Zusammenfassung
Heimat hat zwingend zu tun mit der Umwelt, in der ein Mensch aufwächst bzw. lebt. Das Wort meint eine gewisse Vertrautheit und Nähe, in der er zu dieser Umwelt steht. Es ist aber nicht der Umstand der Vertrautheit aufgrund der Dauerhaftigkeit und Konstanz des Lebens, des Wohnens in einer bestimmten Umwelt allein, der Heimat konstituiert. Es muß ein Wohlgefühl (aufgrund von Sich-Wohlfühlen) hinzukommen. Insofern wird man nicht lange zögern anzunehmen, daß z.B. ein lange Zeit Inhaftierter das Gefängnis nicht als Heimat empfinden wird. Man muß sich jedoch illusionslos eingestehen, daß sich auch hier so etwas wie Heimat konstituieren kann, eine Not-, eine Zwangs-, eine Ersatzheimat gewissermaßen. So ist etwa das Phänomen verbreitet, daß es jugendliche Heiminsassen nach Ausbrüchen gleich wieder zurückzieht an diesen Ort. Heimat hat also auch einen stark negativen, trostlosen Aspekt — auch so etwas wie einen kleinsten gemeinsamen Nenner. In solchen Fällen kommt Heimat die Funktion zu, das gänzlich Fremde, Abweisende, Heimat Verhindernde der übrigen Sozialwelt deutlich zu machen und notdürftig auszugleichen.
Die folgenden Überlegungen verstehen sich als Beitrag zu einer „politischen Psychologie der Heimat“ (Call for Papers..., S. 217), die die Tiefenstruktur des Heimatgefühls und -bewußtseins untersuchen will.
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Literatur
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Busch, HJ. (1995). Heimat als ein Resultat von Sozialisation — Versuch einer nicht-ideologischen Bestimmung. In: Belschner, W., Grubitzsch, S., Leszczynski, C., Müller-Doohm, S. (eds) Wem gehört die Heimat?. Reihe: Politische Psychologie, vol 1. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97251-4_6
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