Seit der ersten Definition der World Health Organization (WHO) des akuten Myokardinfarkts (MI) 1979 wurde mit der Entwicklung sensitiverer Biomarker, mit Fortschritten in der Bildgebung und mit differenzierteren Kriterien zur Befundung des Elektrokardiogramms (EKG) sowie im Management die Definition des Herzinfarkts weiterentwickelt [1]. Eine Task Force der europäischen und amerikanischen Fachgesellschaften (ESC/ACC) einigte sich im Jahr 2000 auf eine Definition des akuten MI, bei welcher die Bestimmung von kardialem Troponin T (cTnT) oder Troponin I (cTnI) gegenüber anderen kardialen Enzymen (Kreatinkinase, CKMB-Isoform) aufgrund der höheren Spezifizität und Sensitivität bevorzugt empfohlen wurde [2]. Im Jahr 2007 erfuhr diese als „Universelle Definition des Myokardinfarkts“ bezeichnete Infarktdefinition eine Erneuerung mit einer erstmaligen klinischen Klassifizierung in 5 Subtypen, basierend auf der Infarktätiologie.

Seit August 2012 liegt die Universelle Infarktdefinition in der mittlerweile 3. Überarbeitung vor und wird von allen kardiologischen Fachgesellschaften unterstützt (ESC/ACCF/AHA/WHF; [3]). Änderungen im Vergleich zu den früheren Versionen betreffen insbesondere die diagnostischen EKG-Kriterien, eine Aufwertung des Stellenwerts kardialer Bildgebung, veränderte Kriterien der Infarktsubtypen sowie die Anwendung hochsensitiver Troponin-Assays, die eine verbesserte und frühere Erkennung von MI erlauben. Die Interpretation von Troponinerhöhungen ist oft schwierig, da diese auch bei anderen Krankheitsbildern auftreten, die initial schwer vom Nicht-ST-Strecken-Hebungs-Infarkt (Non-STEMI) zu unterscheiden sein können. Dieser Beitrag soll die Neuerungen der Infarktdefinition erörtern und Ratschläge zu ihrer leitlinienkonformen Umsetzung liefern.

Infarktdefinition, Troponin und Infarktsubtypen

Infarktdefinition

Der Begriff „akuter Herzinfarkt“ sollte nach der Universellen Infarktdefinition nur verwendet werden, wenn objektive Hinweise für eine Myokardnekrose vorliegen, die im Zusammenhang mit einer Myokardischämie stehen. Unter diesen Voraussetzungen ist ein akuter Herzinfarkt definiert als:

Anstieg oder Abfall eines kardialen Biomarkers, bevorzugt cTnT oder cTnI, mit mindestens einem Messwert oberhalb der 99. Perzentile einer gesunden Referenzpopulation, in Verbindung mit mindestens einem der nachfolgenden Kriterien:

  • Symptome der Myokardischämie,

  • mutmaßlich neue ST-Strecken-Veränderungen oder ein neu aufgetretener kompletter Linksschenkelblock im EKG,

  • Entwicklung neuer pathologischer Q-Zacken im EKG,

  • Nachweis einer Narbe oder neuen Wandbewegungsstörung mittels kardialer Bildgebung [Echokardiographie, Magnetresonanztomographie (MRT), nuklearmedizinische Verfahren],

  • Nachweis eines intrakoronaren Thrombus in der Koronarangiographie oder Autopsie.

Wichtig ist zu beachten, dass auch eine Perimyokarditis mit erhöhten kardialen Biomarkern, ST-Strecken-Veränderungen und regionalen Wandbewegungsstörungen einhergehen kann und somit differenzialdiagnostisch mitberücksichtigt werden sollte.

Kardiales Troponin – Goldstandard der Biomarker zur Infarktdiagnostik

Kardiales Troponin (cTn) ist ein Regulatorprotein des myokardialen Kontraktionsapparats und besteht aus 3 Untereinheiten (T, I und C). Der Nachweis von cTnT oder cTnI im Blut gilt als biochemischer Goldstandard des MI und zeigt stets eine myokardiale Schädigung an, da die Expression von cTnT und cTnI ausschließlich in Kardiomyozyten erfolgt [4]. Es zeigt sich eine biphasische Freisetzungskinetik mit einem frühen Peak innerhalb von 24 h durch die Freisetzung eines zytoplasmatischen Pools und einem Plateau nach 48–72 h durch die proteolytische Degradierung des Kontraktionsapparats [5, 6]. In der Regel zeigt ein deutlicher Anstieg oder Abfall von cTn in seriellen Messungen eine akute Myokardschädigung an, während fehlende Konzentrationsänderungen mit einem chronischen Myokardschaden vereinbar sind. Das Ausmaß des zur Unterscheidung erforderlichen Anstiegs oder Abfalls wird in keiner der Versionen der Infarktdefinition festgelegt. Nach Empfehlungen der US-amerikanischen National Academy of Clinical Biochemistry (NACB) gilt bei initial erhöhtem Troponinwert ein Anstieg oder Abfall um 20% oder mehr als klinisch signifikant [7]. Bei initialem Troponinwert unterhalb der 99. Perzentile gilt nach Empfehlungen einer Expertengruppe der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) auf Basis empirischer Daten ein Anstieg oder Abfall um 50% oder mehr als relevant (Abb. 1; [8]).

Abb. 1
figure 1

Algorithmus bei Verdacht auf akutes Koronarsyndrom (ACS) mit frühem Ausschluss („rule-out“) und Nachweis („rule-in“) eines Non-STEMI unter Verwendung eines hochsensitiven cTn-Tests (DD Differenzialdiagnosen, hsTn hochsensitives Troponin, Echo Echokardiographie, CT Computertomographie, MRT Magnetresonanztomographie). (Nach [19], mit freundlicher Genehmigung von Springer Science+Business Media; modifiziert nach [7, 8, 13, 16])

Für jeden Troponin-Assay sollte die 99. Perzentile in einer gesunden Referenzpopulation bestimmt werden. Werte oberhalb dieser Grenze gelten als pathologisch. Da die unterste quantifizierbare Grenze älterer („konventioneller“) Troponin-Assays deutlich darüber liegt, müssen für diese Assays höhere Grenzwerte zur Infarktdiagnose verwendet werden. Dadurch können jedoch leicht erhöhte Troponinwerte unerkannt bleiben, was zur fälschlichen Klassifikation eines Non-STEMI als instabile Angina führen kann.

Durch die Anwendung der neueren und sensitiveren Troponin-Assays werden Infarkte früher und häufiger erkannt. Hochsensitive cTn-Assays definieren sich durch die Erfüllung der Präzisionskriterien mit einer Messgenauigkeit von weniger als 10% Variationskoeffizient an der 99. Perzentile und dem tatsächlichen Beleg einer höheren Sensitivität. Letztere wird an der Fähigkeit des Assays festgemacht, cTn bei gesunden Personen zu messen. Nur Assays, die bei mehr als 50% herzgesunder Probanden messbare Troponinwerte liefern, sollten als hochsensitive Assays bezeichnet werden [9, 10].

Subtypen des akuten Myokardinfarkts

Die neue Universelle Infarktdefinition [3] unterscheidet basierend auf pathophysiologischen, klinischen und prognostischen Unterschieden 5 Infarktsubtypen.

  • Typ 1: Spontaner MI durch Ruptur, Ulzeration, Erosion, Dissektion oder Fissur einer atherosklerotischen Plaque in einer oder mehreren Koronararterien – es findet sich häufig ein assoziierter Koronarthrombus mit resultierender Verzögerung des koronaren Flusses oder Embolisation von Plättchenaggregaten in die Gefäßperipherie und eine daraus resultierende Myokardnekrose.

  • Typ 2: Eine Myokardnekrose entsteht nicht durch eine obstruktive Koronarerkrankung, sondern durch andere Mechanismen, die zu einer Störung des Gleichgewichts zwischen Sauerstoffbedarf und -angebot führen. Typische Ursachen sind endotheliale Dysfunktion, Koronarspasmen oder -embolien, Tachy- oder Bradyarrhythmien, Anämie, respiratorische Insuffizienz, Hypotonie und Hypertonie mit oder ohne linksventrikulärer Hypertrophie.

  • Typ 3: Eintreten eines kardial bedingten Todes bei mutmaßlich bestehender Myokardischämie, elektrokardiographisch verdächtigen neu aufgetretenen ST-T-Veränderungen oder neuem Linksschenkelblock und Eintreten des Todes, bevor Blut entnommen werden kann oder Biomarker eine pathologische Erhöhung zeigen.

  • Typ 4a: Mit einer perkutanen Koronarintervention (PCI) assoziierter MI, per Konvention definiert als Anstieg der Troponinkonzentration um mehr als ein 5-Faches des oberen Referenzwertes nach PCI, sofern cTn vor PCI nicht erhöht war. Bei vorbestehender cTn-Erhöhung und stabilen oder fallenden cTn-Konzentrationen wird ein Anstieg um mindestens 20% gefordert. Zusätzlich muss mindestens eines der nachfolgenden Kriterien erfüllt sein:

    • Symptome einer möglichen Myokardischämie,

    • neue ischämietypische EKG-Veränderungen,

    • angiographische Zeichen einer periprozeduralen Komplikation,

    • Nachweis eines neuen myokardialen Substanzverlusts oder neuer Wandbewegungsstörungen durch kardiale Bildgebung.

  • Typ 4b: Nachweis einer Stentthrombose in der Koronarangiographie oder Autopsie mit den zusätzlichen Kriterien:

    • klinischer Kontext einer Myokardischämie,

    • Anstieg oder Abfall von cTn mit mindestens einem Wert oberhalb des oberen Referenzwertes.

  • Typ 5: MI im Zusammenhang mit einer aortokoronaren Bypassoperation, per Konvention definiert als cTn-Anstieg um mehr als das 10-Fache des oberen Referenzwertes postoperativ bei Patienten mit normalem cTn vor der Bypass-Operation. Zusätzlich muss mindestens eines der nachfolgenden Kriterien vorhanden sein:

    • neue pathologische Q-Zacken oder neuer kompletter Linksschenkelblock,

    • angiographischer Nachweis eines neu aufgetretenen Verschlusses eines Bypass- oder eines Nativgefäßes,

    • Nachweis eines neuen Substanzverlusts oder einer neuen Wandbewegungsstörung durch kardiale Bildgebung.

Nicht alle Erkrankungen mit Troponinerhöhungen lassen sich in diese Subkategorien eingliedern. Prinzipiell müssen neben durch ein akutes Koronarsyndrom (ACS) bedingten Troponinfreisetzungen auch akute und chronische Myokardschädigungen berücksichtigt werden. Ein Vertreter der letzteren Gruppe wäre die Myokarditis, bei der es zur Zellnekrose durch Virustoxizität oder Inflammation kommt.

Unterscheidung von Typ-1- und Typ-2-Myokardinfarkt

Die klinische Unterscheidung eines Typ-1- von einem Typ-2-MI kann in manchen Fällen äußerst schwierig sein und oft erst nach Kenntnis des Koronarstatus endgültig erfolgen. Den beiden Subtypen gemeinsam ist der klinische Kontext einer Myokardischämie. Beim Typ-1-MI liegt häufig eine Koronarstenose oder ein intrakoronarer Thrombus vor, der mittels Koronarintervention behandelt werden kann. Dem Typ-2-MI liegt eine Störung des Gleichgewichts zwischen Sauerstoffangebot und -bedarf zugrunde (Abb. 2). Typische Ursachen dafür sind Koronarspasmen, Koronarembolien, hypertensive Entgleisungen und außergewöhnliche kardiale Belastungen wie ein starker Blutverlust oder Tachykardien (Tab. 1).

Abb. 2
figure 2

Differenzierung zwischen Typ-1- und Typ-2-Myokardinfarkt (MI) anhand des Koronarbefunds. (Nach [3] mit freundlicher Genehmigung von Oxford University Press)

Tab. 1 Erhöhungen von kardialem Troponin aufgrund eines Myokardschadens. (Adaptiert nach [3] mit freundlicher Genehmiung von Oxford University Press)

Die initiale diagnostische und therapeutische Vorgehensweise sollte sich vorwiegend an der klinischen Beschwerdesymptomatik und am Vorliegen von EKG-Veränderungen orientieren. Je nach Subtyp des MI kann sich die mittel- und langfristige Behandlung jedoch unterscheiden. Während beim Typ-1-MI in der Regel neben der antithrombotischen Therapie eine zeitnahe invasive Diagnostik indiziert ist, sollte beim Typ-2-MI die zugrunde liegende Ursache behandelt werden, wodurch sich heterogenere Behandlungsstrategien ergeben können. Da keine spezifischen Empfehlungen zur Behandlung dieser Patientengruppe vorliegen, können die Indikation und der optimale Zeitpunkt einer Herzkatheteruntersuchung in vielen Fällen vom Verlauf und der Höhe der Troponinkonzentration sowie vom Ergebnis der Echokardiographie und anderer Bildgebungsverfahren abhängig gemacht werden.

In jedem Fall sollte eine umgehende differenzialdiagnostische Abklärung erfolgen, da diverse akute Krankheitsbilder eine Troponinerhöhung verursachen können, die unabhängig von der zugrunde liegenden Ursache mit einer erhöhten Mortalität assoziiert ist (Tab. 1; [11]).

Troponinerhöhungen ohne klinische Zeichen einer Myokardischämie sollten nicht als Infarkt, sondern als Myokardschaden („myocardial injury“) bezeichnet werden. In diesem Sinne sollte jede Troponinerhöhung stets im klinischen Gesamtkontext und in Verbindung mit Konzentrationsänderungen serieller Werte interpretiert werden.

Änderungen in der Definition des Typ-4a-Myokardinfarkts (PCI-assoziierter Myokardinfarkt)

In der 2007 erschienenen universellen Infarktdefinition war ein postinterventioneller Anstieg kardialer Biomarker auf das 3-Fache des oberen Referenzwertes auch ohne klinische Zeichen einer Ischämie für die Diagnosestellung ausreichend, sofern diese präinterventionell nicht erhöht waren. Da postinterventionelle Troponinerhöhungen häufig sind, führte diese Definition zur Diagnosestellung postinterventioneller Infarkte bei etwa 15% aller Patienten, die eine PCI erhielten [12]. Die prognostische Relevanz dieser Infarkte ist jedoch bei spärlicher Studienlage fraglich, sodass in der aktuellen Infarktdefinition von 2012 ein postinterventioneller Anstieg um mehr als das 5-Fache des oberen Referenzwertes nach PCI gefordert wird, sofern cTn vor PCI nicht erhöht ist. Um einen Ausgangswert zu erhalten, sollte daher vor jeder PCI eine Troponinbestimmung erfolgen. Bei vorbestehender cTn-Erhöhung kann der Anstieg der Biomarker nur mit der PCI in Verbindung gebracht werden, sofern davor stabile oder fallende cTn-Konzentrationen vorlagen. In dem Fall wäre ein postinterventioneller Anstieg um mindestens 20% diagnostisch. Zusätzlich müssen bei der aktuellen Definition zur Diagnosestellung auch klinische Hinweise für eine Myokardischämie vorliegen. Diese aktualisierten Kriterien werden zu einer geringeren Anzahl diagnostizierter Typ-4a-MI führen, die jedoch voraussichtlich eine höhere prognostische Relevanz haben werden.

EKG-Diagnostik und kardiale Bildgebung

Das EKG als erstes und wichtigstes Diagnostikum

In den Leitlinien zur Behandlung des ACS und in der neuen Universellen Infarktdefinition [3] spielt das EKG weiterhin eine zentrale Rolle und sollte innerhalb der ersten 10 min nach Aufnahme des Patienten geschrieben und einem Arzt zur Befundung vorgelegt werden. Bei Patienten mit ST-Strecken-Hebungen im EKG oder neu aufgetretenem Linksschenkelblock sollte umgehend eine Herzkatheteruntersuchung erfolgen. Für alle anderen Patienten gilt ein diagnostischer Algorithmus zur Risikostratifizierung mit seriellen Troponinkontrollen (Abb. 1; [13]).

Die EKG-Kriterien wurden in der aktuellen Version der Infarktdefinition modifiziert, um alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede, aber auch die besondere Signifikanz der Ableitungen V2–V3 zu berücksichtigen (Tab. 2). Dies ist von entscheidender Bedeutung, da beispielsweise bei Frauen ST-Strecken-Hebungen von mehr als 0,15 mV in V2–V3 bereits als signifikant gelten und die Anwendung der EKG-Kriterien früherer Infarktdefinitionen zu einer Verzögerung der unmittelbar einzuleitenden invasiven Diagnostik führen kann.

Tab. 2 Aktualisierte EKG-Kriterien hinweisend auf akute Myokardischämie. (Nach [3] mit freundlicher Genehmiung von Oxford University Press)

Bei klinischem Verdacht auf eine Stenose der Arteria circumflexa mit ST-Strecken-Senkungen in V1–V3 oder bei anhaltenden Beschwerden trotz eines unauffälligen EKGs sollten zusätzlich die Ableitungen V7–V9 sowie weitere Verlaufs-EKGs geschrieben werden, um etwaige dynamische EKG-Veränderungen zu erkennen. Die Bestimmung der ST-Strecken-Abweichung soll beim Übergang der S-Zacke des QRS-Komplexes in die ST-Strecke erfolgen, der als J-Punkt definiert ist. Bei Patienten mit vorbekanntem Linksschenkelblock ist die Interpretation erschwert. Hier können vor allem konkordante ST-Strecken-Hebungen auf einen akuten Infarkt hindeuten [14]. Eine pathologische Q-Zacke im EKG ist ein Hinweis für einen länger zurückliegenden Herzinfarkt. In bestimmten Fällen ist die Infarktdiagnostik mittels EKG nur eingeschränkt möglich (Tab. 3). Im Zweifelsfall sollten Patienten bis zum Beweis des Gegenteils stets als akuter MI behandelt werden.

Tab. 3 Erschwerte EKG-Infarktdiagnostik bei atypischem EKG. (Adaptiert nach [3] mit freundlicher Genehmiung von Oxford University Press)

Kardiale Bildgebung in der Infarktdiagnostik

Nach der aktuellen Infarktdefinition werden die Kriterien für einen akuten MI erfüllt, sofern neue Wandbewegungsstörungen im Echokardiogramm, Myokardnarben in der MRT bzw. in nuklearmedizinischen Verfahren oder ein intrakoronarer Thrombus während der Koronarangiographie, kombiniert mit einem relevanten Troponinanstieg oder -abfall, nachgewiesen werden.

Die Echokardiographie kann auch wichtige Hinweise für diverse nichtischämische Ursachen von Thoraxschmerz wie Perimyokarditis, Herzklappenerkrankungen, Kardiomyopathien, Lungenembolie oder Aortendissektion erbringen. Sie ist die Untersuchungsmethode der Wahl zur Erkennung von Komplikationen eines MI wie Herzwandruptur oder sekundärer Mitralklappeninsuffizienz nach Papillarmuskelruptur oder Ischämie [15].

Eine MRT erlaubt im akuten Infarkt eine ähnlich gute Einschätzung der Myokardfunktion wie die Echokardiographie und ist vor allem hilfreich zur Differenzierung myokardialer Erkrankungen wie Myokarditis, die von einem MI klinisch schwer zu unterscheiden sein können.

Leitliniengerechtes Management des akuten Koronarsyndroms

Akuter ST-Strecken-Hebungs-Infarkt (STEMI)

Die Diagnose des STEMI wird durch das EKG gestellt, sofern neue signifikante ST-Strecken-Hebungen oder ein neuer kompletter Linksschenkelblock vorhanden sind. Für das unmittelbare Management sollte das Ergebnis kardialer Biomarker nicht abgewartet werden. In Zentren mit einem Herzkatheterlabor sollte eine Revaskularisation innerhalb von 60 min nach medizinischem Erstkontakt angestrebt werden [16]. Aus Zentren ohne Herzkatheterlabor sollte eine Verlegung in eine Einrichtung mit Herzkatheterlabor erfolgen, sofern dies innerhalb von 2 h möglich ist. Andernfalls ist eine frühzeitig initiierte Fibrinolyse mit nachfolgender Herzkatheteruntersuchung innerhalb von 3–24 h indiziert. Bei Patienten mit nicht eindeutigen EKG-Veränderungen und klinisch niedriger Prätestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer akuten myokardialen Ischämie sowie mit länger zurückliegendem Symptombeginn kann eine primär nicht-invasive Abklärung mittels kardialer Bildgebung erwogen werden, insbesondere bei nicht erhöhten Troponinkonzentrationen.

Akutes Koronarsyndrom ohne ST-Strecken-Hebungen (instabile Angina und Non-STEMI)

Bei Verdacht auf ein ACS sollte präferenziell die Abklärung in einer spezialisierten „Chest Pain Unit“ (CPU) erfolgen. Diese initiiert, sofern erforderlich, eine Herzkatheteruntersuchung oder auch die Abklärung anderer lebensbedrohlicher Differenzialdiagnosen mittels Echokardiographie oder Computertomographie, die rund um die Uhr verfügbar sein sollten.

Beim ACS ohne ST-Strecken-Hebungen schließt ein nicht erhöhter Troponinwert bei Aufnahme einen Non-STEMI nicht aus. Vor allem bei Patienten mit kurz zurückliegendem Symptombeginn zeigt sich oft erst nach mehreren Stunden ein Troponinanstieg, sodass mindestens eine Verlaufskontrolle erforderlich ist. Bei Verwendung von konventionellen Troponin-Assays sollte eine Kontrolle nach 6–9 h erfolgen. Ist ein hochsensitiver Troponin-Assay verfügbar, wird ein schnelles Ausschlussprotokoll mittels Kontrolle nach 3 h empfohlen. In der Regel steigt die Wahrscheinlichkeit, einen akuten Herzinfarkt zu identifizieren, mit der Höhe der initialen oder maximalen Troponinkonzentration, weshalb die Leitlinien bei sehr hohen Troponinkonzentrationen empfehlen, auf eine zweite Messung zu verzichten und den Patienten rasch einer invasiven Diagnostik zuzuführen, wobei keine relevante Grenzkonzentration festgelegt ist (Abb. 1; [13]).

Eine medikamentöse Therapie mittels dualer Thrombozytenaggregationshemmung und Gabe eines Antikoagulans sollte initiiert werden, sobald die Diagnose eines ACS als möglich eingeschätzt wird. Der Nachweis erhöhter Troponinwerte und die Diagnosestellung eines Non-STEMI im Gegensatz zur instabilen Angina können jedoch zur Anpassung der medikamentösen Begleittherapie und zu Änderungen in der Indikation und der zeitlichen Planung der invasiven Behandlungsstrategie führen.

Risiko-Scores

Das Management der instabilen Angina und des Non-STEMI sollte laut aktueller Leitlinienempfehlungen der ESC an das individuelle Patientenrisikoprofil angepasst werden [13]. Hierfür können unterschiedliche Risiko-Scores herangezogen werden, die anhand diverser Patientengruppen entwickelt wurden.

GRACE-Score

Zur Risikostratifizierung hat der GRACE-Score breite Verwendung gefunden. Anhand der Risikoparameter Alter, systolischer Blutdruck, Serumkreatininwert, Killip-Klasse, Herzfrequenz, ST-Strecken-Veränderungen im EKG, Herzstillstand bei Aufnahme und erhöhten kardialen Markern ist die Einteilung in eine niedrige (<1%), mittlere (1–3%) und hohe (>3%) Risikokategorie hinsichtlich der intrahospitalen Sterblichkeit möglich (Abb. 3 a,b; [17]).

Abb. 3
figure 3

a Online und für mobile Devices frei verfügbarer GRACE-Risiko-Kalkulator für das akute Koronarsyndrom (http://www.outcomes.org/grace); b Abschätzung des Krankenhausmortalitätsrisikos anhand des GRACE-Scores. (Nach [17])

CRUSADE-Bleeding-Score

Das Auftreten von Blutungen während des Krankenhausaufenthalts ist mit einer schlechteren Prognose assoziiert. Die Höhe des CRUSADE-Bleeding-Scores korreliert direkt proportional mit dem Blutungsrisiko und wird unter Einbeziehung der Variablen Hämatokrit, Serumkreatininwert, Herzfrequenz, Geschlecht, Zeichen der Herzinsuffizienz bei Aufnahme, systolischer Blutdruck, bekanntes Gefäßleiden und Vorliegen eines Diabetes mellitus berechnet [18].

Strategien zur Koronarrevaskularisation

Die zeitliche Festlegung der invasiven Behandlungsstrategie sollte sich nach dem individuellen Risikoprofil richten, welches anhand klar definierter Kriterien bestimmt wird. Bei Patienten mit sehr hohem Risikoprofil ist eine invasive Diagnostik innerhalb von 120 min nach medizinischem Erstkontakt indiziert. Bei Patienten mit einem GRACE Score über 140 oder mindestens einem Hochrisikokriterium (siehe unten) besteht ein größeres Zeitfenster von 24 h. Bei Vorliegen von mindestens einem sekundären Hochrisikokriterium können Patienten stationär aufgenommen und ohne erhöhtes Risiko einer Koronarangiographie innerhalb von 72 h zugeführt werden. Diese Unterscheidung ist vor allem für Zentren ohne Herzkatheterlabor von hoher Relevanz für die Einschätzung der Dringlichkeit der Verlegung in eine Einrichtung mit Herzkatheterlabor.

Dringlich invasive Strategie (<120 min)

Patienten mit sehr hohem Risiko bei therapierefraktärer Angina trotz antianginöser Therapie und ST-Strecken-Senkungen oder T-Negativierungen im EKG, klinischen Zeichen der hämodynamischen Instabilität oder lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen sollten innerhalb von 120 min nach medizinischem Erstkontakt invasiv abgeklärt werden.

Früh-invasive Strategie (<24 h)

Das Vorliegen eines relevanten Anstiegs oder Abfalls des Troponins sowie dynamische ST-Strecken- und T-Wellen-Veränderungen im EKG gelten als primäre Hochrisikokriterien, die eine invasive Diagnostik innerhalb von 24 h erfordern.

Invasive Strategie (<72 h)

Bei Patienten mit mindestens einem sekundären Hochrisikokriterium (Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion mit Ejektionsfraktion <40%, kürzlich zurückliegender PCI, Zustand nach Bypass-Operation, mittlerer bis hoher GRACE-Score) sollte eine invasive Diagnostik innerhalb eines Zeitfensters von 72 h erfolgen.

Konservative Strategie (keine oder elektive Koronarangiographie)

Bei Patienten ohne rezidivierende Brustschmerzen, mit unauffälligem EKG, mit negativen seriellen Troponinkontrollen ohne klinische Zeichen einer Herzinsuffizienz, mit niedrigen Risiko-Scores und in manchen Fällen bei Kontraindikationen für eine invasive Diagnostik ist ein nicht-invasiver Stresstest indiziert. Ist dieser unauffällig, reicht eine ambulante weitere Abklärung in der Regel aus. Bei mittlerer oder hoher Risikokonstellation sollte eine stationäre Aufnahme zur weiteren Abklärung erfolgen.