Zusammenfassung
Die EU ist eingangs als ein Mehrebenensystem charakterisiert worden, in dem sowohl supranationale als auch nationalstaatliche Institutionen über Entscheidungskompetenzen verfügen und sich die Politikentwicklung in der Interaktion dieser Ebenen vollzieht. Im folgenden soll der Frage nachgegangen werden, wie sich in der Phase der nationalstaatlichen Umsetzung des Sechserpakets — in Großbritannien und Deutschland betraf dies den Zeitraum von 1991 bis 1996 — die Arbeitsschutzpolitik auf der europäischen Ebene entwickelte und in welcher Weise die europäischen Institutionen die nationalstaatliche Umsetzung der Rahmenrichtlinie und der Bildschirmrichtlinie beeinflußten.
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Literatur
Die auf der Amsterdamer Konferenz erzielte Einigung auf ein »Beschäftigungspaket«, die Ausweitung der qualifizierten Mehrheitsentscheidung auf »Maßnahmen zur Bekämpfung sozialer Ausgrenzung« (Art. 118 Abs. 1 und 2 EWGV) sowie der britische Verzicht auf das opting-out verbesserten die beschäftigungspolitischen Rahmenbedingungen. Doch der Verbleib zentraler Regelungsbereiche im Einstimmigkeitsverfahren, die Verweigerung finanzieller Mittel zur Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien sowie die Unterordnung der neuen Regelungen unter die Prämissen einer deregulierenden Integrationspolitik halten den direkten sozialpolitischen Fortschritt in engen Grenzen. Vgl. Aust, Der Amsterdamer-Vertrag: »Vertrag der sozialen Balance«?, S. 748ff.
Vgl. Streeck, Vom Binnenmarkt zum Bundesstaat?, S. 369ff., bes. 386ff.
Vgl. Lecheler, Das Subsidiaritätsprinzip, S. 12ff.
Vgl. Streeck, Vom Binnenmarkt zum Bundesstaat?, S. 369ff., bes. 386ff. Vgl. hingegen als positive Einschätzung des Maastrichter Vertrags z.B.: Kowalsky, Europäische Sozialpolitik, bes. S. 157ff.
Im Rahmen der Schaffung einer Politischen Union erweiterte der Maastrichter Vertrag den Einfluß des EP, indem er für einige Rechtsakte, darunter auch für Richtlinien über die Arbeitsumwelt nach Art. I18a EWGV, das Mitentscheidungsverfahren einführte (Art. 1896 EWGV). Das EP kann nun in drei Lesungen über Vorschläge der Kommission beraten, im Falle einer Nichtübereinstimmung den Vermittlungsausschuß anrufen und in dritter Lesung mit absoluter Mehrheit einen Kommissionsvorschlag zurückweisen. Allerdings hatte das EP nach wie vor kein Initiativrecht und blieb die letztliche Entscheidungsbefugnis weiter beim Ministerrat.
Vgl. KOM(93)551 endg. vom 17.11.1993.
Vgl. z.B. Rat der Europäischen Gemeinschaften, Dok. 94/C 368/03 vom 6.12.1994, S. 6ff.
Vgl. KOM(94)333 endg. vom 27.7.1994.
Vgl. KOM(95)134 endg. vom 12.4.1995.
Vgl. die Reaktionen der Mitgliedstaaten auf das Grünbuch der EU-Kommission, in: KOM(94)333 endg./2 vom 27.7.1994, bes. die Stellungnahmen Deutschlands (S. 63ff.) und Großbritanniens (S. 252ff.).
Vgl. KOM(94)333 endg. vom 27.7.1994.
KOM(95)282 endg. vom 12.7.1995, S. 15.
Verordnung (EG) 2062/94 des Rates vom 18.7.1994, S. 1ff.
Vgl. Konkolewsky, Developing a European Work Environment Information System, S. 1ff.
Vgl. Rhodes, Das Verwirrspiel der »Regulierung«, S. 122ff.; Ross, Das »Soziale Europa« des Jacques Delors, S. 327ff., bes. 337.
Vgl. Arbeit & Ökologie-Briefe, 1995, Nr. 5, S. 4f.
Vgl. als Überblick über die arbeitsschutzpolitische Rechtsetzung der EU in den neunziger Jahren: Berg, Gesundheitsschutz als Aufgabe der EU, S. 312ff.
Vgl. Schulz, Maastricht und die Grundlagen einer Europäischen Sozialpolitik, S. 161ff.
Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23.11.1993, S. 18ff.
Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19.10.1992, S. 1ff.
Richtlinie 94/33/EG des Rates vom 22.6.1994, S. 12ff.
Vgl. Schulz, Maastricht und die Grundlagen einer Europäischen Sozialpolitik, S. 161ff.; Schnorpfeil, Sozialpolitische Entscheidungen der Europäischen Union, S. 141ff.
Vgl. Ross, Das »Soziale Europa« des Jacques Delors, S. 343; Schulz, Maastricht und die Grundlagen einer Europäischen Sozialpolitik, S. 166f.
Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13.11.1996.
Vgl. EuGH, Rechtssache C-84/94, S. 5809.
Vgl. Scharpf, Politische Optionen im vollendeten Binnenmarkt, S. 109ff.
Vgl. Pierson/Leibfried, Zur Dynamik sozialpolitischer Integration, S. 426ff.
Vgl. Rhodes, Das Verwirrspiel der »Regulierung«, S. 122ff.
Vgl. Schulz, Maastricht und die Grundlagen einer Europäischen Sozialpolitik, S. 121f.
Department of Trade and Industry, Review of the Implementation and Enforcement of EC Law in the UK, S. 90, 93.
HSC, Annual Report 1991/92, S. 7.
White Paper, Competitiveness: Helping Business to Win, S. 27.
Ebda.
Vgl. Beresford, The Government Agenda for Occupational Health and Safety, S. 13.
HSC, Annual Report 1991/92, S. 6. Siehe z.B. auch: HSC, Annual Report 1992/93, S. 6; Committee of Public Accounts, Enforcing Health and Safety Legislation in the Workplace, Ziff. 112; Beresford, The Government Agenda for Occupational Health and Safety, S. 12f.
HSC, Review of Health and Safety Regulation, S. 23.
HSC, Annual Report 1990/91, S. 2.
So führte die HSC im November 1991 einen Besuch bei der EU-Kommission und beim EP durch,.the central message of which was that the emphasis for EC activity post-1992 should be one of consolidation.. (HSC, Annual Report 1991/92, S. 7)
Vgl. Reh, Europäische Sozialpolitik und Subsidiarität, S. 70.
Vgl. z.B.: Clever, Die EG auf dem Weg zur politischen Union, S. 124ff.
Vgl. Schnorpfeil, Sozialpolitische Entscheidungen der Europäischen Union, S. 162.
CDU-/CSU-Bundestagsfraktion/FDP-Bundestagsfraktion, Koalitionsvereinbarung für die 13. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages, Ziff. VIII. A. 5.
Vgl. KOM(95)288 endg. vom 21.6.1995, S. 14ff.
Deregulierung Jetzt. Bericht der Deutsch-Britischen Deregulierungsgruppe, S. 1.
Vgl. KOM(94)333 endg./2 vom 27.7.1994, hier: S. 19. Siehe auch: European Safety Newsletter, 1995, No. 6, S. 4f.
Vgl. Arbeit & Ökologie-Briefe, 1995, Nr. 5, S. 3. Darüber hinaus leitete die Kommission gegen die Bundesrepublik auch ein Verfahren wegen der Nichtumsetzung der Richtlinie über biologische Arbeitsstoffe und der Richtlinie über Baustellensicherheit ein.
Vgl. Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, 211. Sitzung vom 25. Februar 1994, S. 18315ff.; Handelsblatt vom 8.6.1994.
Vgl. Baldwin, Regulatory Legitimacy in the European Context: the British Health and Safety Executive, S. 83ff. Dazu bereits auch: Rehbinder/Stewart, Environmental Protection Policy, S. 235, 238.
Vgl. Daintith, Introduction, S. 4.
Vgl. Vogel, Das TGB-Observatorium zur Anwendung der europäischen Richtlinie: eine erste Bilanz.
Vgl. van Waarden, Harmonization of European Regulatory Styles?, S. 95ff.; Baldwin, Regulatory Legitimacy in the European Context: the British Health and Safety Executive, S. 99ff.
Somit war es z.B. auch unwahrscheinlich, daß die oben erwähnte Verschärfung des Vollzugsdefizits im britischen und deutschen Arbeitsschutz Anlaß für eine Beanstandung durch die EU werden könnte. Im übrigen mußten Großbritannien und Deutschland allein schon deshalb kein Vertragsverletzungsverfahren befürchten, weil die Vollzugsbedingungen in den südeuropäischen Mitgliedstaaten weit unzureichender waren und sich die Aufmerksamkeit der Kommission zunächst auf diese Staaten richten würde. Vgl. Baldwin/ Daintith (Eds.), Harmonization and Hazard, passim.
Vgl. Cullen (Interview), On the Record — HSC Chair, Sir John Cullen, S. 13.
Vgl. van Waarden, Harmonization of European Regulatory Styles?, S. 116ff.
Vgl. Pierson/Leibfried, Zur Dynamik sozialpolitischer Integration, S. 431f.
Vgl. EuGH, Rechtssache C-382/92, S. 2435ff., bes. 2461ff.; EuGH, Rechtssache C-383/ 93, S. 2479ff., bes. 2483ff.
Vgl. EuGH, Urteil des Gerichtshofes in den verbundenen Rechtssachen C-74/95 und C129/95, S. 6629ff. Siehe dazu auch: siehe TUTB-Newsletter No. 5, February 1997, S. 11f.
Vgl. EuGH, Urteil des Gerichtshofes in den verbundenen Rechtssachen C-74/95 und C129/95, S. 6637f.
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Gerlinger, T. (2000). Europäische Arbeitsschutzpolitik nach Maastricht und die nationalstaatliche Umsetzung von EU-Arbeitsschutzrichtlinien. In: Arbeitsschutz und europäische Integration. Forschung Politikwissenschaft, vol 89. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09290-2_8
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