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Geschichte der Erwachsenenbildung

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Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung

Part of the book series: Springer Reference Sozialwissenschaften ((SRS))

Zusammenfassung

In diesem Beitrag wird versucht die Erwachsenenbildung in „Epochenportraits“ darzustellen. Dies erscheint vertretbar für die Zeit der Aufklärung, des Vormärz, der Jahrhundertwende und der Weimarer Republik, wenn die Zwischenzeiten nicht völlig ausgeblendet werden. Zugleich kann dabei versucht werden, nicht nur die relativ gut dokumentierte Ideengeschichte zusammenzufassen, sondern auch an Beispielen deutlich zu machen, wie der Erwachsenenbildungsalltag jeweils ausgesehen hat.

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Notes

  1. 1.

    Es ist vor allem H. Dräger, der die in der Erwachsenenbildung weit verbreitete Neigung zur „normativ orientierten Gegenwartsdienlichkeit“ kritisiert (vgl. Dräger 1984, S. 89). So vorzugehen hat eine Tradition, die in der publizistischen Dichte begründet ist, die Erwachsenenbildung in den 1920er-Jahren erfahren hat. Das dabei entstandene Geschichtsbild vom Wandel und Werden ist bis in unsere Tage weitergetragen worden. Dies gilt selbst schon für den ersten großen, als grundlegend hingestellten Gegensatz zwischen „alter“ und „neuer“ Richtung nach dem man vergeblich sucht, wenn man Johannes Tews als Repräsentanten der alten Richtung wieder liest. Es müssen sehr spezifisch zeitbedingte Konstellationen gewesen sein, die einen Gegensatz provoziert haben, der zwar bei der Lektüre der Sekundärliteratur nachvollziehbar ist, der sich aber für die minimiert, die Originaltexte zur Hand nehmen. Ebenso ist auch der Gegensatz von „Berliner und Thüringer Richtung“ in den 1920er-Jahren von den unmittelbar Betroffenen überspitzt worden (vgl. dazu: Buchwald 1992, S. 308–402). Der nachträgliche Beobachter stellt jedenfalls auch innerhalb der Zunft eine penetrante Neigung fest, Divergierendes zu sehen und Konvergierendes zu ignorieren. Diese Einstellung steht im Widerspruch zu eigenen Theorien, ist Zeichen für einen Mangel an professionellem Bewusstsein und hat es dem NS-Regime erleichtert, die Weimarer Volksbildung auszuschalten (vgl. hierzu auch Tietgens 1994).

  2. 2.

    Einen knappen aber informativen Überblick gibt Heinrich Kanz in den Kapiteln 2.2. und 2.3 in dem von F. Pöggeler (1975) herausgegebenen Band 4 des Handbuchs der Erwachsenenbildung, Geschichte der Erwachsenenbildung‘.

  3. 3.

    Immerhin finden sich darin auch gemäßigte Formen der Aufklärung wie die folgende: „Bei der unparteiischen Prüfung der Sitten und Gebräuche verschiedener Völker werden wir vermuthlich finden, daß kein Volk so roh ist, daß es nicht einige Spuren von Bildung besitze und keine so gebildet, daß nicht einzelne Überbleibsel von Rohheit bei ihm anzutreffen wären“ (Das Pfennigmagazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse 1834, S.454).

  4. 4.

    So heißt es z. B. in der „Ordnung des Bildungsvereins für Arbeiter in Mainz aus dem Jahre 1848“: „Der Zweck des Vereins ist die möglichste Verbesserung des materiellen, geistigen und sittlichen Zustandes der arbeitenden Klassen herbeizuführen und auf diese Weise den Erzeugern der menschlichen Produkte ihre gebührende Stellung in der menschlichen Gesellschaft zu verschaffen“ (Keim & Wiedenroth 1982, S. 16).

  5. 5.

    Obwohl die Aktivitäten der Universitätsausdehnung vergleichsweise gut statistisch im Zentralblatt für Volksbildungswesen und im Volksbildungsarchiv erfasst sind, wurden sie meist unterschätzt, weil sie weder zu den Vorstellungen einer klassenbewussten Arbeiterbildung noch zu den Maßgaben einer intensiven arbeitsgemeinschaftsorientierten Erwachsenenbildung passten.

  6. 6.

    In der Literatur zur Geschichte der EB der Weimarer Republik findet man immer wieder die Person Robert von Erdberg und den Hohenrodter Bund als Institution genannt. Es ist dies einer ideengeschichtlichen Betrachtungsweise geschuldet. Ich habe in den Dokumentationen der Realität nichts vom sogenannten Hohenrodter Geist entdecken können. Auch die vom Hohenrodter Bund initiierte Deutsche Schule für Volksforschung und EB hat sich im Laufe der Jahre mit den regional bezogenen „Arbeitswochen“ von den Vorstellungen ihrer Gründer gelöst. Hingegen hat von Erdberg als zuständiger Ministerialbeamter mit seinen überzogenen Zielvorstellungen verhindert, dass der Art. 148 der Weimarer Verfassung „Das Volksbildungswesen, einschließlich der Volkshochschulen soll in Reich, Länder und Gemeinden gefördert werden“ auf überörtlicher Ebene in die Realität umgesetzt wurde.

  7. 7.

    Eine deutliche Annäherung von SPD und VHS vollzog sich erst 1931 bei einer Tagung des Reichsausschusses für sozialistische Bildungsarbeit in Bad Grund, kurz nachdem die VHS bei ihrer Tagung in Prerow zu einer realitätsnahen Erklärung gekommen waren. Es will hier bedacht sein, dass die gewerkschaftliche Bildungsarbeit mit den Konsequenzen des Betriebsrätegesetzes von 1920 voll in Anspruch genommen war, denn immerhin waren es 50.000 Kollegen, die auf die Interessenvertretung vorzubereiten waren. Ansonsten sollte nicht übersehen werden, was die Arbeiterkulturarbeit beispielsweise durch die Sprechchöre, das Theater oder die sozialdemokratische und linkssozialistischen Zeitungen mit beträchtlichem Niveau gerade auch des Feuilletons an Bildungsarbeit geleistet haben. Auch die mittlere Linie, die Gustav Radbruch mit seiner Kulturlehre des Sozialismus vertrat, blieb nicht ohne Resonanz über den Tag hinaus (van de Will 1982). Beachten sollte man auch, dass Hermann Heller für die Leipziger Richtung, die häufig als die profilierteste zitiert wird, mit dem Begriff der Gemeinschaft operiert.

  8. 8.

    Vorgeschichte ist da genauso vertreten wie Sprechtechnik, die französische Revolution ebenso wie der Kleingartenbau oder Gymnastik, um das Beispiel einer mittelstädtischen Volkshochschule (Dessau) zu nennen.

  9. 9.

    Es war dies wohl die zeittypischste Form, die auch für die gewerkschaftliche und bäuerliche Bildungsarbeit in mehr oder weniger langfristigen Kursen genutzt wurde. Die hier mögliche Intensität der Arbeit kompensierte ihren Inselcharakter, wenn auch nicht die Breitenwirkung der dänischen und schwedischen Vorbilder erreicht wurde.

  10. 10.

    Abendvolkshochschulen haben schon 1931 durchschnittlich von 20 % (Mittelstädte) bis 25 % (Großstädte) Arbeitslose in ihrem normalen Kursprogramm gemeldet (vgl. Tuguntke 1988).

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Tietgens, H. (2018). Geschichte der Erwachsenenbildung. In: Tippelt, R., von Hippel, A. (eds) Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Springer Reference Sozialwissenschaften. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19979-5_1

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