Zusammenfassung
Seit der Entstehung von,big science‘in diesem Jahrhundert ist es für Wissenschaftshistoriker unumgänglich, sich mit den Institutionen zu beschäftigen, in denen Wissenschaft entsteht. Diese sind zwar Gebilde, die auch von einzelnen Wissenschaftlern geprägt werden, sie weisen dennoch eigenständige, kontinuierliche Strukturen und bestimmbare Beziehungen zu ihrer Umgebung auf. So vermitteln sie das in bestimmten Zeiträumen bestehende Verhältnis zwischen Wissenschaft und Gesellschaft und leiten das historisch entwickelte Verständnis von Wissenschaft an künftige Generationen von Wissenschaftlern weiter. Dabei fungieren sie aber nicht als bloße,Transmitter‘, sondern eher wie Verwaltungsinstanzen, die trotz ihrer berühmten,Rationalität‘ähnlich gelagerte Einzelfälle durchaus unterschiedlich behandeln. Folglich lohnt es sich, auch die Geschichte von einzelnen Institutionen durch verschiedene historische Etappen zu verfolgen. Im Folgenden werde ich die Frage der Kontinuität institutionalisierter Wissenschaft im Wandel der politischen Verhältnisse in Deutschland an zwei Beispielen erörtern: des Psychologischen Instituts der Universität Berlin und der Zeitschrift Psychologische Forschung. Das Berliner Institut hat für diese Fragestellung eine besondere Bedeutung, denn es war in der Weimarer Zeit ohne Zweifel das international bedeutendste psychologische Institut Deutschlands und auch dasjenige, das während der nationalsozialistischen Machtübernahme politisch am stärksten angegriffen wurde.
Dieser Beitrag wurede durch DFG-Projekt Nr. FR 132/16-1 „Psychologie im Exil“ (Projektleiter: Prof. Dr. Werner D. Fröhlich, Psychologisches Insttut der Universität Mainz) unterstützt. Zitate aus unveröffentlichten Quellen erfolgen mit freundlicher Genehmigung der jeweils genannten Archive bzw. der Besitzer.
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Ash, M.G. (1985). Ein Institut und eine Zeitschrift. In: Graumann, C.F. (eds) Psychologie im Nationalsozialismus. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-70064-4_5
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