Zusammenfassung
Die Offene Kinder- und Jugendarbeit hat in Deutschland eine lange Tradition und als Einrichtungen der öffentlichen und freien (verbandlichen) Jugendpflege gibt es sie schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Im Kaiserreich und in der Weimarer Republik firmierte sie unter den Begriffen „städtische Jugendheime“ und „Jugendclubs“, dann auch „offene Jugendhäuser“. Der staatlichen Jugendpflege und den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege (Kirchen, Vereine) ging es mit ihren Treffangeboten zunächst vor allem um die männlichen Jugendlichen aus den unteren sozialen Schichten in den Großstädten. Unangepasst, dissozial, kriminell oder allgemein „soziale Auffälligkeit“ und „Verwahrlosung“ waren die Etikettierungen von Jugendlichen, daneben gerieten jugendkulturelle Gesellungs- und Äußerungsformen in Form von „Halbstarken, Banden, Cliquen“ in den Blick der Jugendpflege und Bewahrpädagogik (Dehn 1929). In den Schriften von Walther Classen und Clemens Schultz – zwei reformorientierten Praktikern zu Beginn dieses Jahrhunderts – über ihre Arbeit mit den sog. Halbstarken und den „St. Paulianer Lehrlingen in Hamburg“ ist ausdrücklich von der notwendigen Arbeit in „Jugendklubs“ die Rede (Classen 1912; Classen und Schultz 1918). Mit diesen – seit 1901 in den preußischen Jugendpflegeerlassen und ab 1924 im Reichsjugendwohlfahrtsgesetz (RJWG) geregelten – Zugängen sollte versucht werden, sie mit erzieherischen Integrationsangeboten in die gesellschaftliche Ordnung hinein zu holen. Dabei ging es um drei Gruppen: die von Arbeitslosigkeit und Armut betroffene proletarische Jugend bzw. die „gefährdete und verwahrloste Großstadtjugend in Deutschland“ (Ehrhardt 1929); um jugendkulturelle Gruppen, die mit Gewaltdelikten und Jugendkriminalität auf sich aufmerksam machten (Ehrhardt 1930); dann um verbandlich und konfessionell gebundene Jugendliche in eigenen Vereins- und Klubheimen (vgl. Siemering 1931).
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Similar content being viewed by others
Literatur
AGJJ (Arbeitsgemeinschaft für Jugendpflege und Jugendfürsorge) (Hrsg.). (1955). Das Heim der Offenen Tür. München.
Albertin, L. (1992). Jugendarbeit 1945. Weinheim und München.
Arbeitsgemeinschaft für Jugendpflege und Jugendfürsorge (Hrsg.). (1956). Frankfurter Empfehlungen. Bonn. Vervielfältigtes Manuskript.
Bauer, W. (1991). Jugendhaus. Geschichte, Standort und Alltag offener Jugendarbeit. Weinheim und Basel.
Böhnisch, L. (1984). Historische Skizzen zur offenen Jugendarbeit (I). deutsche jugend, (10), 460–470.
Böhnisch, L. (1984). Historische Skizzen zur offenen Jugendarbeit (II). deutsche jugend, (11), 514–520.
Böhnisch, L., & Münchmeier, R. (1987). Wozu Jugendarbeit? Weinheim und München.
Böhnisch, L., & Münchmeier, R. (1990). Pädagogik des Jugendraums. Weinheim und München.
Classen, W. (1906). Großstadtheimat. Hamburg.
Classen, W., & Schultz, C. (1918). Gesammelte Schriften eines Jugendpflegers. Berlin.
Damm, D. (1979). „Es lebe die Freiheit“. Einige Anmerkungen zu Chancen und Problemen der Jugendzentrumsbewegung. deutsche jugend, (11), 493–504.
Damm, D. (1991). Konsequenzen sozialer Wandlungsprozesse für die Perspektiven offener Jugendarbeit. deutsche jugend, (12), 525–535.
Dehn, G. (1929). In H. Nohl, & L. Pallat (Hrsg.), Jugendpflege. Handbuch der Pädagogik, Bd. 5. (S. 97–113). Langensalza.
Deinet, U. (1992). Das Konzept „Aneignung“ im Jugendhaus. Opladen.
Deinet, U. (1998). Aneignung und sozialer Raum. Prämissen einer jugendorientierten Offenen Jugendarbeit. In D. Kiesel, A. Scherr, & W. Thole (Hrsg.), Standortbestimmung Jugendarbeit (S. 127–146). Schwalbach/Ts.
Ehrhardt, J. (1929). Die Lage der gefährdeten und verwahrlosten Grosstadtjugend in Deutschland nach dem Kriege. Genf.
Ehrhardt, J. (1930). Cliquenwesen und Jugendverwahrlosung. Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt, (12), 413–418.
Faltermaier, M. (Hrsg.). (1983). Nachdenken über Jugendarbeit. Zwischen den fünfziger und achtziger Jahren. München.
Grauer, G., & Lüdtke, H. (1973). Jugendfreizeitheime in der Krise. Weinheim.
Hafeneger, B. (1992). Jugendarbeit als Beruf. Geschichte einer Profession in Deutschland. Opladen.
Hafeneger, B., & Sander, E. (1978). Verarbeitung des beruflichen Alltags von pädagogischen Mitarbeitern in der offenen Jugendarbeit. Neue Praxis, (4), 382–395.
Krafeld, F. J. (1984). Geschichte der Jugendarbeit. Weinheim.
Krafeld, F. J. (1992). Cliquenorientierte Jugendarbeit. Weinheim und München.
Lades, H. (1949). Jugendarbeit in Deutschland 1949. In: Jahrbuch der Jugendarbeit, S. 1–24 München.
Lessing, H. (1976). Für „Offene Jugendarbeit“. deutsche jugend, (7), 303–311.
Müller, C. W. (1994). JugendAmt. Geschichte und Aufgabe einer reformpädagogischen Einrichtung. Weinheim/Basel.
Naudascher, B. (1990). Freizeit in öffentlicher Hand. Düsseldorf.
Pelle, L. (1952). Die Offene Tür. Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt, (5), 180–186.
Rössner, L. (1962). Jugend in der offenen Tür. Zwischen Chaos und Verartigung. München.
Rosenwald, W., & Theis, B. (1985). Enttäuschung und Zuversicht. Zur Geschichte der Jugendarbeit in Hessen 1945–1950. München.
Rupieper, H. J. (1993). Die Wurzeln der westdeutschen Nachkriegsdemokratie. Opladen.
Schultz, C. (1912). Die Halbstarken. Leipzig.
Siemering, H. (Hrsg.). (1931). Die deutschen Jugendverbände. Berlin.
Simon, T., & BAG Offene Kinder- und Jugendarbeit e.V. (Hrsg.). (1999). Offene Jugendarbeit. Entwicklung – Praxis – Perspektiven. Leinfelden.
Thole, W. (2000). Kinder- und Jugendarbeit. Weinheim und München.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2013 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Hafeneger, B. (2013). Geschichte der Offenen Kinder- und Jugendarbeit seit 1945. In: Deinet, U., Sturzenhecker, B. (eds) Handbuch Offene Kinder- und Jugendarbeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18921-5_4
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-18921-5_4
Published:
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-17520-1
Online ISBN: 978-3-531-18921-5
eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)