Zusammenfassung
Hintergrund und Ziel:
Seit 2004 haben alle Krankenkassen in Deutschland die Möglichkeit und seit 2007 die Verpflichtung, ihren Versicherten sowie deren Hausärzten die Teilnahme an einem Vertrag zur Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) anzubieten. Ziel der HZV-Verträge ist es, die Rolle des Hausarztes als Koordinator im Gesundheitswesen zu stärken. Bisher ist jedoch wenig darüber bekannt, wie diese Modelle von den teilnehmenden Hausärzten bewertet werden. Zielstellung dieser Befragung war es, Erfahrungen und Sichtweisen von Hausärzten zu erfassen, welche an der HZV in Hessen teilnehmen. Insbesondere die Koordination der Patientenversorgung, die Kooperation mit anderen Leistungsanbietern, die Arzt-Patient-Beziehung sowie Auflagen und Qualifizierungsangebote standen dabei im Fokus des Interesses.
Methodik:
Im April 2008 erhielten alle 2 815 zu diesem Zeitpunkt an der HZV in Hessen teilnehmenden Ärzte einen Fragebogen von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen per Post zugesandt. Die Fragebögen wurden von den Ärzten anonym zur Auswertung an das Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen geschickt. Die Auswertung der Befragung erfolgte mit SPSS 15.0.
Ergebnisse:
686 Hausärzte (Rücklaufquote 24,4%) nahmen an der Befragung teil. Insgesamt reichen die Rückmeldungen zur HZV von großer Zustimmung bis zu eindeutiger Ablehnung. 70,0% der Befragten finden das Angebot einer HZV jedoch prinzipiell sinnvoll, 60,1% fühlen sich durch die HZV in ihrer Rolle als Hausarzt gestärkt. Die „Qualitätszirkel zur Pharmakotherapie“ und „hausarztspezifische Fortbildungen“ wurden besonders positiv aufgenommen (70,3% respektive 69,4% „sehr/eher sinnvoll“). Die Befragten berichten darüber hinaus u.a. von Verbesserungen bezüglich der Koordination der Patientenversorgung (53,3%) sowie der Zusammenarbeit mit den Patienten (36,3%). Seltener wird von Verbesserungen bezüglich der Zusammenarbeit mit Fachärzten (24,9%) und Krankenhäusern (13,0%) berichtet. Als problematisch wird insbesondere der zusätzliche Verwaltungsaufwand empfunden.
Schlussfolgerung:
Qualifizierungsangebote wie Qualitätszirkel und hausarztspezifische Fortbildungen werden überwiegend positiv bewertet und scheinen als Teil der HZV akzeptiert zu sein. Eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Hausärzten und anderen Leistungserbringern sollte im Rahmen von Hausarztmodellen gezielt gefördert werden. Der Verwaltungsaufwand sollte minimiert werden.
Abstract
Background and Purpose:
In 2004, German statutory health care funds were given the possibility to offer their insured a special general practitioner-( GP-)centered health care contract (HZV), since 2007 they are obliged to do so. The aim of these contracts is to strengthen the role of the GP as a coordinator in the health care system. Until now, the evidence regarding the GPs’ view on these contracts is poor. A written survey was conducted in Hesse in order to learn how the participating GPs evaluate the regional HZV.
Methods:
In Apri 2008, a questionnaire was developed, tested and mailed to 2,815 GPs who were participating in the GP-centered health care contract at that time. All analyses where conducted with SPSS (version 15.0).
Results:
A total of 686 questionnaires were returned (response rate 24.4%). Altogether, the GPs’ feedback ranged from great approval to clear disapproval of the contract. However, 70.0% of the survey’s participants evaluated the HZV in general to be positive, 60.1% felt it strengthens their role as a GP. Quality circles on good prescribing and GP-specific education, obligatory parts of the HZV, were evaluated to be especially positive (70.3% and 69.4%, respectively). Positive effects were also seen concerning coordination of care (53.3%) and cooperation with patients (36.3%). Improvements concerning cooperation with specialists and hospitals were reported less often (24.9% and 13.0%, respectively). Workload because of additional administration for the HZV was criticized.
Conclusion:
In future, special GP-centered health care contracts should focus on improvement of cooperation between GPs and other caregivers. Workload for additional administration should be reduced.
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Klingenberg, A., Broge, B., Herholz, H. et al. Hausarztzentrierte Versorgung aus Sicht der teilnehmenden Ärzte. Med Klin 105, 89–95 (2010). https://doi.org/10.1007/s00063-010-1012-8
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