Auszug
Die Bildungsreform mit ihrem Ausgangspunkt in den 1960er Jahren hat unzweifelhaft dazu geführt, dass das Bildungsniveau — gemessen an Schulabschlüssen — in Deutschland deutlich angestiegen ist (Allmendinger und Aisenbrey 2002). Das Ziel des Abbaus von Bildungsungleichheit scheint jedoch kaum erreicht zu sein (Becker 2004 und in diesem Band; Geißler 2002; Baumert und Schümer 2001). Dennoch sollte zumindest der Anstieg des Bildungsniveaus zu einer Abnahme fremdenfeindlicher Haltungen in der Bundesrepublik beitragen. Der Zusammenhang von Bildung und Fremdenfeindlichkeit ist ein in fast jeder empirischen Untersuchung zu diesem Thema replizierter und bestätigter Befund (z.B. Rippl und Seipel 2002; Kleinert und de Rijke 2001; Noack 2001; Wagner und Zick 1995). Es zeigt sich zudem, dass Bildung häufig im Vergleich zu anderen Prädiktoren der stärkste Indikator für fremdenfeindliche Orientierungen ist (Seipel und Rippl 2000; Fuchs 2003). Bildung kann somit als wichtiger „Präventionsfaktor“ gelten, wenn es um die Eindämmung fremdenfeindlicher Tendenzen geht. Dementsprechend muss man davon ausgehen, dass die Bildungsexpansion dämpfende Wirkung auf fremdenfeindliche Tendenzen in der Bundesrepublik gehabt hat. Erste Ergebnisse, die in diese Richtung weisen, präsentiert Hoffmann-Lange (2000). Im vorliegenden Beitrag sollen die Zusammenhänge zwischen Bildungsexpansion, formalem Bildungsniveau und Fremdenfeindlichkeit genauer untersucht werden. Dabei soll insbesondere der Frage nachgegangen werden, welche konkreten Mechanismen hinter dem Zusammenhang von Bildung und Fremdenfeindlichkeit stehen und inwieweit diese vor dem Hintergrund der Bildungsexpansion wirksam werden bzw. sich verändert haben.
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Rippl, S. (2006). Die Abnahme von Fremdenfeindlichkeit — ein Effekt der Bildungsexpansion?. In: Hadjar, A., Becker, R. (eds) Die Bildungsexpansion. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90325-5_9
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