer ausfallen kann. Alternativ könnte daher eine strategische Neuausrichtung die Wettbewerbsfähigkeit von Universitätskliniken wiederherstellen.

Entscheidend ist jedoch, dass Universitätskliniken eigeninitiativ handeln. Dafür wurden in diesem Beitrag mehrere Handlungsoptionen aufgezeigt.