Zusammenfassung
Operationsziel
Erhalt einer Restbeweglichkeit und Schmerzreduktion im Handgelenk bei fortgeschrittenem karpalem Kollaps (SLAC, „scapho-lunate advanced collapse“ oder SNAC, „scaphoid non-union advanced collapse“).
Indikationen
Fortgeschrittene radio- und mediokarpale Arthrose, SLAC/SNAC 2–3.
Kontraindikationen
Arthrotische Veränderungen an der proximalen Gelenkfläche des Lunatum bzw. der korrespondierenden Gelenkfläche des Radius (Fossa lunata).
Operationstechnik
Dorsale Längsschnittführung und Eröffnen der Handgelenkkapsel unter Verwenden eines radial-gestielten Kapsellappens. Resektion des Skaphoids. Entknorpeln der korrespondierenden Gelenkflächen zwischen Kapitatum und Lunatum sowie zwischen Hamatum und Triquetrum. Gewinnung und Einbringen von Radiusspongiosa. Reposition des Lunatums. Einbringen der Platte und Besetzen der Schraubenlöcher. Verschluss der Handgelenkkapsel. Unterarmgipsschiene in Neutralstellung. Postoperative Physiotherapie aus einer Lagerungsschiene heraus in einem Ausmaß von 20-0-20° Extension-Flexion. Die Lagerungsschiene sollte für 8 Wochen zum Schutz angelegt werden.
Ergebnisse
Vollständige knöcherne Konsolidierung in der Röntgenkontrolle bei allen 11 Patienten 12 Wochen postoperativ. Keine implantatbasierten Komplikationen. In einem Fall musste ein postoperatives Karpaltunnelsyndrom operativ versorgt werden. Die postoperativen Bewegungsumfänge zeigten mit Extension-Flexion 53° ± 18° (47 % der gesunden Seite) und Radial-Ulnarduktion 30 ± 5° (58 % der gesunden Seite) insgesamt zufriedenstellende Ergebnisse. Die Werte der visuellen analogen Schmerzskala VAS betrugen postoperativ in Ruhe 0,7 ± 1,2 und 4,3 ± 2,8 bei Belastung. Die Grobkraft betrug 19 ± 14 kg (56 % der nichtoperierten Seite) und der DASH-Wert („Disabilities of the Arm, Shoulder, Hand“) 33 ± 24.
Abstract
Objective
Preservation of residual mobility and pain reduction in the wrist in advanced carpal collapse (scapholunate advanced collapse, SLAC or scaphoid nonunion advanced collapse, SNAC).
Indications
Advanced osteoarthritis of the radiocarpal and intercarpal articulations, SLAC/SNAC stages 2–3.
Contraindications
Arthrotic alterations to the proximal joint surface of the lunate bone or the corresponding joint surface of the radius (lunate fossa).
Surgical technique
Dorsal longitudinal incision and exposure of the wrist capsule using a radial pedunculated capsular flap. Resection of the scaphoid bone. Chondrolysis of the corresponding joint surface between the capitate bone and the lunate bone as well as between the hamate bone and the triquetral bone. Harvesting and insertion of radial cancellous bone. Repositioning of the lunate bone. Introduction of the plate and filling of the screwholes. Closure of the wrist capsule. Neutral placement of a lower arm plaster cast. Postoperative physiotherapy from out of the supporting cast to an extent of 20-0-20° extension-flexion. For protection the support cast should remain in place for 8 weeks.
Results
Complete consolidation of the bone in the X‑ray control in all 11 patients 12 weeks postoperatively. No implant-based complications. In one case a postoperative carpal tunnel syndrome had to be surgically treated. The postoperative extent of mobility showed overall satisfactory results with extension-flexion of 53° ± 18° (47% of the healthy side) and radial-ulnar abduction 30 ± 5° (58% of the healthy side). The postoperative values on the visual analog pain scale (VAS) were 0.7 ± 1.2 at rest and 4.3 ± 2.8 under load bearing. The gripping power was 19 ± 14 kg (56% of the non-operated side) and the disabilities of the arm, shoulder, hand (DASH) value was 33 ± 24.
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Vorbemerkungen
Fortgeschrittene Handgelenkarthrosen führen regelhaft zu schmerzhaften Bewegungseinschränkungen und deutlichem Kraftverlust. Ursächlich hierfür kann sowohl eine Skaphoidpseudarthrose mit Ausbilden eines SNAC-Wrist („scaphoid non-union advanced collapse“) als auch eine alte skapholunäre Bandruptur mit Ausbilden eines SLAC-Wrist („scapho-lunate advanced collapse“) sein. Diese Klassifikation beschreibt, dass die Arthrose regelhaft in verschiedenen Stadien abläuft, zunächst radioskaphoidal, später auch mediokarpal. Bereits in den frühen 1980er Jahren veröffentlichte Watson grundlegende Arbeiten zur operativen Behandlung des fortgeschrittenen karpalen Kollapses (SNAC/SLAC 2–3) und etablierte die Skaphoidexstirpation und mediokarpale Teilarthrodese als ein Standardverfahren, das eine gute Restbeweglichkeit und Grobkraft sicherstellte und gleichzeitig zu einer deutlichen Schmerzreduktion führte [11]. Dabei bewährte sich die mediokarpale Teilarthrodese vor allem dann, wenn die mediokarpalen Gelenkflächen von dem arthrotischen Geschehen bereits betroffen waren (SLAC/SNAC 3). Dieses operative Verfahren gilt als empfehlenswert, wenn eine ausreichende Grobkraft erhalten werden soll (z. B. bei handwerklich tätigen Patienten), hat allerdings gegenüber anderen Verfahren den potenziellen Nachteil einer ausbleibenden knöchernen Konsolidierung [3, 8]. Neben der etablierten operativen Technik der mediokarpalen Teilarthrodese unter Verwenden von Kirschner-Drähten [7, 10] wurden bereits eine Vielzahl von Plattenosteosynthesen publiziert, die allerdings oft unbefriedigende Ergebnisse zeigten [2, 4, 5, 9]. Das hier beschriebene Implantat ermöglicht durch die Kombination von kortikalen Zugschrauben und winkelstabilen Schrauben eine gute Verblockung der Handwurzelknochen und erlaubt dadurch eine deutlich verkürzte postoperative Ruhigstellung [6].
Operationsprinzip und -ziel
Ausschalten arthrotischer Gelenkflächen durch Resektion des Skaphoids und Verblocken der vier Handwurzelknochen Lunatum, Kapitatum, Hamatum und Triquetrum, um eine alltagstaugliche Restbeweglichkeit und Grobkraft im Handgelenk zu erhalten und Schmerzen zu reduzieren.
Vorteile
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Verkürzte postoperative Ruhigstellung
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Metallentfernung nicht zwingend notwendig
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Nichtauftragendes Implantat
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Gute Verblockung der Handwurzelknochen durch winkelstabiles System
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Vorsichtige Handgelenkmobilisierung frühzeitig postoperativ möglich
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Titanimplantat, daher auch bei Nickelallergie verwendbar. Cave: Zur temporären Fixation dann auch Titandrähte verwenden!
Nachteile
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Erhöhte Kosten des Implantats
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Technisch anspruchsvolles Operationsverfahren
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Keine signifikanten Unterschiede zu den Bewegungsumfängen herkömmlicher Verfahren
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Möglichkeit der Pseudarthrosenbildung im Handwurzelbereich
Indikationen
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Radioskaphoidale Arthrose (SNAC/SLAC 2)
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Radio- und mediokarpale Arthrose (SLAC/SNAC 3)
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Isolierte mediokarpale Arthrose
Kontraindikationen
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Panarthrose des Handgelenks
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Fortgeschrittener Gelenkverschleiß entzündlicher Genese (z. B. rheumatoide Arthritis)
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Komplexe Bandinstabilitäten/Schädigungen des Handgelenks
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Zerstörte Fossa lunata des Radius
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Zerstörte proximale Gelenkfläche des Lunatums
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Relative Kontraindikationen: Komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS)
Patientenaufklärung
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Schnittführung, ggf. zusätzlich Beckenkamm als Ort der Spongiosaentnahme, wenn Radiusspongiosa nicht ausreichend ist
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Art des Eingriffs und zu erwartende (geringe) Bewegungsausmaße im Sinne einer Teilversteifung, die einer Gelenkversteifung mit geringer, aber wertvoller Restbeweglichkeit entspricht.
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Zu erwartende Kraftgrade
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Skizzieren der postoperativen Behandlung (vor allem Bewegungstraining in sehr engem Ausmaß von ca. 20-0-20°) bis zur Vollbelastung. Dieses Bewegungsausmaß ist knapp unterhalb der Maximalbeweglichkeit. Ziel ist nicht zwingend die Maximalbeweglichkeit 30-0-30° zu erreichen, sondern eher schmerzarm eine Grundbeweglichkeit knapp darunter zu gewährleisten.
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Möglichkeiten von Nervenirritationen im Operationsgebiet
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Mögliches Ausbleiben der knöchernen Konsolidierung und weiteres Fortschreiten der Handgelenkarthrose
Operationsvorbereitungen
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Röntgenuntersuchungen des Handgelenks in zwei Ebenen plus Monheim- und Stecher-Aufnahme (spezielle Zielaufnahmen in Ulnarduktion bzw. ulnares Anheben des Handgelenks), ggf. Clenched-pencil-View (Belastungsaufnahme im a.-p.-Strahlengang)
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Dokumentation der Handgelenkbewegungsausmaße beidseits
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Dokumentation der Grobkraft beidseits
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Dokumentation des Schmerzstatus
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Ausschluss von ggf. vorhandenen Metallunverträglichkeiten
Instrumentarium
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Handchirurgisches Knocheninstrumentarium (inkl. mittelgroßem Luer mit schmalen Branchen, Raspatorium, Meißel etc.)
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Bohrer, 1,4-mm-Kirschner-Drähte
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Lupenbrille
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Intraoperative Röntgenaufnahme: Hand-C-Bogen
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Winkelstabiles Spezialimplantat (z. B. Medartis®-Sieb: Four-Corner-Fusion-Platte 2,0 oder 2,3 mm)
Anästhesie und Lagerung
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Rückenlagerung
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Plexusanästhesie oder Allgemeinnarkose
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Rasur des Operationsgebiets im Vorraum des Operationsraums
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Armtisch
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Pneumatische Oberarmblutleere
Variante
Bei zierlichen Handgelenken kann auch die kleine Platte eingesetzt werden, die nicht über einen inneren Ring von Plattenlöchern verfügt. Hier werden in der Regel ausschließlich winkelstabile Schrauben eingebracht.
Postoperative Behandlung
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Am 2. postoperativen Tag Anpassen einer Unterarmlagerungsschiene
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Ab dem 2. postoperativen Tag Beginn der vorsichtigen Bewegungstherapie aus der Schiene heraus, und zwar in einem Ausmaß von maximal 20-0-20° Extension-Flexion. Dieses Bewegungsausmaß sollte auch in der weiteren Therapie nicht gesteigert werden, sondern nach knöcherner Heilung (nach etwa 10–12 Wochen) ein Kraftaufbau mit dem Ziel einer guten schmerzfreien Kraftausübung innerhalb des genannten brauchbaren Bewegungsausmaßes erfolgen; die Beweglichkeit zeigt dann in der Regel noch einen spontanen Zuwachs von einigen Winkelgraden.
Fehler, Gefahren, Komplikationen
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Eine zu zentrale Positionierung des temporären Luno-Capitatum(LC)-transfixierenden Drahts verhindert die exakte Platzierung der Platte und der Schrauben.
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Unzureichende Reposition des Lunatums in Bezug zum Kapitatum
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Unzureichende Resektion der knorpeligen Anteile aller betroffenen Handwurzelknochen
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Falsche Ausrichtung der Platte mit liegenden Schraubenlöchern über den ehemaligen Gelenkspalten und nicht zentriert über den Handwurzelknochen
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Überstehende Schrauben insbesondere proximal ins verbliebene Handgelenk hinein
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Postoperative Bewegungstherapie ohne Limitierung auf 20-0-20° Extension-Flexion des Handgelenks
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Nervenirritationen (ein Fall eines posttraumatischen Karpaltunnelsyndroms)
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Persistierende Handgelenkschmerzen (in einem Fall musste eine Konversion in eine Handgelenkarthrodese durchgeführt werden, wobei auch in diesem Fall eine knöcherne Konsolidierung der mediokarpalen Arthrodese nachweisbar war)
Ergebnisse
Zwischen 2012 und 2013 wurden 15 mediokarpale Teilarthrodesen unter Verwendung der Medartis®-Four-Corner-Fusion-Platte durchgeführt (Abb. 7). Von diesen Patienten konnten 11 (8 Männer, 3 Frauen; mittlerer Altersdurchschnitt zum Zeitpunkt der Operation 46 Jahre) nach einem Beobachtungszeitraum von 16 Monaten bezüglich Beweglichkeit, Kraft und Zufriedenheit nachuntersucht werden [6]. In keinem Fall traten implantatbasierte Komplikationen auf. Eine vollständige knöcherne Konsolidierung war bei allen Patienten durch Röntgenkontrollen 12 Wochen postoperativ festgestellt worden. Nach durchschnittlich 18 Wochen konnten die Patienten ihre ursprüngliche Tätigkeit wiederaufnehmen. Die postoperativen Bewegungsumfänge zeigten mit Extension-Flexion 53° ± 18° (47 % der gesunden Seite) und Radial-Ulnarduktion 30° ± 5° (58 % der gesunden Seite) insgesamt zufriedenstellende Ergebnisse. Die Werte der visuellen Schmerzskala (VAS) betrugen postoperativ in Ruhe 0,7 ± 1,2 und 4,3 ± 2,8 bei Belastung. Die Grobkraft betrug 19 ± 14 kg (56 % der nichtoperierten Seite) und der DASH-Wert („Disabilities of the Arm, Shoulder, Hand“) lag bei 33 ± 24.
Die Autoren sehen den Vorteil der beschriebenen Technik darin, dass durch die Verwendung der winkelstabilen Trilock-Verblockungsschrauben eine zuverlässige und sichere Verblockung der vier Handwurzelknochen erreicht werden kann, wobei durch die multidirektional zu verwendenden Trilock-Schrauben auch die nötige Flexibilität in der Ausrichtung der winkelstabilen Schrauben in Bezug auf die Handwurzelknochen gewährleistet ist. In einem Fall wurde das beschriebene System verwendet, nachdem mittels herkömmlicher Methode (mediokarpale Teilarthrodese unter Verwendung von Kirschner-Drähten) eine unzureichende knöcherne Konsolidierung beobachtet worden war. Auch in diesem Fall konnte schließlich eine vollständige Konsolidierung erreicht werden. Dies mag bislang eine Einzelerfahrung sein, könnte sich aber aus Sicht der Autoren als eine spezielle Indikation des hier beschriebenen Systems etablieren. Weitere Studien müssen dies und möglicherweise verbesserte Bewegungsumfänge bei deutlich verkürzter postoperativer Ruhigstellung allerdings erst noch belegen.
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J.-F. Hernekamp, U. Kneser, T. Kremer und B. Bickert geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Redaktion
F. Unglaub, Bad Rappenau
Zeichner
R. Himmelhan, Mannheim
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Hernekamp, JF., Kneser, U., Kremer, T. et al. Mediokarpale Teilarthrodese mit winkelstabiler Plattenosteosynthese. Oper Orthop Traumatol 29, 409–415 (2017). https://doi.org/10.1007/s00064-017-0514-8
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00064-017-0514-8