Vorbemerkungen

Arthrosen des distalen Radioulnargelenks können unabhängig von ihrer Genese zu Schmerzen, einer Einschränkung der Unterarmdrehbewegung und zu einer verminderten Belastbarkeit des Handgelenks führen [3]. Die zur Behandlung der symptomatischen Arthrose des DRUG zur Verfügung stehenden Rettungsoperationen (Ulnakopfresektion, Ulnakopfhemiresektion, Operation nach Kapandji mit Arthrodese des DRUG und gleichzeitiger Segmentresektion aus der distalen Ulna) führen in den meisten Fällen zu befriedigenden Ergebnissen [9]. Allerdings finden sich auch Patienten mit persistierenden Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen [2, 5, 7, 8]. Grund hierfür ist, dass nach den o. g. Rettungsoperationen die stabile parallele Führung von Radius und Ulna oft nicht wiederhergestellt werden kann und es infolge dessen bei transversaler Belastung des DRUG zu einem schmerzhaften Kontakt zwischen Radius und distalem Ulnastumpf (radioulnares Impingement) kommt (Abb. 1, [1]). Auch kann die fehlende Abstützung des Karpus durch den Ulnakopf bei der axialen Belastung Ursache einer verminderten Belastungsfähigkeit und Krafteinschränkung der betroffenen Hand sein.

Abb. 1
figure 1

Radioulnares Impingement mit Röntgenbild

In Kenntnis dieser Problematik wurde von Herbert und van Schoonhoven eine Ulnakopfprothese entwickelt. Primäres Ziel war es, bei fehlgeschlagenen Rettungsoperationen mit Instabilität des distalen Ulnastumpfes, fortbestehenden Schmerzen, einer Einschränkung der Unterarmdrehung oder verminderter Belastbarkeit des Handgelenks durch Implantation einer Ellenkopfprothese die Stabilität des DRUG wieder herzustellen und so die Beschwerden zu mindern [6, 13, 14, 15]. Nachdem sowohl experimentell [10] als auch in zahlreichen klinischen Studien [4, 5, 11, 12, 13, 14, 16] gezeigt werden konnte, dass das Ziel der Wiederherstellung der Stabilität des DRUG und der Funktionsverbesserung bei fehlgeschlagenen Rettungsoperationen durch Implantation einer Ulnakopfprothese nicht nur erreicht werden konnte, sondern sogar gute Ergebnisse daraus resultierten, wurde folgerichtig auch die Arthrose des DRUG als Indikation zur Implantation einer Ulnakopfprothese definiert, um die o. g. Probleme der Rettungsoperationen zu vermeiden.

Die Herbert-Ulnakopfprothese

Die Entwicklung der Ulnakopfprothese erfolgte entsprechend vorangegangenen anatomischen und radiologischen Studien zu Schaftdurchmesser der distalen Ulna, Variationsbreite der Größe und Höhe des Ulnakopfes und zur Geometrie des DRUG. Es handelt sich um ein modulares System bestehend aus einem Prothesenschaft und einem Prothesenkopf, wobei alle Kopfgrößen mit allen Schäften kombiniert werden können (Abb. 2). Der Prothesenschaft besteht aus einem Titangrundkörper mit einer porösen Titanbeschichtung, die eine Osteointegration erlaubt. Die Implantation des Prothesenschaftes im Ulnaschaft erfolgt dementsprechend zementfrei. Um eine primäre Verankerungsstabilität im Ulnaschaft im Sinne einer „Press fit“-Technik zu erzielen, ist der Prothesenschaft in drei Größen mit unterschiedlichem Schaftdurchmesser verfügbar. Zur Wiederherstellung eines optimalen Längenverhältnisses zwischen Ulna und Radius (angestrebt wird eine „Minus“-Situation am Handgelenk von −1 bis −2 mm) und auch zur Längenkorrektur nach ausgedehnter vorheriger Resektion der distalen Ulna, gibt es jede Schaftgröße jeweils mit einer Kragenlänge von 2 mm (Standard), 4 mm (Standard+) und 17 mm (Revisionsschaft). Der Prothesenkopf besteht aus Zirkonkeramik. Entsprechend den anatomischen Studien stehen drei Kopfgrößen (klein, mittel, groß) mit einer Kopfhöhe von 10, 12 und 14 mm und einem Kopfdurchmesser von 15, 18 und 21 mm zur Verfügung.

Abb. 2
figure 2

Ulnakopf-Prothesenset für die Herbert-Ulnakopfprothese in drei Schaftgrößen mit unterschiedlichem Durchmesser (Martin Medizintechnik®, Tuttlingen, Deutschland)

Operationsprinzip und -ziel

Das Ziel der Operation ist abhängig von der Ausgangssituation. Bei einer Arthrose des DRUG ist die Wiederherstellung einer schmerzfreien Unterarmdrehbewegung das Ziel des Eingriffs. Hingegen ist es bei einer Instabilität der distalen Ulna nach einer Rettungsoperation das primäre Ziel, das DRUG wieder zu stabilisieren, verbunden mit dem sekundären Effekt der Funktionsverbesserung. Das Prinzip ist der primäre bzw. sekundäre prothetische Ersatz des Ulnakopfes, wobei der Stabilisation durch einen ulnar gestielten Kapsel-Retinakulum-Lappen eine entscheidende Bedeutung zukommt und der Prothesenschaft zementfrei in „Press fit“-Technik im Ulnaschaft verankert wird.

Vorteile

  • Wiederherstellung normaler anatomischer Verhältnisse

  • Abstützung des ulnaren Karpus bleibt erhalten bzw. wird wiederhergestellt

  • Schmerzreduktion

  • Verbesserung der Unterarmdrehfähigkeit

  • Steigerung der Belastungsfähigkeit

Nachteile

  • Stabiler, ulnarer Kapselbandapparat notwendig, somit keine Therapieoption bei rheumatoider Zerstörung oder nach zahlreichen vorausgegangenen Operationen

  • Bei primärer Implantation Kosten höher im Vergleich zu einer Rettungsoperation

Indikationen

  • Primäre und posttraumatische (Radiusfraktur) Arthrose des distalen Radioulnargelenks

  • Schmerzhafte Instabilität der distalen Ulna (radioulnares Impingement) aufgrund fehlender knöcherner Abstützung nach Resektionsarthroplastik des DRUG

  • Instabilität des distalen Ulnastumpfes bei Z. n. Kapandji-Sauvé-Operation (Spezialimplantat mit sphärischem Prothesenkopf erforderlich)

  • Zerstörung des Ulnakopfes durch Tumor oder Trauma

Kontraindikationen

  • Inadäquate Knochensubstanz des distalen Ulnaschaftes (Osteoporose)

  • Ausgeprägte Fehlstellung des distalen Radius (muss ggf. gleichzeitig oder vor Implantation der Ulnakopfprothese korrigiert werden)

  • Longitudinale Instabilität des Unterarmes (Essex-Lopresti-Läsion, Radiuskopfresektion)

  • Fortgeschrittene rheumatoide Arthritis

  • Insuffizienter Kapselbandapparat des ulnaren Handgelenks nach Trauma oder zahlreichen Eingriffen

Patientenaufklärung

  • Allgemeine Operationsrisiken wie Gefäß-, Sehnen- und Nervenschäden, Wundheilungsstörung, Lagerungsschäden, allergische Reaktionen, Nachblutung, komplexes regionales Schmerzsyndrom

  • Verletzung des R. dorsalis des N. ulnaris mit Sensibilitätsstörung, einschließlich dauerhafter, schmerzhafter Dysästhesie

  • Wundinfektion bis hin zum Protheseninfekt und Osteomyelitis mit der Notwendigkeit die Prothese zu entfernen sowie dauerhaft verbleibende Instabilität der distalen Ulna

  • Mögliche Notwendigkeit eines Revisionseingriffes durch Prothesenlockerung, Instabilität des DRUG, ulnares Impaktionssyndrom

  • Stationärer Aufenthalt von 4–6 Tagen

  • Langwierige Nachbehandlung mit Limitierung der Unterarmdrehbewegung für 6 Wochen und Belastungsfreigabe erst 12 Wochen postoperativ

  • Bei primärer Rekonstruktion des Ulnakopfes prinzipiell alternative Therapiemöglichkeiten (Resektionsarthroplastik, Kapandji-Sauvé)

Operationsvorbereitungen

  • Röntgenaufnahme beider Handgelenke in 2 Ebenen

  • Planung der Prothese anhand von Schablonen (Größe des Schafts und des Ulnakopfes). Bei Fehlen des Ulnakopfes Planung der Prothesengröße anhand der Gegenseite. Die maximal mögliche Längenkorrektur beträgt je nach Kopfgröße mit einer konventionellen Revisionsprothese 27–31 mm. Größere Knochendefekte erfordern ggf. eine Spezialanfertigung mit verlängertem Kragen, welche nach Rücksprache mit der Firma Martin® angefertigt werden kann

  • „Single shot“-Antibiose

Instrumentarium und Implantate

  • Handchirurgisches Instrumentarium mit kleinen Hohmann-Hebeln

  • Oszillierende Säge und Bohrmaschine

  • Bildwandler

  • Ulnakopfprothesenset für die Herbert-Ulnakopfprothese (Firma Martin Medizintechnik®, Tuttlingen, Deutschland)

Anästhesie und Lagerung

  • Oberarmplexusanästhesie oder Vollnarkose

  • Rückenlagerung, Arm auf Handtisch in Pronation des Unterarms ausgelagert

  • Oberarmblutleere

Operationstechnik

(Abb. 3, Abb. 4, Abb. 5, Abb. 6, Abb. 7, Abb. 8, Abb. 9, Abb. 10, Abb. 11, Abb. 12, Abb. 13, Abb. 14)

Anmerkung: Es wird die Implantation einer Herbert-Ulnakopfprothese bei primärer Arthrose des DRUG dargestellt. Anleitungen zur Implantation bei fehlgeschlagener Resektionsarthroplastik finden sich unter „Besonderheiten“

Abb. 3
figure 3

a und b Leicht geschwungener Hautschnitt dorsal über der distalen Ulna und dem distalen Radioulnargelenk bis zur ulnaren Handwurzel reichend. Mobilisation der Haut-Subkutanlappen streng auf dem Retinaculum extensorum unter sorgfältiger Schonung der im Subkutangewebende verbleibenden Äste des Ramus dorsalis des Nervus ulnaris, insbesondere des seltenen quer verlaufenden radioulnaren Asts

Abb. 4
figure 4

Spalten des 5. Strecksehnenfachs in Längsrichtung und Retraktion der Sehne des Musculus extensor digiti minimi (EDM) nach radial. Identifizierung des sechsten Strecksehnenfaches mit der Sehne des Musculus extensor carpi ulnaris (ECU) sowie der distalen Begrenzung des Ulnakopfes und des ulnokarpalen Handgelenkkompartiments

Abb. 5
figure 5

Präparation eines ulnar gestielten Kapsel-Retinakulum-Lappens, der beim Verschluss der Stabilisierung des DRUG dient. Zur Eröffnung des distalen Radioulnargelenks wird der Boden des 5. Strecksehnenfachs zusammen mit der dorsalen Kapsel des DRUG längs inzidiert. Nach proximal wird der Kapsel-Retinakulum-Lappen leicht bogenförmig zum Ulnaschaft hin verlängert. Nach distal muss die Präparation vorsichtig erfolgen, um den triangulären, fibrokartilaginären Komplex (TFCC), insbesondere seine dorsale Begrenzung, das Ligamentum radioulnare dorsale nicht zu verletzen. Der Kapsel-Retinakulum-Lappen wird über den TFCC hinaus nach distal bogenförmig bis kurz vor das 6. Strecksehnenfach präpariert. In der ulnaren Basis des Lappens verläuft die Sehne des Musculus extensor carpi ulnaris (ECU) im 6. Strecksehnenfach. Dieses sollte bei der Präparation nicht eröffnet oder andernfalls durch resorbierbares Nahtmaterial wieder verschlossen werden. Sorgfältig wird der ulnar gestielte Kapsel-Retinakulum-Lappen vom dorsalen Rand des TFCC und vom Ulnahals abpräpariert. Dies erlaubt es, sowohl das Ulnokarpalgelenk und die distale Fläche des TFCC als auch den Ulnakopf und nach Resektion des Ulnakopfes die Unterseite des TFCC zu inspizieren

Abb. 6
figure 6

Um die Resektionshöhe der distalen Ulna zu bestimmen, wird das hierfür vorgesehene Messinstrument am distalen Rand der Incisura ulnaris radii eingesetzt und entsprechend der präoperativ geplanten Prothesengröße die Osteotomiestelle markiert. „Niveau 1“ ist das am weitesten distal gelegene Resektionsniveau, welches bei primären Operationen zur Implantation der Standard-Prothese (mit 2-mm-Kragen) und eines mittelgroßen Kopfes verwendet wird. „Niveau 2“ entspricht einer Resektionshöhe der Ulna 2 mm weiter proximal zur Implantation eines Standard+-Schaftes mit 4-mm-Kragen und eines mittelgroßen Kopfes oder eines Standard-Schaftes mit großem Kopf. Mit diesen beiden Resektionsebenen ist es möglich jede Schaftgröße mit jeder Kopfgröße zu kombinieren unter Verwendung entweder der Standard- oder der Standard+-Schäfte (Tab. 1). Die drei Markierungen für das „Niveau 3“ sind zur Implantation eines Revisionsschaftes (jeweils mit einem kleinen, mittleren oder großen Kopf) vorgesehen

Abb. 7
figure 7

Osteotomie der distalen Ulna senkrecht zu ihrer Längsachse mit einer oszillierenden Säge unter Schutz der umgebenden Weichteile durch kleine Hohmann-Hebel

Abb. 8
figure 8

Entfernen des Ulnakopfes nach Ablösen des TFCC vom Processus styloideus ulnae (PSU) und der Fossa praestyloidalis ulnae sowie von den übrigen Weichteilen. Sollte es hierbei zur Eröffnung des sechsten Strecksehnenfaches kommen, muss dieses durch Naht mit einem langsam resorbierbaren Faden der Stärke 4-0 wieder verschlossen werden. Reinigen der Incisura ulnaris radii von eventuell vorhandenem Pannus, Narbengewebe oder störenden Osteophyten. Beurteilung des TFCC nun von distal und proximal. Nähen vorhandener Einrisse mit resorbierbarem Nahtmaterial der Stärke 4-0

Abb. 9
figure 9

Anheben des proximalen Ulnastumpfes mit einem breiten Hebel, der gleichzeitig TFCC und den ulnar gestielten Kapsel-Retinakulum-Lappen schützt. Eröffnen des Knochenmarkraums mit einem Pfriem und Aufraspeln des Ulnaschaftes mit den entsprechenden Raspeln. Hierzu muss zunächst die kleinste Raspel vorsichtig mit dem Hammer in die Knochenmarkhöhle eingetrieben werden. Dieses Manöver wird mit der nächstgrößeren Raspel bis zur präoperativ ausgemessenen Schaftgröße fortgesetzt. Die Raspel muss hierbei locker bis zur Markierung eingebracht werden können, um beim Einbringen der definitiven Prothese ein Verklemmen zu vermeiden. Wird eine zu große Raspel verwendet oder diese zu kräftig in den Knochenmarkraum vorgetrieben, droht die Sprengung des Knochenrohrs

Abb. 10
figure 10

a Einsetzen der Probeprothese. Der Unterarm wird danach bei Beugung im Ellenbogengelenk in eine neutrale Rotationsstellung gebracht. Klinische Prüfung des Sitzes des Prothesenschafts im Knochenrohr und der Führung des Prothesenkopfes in der Incisura ulnaris radii in der passiven Rotationsbewegung. Der Kapsel-Retinakulum-Lappen wird in Neutralstellung soweit nach radial gezogen, dass seine Spannung ausreicht, einer Subluxation des DRUG bei Pronation entgegen zu wirken. Unter Bildwandlerkontrolle (b) sollte bei Neutralstellung des Unterarms der distale Rand des Prothesenkopfes 2 mm proximal der Radiusgelenkfläche zu liegen kommen, um einer ulnokarpalen Impaktion vorzubeugen. Ragt die Prothese zu weit nach distal, kann eine Verkürzung über einen kleineren Prothesenkopf, einen Prothesenschaft mit kürzerem Kragen oder durch die Nachresektion des knöchernen Ulnaschaftes erzielt werden. Bei einem Wechsel auf einen kleineren oder größeren Prothesenkopf im Vergleich zur präoperativen Planung ist ein längerer Prothesenkragen oder eine Nachresektion des Schaftes notwendig, um wieder die geplante Position der Prothese im DRUG und das gewünschte Längenverhältnis von Radius und Ulna zu erreichen. Bei regelrechtem Sitz und guter Funktion der Probeprothese wird diese entfernt und der Ulnaschaft sorgfältig gespült

Abb. 11
figure 11

Anlegen von 2 Bohrkanälen an der dorsalen Kante der Incisura ulnaris radii zur späteren transossären Refixierung des Kapsel-Retinakulum-Lappens beim Wundverschluss. Vorlegen nicht resorbierbarer Nähte der Stärke 0 in diese Bohrkanäle sowie langsam oder nicht resorbierbarer Nähte der Stärke 3-0 am dorsalen Rand des TFCC, welcher später an der Innenseite des Kapselweichteillappens fixiert wird

Abb. 12
figure 12

a Eintreiben des definitiven Prothesenschaftes mit dem Einschlaginstrumentarium „press fit“ in den Schaft. b Arretierung des Prothesenkopfes auf den Schaft durch einen leichten Schlag über einen Gummistößel. Mittels Bildwandler wird abschließend noch einmal der korrekte Prothesensitz überprüft

Abb. 13
figure 13

ad Um eine korrekte Spannung des Kapsel-Retinakulum-Lappens beim Verschluss zu erzielen, erfolgt die restliche Operation konsequent bei einem um 90° gebeugtem Ellbogen und in neutraler Unterarmdrehstellung. Fixation des TFCC an der Unterseite des Kapsel-Retinakulum-Lappens. Mit den in den Bohrlöchern vorgelegten Nähten wird dann der radiale Rand des Kapsel-Retinakulum-Lappens relativ weit ulnar gefasst. Beim Festziehen der Naht sollen die Weichteile soweit nach dorsoradial gezogen werden, dass der Lappen unter straffer Spannung an der dorsalen Lippe der Incisura ulnaris radii fixiert werden kann. Vor dem endgültigen Kapselverschluss nochmals überprüfen, dass einerseits das DRUG stabil geführt, andererseits die Unterarmdrehung aber nicht wesentlich beeinträchtigt wird

Abb. 14
figure 14

Vollständiger Verschluss der Lappenränder mit einer fortlaufenden Naht der Stärke 3-0. Die Sehne des Musculus extensor digiti minimi verbleibt subkutan. Einlegen einer Redon-Drainage. Subkutan- und Hautnaht. Anlegen eines sterilen Verbandes und einer Oberarmgipsschiene mit Einschluss des Ellbogens in 70°-Flexion und Einschluss des Handgelenks in 20°-Extension und 40°-Supination

Tab. 1 Mögliche Kombinationen von Ulnakopf und -schaft mit den verschiedenen Resektionsebenen

Besonderheiten

Bei Revisionseingriffen werden die Weichteile zwischen der Ulna proximal und dem distalen Lappenende in Längsrichtung über dem ulnokarpalen Handgelenk eröffnet und als ein Narben-Weichteilblock nach ulnar unter Berücksichtigung des dorsalen Randes des TFCC abpräpariert. Das distale Ulnaende wird scharf aus dem Weichteilmantel herauspräpariert und die Incisura ulnaris des Radius freigelegt. Zur Festlegung der notwendigen Nachresektion am distalen Ulnaendes wird wie bei den Primäreingriffen das Messinstrument am distalen Rand der Incisura ulnaris des Radius eingesetzt. Die Osteotomiestelle wird entsprechend der präoperativ geplanten Kopfgröße markiert, wobei die 3 Markierungen jeweils dem kleinen, mittleren oder großen Prothesenkopf entsprechen. Bei geplanter Implantation einer Revisionsprothese (17-mm-Kragen oder Spezialanfertigung einer Prothese) müssen ausschließlich die speziellen Revisionsraspeln (einfach konische Form) verwendet werden.

Postoperative Behandlung

  • Abschwellende Maßnahmen und Beübung der Fingerfunktion ab dem ersten postoperativen Tag

  • Entfernung der Redon-Drainage und Röntgenkontrolle am 2. oder 3. postoperativen Tag

  • Für 2 Wochen postoperativ Oberarmgipsschiene in 70°-Beugung des Ellbogengelenks, 40°-Supination des Unterarms und 20°-Handgelenksextension

  • Anschließend Anpassen einer thermoplastischen Unterarmschiene für weitere 4 Wochen, welche die Supination und Pronation auf je 40° limitiert

  • 6 Wochen postoperativ Röntgenkontrolle. Freigabe der aktiven Unterarmdrehung, Krankengymnastik, sukzessive Belastungssteigerung

  • Belastungsfreigabe 12 Wochen postoperativ

Fehler, Gefahren, Komplikationen

  • Verklemmen der Prothese beim Einbringen: Entfernen der Prothese und Erweiterung des Markraumes mit den entsprechenden Raspeln

  • Schaftsprengung beim Aufraspeln des Markraumes oder Einbringen der Prothese: Osteosynthese durch zirkuläre Drahtcerclagen

  • Prothesenlockerung oder Prothesenbruch: Revisionsoperation und ggf. Implantatwechsel

  • Neu aufgetretene oder persistierende Instabilität des distalen Radioulnargelenks: Revisionsoperation mit Implantatwechsel auf andere Größe, Vertiefen der Incisura ulnaris radii, Weichteilplastik, Korrektur einer Fehlstellung des distalen Radius

  • Infektion: Wenn oberflächlich, konservative Therapie mit Antibiose. Bei tiefem Infekt operative Revision mit lokaler Sanierung, Einlage von Medikamententräger, ggf. Entfernen der Prothese

  • Schmerzhaftes Neurom des R. dorsalis des N. ulnaris: Rückkürzen des betroffenen Nervs bis zu seinem Abgang vom Hauptstamm des N. ulnaris

Ergebnisse

Zwischen Januar 1996 und Mai 2006 wurden in der Klinik für Handchirurgie 44 Patienten mit einer Herbert-Ulnakopfprothese (Firma Martin Medizintechnik®, Tuttlingen, Deutschland) versorgt. Davon konnten 2006 14 Patienten nach mehr als 5 Jahren nachuntersucht werden (61–124 Monate, Durchschnitt 91 Monate). Indikation für den endoprothetischen Ersatz des Ulnakopfes war bei diesen Patienten eine Instabilität der distalen Ulna in Folge einer Ulnakopfresektion (6 Patienten), einer Ulnakopfhemiresektion (7 Patienten) oder einer Essex-Lopresti-Verletzung (ein Patient). Der Prothesenimplantation waren durchschnittlich 3 Operationen am betroffenen Handgelenk vorausgegangen (0–12 Operationen). Bei einem Patienten musste die Prothese aufgrund eines Infektes ausgebaut werden. Eine persistierende dorsale Subluxation und eine verbliebene Instabilität fanden sich bei je einer Patientin nach Essex-Lopresti-Verletzung sowie bei einer Patientin mit insuffizientem Weichteilmantel in Folge von 12 Voroperationen. Die verbliebenen Patienten wiesen eine signifikante Verbesserung bezüglich Beweglichkeit, Kraft und Schmerzen auf, so dass alle den Eingriff in derselben Situation wieder durchführen lassen würden (Tab. 2). Als Folge der „Press fit“-Verankerung der Prothese fand sich radiologisch bei allen Patienten eine mehr oder minder ausgeprägte, knöcherne Resorption des distalen Ulnaendes („stress shielding“) ohne Gefährdung der Prothesenstabilität. Bei allen Patienten kam der knöcherne Abbau innerhalb von 6–12 Monaten zum Stillstand.

Tab. 2 Klinische Ergebnisse bei 13 Patienten mindestens 5 Jahre nach Implantation einer Herbert-Ulnakopfprothese an unserer Klinik (Nachuntersuchungszeitraum 61–124 Monate)

Willis et al. [16] stellten 2007 ihre Ergebnisse nach Implantation der modularen Metall-Endoprothese „uHead“ der Firma Small Bone Innovations® vor. Bei 17 Patienten wurden in 19 Handgelenke 6 Prothesen zementiert und 13 mittels „Press fit“ implantiert. Die Indikation zur Operation war bei 6 Patienten eine Instabilität nach Resektionsarthroplastik, bei 11 Patienten eine Arthrose des distalen Radioulnargelenks. Durchschnittlich 32 Monate postoperativ (26–60 Monate) zeigten die Patienten eine signifikante Schmerzreduktion, Steigerung der Kraft, sowie Verbesserung der globalen Funktion gemessen mit dem Mayo-Wrist-Score. Die Unterarmdrehfähigkeit verbesserte sich in dieser Studie nicht wesentlich. Als Komplikationen fanden sich 2 Schaftlockerungen bei unzementierten Prothesen sowie eine persistierende Instabilität bei einem Patienten mit rheumatoider Arthritis und ungenügendem Kapselbandapparat. Nur ein Patient war unzufrieden, da es zu keiner genügenden Schmerzreduktion gekommen war.

Shipley et al. [12] berichteten über 20 Patienten nach 22 Prothesenimplantationen (14 Herbert-Prothesen der Firma Martin® und 7 Avanta-Prothesen der Firma Small Bone Innovations®) durchschnittlich 54,3 Monate postoperativ. 10 Handgelenke mit Implantation einer Ulnakopfprothese als primäre Therapie bei Arthrose zeigten ausschließlich exzellente und gute Ergebnisse im Mayo-Wrist-Score. Bei den 12 Revisionseingriffen – überwiegend nach Resektionsarthroplastiken – ergaben sich in 75% exzellente und gute Ergebnisse. Bei 3 Patienten fand sich ein nur schlechtes Ergebnis. Als Komplikation war bei einem Patienten eine Revision aufgrund einer schmerzhaften Synovitis des Ulnokarpalgelenks notwendig. Ein Patient erlitt einen Prothesenschaftbruch durch einen Sturz. Zwei Patienten wurden aufgrund einer persistierenden dorsalen Subluxation mit einer Bandplastik revidiert. Alle Patienten, die aufgrund von Komplikationen nochmals operiert worden waren, erreichten in der Nachuntersuchung gute und exzellente Ergebnisse.

Im Gegensatz zu den oben genannten Ulnakopfprothesen entwickelte Scheker einen endoprothetischen Ersatz des ganzen distalen Radioulnargelenks mit einer Radius- und Ulnakopfkomponente (Aptis Medical®, Louisville, KY, USA [11]). Die beiden Module der Prothese sind miteinander gekoppelt, so dass die Stabilität des DRUG nicht mehr vom anatomischen Bandapparat abhängig ist. Somit eignet sich dieses Prothesenmodell laut Scheker auch für Rheumatiker, als Rettungseingriff nach ausgedehnter Tumorresektion, bei einer kongenitalen Anomalie oder nach zahlreichen Voroperationen. Nachteil ist die aufwändige Präparation zur Verankerung der Radiuskomponente. 49 Patienten mit einem Follow-up von mindestens 2 Jahren erreichten postoperativ durchschnittlich eine 72°-Supination sowie eine 79°-Pronation. Die Schmerzen verbesserten sich auf einer Skala von 0–5 von 3,8 auf 1,3 Punkte. Während die Patienten präoperativ durchschnittlich nur ein Gewicht von 1,2 kg heben konnten, waren postoperativ Gewichte mit bis zu 5,3 kg möglich. Zum Fallbeispiel eines Patienten siehe Abb. 15.

Abb. 15
figure 15

Fallbeispiel eines Patienten, der 1997 als damals 39-Jähriger aufgrund eines ulnokarpalen Impaktions-Syndroms mit einer Wafer-Operation behandelt wurde. Wegen persistierender Beschwerden erfolgte 17 Monate später eine Ulna-Verkürzungsosteotomie sowie nach weiteren 11 Monaten eine Ulnakopf-Hemiresektion nach Bowers (a, b). Daraus resultierte ein ulnares Impingement (c) mit intolerablen Beschwerden, so dass im September 2000 eine Herbert-Ulnakopfprothese implantiert wurde (d, e). Die letzte Röntgenkontrolle zeigt 2004 eine typische Resorption des distalen Ulnaendes („stress shielding“), welche über die Jahre konstant geblieben war (f, g, h). Von Seiten der Ulnakopfprothese ist der Patient bis heute vollkommen beschwerdefrei, befindet sich aber noch aufgrund eines ulnokarpalen Impaktions-Syndroms der Gegenseite in unserer Behandlung. Hier wünscht er die Implantation einer Ulnakopfprothese primär