Zusammenfassung
Die lebende Substanz des Zellkörpers von Paramäcium caud. verhält sich Farbstoffen gegenüber, als ob sie ein flüssiges Neutralfett wäre, das einen gewissen Betrag Fettsäure und fettlöslicher organischer Base enthält. Vitales Färbevermögen, d. i. das Vermögen, den lebenden Zellkörper zu färben und Aufnehmbarkeit durch ein derartiges, Fettsäure und organische Base enthaltendes flüssiges Neutralfett (in den Modellversuchen eine Ölsäure-Diamylamin-Ölmischung) sind Begriffe, die sich völlig decken: Alle Farbstoffe, die von einer derartigen Mischung bis zu einem gewissen Betrag aufgenommen werden, färben vital, und jeder Farbstoff, der vital färbt, wird von der Mischung aufgenommen. Der Parallelismus beschränkt sich nicht bloss auf die Auswahl der Farbstoffe, sondern betrifft auch die quantitativen Verhältnisse: In je höherem Maasse ein Farbstoff von der Mischung aufgenommen wird, um so stärker ist seine vitale Färbekraft,
Die in der genannten Weise definierte Aufnahmefähigkeit des lebenden Zellkörpers für Farbstoffe ist bedingt durch die an seinem Aufbau beteiligten Lipoide, die infolge der in ihnen gelösten organischen Säuren und Basen, vielleicht auch zum Teil infolge der im Molekül gewisser Lipoide enthaltenen sauren bzw. basischen Gruppen das oben definierte „Lösungsvermögen“ besitzen. Die Verteilung der Lipoide im Plasma des lebenden Zellkörpers ist eine gleichmässige.
Hinsichtlich der in jeder tierischen Zelle bei der Einwirkung bestimmter Farbstoffe gefärbt hervortretenden Granula (im Gegensatz zu anderen Arten der vitalen Granulafärbung als „vitale Färbungsreaktion der Granula“ bezeichnet) war folgendes festzustellen: Die Granula sind plasmatische Gebilde. Die Speicherung bestimmter Farbstoffe in den Granula beruht darauf, dass die Granulumsubstanz, in ihrem Lösungsvermögen Farbstoffen gegenüber mit dem Zellkörper sonst übereinstimmend, sich von dem letzteren in dem Punkt unterscheidet, dass die an ihrem Aufbau beteiligten Lipoide mehr Fettsäure gelöst enthalten, als dies beim Zellkörper der Fall ist. Diese Annahme findet unter anderem eine Stütze in der weitgehenden Übereinstimmung, die zwischen der Färbung der Granula und der Aufspeicherung von Farbstoffen in den Nahrungsvakuolen besteht. Für die letztere wird der Nachweis erbracht, dass es die während einer bestimmten Verdauungsperiode auftretende saure Reaktiondes Vakuoleninhaltes ist, die die Speicherung der Farbstoffe in der Vakuole bedingt.
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Es ist mir ein Bedürfnis, Herrn Hofrat Prof. Dr. B. Hatschek, in dessen Institut vorstehende Untersuchungen ausgeführt wurden, für die weitgehende Förderung meiner Arbeiten an dieser Stelle von ganzem Herzen zu danken.
Die Untersuchungen, die den Gegenstand oben stehender Veröffentlichung bilden, waren bereits im Jahre 1913 abgeschlossen und wurden auf der 85. Vers. d. Ges. Deutsch. Naturf. u. Ärzte ihrem wesentlichen Inhalte nach mitgeteilt. (S. Verh. Ges. D. Naturf. u. Ä. 85. Vers. Wien, II. S. 8–18. 1913.) Äussere Umstände, insbesondere die vierjährige Kriegsdienstleistung des Autores, verzögerten die Veröffentlichung der ausführlichen Mitteilung.
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Nirenstein, E. Über das Wesen der Vitalfärbung. Pflügers Arch. 179, 233–337 (1920). https://doi.org/10.1007/BF01722138
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