Zusammenfassung
Strukturen und Politiken (nicht nur) der deutschen Gewerkschaftsbewegung sind historisch bedingt stark von den Verhältnissen männlicher, einheimischer Facharbeit geprägt. Dort finden sich auch bis heute die Bollwerke gewerkschaftlicher Organisierung. In den (westdeutschen) Großbetrieben der Metall- und Elektroindustrie, der Chemieindustrie, im Bergbau oder auch im Bereich Banken und Versicherungen sind die Gewerkschaften immer noch stark, die Löhne vergleichsweise hoch, die Arbeitsbedingungen und -beziehungen gut reguliert und erhebliche Partizipationschancen der betrieblichen Mitbestimmung vorhanden. Im Zuge der Ausweitung des Dienstleistungssektors, der Feminisierung des Arbeitsmarktes, der Zunahme ethnischer Minderheiten in Deutschland sowie der staatlicherseits unterstützten Prekarisierungsoffensive der Unternehmer haben sich die Beschäftigungsbereiche jenseits traditioneller Gewerkschaftsdomänen jedoch dynamisch entwickelt. Angesichts der Landnahme entstandardisierter und „desozialisierter“ (Wacquant 2009: 29) Formen von Lohnarbeit gleichen die gewerkschaftlich gut regulierten Kerne kleiner werdenden Inseln in einem ‚Meer‘ unregulierter Arbeits- und Sozialstandards.
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Artus, I. (2011). Gewerkschaftliche Interessenvertretung im Niedriglohnsektor und der Streik der französischen Travailleurs sans papiers . In: Haipeter, T., Dörre, K. (eds) Gewerkschaftliche Modernisierung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93332-0_9
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