Zusammenfassung
Es wurden Versuche über die Funktion und Bedeutung der Stridulationsorgane und die Schallwahrnehmung der Ameisen durchgeführt. Die Ameisen wurden in künstlichen Nestern gehalten.
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1.
Die Produktion von Hörschall ist bei Ameisen nicht nachweisbar.
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2.
Die Produktion von Ultraschall ist bei Ameisen ebenfalls nicht nachzuweisen.
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3.
Bei Myrmica konnte nachgewiesen werden, daß sie mit ihrem am 2. Abdominalsegment gelegenen Stridulationsorgan Zirplaute erzeugen können, die jedoch nicht als Töne in die umgebende Luft abgestrahlt werden, weil die abstrahlende Fläche und die Amplitude der Schwingungen zu klein sind. Der Beweis dafür wurde erbracht, indem die Ameisen auf der Membran eines Kondensatormikrophons beobachtet wurden, die in den Boden des Weges vom Nest zum Futterplatz eingebaut war. Das Zirpen ist nur dann zu hören, wenn die Ameisen die Membran mindestens mit einem Fuß berühren.
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4.
Das Zirporgan dient nicht der Benachrichtigung über gefundenes Futter.
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5.
Eine Warnung vor Gefahren findet nicht durch Zirpen statt, auch dient das Zirpen nicht zum Herbeirufen von Nestgenossen.
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6.
Der Zirplaut hat auf die Nestgenossen überhaupt keinen Einfluß: Die Zirplaute wurden auf die Unterlage, auf der sich die Ameisen befanden, von einem Mikrophon her mittels eines Verstärkers übertragen. Die Ameisen reagieren auf die im Rhythmus mit dem Zirpen übereinstimmenden Schwingungen der Unterlage nicht.
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7.
Die Ameisen zirpen stets, wenn sie festgehalten werden.
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8.
Die Ameisen zirpen zuweilen beim Fressen.
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9.
Die Ameisen zirpen, wenn sie in dichten Haufen übereinandersitzen.
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10.
Die Ameisen zirpen, wenn sie zwischen zwei Platten eingeklemmt werden.
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11.
Die Ameisen zirpen, wenn sie mit Äther oder Alkohol berauscht werden.
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12.
Die Ameisen zirpen, wenn sie durch Wärme gelähmt werden.
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13.
Das Stridulieren dient nicht der Verständigung der Ameisen untereinander. Es wird vermutet, daß das Stridulationsorgan der Vernichtung anderweitig nicht verwertbarer Nervenenergie dient.
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14.
Es wird ein neues Beispiel für die Gültigkeit des Uexküllschen Erregungsgesetzes angeführt: Nach Lähmung der gesamten Extremitäten und Fühler ist das Zirporgan der Myrmica-Arten die letzte funktionsfähige Stelle; ihr fließt daher bei gelähmten Ameisen die gesamte Erregung zu, und solche Ameisen zirpen ununterbrochen.
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15.
Es wird bewiesen, daß Ameisen Luftschall wahrnehmen können; jedoch reagieren sie nicht auf Schalldruck wie das Trommelfell, sondern auf die Schallschnelle: Die Fühler werden von der Schallschnelle mitgenommen.
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16.
Die physikalische Theorie dieser Art von Schallwahrnehmung wird entwickelt, und von ihr aus werden die bisherigen Untersuchungen über das Hörvermögen der Insekten und Spinnen einer Kritik unterzogen. Die entwickelte Theorie gilt für alle Arthropoden, soweit sie keine Trommelfelle besitzen.
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17.
Es wird eine Methode beschrieben, die es möglich macht, Luftarthropoden der Einwirkung von Luftschall auszusetzen, ohne daß die Unterlage mitschwingen kann.
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18.
Es wird versucht, die Ameisen auf die Druckamplituden von Luftschall zu dressieren. Der negative Ausfall dieser Dressuren beweist ebenfalls, daß die Ameisen Schalldruck nicht wahrnehmen können.
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Autrum, H. Über Lautäusserungen und Schallwahrnehmung bei Arthropoden. Z. f. vergl. Physiologie. 23, 332–373 (1936). https://doi.org/10.1007/BF00338203
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