FormalPara Hintergrund

Sehr junges Alter (nach allgemeiner Definition 35–40 Jahre) ist wohl infolge besonders aggressiver Tumoren (rezeptornegativ, Her-2neu-positiv, triple-negativ, G3; [6]) mit einer schlechteren Prognose assoziiert. Außerdem scheint sehr junges Alter per se ein erhöhtes Risiko zu bergen. In retrospektiven Analysen und auch in prospektiven Studien wurde vor allem ein hohes Risiko für lokoregionale Rezidive nach brusterhaltender Therapie (BET) gefunden [3, 4]. Beispielsweise war in den Studien der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) das Risiko für intramammäre Rezidive nach BET um den Faktor 2,8 gegenüber postmenopausalen Patientinnen erhöht [2, 8]. Neuere Daten zeigen jedoch, dass die Überlebensrate trotz der erhöhten In-Brust-Rezidivrate nicht schlechter ist [5]. Dennoch wählen viele sehr junge Patientinnen primär eine Mastektomie, um das psychologische Trauma eines Rezidivs zu vermeiden [9].

FormalPara Patienten

Die Analyse basiert auf Daten des niederländischen Krebsregisters und beinhaltet 1000 Patientinnen mit unilateralem Mammakarzinom (MC), die jünger als 35 Jahre und von 2003–2008 behandelt wurden [1]. Das mediane Alter war 31 Jahre, die jüngste Patientin 20 Jahre alt. Das Kollektiv entspricht 2 % der MC-Patientinnen in den Niederlanden. Die Subtypisierung des Tumors bezüglich Estrogen-(ER-) und Progesteron-(PR-)Rezeptor- und Her-2neu-Status war bei 59 % komplett vorhanden. Untersucht wurde die Entwicklung der Rezidivraten im Zeitraum 2003–2008 unter Einfluss der Tumorbiologie. Eine Mastektomie war bei 55 % der Patientinnen durchgeführt worden, 45 % waren brusterhaltend behandelt worden. Insgesamt erhielten 63 % der Patientinnen eine Strahlentherapie; bei brusterhaltender Therapie war diese obligatorisch.

FormalPara Ergebnisse

Die Rezidivrate sank im Zeitraum 2003–2008 etwa um die Hälfte. Das betraf sowohl lokale Rezidive, deren Frequenz bei Behandlung in den Jahren 2003–2004 noch 4,2 % betrug und auf 2,2 % in den Behandlungsjahren 2007–2008 sank. Auch die regionalen Rezidive sanken von 4,9 % auf 2 %, die Fernmetastasenfrequenz von 17,4 % auf 8,5 %. Bei hormonrezeptorpositiven Tumoren betrug die Lokalrezidivrate im gesamten Zeitraum unabhängig vom Her-2neu-Status 1 % bei hormonrezeptornegativen/Her-2neu-positiven bzw. triple-negativen Tumoren 5,4 bzw. 3,4 %. Die Lokalrezidivrate betrug 3,2 % nach BET und 3,8 % nach Mastektomie.

FormalPara Schlussfolgerung der Autoren

Die Lokalrezidivraten sind insgesamt niedrig, aber vom Subtyp abhängig.

Kommentar

Die Arbeit enthält aus unserer Sicht zwei wichtige Botschaften:

  1. 1.

    Die Lokalrezidivraten bei sehr jungen Patientinnen sind heute insgesamt deutlich niedriger als früher und liegen in Größenordnungen, wie sie auch in anderen Altersgruppen beobachtet werden. Eine bedeutende Rolle spielt wahrscheinlich die intensivierte adjuvante Therapie bei Her-2neu-positiven Tumoren. Trastuzumab wurde im Jahr 2000 in der EU für die Behandlung von metastasiertem Her-2neu-positivem Brustkrebs und 2006 für die adjuvante Therapie zugelassen. Es senkt nicht nur die Rate an Fernmetastasen, sondern auch die lokoregionalen Rezidive [7]. Dies erklärt die verringerten Lokalrezidivraten im hier analysierten Zeitraum. Eine optimale Systemtherapie ist also auch hier ein guter Verbündeter der Strahlentherapie.

  2. 2.

    Auch in dieser Altersgruppe besteht heutzutage kein Vorteil für die Mastektomie mehr. Man kann also auch sehr jungen Patientinnen guten Gewissens eine brusterhaltende Therapie empfehlen.

Fazit

In derselben Ausgabe des Journal of Clinical Oncology publizierten die Herausgeber einen Kommentar zu der hier besprochenen Arbeit unter dem Titel „A rosier picture for young women with breast cancer“ [9]. Der Titel bringt es auf den Punkt: Man darf nicht zu optimistisch sein, aber junges Alter ist per se auch kein Grund für übertriebenen Pessimismus.

René Baumann und Jürgen Dunst, Kiel