Zusammenfassung
Anhand stofflicher Belastungen von Waldökosystemen wird beispielhaft demonstriert, wie ein Indikatorsystem aussehen könnte, das zur Realisierung des Leitbildes einer multifunktionellen Waldnutzung führt. Was für die Lebensraum- und Regelungsfunktionen dargestellt wird, ist in gleicher Weise für die Produktionsfunktion sowie für die Kultur und Sozialfunktion zu entwickeln, um das angestrebte Ziel einer integrierten Bewertung zu erreichen.
Das Problem systemarer Indikatoren liegt in der mit dem Aggregationsgrad zunehmenden Unschärfe in mangelnder Falsifizierbarkeit und der zunehmenden Subjektivität der Bewertung. Zwar ist es notwendig, auch auf unzulänglicher Datenbasis Entscheidungen zu treffen, da niemals bis zur völligen Aufklärung aller kausalen Zusammenhänge gewartet werden kann, doch sollte man sich immer der damit verbundenen erhöhten Irrtumswahrscheinlichkeit bewußt sein.
Eine Gefahr besteht besonders darin, daß aufgrund ungesicherter Erkenntnisse oder unzureichender Daten Entscheidungen zu einer Ermessensfrage werden, bei der häufig nicht sachbezogene Argumente das Entscheidungsergebnis beeinflussen. Diese Feststellung soll aber nicht davon ablenken, daß bereits heute bei vielen der anstehenden umweltpolitischen Entscheidungen die Sachlage auch ohne eine weitere Verbesserung der Datenlage hinreichend klar ist, um durch geeignete Maßnahmen grobe Mißstände auszuräumen und die Situation maßgeblich zu verbessern. Dies gilt insbesondere für die flächendekkende Belastung durch Stickstoff. Bei der Kompensation der Säuredepositionen sind durch die großflächige Ausbringung von Kalken bereits Gegenmaßnahmen ergriffen worden.
Bezüglich der nutzungsbedingten Veränderungen ist die Bewertung weniger weit entwickelt. Soll es hier zu auf soliden Ergebnissen fußenden Entscheidungen kommen, bedarf es des Aufbaus eines umfassenden Indikatorsystems, das sich an dem oben skizzierten Leitbild der multifunktionellen Waldnutzung orientiert. Im Aufbau eines solchen Systems besteht die große Herausforderung der Forstwissenschaft für die Zukunft.
Nichts wäre folgenschwerer für die zukünftige Waldnutzung und den Bestand oder die Wiederherstellung der Wälder als ein Verharren auf einem statischen Bewertungskonzept, wie es noch heute der forstlichen Praxis, aber auch dem Naturschutz zugrunde liegt. Mit dem hier vorgestellten Ansatz soll ein Weg gewiesen werden, wie das anspruchsvolle Ziel einer multifunktionellen Waldnutzung erreicht werden kann.
Summary
Examples of material loads which affect forest ecosystems are used to demonstrate what kind of system of indicators could be used to model the multifunctional use of forests. The presentation of habitat and control functions describes how production functions as well as cultural and social functions should be developed to achieve the objective of an integrated assessment.
A problem inherent in systematic indicators lies in the fact that inaccuracy increases in relation to the number of aggregates used, in the lack of falsification potential and in progressive subjectivity in the course of the evaluation process. While it is often necessary to base decisions on unsatisfactory data material since they cannot be deferred until all causal relationships have been explained, the heightened probability of error should always be borne in mind.
A particular danger lies in the fact that on account of unverified results or insufficient data material decisions often become a question of discretion and are frequently influenced by irrelevant arguments. This warning should not detract from the fact that for many environmental decisions that are currently being disussed the state of affairs, even today, is sufficiently well-known, despite the lack of comprehensive information, to make it possible to remedy serious defects and to considerably improve the situation. This goes, in particular, for large-scale loads of nitrogen inputs. Countermeasures have already been taken e.g. large-scale calcium deposits to counteract soil acidification.
Evaluation methods have as yet not been developed to a satisfactory degree as far as use-related changes are concerned. A comprehensive indicator system is required here, along the lines of the multifunctional forest use model described above, if decisions are to be founded on reliable results. The establishment of this kind of system will be one of the great challenges of future forestry research.
Nothing could have more dire consequences for future forest use and stands or the regeneration of forests than the adherence to a static evaluation concept used not only in current forestry practice, but also in nature conservation. The approach presented in this paper could be used as a guideline towards achieving the ambitious objectives of the concept of multifunctional forest use.
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Vortrag anläßlich der Forstlichen Hochschulwoche in Göttingen 1995.
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Beese, F.O. Indikatoren für eine multifunktionelle Waldnutzung. Forstw Cbl 115, 65–79 (1996). https://doi.org/10.1007/BF02738586
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