Zusammenfassung
Poststrukturalismus verstanden als eine Denkhaltung, die Denkgewohnheiten in Pädagogik und Erziehungswissenschaft zu irritieren vermag, steht nicht einem monolithischen Block von Zugängen gegenüber, die sich als klassisch oder traditionell bezeichnen ließen. Die Disziplin der Erziehungswissenschaft zeichnet sich durch vielfältige Subdisziplinen, Denkströmungen und politische Haltungen aus. Mein eigener pädagogisch-erziehungswissenschaftlicher Werdegang ist gekennzeichnet durch Auseinandersetzungen mit der in den 70er Jahren in Anlehnung an die Kritische Theorie der Frankfurter Schule entwickelten kritischen Pädagogik und mit deren feministischer Kritik und Weiterentwicklung. Die VertreterInnen beider Richtungen verstehen ihre Ansätze als Gegenströmungen zu traditionell ausgerichteten Paradigmen. Vertreterinnen kritischer Pädagogik wenden sich gegen eine die gesellschaftliche Situation affirmierende Haltung pädagogischer Ansätze. Sie begreifen Bildung über deren personenbezogene Dimension hinausgehend immer auch als gesellschaftspolitische Wirkkraft. Ihrer Perspektive entsprechend soll Bildung das Ziel verfolgen, individuelle wie gesellschaftliche Möglichkeiten der Emanzipation aus ungerechten Verhältnissen zu erweitern. Vertreterinnen feministischer Pädagogik wenden sich gegen die vermeintliche Geschlechtsneutralität pädagogischer Ansätze und das damit in der Regel verbundene Affirmieren überkommener geschlechtshierarchischer Verhältnisse.
Denken in Differenzen, Aushalten eines Widerstreits, ohne eine übergreifende Versöhnung anzustreben, ist nur möglich, wenn es sich dem Gestus der letzten Bestimmung in der Alternative von Entweder-Oder entziehen kann. (Meyer-Drawe 1990: 82)
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Hartmann, J. (2001). Bewegungsräume zwischen Kritischer Theorie und Poststrukturalismus. In: Fritzsche, B., Hartmann, J., Schmidt, A., Tervooren, A. (eds) Dekonstruktive Pädagogik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09575-0_5
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Online ISBN: 978-3-663-09575-0
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